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Dresdner Journal : 22.10.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-10-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190210223
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19021022
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19021022
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-10
- Tag 1902-10-22
-
Monat
1902-10
-
Jahr
1902
- Titel
- Dresdner Journal : 22.10.1902
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vei«s»pret«: Beim Bezüge durch di« t«,erh«t» xrwdru» 2,50 M. («lnlchl -juii.^ina), durch die M»ft im Deuüchen Reiche 3 M- (au-schürßlich Bestellgeld) vietteljLhrlich. Muzelue Nummern 10 Pf. Mrd Zuracksendung der für die SchnstlnNiiig bestimmten, «der von dieser nicht ein» ßesorderten Beitrüge beoa» wrucht, so ist da» Popgeld betzufügen. WS4«. Dresdner HMMNl HerauSgegeben von der König!. Expedition de- Dresdner Journals, Dresden, Zwingerstraße 20. — Fernspr.-Anschluß Nr. 1295. Erscheinen: Werktag» nachm. 5 Uhr. — Originalberichte und Mitteilungen dürfen nur mit voller Quellenangabe nachgedruckt werden. Mittwoch, den 22. Oktober nachmittags. 19V2 Anlkndigung-gehühre«: Die Zeile kleiner Schrift der 7 mal gespaltenen Ankündi gung-Seite oder deren Raum SO Pf. Bei Tabellen- und Ziffernsatz S Pf. Ausschlag für die Zeile. Untern» Re- datlionSstrich (Eingesandt) di« Lextzeile mittler Schrift oder deren Raum 50 Pf. Gebühren»Ermäßigung bei öfterer Wiederholung. Annahme der Anzeigen bi» mittag« 12 Uhr für die nach mittag« erscheinende Nummer. Amtlicher Teil. Nichtamtlicher Teil. (Behördl^Bekanntmachungen erscheinen auch im Anzeigenteile) Dresden, 16. Oktober Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Stadtbaurat, König!. Preußischen Baurat Otto Wilhelm Scharenberg in Leipzig das Ritterkreuz 1. Klasse vom AlbrechtS- orden zu verleihen. Dresden, 20. Oktober. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Diener der Staatsanwaltschaft bei dem Landgerichte Freiberg August Clemens Sachse bei seinem Uebertritt in den Ruhestand das Allgemeine Ehrenzeichen zu ver leihen. Ernennungen, Versetzungen re. im öffent» lichen Dienste. Im «eschäftSdereiche deS Ministeriums der Justiz. Der Rechtsanwalt vr O. B Werner in Geithain ist zum Notar für Geilhain auf so lange Zeit, al« er dort seinen Amtssitz haben wird, ernannt worden. Im Geschäftsbereiche »eS Ministeriums der Finanzen. Bei der Berg- und Hütten Verwaltung smd ernannt worden: Döring, zeither Privatdozent an der Bergakademie zu Freiberg, als außerordentlicher Professor da- stlbii; Funk, zeither Hütteningenieur, und Bauer, zeither Lisenhülteningemeur, als Assistenten für Chemie an der Berg akademie. Im Geschäftsbereiche drS MiuisteriumS deS SultuS u. äffentl. Unterrichts. Erledigt: Die Rebenschulstelle zu Hellendors b. Gottleuba. Koll: Das Ministerium des Kultur re. Außer fr. Wohnung im Schul hause nebst Garten 1200 M. Gehalt, Brennholz f. d. eig. Bedarf i W. von 48 M. u das gesetzl. Hon f. d Forl- bildungsschul- u. Turnunterricht. Bewerbungsgesuche sind a. b. Koll, zu richten u. nebst den erforderl. Beilagen bis S. Nov. an BczirkSschuliuspektor Schulrat Lehmann, Pirna, rinzu- reichen — Zu besetzen: Die Schulstelle zu Volkers- bors. Koll.: Die oberste Schulbehörde. Außer fr Wohnung m Gattengenuß 1200 M Gehalt, die gesetzl. Vergütung f. FortbildungSschul- u. Turnunterricht im Sommerhalbj., eine kl. Entschädigung f. kirchendienstl. Verrichtungen u. nach Be finden der Frau eine