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Marandt, Massen, Siebenteln und die Mmgegenden. Amtsblatt für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den ^tadtrat zu Wilsdruffs sowie für das Agl. Forstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanneberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkmrdtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, HerzogSwalde mit Landberg, Hühndorf, Kaufbsch, Kesselsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Miltitz-Roitzschen, Munzig, Neukirchen, Neutannebera, Niederwartha, Oberhermsdorf, Pohrsdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, SachSdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei KesielSdorf, Steinbach bei Mohorn, Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildoerg. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1M.54 Pf., Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens mittags 12 Uhr angenommen. — JnsertionspreiL 15 Pfg. pro viergespaltene KorpuSzeile! Druck und Verlag von Martin Berger 8- Friedrich in Wilsdruff. — Verantwortlich für Oertliches und den Inseratenteil: Martin Berger, für Politik und die übrigen Rubriken: Hugo Friedrich. No. 117. Dienstag, den 4. Oktober 1W4. «3. Jahrg. IGese mit den Morten zu: „Prosit, Herr Kollege!"list am 27. September im Lazarett zu Waterberg an i Dieser ahnte nicht, daß ihm die Ehrung gelten sollte. Doch ! Typhus gestorben. trat ein höherer Eisenbahnbeamter auf Gese zu und machte ihn darauf aufmerksam, daß der Minister ihm zutrinken wolle. Inzwischen rief Exzellenz von Budde nochmals: „Prosit, Herr Kollege!" Gese stand sofort auf, ging zum Minister, stieß mit ihm an und trank dann tapfer und voller Freude seine Halbe bis auf die Neige. Oslitische Rundschau. Wilsdruff, 3. Oktober 1904. Deutsches Reich. Die nächste Mittelmeerreise des Kaisers, findet, wie verlautet, nach der Hochzeit deS'Kron prinzen statt. Sie erfolgt auf ärztliches Anraten. — Ter Kronprinz ist mit seiner Braut in Baden-Baden eingetroffen. Für den Prinzen Friedrich Leopold treffen noch immer in Schlag Glienicke Ausrüstungs- gegenstände zu seiner vorläufig aufgeschobenen, in Wirk lichkeit aber wohl aufgehobenen Reise ins russische Hauptquartier auf dem ostastatischen Kriegsschauplatz ein. Es ist ein bedeutendes Warenlager, das der Prinz mitnehmen wollte. Darunter befinden sich unter anderem für etwa 700 bis 800 Mk. Handschuhe, für zirka 50 Mark Frostsalbe, eine größere Anzahl Raster- und Hühneraugenmeffer und namentlich viele Paar Stiesel. Bon diesen besitzt der Prinz in Schloß Glienicke überhaupt einen so reichlichen Vorrat, daß ein ganzes Zimmer da mit Vollgepfropft ist. Es mögen wohl, wenn man einer Berliner Meldung Glauben schenken darf, zirka 800 Paar Stiefel, meistens Reiterstiefel mit Sporen sein, die sorg fältig geordnet in Regalen stehen. Kirche und Selbstmörder. Ein biederer, braver Berliner Handwerksmeister, der sonst den Frommen zuzuzählen war, hatte aus Ver zweiflung über den Zusammenbruch seines Geschäftes und seines Familienglückes Selbstmord verübt. Die selbst dec Verzweiflung nahe Witwe suchte den Trost der Kirch und die Teilnahme eines Geistlichen bei der Be- erdign:g ihrers Mannes nach, jedoch vergebens. Die Geistlichen bedauerten, der Bitte nicht willfahren zu können, da sie nach einer Verfügung des Evangelischen Oberkirchen rates an dem Begräbnis nur teilnehmen können, wenn durch ein ärztliches Zeugnis nachgewiesen wird, daß der Selbstmörder die verhängnisvolle Tat im Zustande der Unzurechnungsfähigkeit begangen habe. In dem Parochial- verein der Gemeinde zum Heiligen Kreuz in Berlin kenn- zeichnete Kirchenältester Burghard, der auch Synodale ist, scharf dieses System christlicher Unduldsamkeit, welches mit der Lehre Christi und mit der Moral selbst in direktem Widerspruch stehe. Dem größten Verbrecher werde geistliches Geleit auf seinem letzten Gange zu teil, aber wer sonst ein braves Leben geführt, vom Schicksal hart getroffen, in Verzweiflung gerät und Hand an sich selbst legt, dem folge kein Geistlicher. Er halte jeden Selbstmörder für unzurechnungsfähig, (sehrrichtig!), ohne daß dies erst noch ärztlich bescheinigt zu werden brauche. Die