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Nr. 1L1. Mittwach den LS. Mai LV07. v. Jahrgang. k-icheint täglich noch«, mir Ausnahme der Kann-und Festtag». BrKNsSpreiS i Lierleij. i .«4 iishiic Lestellgeldt, sür Oester reich L IiS8i». Bei a a.Posta,isiatleu I.ZeltuagrvreiSIiste Rr K-K». euucwtimmer 1', 4lU. — He!,nltimi«.Sr,r,chs>„nd-' I»-IS Nb». Usabhönsigrs Tageblatt für Wahrheit, Recht «.Freiheit Inserate werden die 6gespult. Petitzeile od. deren Raum mtt «84. Reklame» mit KV 4 die Zeile berechn-, bei Wiederk,- bedeut. Rabatt, vuchdruekeret, Redaktion »nd Geschäftsstelle, Dresd«»» ^^^^^tUni^e^Strak^^t/^^enisprecher^^l^^^^ Girre Ueberraschrmg wäce es für manche unserer geehrten Abonnenten, wenn sic am l. Juni ^die Zeitung nicht mehr bekämen. Der Grund läge darin, daß sie bloß sür den Monat Mai abonniert waren und sür den Monat Juni die Bestellung unterlassen hätten. Um diese störende Unterbrechung in der Zustellung zu verhindern, machen wir darauf aufmerksam, daß die Er neuerung des Abonnements bei der Post für den kommen- den Monat ^ ^ sofort geschehen muß. — Alle Postanstalten und auch die Brief träger nehmen Abonnementsbestellungen jederzeit entgegen. Die Preußischen Nationalliberalen am Scheidewege. Tie national liberale Presse stellt den preußischen Staat an den Scheideweg und fragt ihn, ob er künftig kon- jervariv oder liberal sein wolle. Kein kleines Unternehmen. Aber man käme der Wahrheit näher, lvenn man sagen wollte: die preußischen Nationalliberalen sind an den Scheideweg gestellt. Sie IMen sich zu entscheiden in der Sache des Kultusministers v. Stndt und in der Wahl- rewrni. Die nationalliberalen Angriffe gegen Herrn v. Studt laben durch sein Perbleiben im Amte eine herbe Niederlage erlitten. Ihr ganzer Groll ist entfesselt und dennoch will der Minister ihnen den Gefallen nicht tun. Ta sie allein mit ibm nicht fertig werden, rufen sie die Hilfe des Reichs kanzlers an. Die „Dresdner Neuesten Nachrichten" klei den die Wünsche der Liberalen in folgende Worte: „An sich wäre es schließlich ziemlich unerheblich, ob der Minister v. Stndt seine Entlassung erst im Herbst, vor dein Wiederbeginn der Neichstagsverhandlnngen, erhielte oder bereits Mitte nächsten Monats unmittelbar nach Sckjluß des preußischen Landtages. Aber bisher hatte Fürst Bülow auf diesen früheren Zeitpunkt großen Wert gelegt, da er schon jetzt die Bahn frei bekommen - trollte für gewisse Aenderungen auch in Preußen, die der veränderten Zusammensetzung des Reichstages Rechnung tragen sotten. Es scheint, daß sich da für ihn jetzt die Kämipse wiederholen, die er im porigen Sommer und Herbst um Podbielsky durchfechten mußte." Es rvärc wohl unerheblich, wenn der Minister erst im Herbste g' 'ge, aber er geht auch im Herbste nicht, wenn er die AlisfüÄung des neuen Schulunterhaltungsgesetzes und gar noch die gesamte Reform der Mädchenschnlbildnng vor reinem Scheiden ans dem Amte zu stände bringen und bis dahin im Amte bleiben will. Wenn der preußische Kultusminister diese Absichten bat, dann kann er im Herbste noch nicht ansscheiden, weil diese großen Dinge bis dorthin nicht erledigt sind. Stndt aber ist das rote Tuch für die Nationalliberalen und sie schlagen die schönste Politische Porzellanware klein, wenn sie diesen Mann weiter amtieren sehen. Es ist namentlich ibr preußischer Führer Dr. v. Friedbcrg, der mit Stndt sehr schlecht stellt und sich in eine Art persönliche Animosität gegen denselben hineingeredet hat. Daher das ewige An stürmen gegeir diesen Minister. Es gibt jedoch innerhalb der nationalliberalen Partei bereits Kreise, die sich wobt bewußt sind, daß sie mit diesem Personenkainpf nicht vor- nxirts kommen: sie wollen das Ganze stürmen und bereiten sich nun eine breitere Basis vor. Die Nationalliberalen stehen also an dem Scheidewege! Die Wahlreform ist die zweite Parole! Mit Recht weist man in den liberalen Zeitungen hin. daß an den preußischen Land tag strahlen nur ein geringer Bruchteil der Wähler Anteil nimmt, daß das Interesse in