Entschädigung f d. NadelarbeitSunter- richt Gesuche sind bis 20 Nov b. Bezirksschulinspektor Sieber, Großenhain, einzureichen; — die Kirchschulstelle zu Eber-grün b Pausa. Koll.: Da- Ministerium deS Kul- w- re. Außer fr. Wohnung im Schulhause kn. Gartengenuß irvo M Grundgehalt, 258 M. v. Kirchendienstr, 137,50 M. s. Fortbildung-- u. Turnunterricht u. 72 M d. LehrerSfrau, fall« sie den Handarbeitsunterricht erteilt, Gesuche sind m. d. nötigen Beilagen u. nach Umständen m Angabe de« Militär- vrrhältnifscS bis 10. Nov. b Bezirksschulinspektor Schulrat vr. Putzger, Plauen i. B., einzureichen; — die Schulstellt zu Löwenhain b. Lauenstein. Koll.: Die oberste Schulbehörde. Außer fr. Amtswohnung m. Gartengenuß 1200 M Grund gehalt, 110 M f. FottbildungSschulunterricht, 36 M. v. Kirchendienste, 50 M f. d. Glockendienst u. f Ausziehen der Uhr, SO M f. Heizungsmaterial d. Schulstube, 40 M. f. Mühwaltung bei deren Heizung, 200 M. bez. 150 M. vor- ausgcwähtte AlterSzulage, ev. 45 M. der Frau s. Hand arbeitsunterricht. Bewerber (musikalisch befähigt) wollen ihre Gesuche m d ersorderlichen biS in die neueste Zeit rnchenden Zeugniffen bis 10. Nov. an Bezirksschulinspektor Bang, Dip poldiswalde, einreichen. Im Geschäftsbereiche des ev.-luth. LandeS- konsistoriumS wurden angestellt bez. befördert: I E Peter, Hilssgeistlicher in Zscheila, als Diaconus da selbst (Meißen); M Domaschke, Psarrvicar in Zabeltitz, als Hilssgeistlicher in Leipzig Neustadt-Neuschöneseld (Leipzig I); F. W Nowy, PredigtamtScandidat, als Hilfsgeistlicher in Postwitz (Obcrlausitz); B. G. Vieweg, Pfarrer in Topf- feifer-dorf, als Pfarrer in Burkersdorf (Dippoldiswalde); E Schneider, Hilssgeistlicher in Kötzschenbroda, als II. Diaconus in Kötzschenbroda (Dresden ll); k. FI. Nau mann, Anstaltsgeistlicher in HubertuSburg, als Anstaltspfarrer daselbst (Oschatz); C. E. Schneider, Pfarrer in Wiesa, als Pfatter in Breitingen (Borna). Sozialdemokratisches. Von Zeit zu Zeit sieht sich irgend ein sozial demokratischer Führer veranlaßt, den Eintritt des großen „Kladderadatsch" in nahe und sichere Aussicht zu stellen und, da es selbst den gewandtesten Partei agitatoren immer schwerer wird, angesichts der zweifellos recht erträglichen Lage besonders der deut schen Arbeiter das Schreckgespenst der „grauen Wirk lichkeit" heraufzubeschwören, statt dessen des Lebens goldenen Baum den andächtigen Zuhörern zu schildern, der im sozialdemokratischen Zukunftsstaate dem Boden der allgemeinen Gleichheit und Brüderlichkeit entwachsen werde Glücklicherweise ist das deutsche Land und Volk von den Segnungen dieses sozialistischen Pro dukts noch verschont geblieben, doch bietet eine Reihe symptomatischer und lehrreicher Vorgänge in anderen Ländern Gelegenheit, die Uebertraaung der sozial demokratischen Zukunftsideen in die Praxis kennen zu lernen und von dem nivellierenden und depravierenden Charakter dieser „Staatsidee" eine Vorstellung zu ge winnen. Bekannt sind die Mißerfolge und die un geheuerlichen Schädigungen auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens, die in der Gemeindeverwaltung von Marseille und im australischen Staate Viktoria infolge der sozialdemokratischen Herr schaft zu Tage getreten sind. Es wird viele Jahre hindurch mühevoller Arbeit und schwerer Opfer seitens des nichtsozialdemokratischen Teiles der Bevölkerung bedürfen, um wieder gut zu machen, was die sozialistische Mißwirtschaft ver schuldet hat. Diesen Beispielen reiht sich würdig an die Geschichte der städtischen Verwaltung