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Dresdner Journal : 25.12.1879
- Erscheinungsdatum
- 1879-12-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187912258
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18791225
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18791225
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1879
-
Monat
1879-12
- Tag 1879-12-25
-
Monat
1879-12
-
Jahr
1879
- Titel
- Dresdner Journal : 25.12.1879
- Autor
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^S2SS Donnerstag, den 25 December. 187». 4konn,»e»t»prei»: U° N-»« '""»-d» a».».^d dv,deui.otn,» ^--licN: . >8 ^»rtc tritt ?o»t- und ^jLNrUot»! 4 slurlc b0 ?s 8^«!lnp«l!lu»ebttt8 Kinin. Llo»«lv»Kuuuo«ro: lv?f losernt^nprel»«: kür den kLum siasr ^«»pultensu ?«6trvils rv kt. Unter „Linzssicodt" dis Lsiis SV kk. Lrsebeln«»: 1'L^Iieti mit Xu,n»klne dsr 8yno- and keisriLze Adsad» für den sollenden ^^8 Verantwortlicher Redacteur: Im Auftrage Rudolf Günther in Dresden. In»«r»teuannakme »a-Hrknt-' Ära»d^te^er, Oomnu« isinu des Orssdner 7ouruu.i><; 8»wdarff lerlü» Vtm >»«d! - Lr«it»a-r' rlik« t ». N : f,un«em,te«ri L f'oA/er, SsrUo Vi-o-Nimdurz ?r»^-l.«ip,ix-kr»nktnrt » ». »üned-ll: ^tud Ssrim: §. A'urnict /nt«/idkndanz, Lr«m»n: F'. ; »r»»l»o: F §tunAe»^ Uürsrtu; Lksmniir />. ^oiAt; krsvktart » L. dae^er^ctie u. d (7. //errman«- scke tiuckk-rndlunis; vörlitr: fr. ^/u//rr, S»iuivv«r: (7. >, k»rl, Nerim-kriuUlN.lt ». »Stottert: /)aid-e L LEdarU: F A^tei-dAe»», ^1d Ltetner. Neransxvderr Nönis-i. Lrpeditioo de» I»re»dnsr 7onrn.lt», Dresden, üviv^ersrruese lio LV. Abonnements - Kintadung. Auf das mit dem 1. Januar 1880 beginnende neue vierteljährliche Abonnement des „Dresdner Journals" werden Bestellungen zum Preise von 4 M. 50 Pf. angenommen für Dresden bei der unterzeichneten Expedition (Zwingerstraße Nr. 20), für a«S»ärtS bei den betreffenden Post anstalten. Ueber die Verhandlungen des sächsischen Landtags wird das „Dresdner Journal" aus führlich und schnell und — wie bisher — in besonder» Beilagen berichten. Zur Berichterstattung über die bevorstehen den Verhandlungen des deutschen Reichstags wird das „Dresdner Journal" wiederum seinen bewährten Specialreferenten nach Berlin ent senden. Ankündigungen aller Art finden im „Dresd ner Journal" eine sehr geeignete Verbreitung. Die Jnsertionsgebühren werden im Jnseraten- theile mit 20 Pf. für die gespaltene Petitzeile oder deren Raum berechnet; für Inserate unter der Rubrik „Eingesandtes" sind die Jnsertions gebühren auf 50 Pf. pro Zeile festgestellt. In Dresden-Neustadt können Abonnements- bestellungen auf das „Dresdner Journal" abge geben werden in der Kunst- und Musikalien handlung des Herrn Adolf Brauer (Haupt straße 31), woselbst auch Inserate zur Beför derung an unser Blatt angenommen werden. WM- Wir ersuchen um recht baldige Er neuerung des Abonnements, da wir sonst die Lieferung vollständiger Exemplare ohne Mehr kosten für die geehrten Abonnenten nicht garan- tiren können. Dresden, im December 1879. Königs. Expedition -es Dresdner Journals. (Zwingerstraße Nr. 20.) Amtlicher Theil. Dresden, 23. December. Se. Majestät der König hat dem Jngenieur-Premierlieutenant Seyfert des Pionier-BataillonS Nr. 12 die Erlaubniß zur An legung deS demselben verliehenen Königlich Preußischen Kronen-Orden- IV. Klasse allergnädigst