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ächönburgtr TaaMit Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beitrüge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächstcr- scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. «nd Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis betrügt vierteljähr lich 1 Mk. 50 Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. 1882. Dienstag, den 23. Mai 117. "Waldenburg, 22. Mai 1882. Bom internationalen Kapital. In einem der Wiener liberalen Blätter, der „Presse", welche wie die meisten liberalen Blätter in jüdischen Händen ist, las man jüngst folgendes Telegramm aus Petersburg: „Börsenkreise lanciren das sensationelle Gerücht, Lippmann, Rosenthal in Amsterdam und Rothschild in London schrieben der Discontobank und dem Bankhaus Mayer die Liquidation sämmtlicher russi scher Geschäfte vor, weil die Situation Mißtrauen errege. Ein ausländischer Diplomat äußerte, wenn Rothschild, anstatt den Börsenkampf mit Bontoux, einen Principienkampf mit Rußland unter gleichen Opfern mit Rußland durchführen wollte, so wären die Judenverfolgungen in Rußland sofort erstickt und in Zukunft unmöglich." Schon ost und mit gerechten Befürchtungen, be merkt hierzu der Wiener Correspondent des „D. Tagebl.," hat man von der außerordentlichen Macht des internationalen Kapitals gesprochen, aber so dreist ist sie wohl noch nirgend verkündet worden als in dieser Depesche. Seit den Tagen von Metternich und Gentz frißt das Hans Rothschild am Staatskörper Oesterreich- Ungarns. Zielbewußt operirte es von Anfang an. In Staaten, welche große Schulden hatten, in Lon don und Paris, oder wo die öffentlichen Finanzen zerrüttet waren, in Wien, Neapel und Frankfurt a. M. (für Mittel- und Süddeutschland) — da ließ es sich nieder und nahm sich den Staat als Object für seine Speculation wie im Kleinen der Geld wucherer einen Beamten. Wenn dec österreichische Finanzminister Geld brauchte, so drückte das Haus Rothschild die Kurse der österreichischen Staatspapiere an den europäischen Börsen, hörte dann mit erheuchelter Sorge das An liegen des Finanzministers, verwies ihn auf den schlechten Coursstand, ließ sich aber endlich dennoch zu einer Anleihe herbei, machte sodann mittelst der Presse und Banken Europas in seinem Interesse laute Reklame für den österreichischen Kredit und brachte schließlich das Anlehen mit erklecklichem Ge winn unter, wie u. a. während des türkisch-russischen Kriegs von 1877 ein Anlehen, welches es mit 56 erworben, zu durchschnittlich 70 pCt.l Oesterreich-Ungarn verschuldet mehr und mehr, seine financielle Zukunft ist eine bedenkliche, wenn nicht verzweifelte — doch das Haus Rothschild wird reich dabei und es wird demnächst neue Millionen einstreichen, wenn es mit Hülfe der ihm ergebenen Presse und Börse die ungarische Rentenconversion forlsetzt und die neuen Papiere zu übertriebenen Coursen an den Mann bringt. Welche Macht das internationale Geldkapital be sitzt, läßt sich aus diesen Andeutungen leidlich er kennen. Daß es seinen Einfluß in seinem Interesse der internationalen isroaölittz« rücksichts ¬ los auszunützen entschlossen ist und damit bereits be gonnen hat, zeigt die Eingangs mitgetheilte Peters burger Börsendepesche. Es ist eine Pflicht der unbefangenen Presse, diese geheimen Factore und ihr Eingreifen in das politische und nationale Leben der Völker an das Licht des Tages zu ziehen. Beendet sei diese Warnung mit den Worten, welche der Wiener Gemeinderath Dr. Lueger vor einigen Monaten unter dem stürmischen Beifall seiner Wähler in dieser Angelegenheit gesprochen hat. Ec sagte: „Dieses internationale Kapital, diese Geldmächte und Finanzcliquen sind es, die das öffentliche Leben bis hinunter in alle Schichten ver giften, diese kennen kein Vaterland, keine Ehrlichkeit, sie kennen gar nichts. Und gegen diese Macht muß jeder sich wehren, muß jeder ankämpfen, der da ! will, daß im öffentlichen Leben der Begriff der Vaterlandsliebe und der Ehrlichkeit nicht schwinde." "Waldenburg, 22. Mai 1882. