Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 31.05.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-05-31
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020531013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902053101
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902053101
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-05
- Tag 1902-05-31
-
Monat
1902-05
-
Jahr
1902
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezugs. Preis in der Hauptexpedition oder den im Stadt bezirk und den Vororten errichtete» Aus gabestellen abgeholt: vierteljährlich ^l 4.50, — zweimaliger täglicher Zustellung ins Hau- 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland u Oesterreich Vierteljährliches, für die übrigen Länder lautZeitungSprriSliste. Ne-action «nd Lrpe-Mon: Johannisgasse 8. Fernsprecher 153 und L2L. Filtalr»pediti-nr» r Alfred Hahn, Buchhandlg., UntversitätSstr.8, L. Lösche, Latharineustr. 14, u KSuigSpl. 7. Haupt-Filiale Dres-ea: Strehlenerstraßr S. Fernsprecher Amt I Nr. 1718. Haupt-Filiale Serlin: Königgrätzerstraße 116. Ferujprrcher Aull VI Nr. S38L. Nr. 271. Morgen-Ausgabe. MiWAcr TaMalt Anzeiger. AmtsUatt des Königlichen Land- «nd Amtsgerichtes Leipzig, des RatHes «nd Nolizei-Ärnles der Ltadt Leipzig. Tonnabenb den 31. Mai 1902. Tlnzeigen'Prer- die 6 gespaltene Petitzelle KL H. Reklame« unter dem RrdactionSstrich (4 gespalten) 75 H, vor den Familiennach- richten (6 gespalten) 50 Tabellarischer und Ziffernsatz eutsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Osferteuaunahme 25 H (excl. Porto). Extra-Vellage» (gefalzt), uar mit der Morgen-AuSgab«, ohne Postbefvrdernng ^4 SO.—, mit Postbesörderuug 70-—» Annahmrschluß fir Anzeige«: Abend-AuSgabe: vormittag- 1V Uhr. Morgea-AuSgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Anzeige» find stets an die Expedition zu richte». Di« Expedition ist WochentaaSuaunterbrochen geöffnet von früh S bi» Abend» 7 Uhr. Druck und Verlag vo» E. Polz 1» Leipzig. 96. Jahrgang. Für Monat ^ant kann va» Leipziger Tageblatt durch all« Post- austalten Deutschlands und Oesterreichs zum Preise von 2,— bezogen werden. In Leipzig abonnirt man für 1,50 (mit Bringer lohn 1,85) sowohl bei der Hauptexpedition, den Filialen und Ausgabestellen, wie auch bei sämmllichen ZeitungSspediteuren. Für TreSdett und Berlin führen die dortigen Hauptstltalen de» Leipziger Tageblattes Bestellungen au», in Trespen, Strehlrnerstr. 6, Berlin, Königgrätzerstr. US. Die Haftpflicht der Eisenbahnen. Lr. L. Die Eiscnbahnunfällc der letzten Zeit, die leider vielfach die erhebliche Verletzung oder den Tod von Fahrgästen yerbeigcführt haben, geben Bielen die Veran lassung, sich bei Antritt einer Eisenbahnretse die Frage vor- zulegcn, was aus ihnen oder ihren Hinterbliebenen wird, wenn auch sie das vcrhältnißmüßig immerhin seltene Un glück treffen sollte, einen ernstlichen Eiscubaynunfall zu cs- leben. Den größten Gefahren ist ja naturgemäß das Eisenbahnpersonal ausgesetzt. Ihre Rechte sind durch das Unfallvcrsicherungsgesetz in derselben Weise ge regelt, wie die aller Bau- und Fabrikarbeiter und der außer, dem gesetzlich der Unfallversicherung unterliegenden Per sonen. Hierüber ist aus Anlaß des Inkrafttretens der neuen Unfallversichcrungsgcsetze