des 250000 Einwohner zählenden Londoner Vorortes West-Ham, die bis vor nicht langer Zeit in den Händen einer sozialdemokratischen Mehrheit war. Ehe die dortigen Sozialisten, die zum ersten Mal 1890 nach dem Ausstande der Dockarbeiter in das Ratskollegium eingezogen waren, diese Mehrheit erreichten, ver sprachen sie ihren Wählern goldene Berge, ohne zu meist, als sie ihren Zweck erreicht hatten, sich ihrer Versprechungen zu erinnern. Vielmehr benutzten sie ihre Stellung und ihren Einfluß, um Mitglieder der Vertretung der Bürgerschaft durch Zuweisung einträglicher Stellung zu gewinnen und so ihre eigene Position zu befestigen. Anderseits übertrugen sie den in der Partei geübten Terrorismus auf ihre amtliche Thätigkeit, indem sie jeden ihrer Freunde oder Schützlinge, der eine Anstellung im städtischen Dienst oder eine reiche Pfründe erhalten sollte, in einer Beratung der Parteigenossen, die der jedes maligen über derartige Angelegenheit beschließenden Sitzung der städtischen Behörden voraufging, auf das sozialistische Programm verpflichteten und bei Bethätigung gegensätzlicher Gesinnungen seine sofortige Entlassung bewirkten. Doch genügte den „Genossen" dieser passive Gehorsam ihrer Anhänger nicht. Für jede öffentliche Sitzung der städtischen Kollegien wurde eine Anzahl der städtischen Arbeiter der untersten Klasse, die ebenfalls ihre Beschäftigung den Partei genossen verdankten und sich einer achtstündigen, oft auch nur sechsstündiger Arbeitszeit „erfreuten" ausdrücklich bestimmt, um durch „spontanen" Beifall ihrer Erkenntlichkeit Ausdruck zu geben, und so die Sache ihrer „Wohlthäter" zu unterstützen. Die er schreckenden Folgen dieser Amtsführung zeigten sich aber auf finanziellem Gebiete. Als der Wahlsieg der bürgerlichen Kandidaten der sozialistischen Wirt schaft -ein Ende machte, war die Anleiheschuld der Stadt um rund 38 Mill. M. gestiegen Gewiß ein untrüglicher Beweis für den thatsächlichen Zwie spalt zwischen sozialdemokratischer Theorie und Praxis. Zu -en Vorgängen im Zomalilande. Für die britische Herrschaft in der Somalikolonie ist die Vernichtung des dortigen mohammedanischen Fanatikers Mad Mullah zu einer wichtigen Frage geworden. Be droht dieser doch mit seinen mohammedanischen Lgadcn- Negern nicht bloß die Grenzen der britischen Besitzung, sondern er erschwert auch den Handelsverkehr von Berbers und Zeila nach Abessynien. England konnte dem An wachsen seiner Macht nicht unthätig zusehcn. Es griff zu den Waffen, als die Leute des Mahdi vor etwa zwei Jahren den englischen Agenten Jenner in Kismaju ermordeten. Da es in Südafrika in Anspruch genommen war, trat es mit Negus Mcnelik in Beziehungen. Dieser nahm die Gelegenheit gern wahr, sich mit England gegen den Mahdi zu verbünden und so kam es zu einer Kon vention, die der damalige Erste Lord des britischen Schatzes und jetzige Ministerpräsident Lord Balfour als ein zwischen England und Abeßynien abgeschlossenes „zeit weiliges Abkommen zu einem bestimmten Zwecke" be zeichnete. Menelik stellte 2000 Mann ins Feld, denen englische Offiziere zugeteilt wurden; die Briten landeten Truppen aus Indien in Kismaju, die unter Befehl des Obersten Swayne den Jubastrom entlang ins Innere vorrückten. Allein die britisch-abeffynischen Truppen hatten keine nennenswerten Erfolge; sie vermochten den Mahdi und sein Heer nicht zu fassen. Mitte Februar dieses Jahres nun überfiel der Mahdi, der von neuem die Offensive ergriffen hatte, einige den Eng ländern befreundete Stämine und brachte