zu ertheilen geruht. Verordnung wegen Abänderung von ß 52 der Verordnung vom 2. Januar 1864, die ström- und schiff fahrtspolizeilichen Vorschriften für die Schiff fahrt und Flösserei auf der Elbe betreffend. Die Ministerien des Innern und der Finanzen haben beschlossen, den 8 52 der Verordnung vom 2. Januar 1864, die ström- und schiffsahrtspolizeilichen Vorschriften sür die Schifffahrt und Flösserei auf der Elbe betreffend, (Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 2 flg.) aufzuheben und an dessen Stelle folgende Be stimmung treten zu lassen: „Während deS Fahrens bei Nacht muß jedes Segelschiff oder Floß in der Thalfahrt drei, in der Bergfahrt zwei übereinander befindliche, hellerleuch tete Laternen am halben Maste, oder, wenn es ohne Mast fährt, an einer anderen, nach allen Seiten hin sichtbaren Stelle führen. Bei Nebel, Sturm und Unwetter ist die Thal fahrt mit Segelschiffen sowohl, wie mit Flössen, ein zustellen." Hiernach haben Alle, die eS angeht, sich zu achten. Dresden, den 22. December 1879. Die Ministerien des Innern und der Finanzen. von Nostitz Wallwitz. von Könneritz. Wittmann. Nichtamtlicher Theil. U e b e r s i ch t. Telegraphische Nachrichten. Die Armennoth und die Reichsgesetzgebung. I. Zeitungsschau. (Schwäbischer Mercur. Koburger Zeitung. Süddeutsche Presse.) Tagesgeschichte. (Dresden. Berlin. Karlsruhe. Aus Thüringen. Prag. Paris. London. Cetinje. Nisch. Konstantinopel.) Ernennungen, Versetzungen rc. im öffentl. Dienste. Dresdner Nachrichten. Provinzialnachrichten. «Zwickau. Schneeberg. Frei berg. Meißen.) Gerichtsverhandlungen. (Zwickau.) Vermischtes. Statistik und Volkswirthschaft. Eingesandte». Feuilleton. Tageskalender. Inserate. Beilage. Börsennachrichteu. Telegraphische Witterungsberirbt». Kirchennachrichten. Inserate. Telegraphische Nachrichten. Rom, Dienstag, 23. December, Abends. (W. T. B.) Der Senat genehmigte das provisorische Budgetgesetz, die Verlängerung der Handelsver träge mit England, Frankreich, Deutschland, Bel gien und der Schweiz, sowie die Handelsconvention mit Serbien und mehrere Gesetzentwürfe localer Natur. Der Senat tritt am 12. Januar zur Be- rathung der Mahlstcuer wieder zusammen. London, DienStag, 23. December, AbrndS. (W. T. B.) Mit dem in der letzten Parlaments session neu creirten Amte deS Generalstaats- anwaltrS, welches von Neujahr ab in Wirksamkeit tritt, ist Mault, bisher Recorder in Leeds, betraut worden. London, Mittwoch, 24. December. (Tel. d. DreSdn. Journ) Officiell wird aus Kalkutta ge meldet, daß von General Roberts Depeschen vom 16., 17. und 18. d. M. eingegangen find. Diesen Depeschen zufolge sind die Arbeiten zur Vcrtbei- digung von Sberpur beendet. Der Feind befand sich auf den Anhöhen oberhalb von Kabul und kam zu einer Zeit, als die englische Eavallerie nicht patrouilliere, auS den Thalern. Roderts wird die Offensive ergreifen, sobald er Verstärkun gen erhalten hat. Der Verlust deS Feindes am 14. d. M. ist sehr groß gewesen; mehrere Häupt- linge wurden getödtet. Der Feind erschien auf Siahsung, wurde aber rasch zurückgeworfen. Die Zahl der Feinde vermindert sich. Mahomed Khan hat Musa Khan, den ältesten Sohn Jakub Khan'S, zum Emir ausgerufen. Eine weitere Depesche des Generals Robert» vom 20. d. M. meldet, daß ein Getrridezug sicher vom Lataband angckommen, mithin die Straße bis dorthin frei ist. Der Verlust der englischen Trup pen am 10. d. beträgt 1 Offizier und 15 Mann verwundet. 