am 1. October 1000 mehrfach ge schrieben worden; cs ist also lediglich die rechtliche Stellung der verletzten Fahrgäste zu erörtern. Wer eine Eisenbahn betreibt, haftet Demjenigen, der bei ihrem Betriebe getödtct oder körperlich verletzt wird, für den dadurch entstandenen Schaden, mit Ausnahme von zwei Fällen, nämlich, wenn der Unfall entweder durch höhere tvewalt oder durch eigenes Verschulden des Gctödtcten ober Verletzten verursacht ist. Daß einer dieser Fälle vorliegt, hat die Eisenbahnvcrwaltung zu beweisen. Unter höherer Gewalt versteht unsere Rechtsprechung solche zufällige Ereignisse, die auch durch die umsichtigsten Schutzvorrich tungen nach den gegebenen Verhältnissen nicht verhütet werden können, also menschlicher »kraft und Vorsicht spotten; das sind: Naturereignisse (z. B. Erdbeben, Blitzschlag) oder andere unabwendbare Zufälle iz. B. Aufrcttzcn der Schienen im Kriege). E i g n c s V e r s ch n l d e n beraubt den Ver letzten oder Getödtetcn dann nicht -es Anspruches auf Schadloshaltung, wenn das Verschulden nicht die alleinige, sondern nur eine mitwirkcndc Ursache der Verletzung oder des Todes geworden ist, wenn also der Unfall erst den Fahrgast in die gefährliche Situation gebracht und er in dieser nachlässig gehandelt hat. In solchen Fällen mißt das Gericht ab, inwieweit die verursachte Verletzung auf den Unfall und inwieweit sic auf die eigne Nachlässigkeit zurück- zuführen ist, und verpflichtet den Bctricbsunternchmer zu einer entsprechenden Thcilzahlung. Wenn die Ursache der bei dem Eisenbahnunfall herbcigcführtcn Verletzung oder des Todes unaufgeklärt ist, so bleibt die Eisenbahn natür lich haftpflichtig, weil sie ja nicht beweisen kann, daß ein Verschulden des Verletzten vorltegt. Ebenso ist die Eisen bahn vcrurthcilt, ein Kind, das durch Sorglosigkeit seiner ?ur Wartung und Aufsicht verpflichteten Angehörigen bei ^em Unfall zu Schaden gekommen ist, vpllauf zu ent schädigen, weil kein Verschulden des verletzten Kindes vorlag. Im Falle der Tödtung hat die Eisenbahn die Kosten der verursachten Krankheit und des Heilvcrsuchcs, sowie den entgangenen Verdienst zu ersetzen, auch für die etwa verursachte Vermehrung der Bedürfnisse, z. B. an Art wartung, Ernährung, aufzukommcn. Auch die Kosten der Beerdigung hat sie zu tragen. Mußte der Getödtete zur Zeit der Verletzung einem Kinde, oder dem Vater, der Mutter, dem Ehegatten Unterhalt gewähren, oder konnte er diesen Personen gegenüber später unterhaltspflichtig werden, so muß die Eisenbahn den erwähnten Angehörigen insoweit Ersatz leisten, als der Getödtete während der muth- maßlichcn Dauer seines Lebens zur Gewährung des Unter- Halles verpflichtet gewesen wäre. Ist der Fahrgast mit einer Körperverletzung davon gekommen, so wird ihm außer dem Ersatz der Kosten der Heilung auch der Schaden erstattet, den er davon hatte, daß er in Folge der Verletzung ganz oder theilweise erwerbsunfähig geworden ist, oder daß eine Vermehrung seiner Bedürfnisse ringe- treten ist. Die lebhaftesten Meinungsverschiedenheiten pflegen zu entstehen über den Grad der Verminderung der Er werbsfähigkeit und über die UnterhaltSansprüche der Angehörigen, insbesondere in dem Falle, wenn eine Ehe frau verletzt ist. Bet Bemessung der Einbuße, die