ärztliche Bescheinigung schaffe nur zwei Arten ^0" „bstmördern. Den Hinterbliebenen eines reichen Selbstmörders werde es leicht sein, sich ein ärztliches Attest zu beschaffen, dem armen nicht. Die Versammlung nahm folgende Resolution an: „In der Verweigerung des kirch lichen Begräbnisses emes Selbstmörders können wir eine im Sinne christlicher Liebe und Versöhnung liegende Hand lung nicht erblicken, auch stehen wir auf dem Standpunkte daß es nicht Aufgabe eines evangelischen Geistlichen ist' sich zum Richter der bereits vor Gottes Richterstuhl stehenden Verstorbenen aufzuwerfen, daß er sich vielmehr im Be wußtsein eigener menschlicher Unvollkommenheit damit zu begnügen hat, den Hinterbliebenen Trost und Hoffnung vor allem in dem schweren Augenblick des Abschieds am offenen Grabe zuzuspr<.chen." " Man wird dre Aus führungen des Synodalen, sowie die Tendenz der Resolution auch in Sachsen gern Wort für Wort unterschreiben. Prosit, Herr Kollege! Bei dem Arbeiterfest, das die Eisenbahndirektlon Essen aus Anlaß der Eröffnung des neuen Bahnhofes in Gelsen kirchen gab, trank der anwesende Eisenbahnminifler von Budde dem bei dieser Gelegenheit mit dem Allge meinen Ehrenzeichen ausgezeichneten Weichensteller 1000« Mk. Belohnung. In den Hafenstädten des Gelben Meeres ist dieser Tage bekannt gegeben worden, daß der deutsche Kaiser eine Belohnung von 10000 M. für die Auffindung des verschwundenen Marine-Attachees Hentschel von Gilgen- deimb ausgesetzt hat. (Derselbe soll mit dem französischen Marine-Attachee de Cuverville Porl Arthur vor einiger Zeit in einer chinesischen Dschunke verlassen haben, beide sind seitdem verschollen.) Schlimmer als der heidnische Chinese .... Ueber Mischehen äußert sich das katholische Familien- blatt „Sonntag" in Berlin (Nr. 45, S. 717) in einer Weise, die verdient, festgehalten zu werden. Es heißt dort: „Ein Mietling ist daher jeder Katholik, der eine Mischehe eingeht, denn nur in den seltensten Fällen wird die katholische Erziehung strikt durchgeführt. Er handelt schlimmer als der heidnische Chinese, welcher seine Kinder aussetzt, denn er gibt nicht nur das körperliche, sondern auch das ewige Leben seiner Kinder preis." — Also ein Kindesmörder wird über den Katholiken gestellt, der eine Protestantin heiratet! Auf der Verfolgung der Hereros. Die „Rhein.-Westf. Ztg." erhält aus Hamakari vom 15. August von einem Mitkämpfer im südwcstafrikanischen Feldzuge folgenden Brief: Die Herero sind unserer Rache durch planlose Flucht nach allen Seiten hin vorläufig entronnen. Unsere Abteilung hatte ein nur leichtes Gefecht längs des Südrandes des Waterberges mit ge ringen Verlusten, wogegen die Hauptabteilung hier bei H. einen heißen Kampf mit schweren Verlusten bestand. Vorgestern Verfolgungsmarsch der vereinigten Abteilung, leider ohne den Feind einzuholen. An einer ca. 50 Kilo meter entfernten Wasserstelle Rast. Gestern Rückmarsch hierher, entsetzlich! 40 Prozent unserer Pferde ver loren. Hier wohl reichlich Wasser, aber nicht ein Halm. Die Pferde verhungern ... In einem zweiten Briefe aus Hamakari vom 18. August heißt es dann: Von den beiden schweren Tagen, die unsern 50 Kilometer- Vorstoß gegen den abziehenden Michael und den ent sprechenden Rückzug bedeuteten, haben sich Menschen und Tiere kaum erholt. Da hier von den Tausenden von Hereroochsen und -Kühen, die sich in dieser Gegend vier Monate aufgehalten haben, nicht ein Hälmchen mehr üb- rig geblieben ist, könnt Ihr Euch denken, wie es den ar- men Pferden ergeht. Sie nagen die Neste der ihnen er reichbaren Bäume und die Kralbüsche ab und fressen die unglaublichsten Dinge. Die Leute essen viel Fleisch das infolge der überstürzten Flucht der Hereros massenhaft zu haben ist. Zutaten gibt es nicht, nur etwas Kaffee ist noch da. Seit vier Tagen haben wir auch kein Brot mehr. Wie mit dem Fleisch gewütet wird, geht über alle Begriffe. Man findet massenhaft Tiere, die einfach er schossen, ihrer Leber, Nieren und allenfalls noch des Filets beraubt liegen gelassen werden. Hunderte, vielleicht Tausende von Viehkadavern liegen umher. Die Tiere verhungern und verdursten, da sich niemand um sie kümmern kann. Die Wasserlöcher sind nämlich so tief, daß die