3 Offiziere find an den Blattern er krankt. Die Lungenkrankheit nimmt infolge der Kälte zu. Sonst ist die Gesundheit der Truppen sehr gut; nur 4 Procent find krank. Queenstown, DienStag, 23. December, Abents. (W. T. BI Das Schiff „Mallowdalr" von Boffein hat 0 Mann von der Mannschaft des Dampfers „Borussia" gelandet, der sich auf dem Wege von Liverpool nach New-Orleans befand und welchen die Mannschaften am 2. d., 350 Mei len südlich von Fayal, infolge eines durch Sturm erhaltenen Lecks sinkend verlassen hatten. Der Capitän und der zweite Steuermann waren auf dem sinkenden Schiffe verblieben; die Passagiere und die Mannschaft waren in 7 Booten eingeschifft worden. Die gelandeten Mannschaften befürchten, daß außer ihnen Niemand gerettet sei; rin Boot sahen dieselben untergeben. Der Dampfer hatte 180 Passagiere und 54 Mannschaften an Bord. St. Petersburg, Dienstag, 23. December, Abends. (M T. B.f Die Machtbefugnisse des Generalgouverneurs von Moskau sind auch auf das Gouvernement Tambow ausgedehnt worden. St. Petersburg, Mittwoch, 24 December. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Officieller Meldung auS Cannes vom 22. d. zufolge verbrachte dir Kaiserin von Rußland wegen Hustenanfällen eine schlechte Nacht. Die Bluttemperatur betrug am 21. d. Abend und am 22. d. früh 3^ Grad; der Puls war auf 120 Schläge in dtr Minute erhöht. Morgens stellte sich Athemlofigkeit mit Herzklopfen ein. Die mit der Pleuritis verbundenen Schmerzen sind ge schwunden. Die Armeuusth und die Reichsgesetzgebung. I. Hungersnoth und Hungertyphus in Oberschlesien, Nothstand im thüringer Walde, Noth und Elend auch in unserm Sachsenlande unter den Webern des Mülsner Grundes, das sind Thatjachen, die uns die Frage nahe legen, ob die bestehende Gesetzgebung wohl im Stande ist, der Armennoth gebührend zu begegnen. Es ist an dieser Stelle vor einiger Zeit einer Erscheinung ge dacht worden, die hiergegen sehr gegründete Bedenken auskommen läßt, nämlich des von Jahr zu Jahr zu nehmenden Vagabunden- und Bettlerunweiens. Es ist damals auf die wirthschastlichen Gefahren deS Land- streicherthums hingewresen worden, und in der That, wenn man die kolossalen Summen ins Auge saßt, die nach der ausgestellten Berechnung in die Taschen der Gewohnheitsbettler, d. h. also in die Taschen von Leu ten fließen, die keinerlei productive Thätigkeit ent wickeln, so wird man zugeben müssen, daß wir es hier mit einem an unserm Nationalwohlstande zehrenden Krebsschaden zu thun haben. ES ist weiter damals auf die sittlichen Gefahren des Bettelwesens auf merksam gemacht worden, und gewiß auch dies mit vollstem Rechte. Schon der Anblick solcher Indivi duen zeigt, wie das Landstreicher- und Bettlerleben geistig und sittlich herunterbringt, und gräuliche Bilder moralischer Verkommenheit treten uns entgegen, wenn wir die Polizeiberichte lesen über das Dasein, da» jene Elenden führen, über die Schlasstätten, in denen sie in wüster Gesellschaft ihre Nächte verbringen, wenn sie es nicht vorziehen, im Freien zu übernachten, und über all den Unflath des Lasters, der zu Tage tritt, wenn einmal ein solches Vagabundennest ausgenommen wird. Das Schlimmste aber ist, daß diese sittliche Verkommenheit nicht nur ihre