der Verletzte in seiner Erwerbsfähigkeit erlitten hat, wird zu folge wiederholter Entscheidungen des Reichsgerichtes der vor dem Unfall tatsächlich bestandene Erwerb in erster Reihe berücksichtigt, jedoch nicht ausschließlich. Ist z. B. einem Optiker in Folge des Unfalles die Sehkraft der Augen etwas geschwächt, so daß er außer Stande ist, seinen bisherigen Beruf weiter auszuüben, so wird derselbe darum keineswegs wie ein völlig Erwerbsunfähiger entschädigt. Er hat ja im Uebrigen seine Kräfte behalten und kann diese noch verwcrthcn. Es wird also nicht die Erwerbsein- bußc auf dem professionellen, sondern auf dem allgemeinen Arbeitsmarktc zur Grundlage der zu gewährenden Ent schädigung genommen. Dies gilt natürlich nicht: nur zu Ungunsten, sondern auch zu Gunsten des Verletzten. Wenn z. B. ein Buchhalter bei einem Eisenbahnunfalle ein Bein oder den linken Arm verloren hat und die Tisenbahnver- waltnng erklärt sich bereit, ihn mit seinem bisherigen Gehalt in ihren Bureaus zu beschäftigen, so wird er dessen ungeachtet Anspruch auf Ersatz haben, weil auf dem all- gemeinen Arbcitsmarkte ein Mann mit einem Beine odyc einem Arme nur etwa zur Hälfte bis zu einem Drittel als erwerbsfähig anzusehen ist. Zu einer seltsamen Beurthetlung hat noch in den letzten Jahren der Entschädigungsanspruch einer verletzten Ehe frau geführt. Ihr haben die Gerichte den Anspruch auf Schadloshaltung versagt, weil sie durch ihre Verstümme lung keine BermögcnSnachtheile erleide. Denn was die Frau in Hauswirthschast und im Geschäfte des Mannes erwerbe, komme lediglich dem Manne zu Gute. Wenn daher die Frau durch ihre Arbeit nichts für sich erwerbe, so erleide sie durch eine Herabsetzung ihrer Arbeitskraft keinen Schaden. Auch der mitklagende Ehemann habe aus einer Verletzung feiner Ehefrau keinerlei Ansprüche gegen die Eisenbahn, denn das Gesetz verleihe einen Entschädigungs anspruch nur der verletzten Person selbst. Diese in einem Urthetle des Reichsgerichtes vom 9. April 1897 enthaltenen Ausführungen erschienen dem nämlichen Senate des Reichsgerichtes (dem dritten) nach anderthalb Jahren aber schon nickt mehr recht geheuer. Wiederum hatte eine Ehefrau die Gerichte gegen die Eisenbahn angerufen. Als fünfjähriges Mädchen hatte sie durch einen Eisenbahn unfall ein Bein verloren. Es kam zu einem Vergleiche, bet dem die Eisenbahnvcrwaltung derKrau eine jährlichcRcntc von 270 ^t! zu zahlen versprach, mit dem Vorbehalte der Er mäßigung, wenn die Verhältnisse sich änderten. Das Mädchen hcirathete einen Arbeiter. Jetzt hielt der preu ßische EisenbahnftScus unter Bezugnahme auf die soeben mitgcthcilte Entscheidung des Reichsgerichtes den Moment für gekommen, die Fortzahlung der Jahrcsrentc einzu stellen, weil jetzt nicht mehr die Frau, sondern nur ihr Ehe. mann einenBcrmögcnsnachtheil erleide undLetztercr gesetz lich keinen Entschädigungsanspruch habe. DaSNetchsgericht hat nun erfreulicher Weise seine frühere Entscheidung, zwar nicht ausdrücklich für irrig erklärt, aber doch ausgesprochen, eS könne für diesmal „dahingestellt bleiben, ob jene Rechts grundsätze ohne Einschränkung aufrecht zu erhalten seien", und hat den SisenbahnfiScuS zur Fortzahlung der 270 vcrurthcilt. Zunächst sei die Annahme der ersten Richter, daß