ihnen Verluste bei. Oberst Swayne wurde daraufhin wiederum ins Feld geschickt. Die neue Expedition war diplomatisch anders vorbereitet, als die erste. England hatte sich mit Italien vereinigt, das bekanntlich an der Beseitigung des Mullah insofern auch ein Interesse hat, als es sein Benadir-Gebiet gegen ihn schützen muß. Durch das englisch-italienische Somali Abkommen wurde England von Italien ermächtigt, sich bei der Verfolgung des Mahdi nötige,»falls auf italienisches Gebiet zu begeben. Das ist nunmehr geschehen; die Engländer haben sich aber, wie wir in Kürze schon meldeten, offenbar zum Rückzüge genötigt gesehen und einen nicht unerheblichen Mißerfolg zu verzeichnen. Ucber die Operationen und das Schicksal des britischen Expeditionscorps liegt jetzt folgender Bericht vor: Ende Mai hatte Oberst Swayne ein Expeditionscorps von 2000 Mann zur Verfügung, daS mit Maximgeschützen und Siebenpfündern, sowie mit einem Kamrldetachement und mit berittener Infanterie au-gestattet war Man hatte alle Berechtigung, anzunehmcn, daß Swaynes CorpS stark genug sei, um seine Ausgabe zu lösen Swayne erkannte jedoch an dem dreisten Vorgehen des Feinde- gegen englische Garni sonen, daß es dem Mullah gelungen sein mußte, während de« Winters Verstärkungen an sich zu ziehen, und dies veranlaßte ihn, auch seinerseits Verstär kungen abzuwarten, durch die sein Corps aus 3000 Mann gebracht wurde. So verstärkt brach Oberst Swayne am 28. Mai von Burao in südöstlicher Richtung nach Bohotle auf, wo er eine Garnison zurückließ, um hieraus mit dem Gros der Expedition den Mullah weiter südlich in italienisches Gebiet zu verfolgen Man bekam Fühlung mit dem Feinde, der sich aber in die Wüste Haud zurückzog Im Juli gelang es, den Mullah-Leuten eine empfindliche Schlappt beizubringen, und der Oberst setzte seine Verfolgung eisrig sott. Von Zeit zu Zeit erhoben sich Bedenken wegen der Sicherheit der rückwärtigen Verbindungen Diesen Bedenken ist eS wohl zuzuschreiben, daß ein weiteres Bataillon der afrikanischen Königsschützen vom Njassa See nachgeschickt wurde. Das Bataillon ist aber schwerlich rechtzeitig eingetroffen. Die vom englischen Konsul gemeldeten Berichte lauten dahin, daß ein undatiertes Schreiben von Oberst Cobbe, dein ersten Stabsoffizier deS Obersten Swayne, einging, wonach die englische Kolonne, als sie Erego erreicht hatte und nach Norden weitermarschierte, im dichten Buschterrain angegriffen wurde. Der Feind ward zweimal zurückgeschlagen und ließ etwa 100 Gewehre in den Händen der Engländer, die ein Lager aufschlugen. Ein Rrkogno-zierungSvorstoß führte dann zu einem neuen heftigen Kamps, in besten Verlaus 8 Offiziere und 50 Mann fielen, während 2 Offiziere und 100 Mann ver wundet wurden. Der Bericht schließt mit der Meldung, daß für den nächsten Tag ein neuer Angriff auf den Fe»nd be- schlosten worden sei. Die schwerwiegendste Mitteilung de» Berichtes war aber wohl die, daß die Transportkolonne eine schwere Einbuße, besonders an Kamelen, erlitten habe. Die» läßt daraus schließen, daß eS dem Mullah gelang, seine Ber- folger in ein ungünstiges Terrain zu locken, und er be müht war, die Tran-portkolonne zu fchädigen, und damit den Rückmarsch und auch den Vormarsch der englischen Truppen zu erschweren Das scheint ihm nach einem weiteren Berichte des Obersten Swayne denn auch gelungen zu sein. Dieser Bericht weiß nichts mehr von dem beab sichtigten Angriffe zu melden. Er lautet vielmehr: Infolge des schweren Kampfes bei Erego am 6. Oktober sind d»e