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Trotz seines schmerzhaften Leidens hat Fürst Bis marck auch in den letzten Wochen fleißig gearbeitet. Täglich gehen vom auswärtigen Amte aus Berlin Sendungen nach Friedrichsruhe ab und der Reichs kanzler verarbeitet das ihm zugehende Material mit größter Gewissenhaftigkeit. Von auswärtigen Fragen war es war Allem die Egyptische Krisis, die ihn letzthin besonders lebhaft beschäftigt Hal. Von zuverlässiger Seite hört das „B. T.", daß die Regierung ernstlich entschlossen ist, falls der Reichstag sich gegen das Tabakmonopol entscheidet, dieses Project und mit ihm zugleich dasjenige einer Einführung der Tabakfabrikatsteuer definitiv fallen zu lassen. Auch von einer Erhöhung der bestehen den Tabaksteuer soll alsdann nicht mehr die Rede sein, angeblich, weil die Regierung eine erhebliche Erhöhung für gleichbedeutend mit dem Ruin der ganzen Tabakindustrie ansieht und in gleicher Weise auch die Durchführung einer Fabrikatsteuer in Deutschland für unmöglich hält. Es verlautet sogar, daß eine förmliche Erklärung in diesem Sinne im Reichstage abgegeben werden soll, sobald dessen ab lehnendes Votum erfolgt ist. Die Wiener „Presse" macht über den im deut schen Reichstag eingerissenen Ton folgende Bemerkungen, die leider nur zu berechtigt sind: D.r Abgeordnete Richter hat in die deutschen Debatten einen Ton gebracht, wie er weder in Paris, noch in Wien, noch in London beliebt wird. Die Führer des deutschen Fortschritts setzen eine Ehre darein, sich durch Mangel an Anstand bemerkbar zu machen, sie scheinen in solchen Ausschreitungen, die man in der gebildeten Gesellschaft nicht zu dulden pflegt, das Kennzeichen des Freisinns zu suchen. Wir können Herrn Richter versichern, daß er in ein.m anderen Parlamente als dem deutschen sich Rügen gefallen lassen müsse, die man sonst nur denen zu Theil werden läßt, deren Erziehung erst beginnt." Recht interessant ist in Hinsicht auf das Auftreten des Abgeordneten vr. Lasker in der ersten Bera- thung über die Novelle zur Gewerbe-Ordnung ein Rückblick auf die Anträge und Aussprüche, welche dieser Herr 1869 gelegentlich der Berathung der Gewerbeordnung für den Norddeutschen Bund ge leistet. So ist ß 57, wonach Haufirscheine nur bei Nachweis der Zuverlässigkeit des Petenten ertheilt werden sollten, gestrichen worden, ebenso ist die Frist, welche seil einer etwaigen Bestrafung des Petenten verstrichen sein muß, auf seine Anregung von 5 auf 2 Jahre herabgesetzt worden. Weniger glücklich war der Herr bei einem anderem Anträge, den er seinem Herkommen und Wesen entsprechend gestellt, daß nämlich das Hausiren mit getragenen Sachen, natürlich „beste Waare" gestattet sein solle. Ebenso wurde ein von ihm und dem Abg. Runge gestellter Antrag abgelehnt, der das Hausiren mit Werthpapieren erlauben sollte. Was hätten „die besten und edelsten Kräfte unserer Nation" (so be zeichnete bekanntlich vr. Lasker die Hausirer) dann während der Gründerzeit geleistet?! Zur Correclur der Angaben des Hirth'schen Par laments-Almanachs über