die Ehefrau durch ihre Verstümmelung jetzt keinen Schaden mehr habe, eine willkürliche, denn es sei doch nicht ausgeschlossen, daß sie bet gesunden Gliedern auch außerhalb ihres Haushaltes, zum Beispiel als Waschfrau, als Näherin, Tagelöhnerin, thätig sein würde mrd für sich selbstständig etwa» verdient hätte. Denn solcher Er werb würde ihr Eigenthum geworden sein, und da dieser Erwerb ihr durch den Unfall entzogen sei, so sei der ihr durch den Unfall zugefügte Vermögen-schade auch nach der Hetrath noch vorhanden. Im Uebrigen aber habe bas Be rufungsgericht zutreffend auf die Gestaltung des betreffen den Familienlebens htngewiesen: «Bet Arbeiterfamilien mir- die Arbeitskraft -er Frau als dasjenige, was von ihr in die Ehe eingebracht wird, aufgefaßt, und ohne solche Arbeitskraft ist für sie die Erreichung der Ehe unmöglich." Wenn der wirkliche Ersatz des durch den Unfall erlittenen Schabens dem Mädchen gewährt werben solle, so müsse ihr die Möglichkeit der Ehe bleiben. — Das sind wahre Worte, die einen Fortschritt in der Rechtsprechung bedeuten. Aber das, was hier von Arbeiterfamilien gesagt ist, gilt von den meisten Familien des ganzen Mittelstandes und so hat bas Reichsgericht sich auch bereit- in einem späteren Urtheile entschlossen, die gleichen Grundsätze für einen solchen Fall zur Anwendung zu bringen. In dem dem Urtheile vom 26. November 1000 zu Grunde liegenden Rechtsstreite handelte es sich um die Ehefrau eines Schlächters. Dieser waren bei einem Eisenbahnunfalle am rechten Fuße alle Zehen abgequetscht, ferner einige Rippen gebrochen und die Brust gequetscht worden. Sie war während zwei Jahren und acht Monaten unfähig gewesen, den Verkauf im Laden zu besorgen, wie sie es früher gethan hatte. Sie schätzte den Verlust der Erwerbsfähigkeit für diese Zeit auf 3875 Landgericht und Oberlandesgericht wiesen die Frau mit ihrer Klage ab, weil die Krau selbst durch die Einbuße an ihrer Erwerbsfähigkeit keinen Vermögens schaben erlitten habe. Hätte sie in Gütergemeinschaft mit ihrem Manne gelebt, so würde der Verlust an Arbeitsfähig keit ihr selber mit znm Nachtheile gereicht haben, da sie aber in Gütertrennung gelebt habe (dasselbe würbe bet der Verwaltungsgemetnschaft gelten), so habe lediglich ihr Mann die Ausgabe sür Anstellung einer Verkäuferin tragen müssen und sei lediglich dieser geschädigt. Das Reichsgericht sagt hingegen: Es ist nicht gerechtfertigt, der Ehefrau die Entschädigung bei Gütertrennung zu versagen und nur bet Gütergemeinschaft zuzubilligen. Immer sind die Ehegatten „durch die vielfachen Beziehungen des gemeinschaftlichen Hauslcbcns verknüpft, so daß man insofern auch in diesem Falle von einem gemeinsamen Vermvgensstande der beiden Ehegatten sprechen kann, dessen Veränderung möglicher, weise den Stand beS GonbervermögenS der Frau zu be einflussen vermag". In dem obenerwähnten Urtheile von 1898 habe daS Reichsgericht eine Beeinträchtigung einer Arbeiter-Ehefrau angenommen. „Kaum ander- verhält sich die- bei Familien kleinerer Handwerker." In den Kreisen und unter den Leben-verhältniffen aber, wo die Krau im ErwerbSgesckäst de- Manne- mit thätig zu sein pflegt, bedeutet ihre Arbeitskraft eine productive Mitgift, ihre Körperverletzung einen BermögenSschaben, sofern die