Träger zu Grunde richtet, sondern daß sie auch Andere mit in ihren Schlund zieht. Wie viele dieser Verworfenen haben Frau und Kinder daheim, die sie im Stich gelassen haben, um statt mit ehrlicher Arbeit mit dem Bettelsack ihr Brod zu verdienen. Andere wieder, wohl wissend, daß, wenn sie selbst, gesund und kräftig, wie sie sind, mit dem Bettelstäbe umherziehen wollten, man ihnen die verhaßte Zumuthung machen würde, zu arbeiten, schicken ihre zarten Kinder zum Almofensammeln aus, lehren sie, wie sie ungestraft das wachsame Auge der Polizei täuschen, wie sie mit Lüge und Heuchelei das Herz ihrer Mitmenschen rühren sollen, bedrohen sic obendrein mit Schlägen, wenn sie sich nicht gelehrig zeigen und reichliche Ernte mit heimbringen. Welche Folgen diese Zerstörung deS Familienlebens, dieser Mißbrauch der älterlichen Gewalt nach sich ziehen muß, darüber kann wohl kaum ein Zweifel sein. Woher sollen solche Kinder einen Begriff von der Freude und Ehre der Arbeit bekommen? Sie bleiben bei dem Metier ihrer Aeltern, dem Müßiggang, der sie entweder in die Arme deS Lasters, der Prostitution, oder in die deS Ver brechens führt. Und das ist eine neue, und viel leicht die schlimmste Gefahr, Mit welcher das Vagabun- denthum die Gesellschaft bedroht. Wir glauben nicht zu irren, wenn wir zwischen der wachsenden Zahl der Verbrechen namentlich diejenigen, die gegen das Eigen thum, die Sittlichkeit und die öffentliche Ordnung ge richtet sind, und der gleichzeitigen Zunahme der Zahl der Landstreicher einen ursachlichen Zusammenhang an- nehmen. Das Leben auf der Landstraße, in den Winkelpennen und heimlichen Schlupfwinkeln des Va gabundenthums erzeugt -sene verthierten Individuen, die keinerlei sittliches Gefühl mehr besitzen, nur dem momentanen Anreize ihrer Sinnlichkeit folgen und im mer bereit sind, die verbrecherische Hand nach ihrem Nächsten auszustrecken, wenn sie hoffen dürfen, ihren Zweck zu erreichen, ohne der strasenden Gerechtigkeit zu verfallen. In der That, wenn Gelegenheit Diebe macht, so bietet ohne Zweifel das bettelnde Umherziehen von Ort zu Ort, von Haus zu Haus, die schönste Ge legenheit zu Eigenthumsvergehen, und nicht minder dürfen wir erne große Zahl der räuberischen Ueberfälle und frechen Angriffe auf die weibliche Ehre und Scham haftigkeit, von denen so vielfach berichtet wird, auf Rechnung der vagabundirenden Bettlerschast setzen Nach Alledem ist es gewiß gerechtfertigt, wenn, wie überall, so auch in Sachsen von dem kursächsischen Mandate des Jahres 1772 an bis zur Armenordnung vom 22. October 1840 die Bekämpsung der Bettelei und des Landstreichens als eine wesentliche Aufgabe der Armengesetzgebung betrachtet worden ist. Und um gekehrt wird man für den praktischen Werth der jetzt bei unS geltenden Armenordnung einen gewissen Maß stab daran finden, inwieweit dieselbe geeignet ist, jenen Zweck zu erfüllen. Unstreitig aber ist eS in dieser Be ziehung bei unS von Jahr zu Jahr schlimmer anstatt besser geworden. Die Klagen über die Zunahme deS Bettler und Landstreichergesindels werden immer häufiger; Stadt und Land, Publicum und Behörden sind ein stimmig in ihrer Erhebung, und wohl erscheint die Frage berechtigt, ob nicht der Mangel in der bestehen den Gesetzgebung zu suchen sei. In der That ist den guten und heilsamen Maß regeln unserer sächsischen Armenordnung, welche