den ReichsUgsabgeordneten v. Vollmar sei bemerkt, daß derselbe als Lieutenant aus der bairischen Armee desertirte. Das Verord nungsblatt das kgl. bairischen Kriegsministeriums vom 29. Januar 1868 Nr. 2 bringt Seite 7 fol genden Erlaß: „Se. Maj. der König haben aller- gnädigst geruht: am 3. December v. I. den beieits in den Listen abgeschriebenen Unterlieutenant Georg Ritter v. Vollmar auf Veltheim vom 3. Infanterie- Regiment „Prinz Karl von Baiern" in Folge Er kenntnisses des Generalauditorials als Revisions gerichts der Armee zur Strafe zu entlassen." In Breslau traf am 20. d. früh 9 Uhr Se. Eminenz der neue Fürstbischof auf dem Bahnhofe ein, wurde von einer Deputation empfangen und durch den Kanonikus Karger namens des Dom- capitels, durch den Abgeordneten Porsch namens der Bürgerschaft begrüßt. Die Stadt war reichlich mit Flaggen geschmückt, auf der Dominsel eine Via briumxdLlis errichtet. Oesterreich. In Pilsen wurde eine Socialistenconferenz, bestehend aus einem sächsischen Agitator und 7 Berg leuten, aufgehoben. Die Theilnehmer wurden an das KreisgKicht eingeliefert. Schweiz. Die Stadt Luzern ist anläßlich der am 21. d. stattfindenden Eröffnungsfeier der Gotthard- bahn festlich geschmückt und mit deutschen, italieni schen und Schweizer Fahnen geflaggt. Am Quai ist eine mächtige Statue der Helvetia errichtet. England. Freemann's Journal publicirt einen achtspaltigen Bericht über den Dubliner Mord, welchen es von London erhalten von einem der Mörder. Die Einleitung gieot zunächst eine Geschichte der irischen Vehme. Sobald Cavendish ernannt wurde, beschloß die einberufene Versammlung der Gesellschaft dessen Ermordung, weil er ein Prinzip repräsenlire, welches die Gesellschaft nicht dulden dürfe. Die Ermordung Burte's wurde nicht beschlossen. Er fiel, weil er Cavendish begleitete. Außer den vier direct bethei- ligten Mördern waren 24 Personen als Spione bei Ausführung des Mordes betheiligt. Als tue Mör der an Cavendish herantraten, sagte er zu Burke: „Was wollen diese Leute von uns? Gehen wir fort, sie scheinen betrunken!" Burke fragte nun: „Leute, was wollt Ihr?" Hierauf fielen die Mörder mit Messern über Beide. Cavendish letzte Worte waren: „Ich verzeihe Euch, Friede für das arme Irland!" Nach der Ermordung fuhren die Mörder zum bezeichneten Rendezvous, wo sie sich verkleide ten, der eine als Priester, ein anderer als Offizier, ein dritter als Marineoffizier und der vierte als gutgekleideter Bürger. Alle entkamen nach England. Nutzland. Für die neuen Befestigungen Warschau's sind, wie von dort geschrieben wird, sechs Millionen Rubel bereits der dortigen Hauptstaatskasse ange wiesen worden. Die Anweisung des Restes von vier Millionen wird alsbald erfolgen. Man scheint es überhaupt mit jenen Befestigungen sehr eilig zu haben, weil bereits eine Commission von Genieoffi- cieren das Terrain begeht, um die Punkte für die Errichtung der neuen Forts festzustellen. Plan und System der Befestigungen sind in Petersburg ent worfen und vom Kaiser persönlich genehmigt worden. Auch im Südwesten Rußlands sind bedeutende agrarische Unruhen ausgebrochen. Mehrere Grundbesitzer sind von Bauern mißhandelt und aus geplündert worden, darunter sogar der Gouverneur von Kiew. Türkei. Anläßlich der Annahme über die Vorlage der Ehescheidung seitens der französischen Deputirten- kammer, meint das Konstantinopolitanische Blatt, der „Hakkikat", daß, sobald dieses Gesetz in Kraft trete, eine große Anzahl Personen und selbst die höchstge stellten Persönlichkeiten sichdasselbezuNutze machen wer-