Ehefrau dadurch außer Stand gesetzt wirb, so wie sonst dem gemeinsamen Hausstände durch ihre Arbeit Vermögen-- wcrthe zu schassen. Der Verletzte erhält eine Geldrente. Diese ist nach Inkrafttreten de- Bürgerlichen Gesetzbuches insofern etwas größer als bisher, als während der Krankheit und nach derselben eine etwa eingetretene Vermehrung seiner Be dürfnisse mitzuentschädigen ist. Die Rente ist für drei Monate im Voraus zu zahlen und braucht nicht zurück gegeben zu werben, wenn der Verletzte alSbalb nach Beginn deS Vierteljahres stirbt. Keinen Anspruch hat der Kahrgast, also, abgesehen von dem Fall deS eigenen Verschuldens, wenn die Eisenbahn höhere Gewalt nachweist. Da dieser schwierige Beweis zwar keineswegs in der Mehrzahl, aber doch immerhin bet einem L-eile der Unfälle geführt wird, so hat der Fahr- gast nach dem Gesetz nicht die unbedingte Garantie, für den erlittenen Unfall eine Entschädigung für sich odex seine Hinterbliebene« z« erhalten. Der Krieg in Südafrika. Friede und freiwillige Uebergabe Die Corresp. „Nederland" schreibt: Den englischen ^sftctösen beginnt es bereits zu grauen vor dem für die Regierung, für den Geldmarkt, für die Volksstimmung so gefährlichen Rückschlag, der unabwendbar ist, wenn die ins Ungemessene gesteigerten Hoffnungen auf baldigen Frieden eine Enttäuschung erleben. Von Tag zu Tag kühler und skeptischer werden ihre früher so siegesgcwisscn Auslassungen über den Stand der Kriedcnsverhandlungen, ja cs liegen schon deutliche Anzeichen dafür vor, daß sie an dem Zustandekommen des Friedens bereits verzweifeln. So mehren sich ganz verdächtig die Meldungen von der freiwilligen Uebergabe dieser oder jener Boercnabtheilung, Meldungen, die doch nur den Zweck verfolge» können, der abermals verführten öffentlichen Meinung in England den Trost zu spenden, daß man, wenn auch der Friede nicht oder nicht so bald kommen sollte, doch die alsbaldige Uebergabe der nicht ganz Unversöhnlichen und damit ein mehr oder minder schnelles Ende des Krieges erwarten könne. Der neulichen Nachricht von der Uebergabe des Helden vom Sptonkop, des gerissenen Zugzerstörers Jack Htn- don, lassen jetzt die „Times" die Depesche folgen, daß sich das Gros des Hindon'schen Eommandos, 81 Mann, am Sonntag ebenfalls ergeben habe. Das wird doch wohl ein untrügliches Zeichen sein, das der Wider stand der Bocren gebrochen ist! Wir wollen nicht leugnen» daß diese Uebergabe, vorausgesetzt, daß sic auch wirklich er folgt ist, für die Bocren einen Verlust bedeutet. Doch mochten wir dabct zu berücksichtigen geben, daß Jack Hin bon ein Ire ist, und sein Eommando wohl größtcnthcils noch aus den Resten der irischen Brigade und anderen Aus ländern bestanden hat. Im gegenwärtigen Kriege mit seinen aus den Verhältnissen des Landes und der Leute entspringenden Etgcnthümltchkettcn hat sich jedoch nur der Boer als der verlässigste und ausdauerndste Kämpfer er wiesen. Wenn sich die Leute, wie die „Times" es wahr haben möchten, wirklich wegen Mangels an Munition er geben hätten, so wäre das ein bedenkliches Zeichen; aber wir wissen aus untrüglichen Zeugnissen von Boercnseite, baß den Engländern fortwährend Gewehre und Munition abgenommen werden, und daß sich das Eommando, das sich wirklich einmal verschossen