be stimmt sind, dem so leicht aus der Verarmung folgen den sittlichen Verderben vorzubeugen und dem der Feuilleton. Redigirt von Otto Banck. Die Londoner Clavierwittwen. Eine seltene Industrie, die in neuerer Zeit eine bemerkenSwerthe Ausdehnung in London erhalten und eine rege GeschäftSthätigkeit hervorgerusen hat, ist die der sogenannten Llavierwittwen. Bei Beginn der langen Herbsttage, so berichtet die „N. Allg. Ztg.", regt sich in manchem weniger bemit telten Bewohner der Hauptstadt der Wunsch, auf billige Weise in den Besitz eines aus zweiter Hand zu kau fenden Instruments zu gelangen. Er nimmt daher die Zeitungen zur Hand und sucht unter den Anzeigen vermischten Inhalt». Nach kurzem Suchen schon findet er alsbald eine Annonce, die ungefähr folgendermaßen lautet: „Ein fo gut wie ganz neues Piano, das 70 Pfund gekostet hat, für 29 Pfund, unerwartet einge- tretener Verhältnisse halber, zu verkaufen." Der Käu fer denkt, halt, hier ist rin gute« Geschäft zu machen, und brgiebt sich sogleich an den näher bezeichneten Ort, wo die Waare auSgeboten wird. Man beginnt zu unterhandeln; der Verkäufer ver sichert, er verstände und wüßte gar nicht» von Musik; er hab« da» unscheinbar au»fehende Instrument von einer eben verstorbenen Tante, die nicht verheirathet gewesen, geerbt, habe selbst gesehen, wie e» vor meh- reren Jahren mit 70 Pfund bezahlt worden fei, und wolle sich jetzt, da e» ihm an Platz in seiner Woh nung fehle, d«»selben entledigen — e» käme ihm auch nicht auf ein Paar Guineen mehr oder weniger an. — Die Kauflust deS Besuchers wächst bei sol chen Reden und in der Regel dauert eS nicht lange, und — man verständigt sich. Der Käufer drückt nun den Preis noch um etwas herunter, und der Verkäufer im Innern froh, feine Waaren an den Mann zu bringen, übergiebt den schnell zur Hand befindlichen Trägern das Instrument, indem er sie darüber belehrt, wie sie dasselbe am zweckmäßigsten und ungefährdetsten tranSportiren. — Die Träger, welche mit dem Verkäufer unter einer Decke stecken, beeisern sich, da- Instrument so schnell als möglich fortzuschaffen. Sie wissen recht gut, daß eS sich um ein ganz unbrauchbare», nur etwas aufpolirteS, und mühsam von einem Instrumenten macher zusammengestcllteS Elavier handelt, das aus irgend einer Vorstadtauction für 4 bis 5 Pfund er standen worden ist. Ist der Gewinn an dem einzelnen Stück auch nicht bedeutend, so bringt eS doch die Masse, und wenn auch nur zehn Psund an einem Instrument verdient werden, fo ist der Gesammtertrag durchaus nicht unbefriedigend zu nennen. In der Regel haben derartige Industrie- ritter auch eine Geschäftsgenossin, fei e», daß eine Ehe gattin, eine Mutter, eine Schwester oder eine andere Verwandte diese Rolle übernimmt. Dergleichen Damen sind in London unter dem Namen der „Llavierwittwen" bekannt. Die Elavierwittwe wendet eine von der so eben geschilderten völlig verschiedene Taktik an. Sie fängt ihre Opfer mit einem anderen Köder. Ihre Annonce in den Blättern ist daraus berechnet, gleich zeitig mit der Anpreisung eine» Artikel» auch da» Mit gefühl der Menschheit für eine angeblich in Noth ge- ratbene Frau zu erregen. In dem bezüglichen Inserat heißt e» „Eine durch unvorgesehene Umstände in große Geldverlegenheit gekommene junge Wittwe ist gezwun gen, ein kostbares Planino, das 60 Psund gekostet