Somalihilsstruppen stark erschüttert Der Mullah, der sich mit Karl Inger in der Richtung deS WebbeflusseS in Ver bindung gesetzt haben soll, zieht von allen Seiten Ver stärkungen heran. Oberst Swayne ist sehr behindert durch die Notwendigkeit, die Verwundeten und Wasservorrat mit sich zu führen. Er zieht sich aus Bohotle zurück. Er bittet, den Rest des 2 Bataillons der afrikanischen Königsjäger und weitere SOO Mann Verstärkung sofort nach Berbera zu schicken. . Aus Briefen, die jetzt aus Somaliland in London ein getroffen sind, geht ferner hervor, daß Swayne schon vor Ab gang der letzten Depeschen eine ganze Reihe un glücklicher Gefechte zu bestehen hatte, daß ferner fast alle Kamele getötet wurden, die Vorräte aufgcbraucht waren und Mangel an Munition und Wasser bestand. Auch wird in den Briefen gemeldet, daß der Mullah am 12. September zwei Maximgeschütze genommen hat Die englische Presse läßt der Tapferkeit des Obersten Swayne volle Anerkennung zu teil werden, giebt sich da gegen keiner Täuschung darüber hin, daß auch diese Expedition gegen den Mad Mullah als gescheitert anzusehen ist, und tadelt scharf die „Halbherzigkeit" der für die un genügende Ausrüstung der Expedition verantwortlichenKrcise. Die britische Regierung scheint aber jetzt auch ent schlossen zu sein, besonders scharf vorzuaehen, und sie ist ja dazu gegenwärtig auch eher in der Lage als früher. Wie dem „Reuterschen Bureau" aus Sims» ge meldet wird, sind außer den ersten Bombay-Grenadieren aus Aden auch die zweiten Grenadiere aus Indien nach Somaliland beordert worden; möglicherweise werden noch weitere Truppen folgen und gestern erhielten auch 400 Mann vom 23. Bombay-Jnfanterie-Regiment An weisung, morgen nacht nach Somaliland in See zu gehen. Es dürfte nicht zweifelhaft sein, daß ein weiteres Einschreiten gegen den Mullah, wenn man mit solcher Energie zu handeln bereit ist, seinem Treiben nunmehr doch ein Ende machen wird. Daß England ihn nicht dulden darf, liegt auf der Hand. Tagesgeschichte. Dresden, 21. Oktober. Der Kaiser!, und König!. Oesterreichisch Ungarische außerordentliche Ge sandte und bevollmächtigte Minister, Graf v Clary und Al drin gen, ist vom Urlaube zurückgekehrt und hat die Leitung der K. und K. Gesandtschaft wieder übernommen. Deutsches Reich. Berlin. Aus dem Neuen Palais bei Potsdam wird berichtet: Se. Majestät der Kaiser hörte gestern morgen von 8 Uhr ab die Vorträge deS Chefs des Militärkabinetts, des Chefs des Admiralstabes der Marine und des Chefs des Marinekabinctts und wohnte um '»11 Uhr vormittags mit Ihrer Majestät der Kaiserin der Einweihung der Kaiserin Augusta-Stiftung in Potsdam bei. Die Stiftung steht unter dem Protek torat Ihrer Majestät der Kaiserin. In der Kapelle der Anstalt hatten sich die Lehrerinnen und die weiß gekleideten Zöglinge versammelt, eS hatten sich ferner eingefunden die Minister vr. Studt und Frhr. v. Hammerstein, Hausminister v. Wedel, Präsident deS Kunst und Wissenschaft. König!. Opernhaus. — Am 21. d.MtS.: „Tosca". Musikdrama in drei Akten von Sardou, L. Jllica und G Giacosa. Deutsch von Max Kalbeck. Musik von Giacomo Puccini. (Zum ersten Male.) Mit der ersten Aufführung dieses Werkes in deutscher Sprache leistete daS König!. Institut eine Großthat, der die rückhaltlose Bewunderung seitens aller kunstliebendcn Kreise unserer Stadt gebührt. Nicht allein, daß sie da mit diesen überhaupt die Bekanntschaft mit dem Meister vermittelte, der in seinem Vaterlande vielfach als dessen „musikalische Hoffnung" gilt, hob