Preußen stets mehr ans das Reich gerichtet fei: an dem Tage der Reichs lagswahl marschiere alles; an dem Tage der Landtags- wahl seien nur 15 Prozent ans die Beine zu bringen. Hierdurch werde die gesäurte preußische Politik blutleer und vertrocknet; man müsse die Fenster weit öffnen, um frische Luft herein zu lassen. Der frische Windzug aber beiße Wahlreform. Und nun wird ansgeführt, daß die Nationalliberalen die Aufgabe hätten, die Sache in die Gand zu nehmen: „Möge die nationalliberale Landtags- iraktwn sich rechtzeitig vorsehcn, daß sie nicht über sie komnre wie ein Dieb in der Nacht. Sie könnte da viel von der badischen lernen, auch wie man's nicht machen darf! Jahrzehntelang hat der Zwiespalt in Sachen der Wahlreform schwer auf der nationalliberalen Partei Badens gelastet. Ausgefochten werden mußte die Sache schließlich doch im Schoße der nationallibcralen.Partei. Das wird auch in Preußen nicht anders sein, aber je rascher wir mit dem häuslichen Teil der Angelegenheit fertig werden, um so besser für uns, um so besser für Preußen, um so besser für das Reich." In diesen Zeilen wird wenigstens indirekt der Wahrheit die Ehre gegeben; es wird eingestanden, daß erst die Nationa-lliberalen sich klar sein müssen über ihre Forde- rungen, daß erst dann die Sache marschiert. Und so ist es in der Tat! Bis heute l,abe,: in Preußen die Nationalliberalen es verhindert, daß die Frage in Fluß kam. Zentrum und Freisinnige stellten ihre Anträge auf Einführung des Reichstagstvahlrechtes in Preußen; diese Anträge können ans keine Mehrheit hoffen, so lange die Nationalliberalen nicht mittun. Die preußische Negierung aber wird sich schlver hüten, an einer Frage zu rütteln, sür tvelche sie in keinem Hause eine Mehrheit findet. Wenn also die Nationalliberalen jetzt aus ihrem politischen Still leben heraustreten, so ist es uns nur angenehm. Das Zen trum ist ihnen hier schon einige Kilometer voraus. Nun kommt aber das große — Aber! Die national- liberale Fraktion ist ans diesen: Gebiete gar nicht einig; in: „Schoße" derselben gibt es heftige Kämpfe, ehe ein Schritt nach außen geschehen kann. Die Zeitungen deuten dies selber an. Man erlebt dasselbe Schauspiel, das sich in Badei: und Batzen: vollzogen hat; dort waren die Liberalen die schärfsten Gegner des neuen Wahlrechtes. Ein Teil der Nationalliberalen will von den: Reichstagswahlreckst in Preußen gar nichts wissen. So stetst also vorerst noch nickst Preußen am Scheidewege, sondern nur der preußische Nationalliberalismns. Freilich inacht derselbe in rühren der Bescheidenheit keinen Unterschied zwischen sich und dem preußischen Staat. Diesen Hochmut der Liberalen kennt man; nxis sie betrifft, ist Staatssache: Nxrs ihnen gut tut, Staatsnotweiidigkeit; wo sie an: Scheidewege stehen, steht mich der Staat ai: solchem. Aber wir fürchten nur, daß es bei den Nationalliberalen nickst zu Taten kommt, sondern sie unentschlossen an: Scheidewege stehen bleiben. PMttsche Rundschau. Dresoen. den 28. Mai 1V07. — Wie die „Krenzzeitung" erfährt, bat ans der Ro stocker Konferenz zur Regelung der Schiffahrtsabgabtn mir Sachsei: bedingungslos ans den: Standpunkte der Freiheit der Schiffahrt bestanden, nxihrend Mecklenburg sicb mit den übrigei: Elbuferstaatei: ans den Standpunkt der preußischen Regierung gestellt hat. — Kvlvilialbcgeistrrung und Freisinn. Die „Freu. Ztg." (Nr. 123 v. 20 Mai 1907) bespricht die General versammlung der deutschen Kolonialgesellschaft und kommt hierbei zu folgendem Resultat: „Tie ganze Tonart, in der sich die Verhandlungen bewegten, irxir nicht geeignet, den Eindruck anstoimneii zu lassen, als handle es sich hier um eine Aktion, die sür die Zukunft Deutschlands von großer Bedeutung sei. Die Stimmung war augenscheinlich sehr- gedrückt. und die Diskussion zumeist reckst kleinlich. Ter Porsitzende, Herzog Johann Al dreckst zu Mecklenburg, feierte zwar mit große,: Worten den „Aufschwung", den die kolo niale Bewegung seit den letzten Monaten im Deutschen Reiche.genommen habe. Aber von diesem