hat, sogleich zu verlausen. Sehr erwünscht wäre die Mög lichkeit des Rückkaufes, wobei Zinszahlung innerhalb einer nicht zu langen Frist garantirt wird." Das auf die Rührung mitleidiger Herzen berechnete Inserat ver fehlt seinen Zweck selten ganz. Hier handelt es sich darum, so sagt ein Menschenfreund bei sich, einer von Gläubigern gepeinigten armen Frau, die aenöthigt wird, ein werthvolles Andenken an ihren verstorbenen Grtten zu verkaufen, hilfreiche Hand zu leisten, und sie aus den Händen gewinnsüchtiger Unterhändler zu befreien. Die nähere Besichtigung und Prüfung des Instrumentes führt zu der persönlichen Bekannt schaft der in tiefe Trauer gekleideten Verkäuferin, welche sich bei dem Erscyeinen der Käufer sogleich niedersetzt, die Finger träumerisch und schwermüthlg über die Tasten gleiten läßt, und denselben eine ernste und wehmuthsvoll klingende Melodie entlockt. Mitten im Spiel bricht sie plötzlich ob, verhüllt das Gesicht mit dem Taschentuch und sagt unter Thränen und Schluch zen: „Ach, es war das letzte Geschenk meine» seligen Gatten — am letzten Jahrestage unserer Hochzeit überraschte er mich mit dem schönen, werthvollen An gebinde; es mar eine seiner letzten Aufmerksamkeiten kurz vor seinem Tode. Damal» konnten wir 60 Gui neen zum Ankauf eine» Instrumente» verwenden. Nur die Hoffnung, dereinst wieder in den Besitz de» schönen Piano zurückzagelangen, kann mich bestimmen, e» an der Hand zu aeben." Dem Kauflustigen erscheint e- unter solchen Umständen kleinlich, den Prei- von 20 Psund, der verlangt wird, herunterzudrücken; der Handel kommt daher zum Abschluß und die List der „Elavier ¬ wittwe" zählt einen Namen mehr unter den Opfern ihrer List und Verschlagenheit. Wie die der erstgenannten Kategorie angehörigen Instrumente, so sind auch die jenigen der Clavierwittwen nur so zu sagen Attrapen >m Werthe von höchsten- 5 Psund. Theater. „Et Dukketjem" (ein Puppenheim), ein Schauspiel in 3 Acten, nennt sich da- neue Werk, welche- Henrik Ibsen verfaßt. Da die Werke von Ibsen gegenwärtig vielen Anklang finden, sei hier nach einem Referat aus Cbristiania in den „H.N." der In halt des neuen Stückes nutgetheilt. In „Peer Gynt" war eS der Nationalegoirmus, den Ibsen traf, in den „Stützen der Gesellschaft" die ungesunde Moral der engeren Gesellschaft; dies Mal hat er seinen scharfen Pseil in das alltägliche Familienleben hineingesandt, da leichtsinnige Familienleben getroffen, iu welchem da- junge Mädchen zu einer flüchtigen^ irreligiösen und verschwenderischen Gattin und Mutter erzogen wird, wo der Gatte in feiner Frau keine Gleichberechtigte sicht, sondcrn nur eine Puppe, die von allem Ernst haften fern gehalten iverden und nur ihm zur Unter haltung und zum Lergnügcn dienen soll. Ein solche- Welen ist Nora Helmer, die unter der Erziehung eine» schwachen Vater- nur eine Puppe geworden und mit einem Manne verhelrathet wird, welcher da» Ideal seine- G<ückeS realisirt findet, wenn sie die Liebens würdigkeit de- verwöhnten Liebling- bewahrt, wenn sie da- immer lustige und anmuthlge K»nd bleibt, die für ihn tanzt und spielt. Rach einer achtjährige» „glück lichen" Ehe ist sie noch immer Lie lachende trillernde Lerche gcblicben. So wird sie un» zu Beginn de» Stücke- al- eine unwahre,) verschwenderische/coquett«,
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