hat, einfach eine Weile zur Friedensarbcit zurückztcht, bis sich ihm die Gelegenheit er öffnet, die Patroncngürtcl neu zu füllen. Generalcom- mandant Louis Botha, General De la Rcy, Staatsprocu- ratvr und Geucralcommandant-Assistent I. C. Lmuts und Andere versichern in ihren amtlichen Berichten und in pri vaten Acußcrungcn einmal über das andere Mal: „Die Burghcr gehen in beinahe kein Gefecht, aus dem sie nicht mit mehr Munition herauskommen, als sie mit ht nein genom men haben,jaabundzu erbeute nsicsvvtel, daß igauze Wagenladungen von ihnen in B ra n d g e st e ck t w c r d e n m ü s s c n. Wirwcrden nicht eher von allem Kriegsbedarf ent blößt sein, als bis das britische Kricgsamt davon entblößt ist. Die Patronen werden unser st ausgehen, wenn England aufhört, Munition nach Südafrika zu senden." Es müssen also bei der berufenen Uebergabe ganz andere Gründe im Spiele gewesen sein, vielleicht der, daß jene Ausländer des Lagcrlcbens und des Krieges müde ge wesen sind, wie Andere, die noch viel früher als sie genug davon hatten. Ein höchst beruhigendes Moment bei der angeblichen Uebergabe liegt auch noch darin, daß ein Corps Boeren unter einem anderen Ausländer, dem ebenfalls vom Spionkop her be kannten wackeren Holländer Dlegtkamp, es unternommen hat, jene Mattherzigen von der Uebergabe abzuhaltcn. Es waren dies Leute Louis Botha's, der nach englischen Zungen stets für den Frieden um jeden Preis war, Leute aus dem Osten Transvaals, wo die Bocren, -en englischen Berichten zufolge, vollständig demoralisirt sind. Für den Unbefangenen ist das Verhalten des Slcgt- kamp'schen Corps ein überzeugender Beweis dafür, daß der Wider st and der Bocren keineswegs ge brochen ist, und daß der überwiegende Theil der Boeren noch keinen Grund aner kennt, die Fortführung des Kampfes als auSstchtsloszu betrachten. Bon dem „ Eommando ^Visagtes haben wir be reits nachgewicsen, baß es nichts als ein Kranen- und Ktnberlager unter dem Schutze einiger nicht streitbarer Greise war, das augenscheinlich nur vor dem Winter auf dem Veld die Flucht ergriffen hat. Wo Alles l—icbt, kann Nennet Burlcigh cs natürlich auch nicht lassen. Er macht Meldung von dem Gerücht, daß sich in Frankfort (Oranje-Freistaat) ein Feld- cornet und 200 Mann ergeben hätten. Wir möchten dieser vagen Meldung gegenüber nur betonen, baß sie von jenem Berichterstatter deS „Daily Telegraph" stammt, der noch vor wenigen Tagen mit dem ominösen Wörtchen „Iktni-nins" (kehre zurück) der Welt einzurcden gewußt hat, daß nur ein Fricdcnsschluß seine Rückkehr er mögliche. Daß cs der famose Herr dabei nur auf Sen sation und auf die Befriedigung seiner Eitelkeit abgesehen hatte, geht wohl am Vesten daraus hervor, daß er bereits einmal nicht nur depeschirt hat, daß er zurückkehrc, sondern wirklich nach England zurückgckehrt ist, weil der Krieg zu Ende sei. Erst in der Heimath merkte er, daß der Krieg noch in vollem Gange war, weshalb er sich wieder auf- machte und nach Südafrika zurückkehrte, wo er heute noch sitzt. Zum Schluffe möchten wir noch bemerken, daß cs gar nicht unmöglich ist, daß die verschiedentlichen Berichte über die freiwillige Uebergabe dieses und jenes CommandoS die doppelte und dreifache Meldung ein und derselben Thai- fache sind, denen die