Aufschwung nxir i» der Ver'aiiimliiiig nicht das geringste zu bemerken, ob wohl doch gerade die deutsche Kolonialgesellschaft als die Zentrale der kolonialen Bestrebungen am stärksten die an geblich neu erniachte Kolonialsrendigkeit des deutschen Volkes hätte widerspiegeln müssen. Es ist eben nichts mit der allgemeinen kolonialen Begeisterung in Deutschland, lind auch ans der Debatte ans der Hauptversammlung der Kolonialgesellschafr klang deutlich die Besorgnis heraus, daß das von Herrn Ternbiirg auf seiner Agitationstonr aiigezüiidete Feuer nur ein Strohfeim:- ist, das bald er löschen wird, da ihn, genügende Nahrung fehlt. Unter diesen Umständen können wir auch nicht die Leitung der Kolonialgesellschaft allein für den wenig tröstlichen Aus gang der Tagung wie überhaupt für die Tatenlosigkeit des Vereins verantwortlich machen, obwohl auch sie mit ihren Leistlinge!: keineswegs imponiert." Ter Freisinn scheint eine Art neue Arbeitsteilung durchführen zu wollen; im Sommer ist seine Presse gegen die Kolonialbegeisteriinz »nd im Winter kultivieren die freisinnigen Abgeordneten diese Pflanze sehr eifrig. Was sagt nun der Reichskanzler zu dieser Weiterentwickelnng seiner Freunde? — Einen vernünftigen Standpunkt ninimt in der Frage der Kolonialwirtschaft der Vizeadmiral a. D. P. Hoffmaiiii im „Tag" ein; er spricht sich mit aller Ent schiedenheit gegen das Totschweigen der .Kolonialmißstände ans lind bezeichnet die Vorstellung als falsch, daß man die Airgen schließen müsse. Kolonialskandalen wegen, wenn man großzügige überseeische Politik treiben wolle. Sehr ge fährlich werde aber die Tendenz, die öffentliche Meinung wegen der Kolonialskaridale zu beschwichtigen, wenn daran Ratschläge geknüpft werden, wie es in Zukunft mit Be- Handlung der Eingeborenen gehalten werden soll. „Wenn ans den Erfahrungen der Herren Oettker und Peters heraus die unabänderliche „Sklavennatur nana pluaae" des Afrikaners, die Meinung, „der Herr sei den: Neger so nötig wie der Fisch in: Wasser", als Ariom lnngestellt wird, wenn dafür Stimmung geknackst wird, solche Grundsätze dein zukünftigen Verwaltnngssystein in den Kolonien zugrunde zu legen, so ist das ein- gemeingefährliches Unternehmen, dem nicht scharf genug cntgegelrgetraten werden kann. Es ist nichts anderes als der Versuch, jenen Herrenstandpunkt zu rechtfertigen und zu verallgemeinern, der -dem Deutschen Reiche soeben eine Halde Million für Kolonialkriege ge- kostet hat." Vizeadmiral Hoffman:: weist dam: nach, daß der von Peters und anderen empfohlene Herrenstandpunkt gerade von denjenigen Nationen nicht geteilt wird, die sich bis jetzt als die befähigteste,: Kolonisatoren gezeigt haben. Bei dieser Gelegenheit sagt Hoffinann n. a.: „Ich habe mich oft gefragt, was wohl die Ursache dieser deutschen Ueber- hebnng gegen Eingeborene sein mag, und ich bin immer wieder zu der Erklärung gekommen, daß unser gering ent- wickeltes FreiheitSgefühl ii: der Heimat die Ursache der viele,: Ausschreitungen ist. Ter unvermittelte Uebergang ans einer eigene!: gedrückte,: Situation zu den: Bewußtsein, nun einen: Tiefcrstehendeii herrisch gegenübertreten zrr. tonnen, verwirrt den an: ineisten, der bisher an: gehor samsten und servilsten sich zu benehmen gewohnt ivar . . . Ich komme zu dein Schlüsse, daß freiheitliche Institutionen in der Heimat und anerzogene Achtung vor der Freiheit eine Gewähr bieten für erfolgreiche Eingeborenenpolitik. Es ist immer dasselbe: Auf dein Boden beschränkter Frei heitsbegriffe und serviler Gewohnheiten ertvächst Unduld samkeit in politischen und Glaubenssachen, Dünkel und Hochmut gegen Lieferstehende. Und nach de,: Kolonie:: ver pflanzt, werden daraus die Herrenallüren, die die Ursache so vieler Mißerfolge sind. Diese Zusammenhänge sind es, die dazu führen, daß der frei hei tli eben de Teil der Nation seine Empörung über Koloiiialskandale an den Tag legt, während Philistertum und Krähwinkel solche Empörung nickst teilen. Tenn Philister und Krähwinkler empören sich eben über nichts! Aber