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SäMnMi TazMaii «nd Waldenburger Anzeiger Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Donnerstag, den 9. November 1882 ^L261 Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Ubr des vorhergehenden Tages. Stöcke an Ort und Stelle platzweise unter den vorher bekannt zu gebenden Bedingungen meistbietend gegen sofortige Baarzahlung verkauft werden. Kaufliebhaber wollen sich behufs obiger Versteigerung Vormittags halb 9 Uhr im Rosenfeld'schen Gasthofe zu Remse einfinden. Fürstlich Schönburg'sche Forstverwaltung Remse. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich I Mk. SV Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Holzauction auf Nemser Revier. Montag, den 1». November L88S, sollen die auf den Kultur- und Abtnebsschlägen un Klosterholz und Gersdorf anstehenden Birkenstummel und *Waldenburg, 8. November 1882. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser ist am 7. d. abends wohlbehalten in Berlin wieder eingetroffen. Am 6. d. Vormittags 10 Uhr hatte sich der Kaiser mit dem Grafen zu Stolberg in das Jagdrevier Hafferode begeben und war nachmittags 4^/r Uhr wieder in Wernigerode eingetroffen. Se. Majestät erlegte 4 Hirsche, 3 Rehe und 23 Sauen. Um 7 Uhr fand ein Gala diner statt, zu welchem auch die Generale v. Bose, v. Lyncker und v. Chevallerie geladen waren. Am 7. d. früh fand ein Treibjagen auf Hasen statt. Der Kaiser hat den Professor v. Angeli aus Wien nach Berlin berufen, um ein lebensgroßes Porträt vom Feldmarschall Grafen Moltke anzuser- tigen. Das Bild soll als Andenken an das 25jäh- rige Jubiläum, welches der Marschall als Chef des großen Generalstabes vor wenigen Tagen gefeiert hat, im Generalstabsgebäude am Königsplatz seinen Platz erhalten. Professor v. Angeli trifft bereits Anfang nächsten Monats von Wien in Berlin ein. Der Bundesrath hält heute Mittwoch Nachmit tag 2 Uhr im Reichsamt des Innern zu Berlin eine Plenarsitzung ab. Die für diese Sitzung fest gestellte Tagesordnung enthält Vorlagen, betreffend den Entwurf der Abänderung des Gesetzes vom 27. Juni 1871 und den Entwurf eines Gesetzes wegen Abänderung des Reichsbeamtengesetzes, ferner den Bericht des bez. Ausschusses über die Eingabe des Geh. Commerzienraths v. Bleichröder, betreffend die Anwendung des Reichsstempelgesetzes, eine Milthei lung über eingegangene, auf Grund früherer Be schlüsse den betheiligten Ausschüssen überwiesene Ein gaben, und die Vorlegung von Eingaben. Dem preußischen Landtage soll eine Vorlage wegen Aufnahme einer Anleihe von 60 Millionen Mark in 4procentigen Consols zugehen, deren Ertrag für den Bau von Secundärbahnen in den Ostseeprovin zen bestimmt ist. An den Reichstag ist vom Verein der Ham burger Gastwirthe eine Petition gegen die Ge werbeordnungsnovelle gelangt, welche bekanntlich die Gastwirthe mehr denn bisher unter Controls der Polizeibehörde stellt, namentlich in Bezug auf Schau stellungen, Musikaufführungen rc. Die Petition ist gleichzeitig an sämmtliche 59 deutsche Gastwirthö verbände abgesandt worden, um diese zu gleichem Vorgehen zu veranlassen. Hofprediger Stöcker, den man bekanntlich von gewißer Seite beharrlich als den Schwärzesten der Schwarzen anzumalen liebt, hat lauten Protest da gegen erhoben, daß man ihn als principiellen Gegner des conservativ-liberalen Bündnisses verdächtige. Er betrachte im Gegentheil die Stärkung, welche die