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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. PränumerationS-PreiS 22^ Silbergr. Thir.) vierttljährlich, 3 THIr. für da- ganze Jahr, ohne Erhöhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Man pränumerirt aus diese- Literatur- Blatt in Berlin in der Eroedition der Mg. Pr. Staats-Zeitung (Friedrichs- Straße Nr. 72); in der Provinz so wie im AuSlande bei den Wohllöbl. Poft - Aemtern. Literatur des Auslandes. 70. Berlin, Montag den 12. Juni 1843 Dänemark. Karl XII. zu Stralsund und auf Rügen. AuS d<m Dänischen Werken „Peter Lordcnsklo ld, ein historisches Gemälde a»S dem Anfänge dcS I8te» Jahrhunderts."') Den IS. Mär; 1715 langte Karl XIl. aus der Türkei in Stralsund an, nachdem er in Zeit von 14 Tagen 280 Meilen geritten, und der Krieg loderte Wieder im Norden auf. Dieser abenteuerliche König, der von Rachsucht brannte, wollte jetzt alle seine Feinde züchtigen und meinte, seine Gegenwart allein sep hinreichend, den verschwundenen Glanz der Schwedischen Waffen wieder herzustellen. Ohne sich durch die völlige Erschöpfung des Schatzes und des ganzen Landes, durch die vernichtete Flotte und das bis auf einige Veteranen-Regimenter zusammengeschmolzcne Heer irre machen zu lassen, schickte er dem NeichSrath den gemessensten Befehl, sogleich eine neue Armee anzuwerben und eine Flotte auSzurüstcn, während er selbst Stralsund und die Einfahrt zu dieser Stadt befestigen und Batterieen auf Rügen anlegcn ließ; zugleich erklärte er auch Preußen den Krieg. Wie ein Blitzstrahl schlug die Nachricht von diesen Ereignissen in die Kabinette des nördlichen Europa; — die Fürsten drückten ihre Kronen tiefer aufs Haupt und schloffen sich enger an einander, um mit vereinter Kraft dem Sturme Widerstand zu leisten. Während Karlls Aufenthalt in der Türkei hatten sich die Europäischen Verhältnisse jedoch umgcstaltet- Mit dem Tode der Königin Anna wurde der Kurfürst von Hannover König von England, — und da Karl dem Stuartschcn Prätendenten Hülfe versprach, machte er sich den mächtigsten Seestaat zum Feinde. Georg l. schloß mit Dänemark ein Bündniß gegen Schweden, während Holland erklärte, völlig neutral bleiben zu wollen. Durch den Tod Ludwig'S XI V. verlor Karl einen mächtigen Verbündeten; Oesterreich zog sich ermattet vom Schauplatz des Spanischen ErbfolgekricgeS zurück, — und als der Zar, vor Schreck über das Wiederauferstehen seines Feindes aus dem Türkischen Grabe, jetzt ernstliche Anstalten machte, sein dem Könige von Dänemark so oft gegebenes Versprechen der Ucbcrscndung von Hülfstruppen zu erfüllen, und da endlich Preußen ebenfalls seine Truppen nach Norden marschiren ließ: sah Karl plötzlich, daß halb Europa ihm kampf gerüstet gegenüber stand. Die geübteren Politiker prophezeiten indeß die Auflösung dieses Unwetters in Nebel, denn jeder der drohenden Herrscher war nur Schwedens Feind in Bezug auf seine eigenen Besitzungen, und waren diese wieder außer Gefahr, so zog er sich klug zurück, ohne etwas mehr zu thun, als darüber zu wachen, daß keiner der anderen Fürsten zu mächtig würde. Nur Friedrich IV. von Dänemark blieb seiner gewöhnlichen ehrlichen Politik getreu, was dem Lande später, als jene Ehrlichkeit an Einfalt gränzte, theuer zu stehen kam. Gewissenhaft erfüllte er die Traktate, welche Europa s ränkevolle Kabinette ihm vorgezeichnct und die er auf Anrathcn seiner ge wissenlosen Minister eingegangen. Seines leidenden Volkes ganze Kraft auf- bietend, rüstete er eine mächtige Flotte aus und zog mit dem Kern seines 70,000 Mann starken