Kitchcncr'schen Wochenzettel über die Verluste der Bocren zum Muster gedient haben. * «atzftatzt, 30. Mai. (Renier'» Bureau). Der Rücktritt de« Minister» für öffentliche Arbeiten Smartt ist auf Zwistigkeiten mit dem Premierminister Sprigg bezüglich der Frag« der Suspension der Verfassung zurückzusWe». Deutsches Reich. -r- Berlin, 30. Mai. (Ein französischer An griff auf den Reichskanzler.) Die Zoll politik deS Reichskanzlers wird vom Pariser „Temps" in einem langen Artikel zum Gegenstand eines überaus heftigen Angriffes gemacht. Nach boshaften Seitenhicben auf den Fürsten Hohenlohe und vr. vonj Miquel behauptet der „Temps", Graf Bülow habe mit dem Tode Miqucl's an moralischem Ansehen verloren, und be gründet diese^Auffassung unter Anderem folgendcrmpßcn: „Des Grafen" Bülow Haltung in der Angelegenheit des Zolltarifes offenbarte eine Schwäche, einen Mangel an Entschlußkraft, eine Furchtsamkeit vor -er kleinen, aber mächtigen Partei der agrarischen Rechten, eine Gering schätzung nicht nur der Gesammttnterefsen beb Landes, sondern auch der für die internationale Action Deutsch lands unerläßlichen Bedingungen, baß seine Feinde übex- rascht, seine besten Freunde verwirrt wurden. Während -er Staatssekretär im Reichsamte des Innern, Graf Posa- dowsky, sich über seine Parteibeziehungen erhob, die Noth« Wendigkeiten der Lage klar erkannte und mit unermüdlicher Energie die wachsenden und grenzenlosen Forderungen der Agrarier bekämpfte, bewies Herr von Bülow hinsicht lich der letzteren nur ein bis zur Unterwerfung getriebenes Entgegenkommen." Graf PosadowSky wirb weiter specicll in Bezug auf die Brüsseler Zucker-Convention dem Reichskanzler als Muster vorgchalten, wöbet die Zu stimmung des Kanzlers zur Uebcrwetsung der Brüsseler Convention an eine Commission des Reichstages als Zu stimmung zu einer Art Bcgräbniß dieser Vorlage be zeichnet wird. Seinen Gipfel erreicht aber der Angriff des „Temps" in den folgenden Sätzen: „Man sah Herrn von Bülow die Rücksicht auf die Agrarier so weit treiben, baß er leichten Herzens nicht allein den Tarif und die Handels verträge, sondern auch die Erneuerung des Dreibundes gefährdete, in dem . . ein deutscher Staatsmann, ein Erbe Bismarck s, den Eckstein des enropätschen Gleichgewichtes erblicken muß." — Wirklich französischen Ursprunges ist in -cm Angriffe des „Temps" nur die Fabel von dem angeb lichen Gegensätze, der zwischen dem Reichskanzler und dem Grasen PosadowSky den Agrariern gegenüber in der an gegebenen Art bestehen soll. Was dem Grafen Bülow sonst wegen seiner „Unterwerfung" unter die Agrarier zum Vorwürfe gemacht wird, ist lediglich die Ueberffctzung aus Artikeln der demokratischen deutschen Presse vom Schlage der „Frankfurter Zeitung" und des „Vorwärts". Freilich hat sich nur ein Theil unserer demokratischen Presse zu der Behauptung verstiegen, daß die Zollpolitik des Reichskanzlers die Erneuerung des Dreibundes gefährde; die Thatsachen reden betreffs der Erneuerung des Drei bundes doch eine zu deutliche Sprache. Daß ein fran zösisches Blatt wenigstens indirect Sorge um die Erneue rung des Dreibundes an den Tag legt, entbehrt ebenso wenig eines kölnischen Beigeschmackes, wie seine Entrüstung über eine Schutzzollpolitik zu Guusten der Landwirthschast. Frankreich