sie so gleichzeitig ein Weck von ihm gleichsam aus der Feuertaufe Und so mag denn auch vorangeschickt werden, daß der Erfolg ein durchaus ausnahmlich gearteter war, aber gerade ein charakteristischer für Wesen und Art der Puccinischen Schöpfung. Am wärmsten ausgenommen wurde der erste Akt, der musikalisch reichste, der zweite wirkte entsprechend den scenischen Vorgängen mehr verblüffend als tief gehend, und nach der.» dritten löste sich die Spannung in die bei Premieren üblichen Beifallskundgebungen aus, an denen übrigens der Komponist ehrlich teilnehmen durfte. Daß aber jemand innerlich berührt aus dem Hause gegangen wäre, ist kaum anzunehmen Dazu fehlt e« dem Werke an warmer Unmittelbarkeit, an Naivität und Ursprünglichkeit. Puccini giebt sich mit genau solchem kalten Raffinement be gab:, wie Sardou, für dessen Sensationsstück er sich begeisterte. Mascagni und Leoncavallo sind ihm gegen über „Gemütsmenschen." Zwar folgten auch sie den brutalen Instinkten ihrer Landsleute, aber sie thaten die» doch mehr auf guten Treu und Glauben hin, und damit kam ein Zug von Rasseechtheit in ihr Schaffen, dem sich unsere Zeit noch immer nicht zu entziehen ver ¬ mag. Puccini reflektiert und kann mehr als sie, und das wird sein Verhängnis. Er faßte das „vranuna per musio»" offenbar bewußter als „Musikdrama" im neuzeitlichen Sinne auf und ließ so im Bunde mit seinen beiden Librettisten dem Werke gegenüber, das er sich als Unterlage für seine Schöpfung erkor, einen litte- rarischen Anstand walten, der erst seit dem letzten Verdi jenseits der Alpen gebräuchlich ist. Gerade dieses Meisters Schaffen aber hätte lehren können, daß eine gewiße Versündigung an den dichterischen Schöpfungen die Vorbedingung zu einem Erfolge ihrer „Vertonungen" ist. Das rezitierende Drama stützt eben seine Wirkung auf ganz andere Voraussetzungen als das musikalische, dieses gewinnt erst eigene Existenzberechtigung, wenn es sich rückhaltlos von jenen trennt. Ausschlaggebend muß die starke Betonung des Gefühlsmoments werden. Alle Vorgänge müßen seelische Vertiefung erhalten oder er möglichen. Nur so konnte schließlich der „Rigoletto" über Victor Hugos „Vv roi »'»muss" sogar triumphieren und die „Traviata" der „Camelicndame" zum allerwenigsten zur Seite treten. Wie aber verfuhren Jllica und Giacosa im Gegensatz zu Piave schonend mit dem Original. Nicht einmal den Helden und die Heldin stellten sie sich von Anfang an in einer beiderseitigen innigen Neigung ergeben dar. Und dann, wo bleibt die tiefere Motivierung der Handlungsweise Marios, die sich als ein Selbstopfer für den entsprungenen Anaelotti darstellt? Wir sind wie bei Sardou innerlich un berührte Beobachter lediglich nervenerregender, grausiger Vorgänge Und ist denn zur Verdeutlichung dieser die Musik nötig oder auch nur fähig? Stört diese nicht direkt in der Folterscene, die »m rccitierenden Drama ungleich folternder für den Zuschauer sein wird und muß, wie hier im gesungenen So schlägt die an- aGstrebte Wirkung zum Versagen um; eine Mahnung für alle, die die Ausdrucksfähigkcit der Musik über die Grenzen dieser Kunst hinaus erweitern wollen Puccinis Vermögen stellt sich als das eines Talents dar, das sich aufrcibt im Kampfe mit einem Stoffe, dem in dieser Gestalt musikalisch vollständig nicht bcizukommcn ist. Wo aber die Musik günstigeren Boden in dem Stücke fand, da giebt sie sich auch nicht als von echter, heißblütiger Innerlichkeit erfüllt. Der Melodik ist auch da, wo sie nicht bloß musivisch, in kurzen Anläufen