sie lassen alles zu, wenn's ihnen nicht ai: den eigenen Kragen geht!" Admiral Hoffmann hat hier ganz richtig die Sache dargestellt; deshalb sind auch die krähenden Liberalei: so heftige Gegner der Wahr heit in diesen Dingen. Es ist für das Zentrum ehrenvoll, wie hier ihm fernstehende Personen urteilen. Weil das Zentrum freiheitlich gesinnt ist, deshalb habe,: einzelne Mit glieder so entschieden Front gemacht gegen diese Miß wirtschaft. — Der unzufriedene Abg. Naumann schreibt in der „Hülfe": „Das mag etwas scharf ausgesprochen erscheinen, aber ich kann mir nicht helfen: wenn ich jetzt am Schluß der ersten Periode parlamentarischer Arbeit, an der ich teilnehmen konnte, die Eindrücke sammele, so ist der erste Eindruck, wie unendlich weit wir noch von der Negrerungs- wcise eines liberalen Volkes entfernt sind, und wie schwach der Parlamentswille ist. Es kann taktvoll erscheinen, das Bild zu verschleiern, aber für die Belebung d»s politischen Sinnes im deutschen Volke ist cs besser, rückhaltlos zu sagen, was ist. Auch dieses Nachdenken aber führt zu der Frage zurück, wie kann der Reichstag seine Arbeitsweise verbessern, damit ihm die Bevölkerung eine größere Regie- rungsfählgkeit zutrauen kann? Die Herausarbcitung des Neichstagswillens aus der Mehrheit und aus der Partei- wirruis ist das erste Problem des deutschen Parlamentaris mus!" Ja, eS stimmt! Der Block hat bisher nur für die Negierung gearbeitet; aber das ist ja seine Lebensaufgabe und dafür ist er vorhanden. — Ein Lob des Zentrums aus konservativem Munde findet sich ii: der Kreuzzeitung. Das genannte Blatt be spricht die Parteiorganisation im Regierungsbezirk Magde burg und schreibt hierbei: „Was das Zentrum angeht, so war es sich hierzulande seiner nationalen Pflicht bei Stichwahlen stets bewußt und seine Anhänger haben nie- mals versagt, wenn es sich darum handelte, gegen die Sozialdemokratie Front zu machen. In einigen Kreisen gehen Zentrumslcute, soweit die Katholiken nicht schon so wie so sich den Konservativen angeschlossen haben, mit letzteren zusammen. Die letzten Landtagswahlcn im Jahre 1903 haben es bewiesen. In der großen Hauptsache sind die Katholiken des Regierungsbezirks Magdeburg iin Volks- vereiir sür das katholische Deutschland gut organisiert. Durch ihre öffentlichen Versammlungen geht ein vornehmer Ton, der gegen den Liberalismus und die Sozialdemokratie nicht ohne Schärfe ist, im übrigen aber wegen des warmen patriotrschen Empfindens jeden Konservativen angenehm be rührt. Wenn es sich bei konservativen Stichwahlen um einige hundert Stimmen handelt, die ausschlaggebend sein können, so ist mit Sicherheit darauf zu rechnen, daß das Zentrum fast immer zu Gunsten des konservativen Kandi daten gegen den Nationalliberalen, den Freisinn und die Sozialdemokratie seine Stimme in die Wagschale wirft." Mehr oder weniger trifft dieses Urteil für ganz Deutsch land zu. Der Freisinn hat durch seine jämmerliche Haltung alle Stzmpathie im katholischen Lager verloren; da wählt man hundertmal lieber sofort einen Konservativen, dann weiß man wenigstens woran man ist. Der Freisinn hat sich im letzten Halbjahr um allen politischen Kredit gebracht. DaS werden die künftigen Ereignisse bekunden. Es ist für ihn das beste, wenn er sich sofort den Nationalliberalen anschließt. Diese Gesellschaft gehört zusammen. — Einen Arzt als Gewcrbrinspektor hat neben dem Groß- berzogtilm Baden seit vorigem Jahre mich das Königreich Württemberg onfzuweisen. Die Jahresberichte der Ge- werbeanff'ichtsbea inten in: Königreich Württemberg für das Jahr 1906 sprechen sich über die neue Einrichtung wie folgt aus: Schon die Iväbreird einer verhältnismäßig kurzen Spamre Zeit erfolgte Mitarbeit eines ärztlichen Mitgliedes war für den Teil der Aufgabe:: -er Gewerbeinspektion, welcher die Herbeiführung gesundheitlicher Verbesserungen, in Arbeitsräumen oder bei geivisscn Arbeitsvorgängen zum Gegenstand lxit, sehr förderlich. Seine besonderen K nnt- nisse auf dem umfangreichen Gebiet der Gewerbehygiene