treibt eine derartige Schutzzollpolitik schon seit Jahren und denkt nicht daran, sie zu ändern. Alles ist Allem genommen, kann uns die Mißbilligung der Zoll politik des Reichskanzlers durch ein französisches Blatt ungleich willkommener sein, als die Zustimmung zu ihr von jener Seite cs jemals zu werden vermöchte. Denn gerade diese Mißbilligung enthält einen deutlichen Fingerzeig dafür, daß die Zollpolitik des Reichskanzlers dem deutschen Interesse dient — und nur dem deutschen Interesse. * Berlin, 30. Mai. (Förderung des Handwerks.) Ueber die im preußischen Abgeordnetenhaus« ein gebrachten Anträge zur Förderung deS Handwerks hat die Commission durch den eifrigsten Socialpolitiker des CentrumS, den Abg. I)r. Hitze, Bericht erstatten lassen. Das umfang reiche Schriftstück enthält zumeist AuSsübrungen deS Antrag stellers Abg. Trimborn über die zu Gunsten des Handwerks in Oesterreich getroffenen Maßnahmen. Der Vertreter deS Finanzministeriums gab nach Schluß der Be- rathungen die Erklärung ab, der Finanzminister stehe dem Anträge Trimborn und Genossen mit vollstem Wohl wollen gegenüber und erblicke darin eine Reihe dankens- werther Anregungen. Stellung zu den einzelnen Puncten, deren finanzielle Tragweite sich heute noch nicht übersehen lasse, könne er erst nehmen, nachdem bestimmte, im Einzelnen durchgeprüfte Anträge von Seiten des HandelöministcrS an ibn gelangt seien. Werde über diese Anträge eine grund sätzliche Einigung erzielt, so bleibe die Bereitstellung staat licher Mittel immer noch von der Finanzlage abhängig, deren derzeitige mißliche Gestaltung für die nächsten Jahre voraussichtlich keine erheblichen Neuaufwendungen gestatten werde. Die Commission formulirte ihre Anträge in einer Resolution, durch die die Staatsregierung ersucht wird: 1) unter Fühlungnahme mit Vertretern des Handwerks, ins- besondere mit Vorständen der Handwerkskammern, Innungs verbänden, GenossrnschastSverbändea und Gewerbevereinen »ine Kör- deruog de» Kleingewerbe», insbesondere nach folgenden Richtungen in Erwägung zu ziehen: ». Veranstaltung dauernder und zeit- weilig«rAu»stellungenvoa Netngewerblichen Motoren, Maschinen und Werkzeugen in gewerblich entwickelten Orten; Unterweisung in deren Gebrauch und die thnnlichste Verbreitung solcher unter den Handwerkern, insbesondere durch Vermittelung der Genossen schaften und geeignetenfall» mit Hilf« der Gemeinden; Ertheilung von Auskünften über bezügliche Fragen, insbesondere über Leistungsfähigkeit, Materialienverbrauch, AnschafsungSangelegenheit und Preis derartiger Maschinen und Werkzeug«; d. Vorführung be währter Arbeitsmethoden und technischer Fortschritte de» Klein gewerbes in Lehrcursen; «ermehrnng und weiterer Ausbau der Mustrrcurse mit Unterweisung in der Buch, und RechnungS- führung; Erleichterung des Besuchs dieser Lurs« durch Gewährung von Stipendien; Ertheilung von Auskünften über alle ein schlägigen Fragen; c. Förderung der Lehrlingsausbildung (Veranstaltung von SammelanSstellungen prämiitter Lehrlings arbeiten, Auszeichnung und Belohnung um die Lehrlingsausbildung besonder» verdienter Meister, Unterstützung der Errichtung von Lehrling-Heimen), Ausbildung von Handwerksmeister»
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite