Volltext Seite (XML)
(Freitag. 78. 10. October 1862. Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen Durch alle Post anstalten. Amts- und Anzeige-Klatt der Königlichen Gerichts-Ämter und Stadträthe ZN Dippoldiswalde, /rauenstein und Altenberg. Verantwortlicher Nedacteur: Carl Jehne in Dippoldiswald«. Weißerih-Ieituug Preis ! pro Quartal 10 Ngr. Inserate die * Spalten-Zeile 8 Pfg. Tagesaeschichte. Dippoldiswalde, den 9. October. Der gestrige Tag war für eine Anzahl unserer größten Schulknaben ein ganz besonderer Festtag. Durch Hrn. Postmeister Flemming jun. waren nämlich 2 äußerst geräumige, schöne Postwagen zu einer Fahrt in den zoologi schen Garten zur Verfügung gestellt worben, und man kann sich wohl denken, daß keiner der glücklichen Auserwählten versäumte, scbon lange vor der bestimm ten Abfahrtszeit (früh '/ü7 Uhr) am Sammelplätze, der Schule, sich einzufinden. — Von Räcknitz aus, wo Moreau's Denkmal besucht wurde, ging's nun über Zschertnitz und Strehla auf das eigentliche Ziel, den zoologischen Garten, los. Nach einem Aufenthalte von ungefähr 3 Stunden und einer von einem Freunde unserer Stadt und unserer Kinder freundlichst gespendeten Erquickung wurde noch die Brühl'sche Terrasse, der Schloßplatz, der Zwinger besucht, uud über den Post platz weg der Weg nach Räcknitz wieder eingeschlagen, von wo, nach längerer Rast, die Rückfahrt gegen ^5 Ubr erfolgte. Heiterer Gesang bei der Fahrt durch die Dörfer oder an den verschiedenen Nastorten, das herrlichste Wetter und ein zu keiner Klage veranlasien- dcs Verhalten der Knaben machten das Unternehmen zu einem wvhlgelungenen. Znm Dank für die gewährte Freude brachte der kleine EötnS dem Hrn. Postmeister Flemming beim Abschiede noch ein schallendes harmo nisches Hoch. Dresden. Vor einiger Zeit sind von hier aus Offiziere der Cavallerie nach Ungarn gereist zum An kauf von Pferden. Dieselben sind nun wieder hierher zurückgekehrt; ein Extrazug der Böhmischen Eisenbahn brachte vergangenen Freitag 100 solcher Pferde, von Ezikos begleitet, nach Dresden, von wo sie trupp weise in die verschiedenen sächsischen Garnisonsstädte vertheilt werden sollen. Leipzig. Leipzig besitzt seit einigen Tagen das erste Dampfschiff. Dasselbe, auf Bestellung des unternehmenden I)r. Heine, in Dresden für 1700 Thlr. gebaut und stückweise hierher gebracht, lief vorgestern Abend, nachdem es wieder zusammengesetzt worden, unweit der Weststraße von Stapel in die Elster. Un gefähr zehn Ellen lang und vier Ellen breit, doch als Schraubendampfer mit nicht sehr großem Tiefgang, wird das Fahrzeug, dessen Lenker und Heizer eine Per son ist und das etwa 30 Personen fassen kann, als eine Art Omnibus zu Wasser zwischen der Stadt und Plagwitz benutzt werden. — 4 Oktober. Heute Nachmittag 3*/r Uhr ist auf dem Riesaer Bah »Hofe der von Chemnitz an gekommene Personenzug an einen auf dem Bahnhöfe haltenden Güterzug gefahren und sind durch diesen Zu- sammenstoß mehrere Personen verletzt worden. ES ist dies durch eine nicht richtig gestellte Weiche herbei geführt, durch die Aufmerksamkeit des MaschinenföhrerS und durch rechtzeitiges Bremsen aber ein größeres Un- glück verhütet worden. Leipzig. Am 4. October sand im Saale des „Odeon/' welcher zu diesem Zwecke mit schwarzroth- goldenen Bannern, sowie mit den Fahnen aller einzel nen deutschen Staaten, des Pauliner-, des Zöllnervereins und der Liedertafel ausgeschmückt war und in dessen Hintergründe des unvergeßlichen Zöllners umkränzte Büste sich erhob, der erste Sängercommers statt, zu dem sich mehr als 1000 Sänger aus allen Gegen den der Welt — selbst Paris, New-Jork u. A. waren vertreten — eingefunden hatten, während außerdem noch Hunderte von Gästen im Saale und auf dessen Ga lerien zugegen waren. Mit donnerndem Beifall wurde in der Versammlung das „Schleswig-Holstein meer umschlungen" begrüßt, welches bas Mnsikchor des Hrn. Schlegel der Rede folgen ließ, und nicht geringern Beifall erntete Herr Müller svon der Werra), welcher einen telegraphischen Gruß aus Regensburg vom eigent lichen Anreger der Idee deS Sängercommerses vortrug, und alle Abwesende, ob auf Erden oder im Himmel, hoch leben ließ. Dem Gesänge des Arndt'schen „Was ist des Deutschen Vaterland" und der Mittheilung noch weiterer telegraphischer Grüße folgte der Vortrag eines schwungvollen Gedichtes von Herrn Stein, wel ches den heiligen Dreiklang der Schützen-, Turner und Sängervereine feierte. Herr Prof. Roßmäßler erging sich darauf in längerer Rede über den oben genannten Wahlspruch des Bundes und ließ „unser Schwert, das deutsche Wort" lebe», worauf Herr Prof. Wutke die in dem Wesen und Bestrebungen dcrSchützen, Turner, Sänger und Gelehrten sich darstellende deutsche Einheit charakterisirte und schließlich zweckgemäße Vor bereitungen zu einer echt nationalen Feier des im näch sten Jahre zu begehenden Jubiläums der Leipziger BesreiungSschlacht empfahl. München. Die Königin von Neapel hat sich das Kloster der heil. Ursula in Augsburg zum vorläufigen stillen Aufenthalt gewählt und ist am 5. Oct. daselbst ein getroffen. Die Königin soll leidend sein. Ihr Bruder, der Herzog Ludwig, brachte sie in das Kloster, wo sie den Zureden entgehen will, welche sie bewege» sollen, die Schicksale mit Franz II. wieder zu theilen. Die Ehe ist längst keine glückliche gewesen. Das Ausharren der jungen Königin in Gaeta verliert viel von der Romantik, womit dasselbe von der Partei umgeben'