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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränumerations- Prei, 22; Sgr. (; Thlk.) vierteljährlich, 3 Th!r. für das ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. für die Man xränumerirt aus dieses Beiblatt der Mg. Pr. StaaiS- Zeitung in Berlin in der Expedition (FriedrichS-Straße Nr. 72); in der Provinz so wie !m AuSlande bei den Wohllöbl. Post-Semlern. Literatur des Auslandes. 73. Berlin, Freitag den 22. Juni 1838. Italien. Buchhandel und Verlagsrcchte in Italien. Zweiter Artikel.") Bei den in unserem ersten Artikel (Nr. 69 des Magazins) von uns dargelcgten Uebelstandcn wird es gewiß nicht wenig Wunder nehmen, daß gerade in Neapel sich Summen erhoben zu Unterstützung derer, welche meinen, es sey besser, den Schrift stellern und Verlegern weder ein Sortiments-Privilegium, noch Eigenihumsrecht zuzugestehen. „Handelsfreiheit! (so rufen die Einen). Das beste Gesetz ist dasjenige, welches gar kein Gesetz auferlegt; wie in allem Anderen, so auch im Buchhandel nur keinen Zwang, und er wird gedeihen!" — „Aufklärung! (lassen die Anderen sich vernehmen). Also nichts von Privilegien, noch Gränz-Zoll. Kaum ist ein gutes Buch ins Publikum gekommen, so soll es auch schon hundertfach vervielfältigt seyn." — „Wohl feilheit! (ist ein drittes Feldgeschrei). Denn bewilligt man dem Autor ein Privilegium, so giebt man ihm ja die Macht, den Preis seines Buches unerschwinglich hoch zu hatten und somit das Publikum geradezu zu betrügen!" Freiheit! Licht! Billigkeit! O, der süßtönendcn Klange voll schmeichlerisch lockender Lieblichkeit — aber auch nur zu oft miß verstanden von den Unklugen, oder mißbraucht von den Allzu klugen! Wahrlich, keine Kunst ist geschickter, ein Wort in Ver ruf zu bringen, als die Veränderung des ihm untergelegten Be griffs — kein Trugschluß tauschender, als die Bemäntelung kläg- ttcher Thatsachen mittelst ehrenfest klingender Namen! Zuerst also: Handelsfreiheit! Nun will ich hier zwar kcincs- wegcs die alte Frage wieder aufs Tapet bringen: ob die den Erfindern irgend eines nützlichen Dinges verliehenen Privilegien überhaupt ersprießlich — sondern gebe nur das zu bedenken, daß sie gerade bei den am weitesten vorgeschrittenen Völkern am meisten Sitte geworden; daß auch England, wo jede Art von Betriebsamkeit doch wohl zum höchsten Gipfel gediehen, dem Erfinder seine Entdeckung noch immer durch Privilegien schützt. Auch will ich nicht etwa behaupten, daß Walt, Fulton und Richard Cartwright die Dampfböte, die Wunderwerke Birming hams und die Baumwollspinn-Maschinen gar nicht erfunden ha ben würden, wenn sie die Aussicht, mittelst privileginer Fabriken davon Nutzen zu ziehen, nicht vor sich gehabt hätten — doch bin und bleibe ich der Meinung, daß es einer Gesellschaft zur Ehre gereichen muß, den Urheber einer nützlichen Erfindung zu beloh nen, und zwar in der schicklichsten Weise, d. h. vermöge Sicher stellung des unverkümmerten Genusses der Früchte seines Fleißes. In unserem Falle indeß nimmt die Frage eine andere Beschaffen heit an; hier handelt cs sich nicht mehr um etwas Materielles, sondern um geistiges Verdienst — nicht darum, ob Hans oder Kunz ein Buck) verkaufen dürfe, sondern darum, ob der Verfasser desselben ein Eigenlhumsrechl daran habe. Möge man doch immerhin glauben, daß Jeder, der den Zucker eben so zu raffini- ren versteht, wie derjenige, welcher seine Bereitung zuerst bei uns eingeführl, auch das Recht habe, zu raffiniren — in der Bücher-Manufaktur kommt ein anderes, ein absolut unberechen bares Element in Betracht: das Verdienst der Arbeit nämlich, an welches ein bloßer Buchhändler oder Verleger niemals auch nur ein Titelchen von Anrecht haben kann. Sonst würde ja die Freiheit, nach der man so stürmisch verlangt, mit gleichem Rechte z. B- auch in Bezug auf das Münz-Regal gefordert werden können, sobald es Diesem oder Jenem gelungen, den Stempel und die übrigen Requisiten der Münze genau und vollständig nachzubilden — oder auch in Bezug auf Wechsel und Banknoten, sobald Jemand die Zeichnung getreu nachzumachen verstände. Immerhin verweigert das Privilegium einem Jacquard, der das wunderbare Problem, die gesponnenen Fäden der Kette zu- sammenzuknu^fen, löste und die Webestühlc erfand, denen Lyon seine Reichlhümcr zu danken hat; immerhin laß, ihn im Elende darben — was thut's? Vernachlässigung und bittere Armuth waren ja von jeher die unbestrittenen Jmestat-Erbtheile der besten Köpfe. Aber, zum Henker! wenn Du Dir Deinen Webestuhl selber zusammengesetzt hast und, ohne von