conservative Partei infolge der Wahlen erfahren habe, gerade um deswillen als einen sehr erfreulichen Fortschritt, weil sie die Conservativen dem Centrum gegenüber unabhängiger mache. Wie Herr Stöcker, so denkt aber sicher die große Mehrheit der Conser vativen. Ja diese gehen vielleicht noch einen Schritt weiter, indem sie, wenn auch nicht das Zusammen gehen mit dem Centrum grundsätzlich verwerfen, sich doch nur im äußersten Nothfalle, d. h. wenn jede Aussicht auf Verständigung mit den Gemäßigt- liberalen geschwunden ist, zur Wiederholung der flüheren Versuche mit Herrn Windthorst bestimmen laffen werden. Bemüht sich Herr von Bennigsen und seine Freunde um ehrliche Verständigung mit den Conservativen, so können sie auf das weiteste Entgegenkommen rechnen. Freilich von ihren un aufgebbaren Grundsätzen können diese niemals las sen, und diese sind in der kaiserlichen Botschaft klar und präcis ausgesprochen. Die Nationalliberalen Preußens sind jetzt nach den letzten für die Conservativen so günstigen Wahlergebnissen die am meisten umworbene Partei. Und in der That hängt von der Entscheidung ihrer Führer jetzt Vieles ab. Dieselbe wird besonders bestimmend sein für die Stellung der liberalen Fractionen im Reichstage und wahrscheinlich wird sie den nächsten Reichstagswahlen die bestimmende Richtung geben. Die politische Lage ist, wie die liberale „Kieler Ztg." ausführt, für den deutschen Liberalismus kritisch genug. Und das genannte Blatt hält es für nöthig, die Parteigenossen zu er mahnen, „mit dem vollsten Ernst zu prüfen, auf welchem Wege der Liberalismus diejenigen Sympa thien des deutschen Volkes wiedergewinnen könne, welche ihm am meisten durch die fanatische Be kämpfung der eigenen Anhänger verloren gegangen seien." Frankreich. In der Budgetcommission der Deputirtenkammer bestätigte der Finanzminister, daß das Gleichge wicht des Budgets pro 1883 sich ohne Inan spruchnahme irgend eines Kredits Herstellen lasse. Der Finanzminister bemerkte, es seien ausreichende Hilfsquellen hierzu in den disponiblen Mitteln des Staatsschatzes vorhanden, welche 259 Millionen Frcs. betrügen. Hiervon seien 50 Millionen aus früheren von dem Kriegsminister nicht verwandten Krediten, 200 Millionen aus früheren von dem Arbeitsminister nicht benutzten Krediten entnommen; 9 Millionen würden der schwebenden Schuld zuge schrieben werden. Der Minister glaubt, es sei an gezeigt, die öffentlichen Arbeiten etwas zu verringern, und beabsichtigt, diese Frage der Kammer zu unter breiten. England. Der Admiral Seymour ist unter dem Titel Lord Alcester und der General Wolseley unter dem Titel Lord Wolseley of Kairo in den Pairs- stand erhoben worden. Rußland. In Rußland soll demnächst eine allgemeine Volkszählung ausgeführt werden und, um diese wichtige Angelegenheit zu organisiren, wurde im vorigen Jahre beim Finanzministerium eine beson dere Commission eingesetzt. Vierundzwanzig Jahre sind seit, der letzten allgemeinen Volkszählung ver flossen, und der „Golos" begrüßt daher das Unter nehmen, das einem längst gefühlten Bedürsniß Abhilfe schaffen soll, mit Freuden. Auf den Vor gang Frankreichs und Englands hinweisend, wo solche Volkszählungen alle drei, resp. fünf Jahre stattfinden, empfiehlt er auch für Rußland eine häufigere Veranstaltung von Zählungen, und min destens müßte eine solche hier alle 10—12 Jahre stattfinden. Auch müßte jetzt diese Sache von der erwähnten