armen Geschöpfe von selbst nicht an das Wasser herankönnen, das hier übrigens reichlich vorhanden ist. Nun gehen wir, seit gestern zur Abteilung von Mühlen fels gehörend, mit dieser noch heute ohne unsere Wagen, die uns immer nicht eingeholt haben, südwärts in der Richtung auf Okosongoho (?) vor. — Aus Berlin wird berichtet: Reiter Max Hermann Klippel, geboren am 27. Juli 1882 in Bersdorf (Bezirkshauptmannschaft Löbau), Ausland. Eine Feuerprobe. Als Illustration zu dem Ausspruche Luegers, „daß sich im großen und ganzen die Völker in Oesterreich ganz ausgezeichnet vertragen", kommt aus Ungarn nachfolgende Notiz: Ein serbischer Bauer, Milan Nikolajev, brachte in die Dampfmühle von Groß-Becskerek in Ungarn Ge treide. Er wurde von dem Maschinisten Janos Kata, einem Magyaren, wegen der russischen Mißerfolge gehänselt. — Dieser stellte schließlich die Behauptung auf, daß die Slaven überhaupt feig seien. „Da schau her," sagte der Magyare, „ich habe den Griff dieser Zange glühend gemacht und wenn du Courage hast, packe sie an und zwicke mich am Halse." Nikolajev packte die glühende Zange und preßte dem Maschinisten den Hals zusammen, daß er beinahe erstickt wäre. Nikolajev, der sich die Hände ganz verbrannte, flüchtete und der Maschinist wurde schwer verletzt vom Platze getragen. Der Krieg zwischen Rußland und Japan. Die Hoffnungen Rußlands, daß Port Arthur sich doch noch längere Zeit werde halten können, sind fortwährend im Steigen begriffen. Die Zurückweisung der meisten japanischen Angriffe, die schweren Verluste des japanischen Belagerungsheeres und die häufigen Durchbrechungen der Blockade auf der Seeseite tragen dazu bei, diese optimistische Stimmung zu nähren und auch die Erwägung zurücktreten zu lassen, daß die Festung schließlich doch fallen muß, wenn ihr kein Entsatz gebracht wird, ein Entsatz, der selbst im denkbar günstigsten Falle, sei es zu Wasser oder zu Lande, erst nach vielen Monaten eintreffen könnte. Im Hauptquartier Kuropatkins mag man denn auch etwas zurückhaltender urteilen. Aus Mu-den, 1. Oktober, wird berichtet: Hier ist der aus Port Arthur über Tschifu ent kommene russische Leutnant Prinz Radziwill eingetroffen. Er berichtet, daß die Garnison und die Zivilbewohner der Festung gesund sind und reichliche Verpflegung haben. Es wird allerdings zuweilen Pferdefleisch ausgegeben, aber nur, um die besseren Fleischsorten für die Verwundeten aufzusparen. Die Versorgung des Platzes mit Trinkwasser ist nicht gefährdet, weil in der Stadt ein Destillierapparat vorhanden ist, der täglich 20000 Eimer gutes Wasser liefert. Auch haben die Kriegsschiffe solche Apparate an Bord; ferner gibt es viele Zisternen zur Aufsammlung des Regenwassers und einen Teich mit gutem Wasser. Immer hin ist in den Ergebnissen des letzten Sturmangriffs ein erheblicher Fortschritt der Japaner zu erblicken. — Einem an einen Hamburger Kaufmann aus Ostasien ge- richteten Briefe entnehmen wir ferner, daß Port Arthur mit Munition und Proviant reichlich versorgt ist. Bis unlängst trafen noch täglich aus Tschifu Dschunken ein, deren jede 16000 Pfund rohes oder gepökeltes Fleisch, also jede eine volle Tagesration, für die Besatzung trug. Dies ist der Grund, wenn die Japaner über den Versorg ungshafen jetzt eine Art von Blockade verhängt haben. — Die Stimmung unter den belagerten russischen Truppen soll nichts zu wünschen übrig lassen. Namentlich scheint der Kommandant, General Stössel, felsenfest überzeugt zu sein, daß er den Platz noch für Monate halten könne. Mit unverhohlener Geringschätzung aber wird innerhalb der Wälle von der russischen Flotte gesprochen. Die Offi ziere der Armee äußern scherzend: „Unsere Marine ist in diesem Kriege neutral!" Die Tatenlosigkeit des Geschwaders macht solche Aussprüche in der Tat verständlich. Ein russisches Sittenbild. In manchen Orten Rußlands herrscht noch jetzt die barbarische Sitte der exemplarischen Bestrafung der untreu gewordenen Frau durch öffentliche Mißhandlung und Folterung. Der Korrespondent des Zarizinski Wjestnik beschreibt einen solchen Fall, dessen Augenzeuge er war. „Als ich eines Morgens die schmalen Gäßchen Zarizins passierte, hörte ich auf einmal einen Schrei, den eine Frau