dessen Bau nur das Geringste zu begreifen, ein Anderer ihn benutzt, um dieselben ') Von Cesare Cantu- Gewebe zu fertigen und viel billiger zu verkaufen, indem er weder die Mühe der Erfindung, noch die Kosten der Herstellung des Webcstuhls gehabt — wirst Du den einen Gaudieb nennen, oder nicht, Hel Nun, bei meinen Büchern ist mein Kopf mein Webestuhl. Und ist das Freiheit, wenn ein Anderer die Erzeug nisse dieses meines Webestuhles zu seinem Nutzen verwenden darf, ohne auch nur die entferntesten verdienten Ansprüche darauf zu Haben s Noch ein Beispiel: Du bestellst Dein Feld und baust auf demselben Hirse. Ich aber bilde mir ein, das Publikum werde besser daran seyn, wenn Dein Feld mit Weizen angesät würde. Gedacht, gclhan: ich wirlhschafle nach meinem Sinne; denn dies, meine ich, gestattet unsere Freiheit, fordert unser Gemeinwohl. Ein allerliebstes Raisonncmem, nicht wahr? Oder wäre es ein besseres, wenn Jemand zu Dir sagte: Du hast mir den Weizen von Deinem Acker verkauft; mithin hast Du mir auch das Recht, den letzteren zu besäen und mir anzueignen, verkauft —? Worin endlich — das sage man mir doch gefälligst — worin würde dergleichen nun von dem Satze: Du hast die Exemplare Deines Werkes an das Publikum verkauft; mithin Hal das Publikum auch das Recht, so viele neue dergleichen anzufertigen, als es eben will — sich unterscheiden? Nein, die Freiheit ist ja nicht an sich wünschenswert!), sondern immer nur, sofern sie die Wege zum Guten bahnt und ebnet; denn gewiß wird doch Niemand behaupten, daß inan im Namen der Freiheit ein Recht zu belie bigem Raub oder Morde haben könne. Ich aber sage: Jene angebliche Freiheit hinsichtlich des Bücher- Abdrucks schadet nicht nur den Autoren, sondern eben sowohl auch dem Publikum, und hemmt den Vertrieb, anstatt ihn zu fördern. In Betreff des Amors haben wir es bereits dargechan und be dürfte es daher eigentlich wohl keiner weiteren Erörterungen; denn, will man nun einmal des Schriftstellers Geistesgaben durch aus für nichts gelten lassen, für nichts seine mühseli^n Studien bis in die Nachte hinein, für nichts seine herben Kämpfe mit sich selber und mit Anderen, für nichts die Bitterkeiten, womit der Pöbel das Leben dessen vergällt, der es gewagt, weder faul noch ruchlos zu seyn — so Hal der Autor ja dock) auch alle die Kosten bestreiten müssen, die das Studium zur Vorbereitung für sein Werk verlangt, also Geld, Hörl Jhr's, Ihr Gewinnsüchtigen und Ihr splitterrichtenden Kleinigkeitskrämer! ein baares Kapital hat er dazu anlegen müssen, und um dieses sammt seinen Zin sen wollt Ihr ihn bringen? Wie oft ist nicht der Ankauf der thcuersten Werke umumganglich nolhwendig zur Vollendung einer neuen Arbeit; und auch die selbstständigen Erfindungen aus eige ner Einbildungskraft können nur selten dergleichen Hülfsmiitel gänzlich emrathen, wenn sie selber einigen Werch in Anspruch nehmen wollen. Ein Werk sollte z. B- mit Original-Zeichnungen ausgesiattet werden; der Herausgeber schickte deshalb, wie Lina, die Künstler durch ganz Italien, oder, wie der König von Sar> dinien, durch ganz Europa, oder, wie der Großherzog von Tos kana, bis nach Aegypten- Kaum aber ist das Werk erschienen, so hat der Erste der Beste nichts eiliger zu thun, als Blatt für Blatt kopircn und dann cs für den vierten Theil der vom Urhe ber daran gewendeten Auslagen in aller Welt ausbieien zu lassen. „Nun,^ so hat es das Publikum aber doch billiger." Soll diese Spitzbüberei also etwa Förderung des Handels heißen? Gesetzt, ein Lord Valentia zeichnet auf seinen Reisen durch Indien die dortigen staunenswerlhen Denkmale und verwendet darauf die erforderlichen Summen mit Vergnügen, indem er be rechnen kann, daß, wenn er nach seiner Rückkehr die Sachen zu Hause abdrucken und verkaufen läßt, die ersten tausend Exemplare ihn) Alles wieder einbringen müssen- Nun geht auch ein Jialiäner dorthin. Dieser möchte es wohl gern eben so machen, bedenkt aber noch zu rechter Zeit, daß, sobald das erste Exemplar seines Werks erschienen, die ganze Ausgabe sofort auch nachgedruckt und somit nicht nur seine Mähe und Arbeit umsonst verwendet, sondern auch für sein an Druckkosten ausgegebcnes Geld nur Aerger zu ärndten seyn würde; ergo läßt er die Sache lieber ganz, und das Italianische Publikum Hal ein Prachtwerk weniger. Für welchen Preis dasselbe von England her ihm zu Gebote stehen wird, läßt schon nach dem Frühergesagicn mit ziem licher Genauigkeit sich ermessen. Ferner: Mascagni führt seine prachtvollen anatomische» Tafeln für sein gutes Geld aus; mitten in der Arbeit indeß ruft