Commission ein für alle Mal organisirt werden. Die Zahl der außerhalb Rußlands lebenden Nihilisten beträgt mindestens 5000; davon halten sich in Frankreich nur einige hundert auf. Die nihilistischen Werke und Druckschriften, welche unter den russischen Bauern ausgetheilt werden, werden je doch in Rußland selbst gedruckt. Egypten. Daß Arabi Pascha im vollständigen Einverständ- niß mit dem Sultan gehandelt hat, wird immer mehr klar. Die „Neue Freie Pr." läßt sich aus London melden: Einem der aufgesundenen Briefe, welche Mohamed Zacher, einer der vertrautesten Be- ralher des Sultans, auf dessen directen Befehl an Arabi Pascha schickte, sind folgende Stellen zu ent nehmen: DerSultau beauftragt mich,FolgendesanSie zu schreiben: „Sie müssen vor allem Anderen trachten, die Macht des Sultans in Egypten zu consolidiren und zu verhindern, daß Egypten in die Hände der räuberischen Fremden falle. Der Sultan vertraut hierauf ausschließlich auf Sie, da gewisse Jntriguan- ten in Konstantinopel und Egypten, von England gewonnen, verrätherischer Weise jene verfluchten Pläne Englands fördern. Alle diese Personen müßen von Ihnen scharf überwacht werden, Tewfik, welcher ebenfalls jener Klasse angehört, beweist durch seine Telegramme, daß er schwach und launenhaft ist. Der Sultan traut ihm deshalb ebensowenig wie Ismail oder Halim; er vertraut nur Ihnen." — In demselben Briefe werden noch Vorsichtsmaß regeln empfohlen, wie die Correspondenz zwischen dem Sultan und Arabi geheim gehalten und durch wen sie gefördert werden müße. In einem ande ren Briefe, den ebenfalls auf directen Befehl des Sultans dessen Sekretär Rtib an Arabi geschrieben, erklärt der Sultan ebenfalls, er könne nur Demje nigen trauen, welcher seine Souveränität über Egyp ten bedingungslos anerkenne und diese Person sei Arabi. Dem Sultan liege nicht an der Person des Khedive, der künftige Herrscher Egyptens müsse aus schließlich des Sultans Souveränität erhalten. Von den für die egyptische Gendarmerie ange worbenen Schweizern wurden wegen des unge nügenden Traklements lebhafte Klagen geführt, die Regierung hat deshalb beschlossen, dieselben auf ihre Kosten nach der Schweiz zurückzusenden und erfolgte die Rückreise derselben schon am 6. d. Der Gesundheitszustand der englischen Truppen in Kairo ist kein befriedigender, da viele Sol daten am Fieber erkrankt sind. Amerika. Die letzte Abschätzung in den Vereinigten Staaten ron Nordamerika ergab die überraschende Thatfache, daß in den Südstaaten während des Jahrzehnts von 1870 bis 1880 ein bedeutender wirthschaft- licher Aufschwung stattgefunden hat. Am Ende der Rebellion ruhte neben der colossalen Staats schuld noch eine ungeheure Last von Privatschulden auf dem Lande, und zwar stützte sich dieser Credit, der in der Existenz der südstaatlichen Plantagenbe sitzer stets eine hervorragende Rolle gespielt hatte, fast nie auf den eigentlichen Grundbesitz, sondern vorzugsweise auf den bei weitem werthvolleren Be sitz von Sclaven. In Georgia allein, dem größten unter den Südstaaten, repräsentirte der Besitz an Sclaven die respectable Summe von 30 Millionen Dollars. Die Aufhebung der Sclaverei vernichtete mit einem Schlage dieses Unterpfand des Credits, ließ aber die Schulden bestehen. Erst nach einer Reihe fruchtloser und verfehlter Versuche der Pflan zer, im Wege der Verpachtung ein dem bis dahin geführten System ähnliches zu verschaffen, als die