auftritt, unzweifelhaft eine ge wiße Nobleße nachzurühmen, aber es fehlt ihr an un mittelbar packender Ausdrucksgewalt, an Kraft und Eigen art. Und so greift denn der Komponist auch, um die Wirkungen, die ihm -uf dem einfacheren Wege nicht zu erreichen sind, zu erzielen, zu allen den Mitteln, deren sich Jung-Italien bei seinen Erfolgen bediente. Man findet den in Permanenz erklärten Taktwechscl, das un vermittelte Modulieren, kurz alle die rhythmischen und harmonischen Bizarrerien dieser „Schule". Aber Eines zeichnet Puccini aus, er ist bei alledem der feinere Kopf. Was bei ihren Gründern nur gewaltsam erschien, wird bei ihm raffiniert. So ist er ein Virtuos in der Klangwirkung. Nicht nur die Verwendung deS Glocken spiels, sondern vor allem.die der verschieden gestimmten Glocken zeugt von einem ungewöhnlichen musikalischen Farbensinn Man kann über Effekte um des Effekt« willen denken wie man mag, der Zauber der Ton wirkung des Dsäsum-FinaleS des ersten Akts (mit dem Unisono der Singstinimen und Posaunen) und des den dritten Akt einleitenden Stimmungsbildes ist faScinierend. Freilich war hier auch der Umstand von Bedeutung, daß das König!. Institut kein Opfer gescheut hatte, um den beabsichtigten Eindruck zu erzielen, wie denn überhaupt festzustellcn ist, daß schon die Auf. führung dem Werke einen nachhaltigeren Erfolg sichert. Macht diese» die Ausstattung mit ihren prächtigen neuen Dekorationen (Hoftheatermaler Rieck), wie die reiche und geschmackvolle Jnscemerung (Hr. MoriS) rc. zu einer Sehenswürdigkeit, so muß in musikalischer Hinsicht allein die vollendete Wiedergabe des Orchestcrparts seitens der König!. Kapelle unter ».Schuchs Leitung als von fesseln dem Reh bezeichnet werden. Für die packende Wirkung der scenischen Vorgänge aber traten die Darsteller mit hervorragendem Gelingen ein. Vor allem übertrifft Frau Abendroth sich selber. Die Koloratur-Diva wuchs zur Größe einer dramatischen Sängerin empor. Kaum minder trefflich war Hr. Burrian als Mario, während Hr. Scheidemantel der Gestalt des Scarpia allerdings mit den Mitteln einer schärferen Charakterisier ungskunst hätte beikommen müßen. Mustergiltig in seiner Art war in dieser Beziehung Hr. Greder in der kleinen Rolle des Meßner, wie auch Hr Kruis als Spoletta lobend zu erwähnen ist O. S. Konzert. Daß sich die Philharmonischen Kon zerte, die von den Herren Hofmusikalienhändler F. Plötner (F. Ries) und König!. Musikdirektor Trenkler vor Jahren mit so glücklichem Vorausblick ins Leben ge rufen wurden, auch in diesem Winter vor ausverkauftem Saale (Gewerbehaus) vollziehen werden, zeigte der gestrige Abend, der zugleich in Frl. Bertha Morena die Bekanntschaft mit einer Künstlerin vermittelte, um deren Besitz die König!. Bayrische Hofoper wohl beneidet werden darf. Aus der Schule von Frau Hoskapellmeister Röhr-Brajnin hcrvorgegangen, wirkt die Sängerin trotz ihrer Jugend dort bereits seit drei Jahren in der anspruchsvollen und vcrantwortungsrcichen Stellung einer Nachfolgerin von Frl. Ternina und hat sich be sonders in den Aufführungen des „Prinz Regenten- TheaterS" durch hervorragende Leistungen als Elisabeth, Elsa, Valentine, Fidelio, Sieglinde rc. ausgezeichnet. Daß die junge, auch mit einer vorteilhaften äußeren Erscheinung ausgeftattcte Künstlerin in der That eine berufene dramatische Sängerin ist, zeigte ihre groß- angelegte, stil- und temperamentvolle, zu einer hin reißenden Steigerung geführte Wiedergabe der ob ihrer
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