HccrcS nach Pommern, wo die Preußischen und Säch sischen Truppen sich mit ihm vereinigten. Hier war Stralsund der Brenn punkt des Krieges geworden, und nach dieser Stadt nahm die Armee ihre Richtung. Auf dem Wege dorthin wurde Rostock besetzt und Wismar einge schloffen. Die Schwedischen Truppen verließen den Paß von Dammgarten und zogen sich nach Stralsund zurück. Bekanntlich liegt diese alte Stadt, welche zu den Zeiten der Hansa eine wichtige Rolle spielte und schon so oft den Feind vor ihren Wällen sah, an der schmalen Meerenge, die Rügen vom Festland- trennt. Das Fahrwasser, welches man passircn muß, um zur Stadt zu gelangen, heißt das Ost- und das West-Dpb; diese hatte Karl XII. durch versenkte Schiffe zu sperren ge sucht. Die Küsten auf beiden Seiten waren mit Kanonen gespickt und die ganze männliche Bevölkerung unter die Waffen gerufen, um in Vereinigung mit den Schwedischen Veteranen dem Feinde jeden Zollbreit Landes streitig zu machen. Die den Truppen erthcilte Instruction lautete, jeden Posten bis aus den Tod zu verthcidigen. Der König ging so weit, sogar die vierbeinigen Bewohner der Insel zur Verthcidigung mit heranzuziehen. An den Küsten entlang waren von Entfernung zu Entfernung Hunde ««geschlossen, die natür- *) l'ordou il, et ItixLorink tra Lex^uäelse ak äet 18äe ^ar- Inm6reüe. p. I*. IHölieulikvu, 1842. lich bellten, wenn etwas Feindliches sich nahte, und dadurch die Truppen wach und rege erhielten. Sämmtliche Bauernpferde wurden für die Kavallerie in Beschlag genommen. Mit einer an Wahnwitz gränzenden Todesverachtung eilte der König von Schweden von einem Punkt zum anderen, wohin Laune oder Rastlosigkeit ihn trieben, und selbst der dichteste Kugelregen hielt ihn nicht ab, den Feind stundenlang von einem erhöhten Standpunkte aus zu beobachten. Entehrung oder ein schmachvoller Tod drohte dem Offizier, auf dessen Gesicht der König bei solchen Gelegenheiten eine bedenkliche Miene entdeckte. Er hoffte, die Ver bündeten würden ihre Kräfte in einer Belagerung Stralsunds zersplittern, und zog daher seine ganze Landmacht hier zusammen, während er eine zahllose Menge kleiner armirtcr Fahrzeuge beorderte, die in der Ostsee kreuzen sollten, sowohl um die Aufmerksamkeit der Dänischen Kriegsschiffe auf verschiedene Punkte zu lenken, als auch um die Preußen zu verhindern, Belagerungs- Material von Stettin aus heranzuführe», und um seinen Transportschiffen von Schweden her die Ucberfahrt zu erleichtern. Zu demselben Zweck befahl er dem NeichSrath, die letzten Kräfte des Landes zur Ausrüstung einer neuen Kriegsflotte aufzubieten, mit welcher er die früher erduldeten Niederlagen an den Dänen rächen und die Herrschaft auf der Ostsee erkämpfen wollte. Nach diesem Meere hatte halb Europa seine Flotten gesendet, um den Gang des Krieges beobachten zu lassen und bei vorkommender Gelegenheit ein Wort mitredcn zu können, gleich viel, ob gegen Schweden oder Dänemark, wie es der Vortheil erheischte. Außer der Russischen Flotte sah man neun zehn Englische Kriegsschiffe mit 1052 Kanonen unter Admiral Norris wie ein schweres Unwetter an den Küsten hinziehen; — zwölf Holländische Dreidecker mit 624 Feuerschlünden unter dem Contre - Admiral de Vehst convopirtcn die Kauffahrtei-Flotten der Generalstaaten; — von Carlscrona aus stach eine Schwedische OorlogSflotte von zweiundzwanzig Linienschiffen mit 1572 Kanonen unter Admiral Sparre in See, um den Dänischen Schwänen, welche — einundzwanzig Segel mit 1330 Kanonen — unter Admiral Rabe's Oberbefehl an verschiedenen Punkten kreuzten, die Flügel zu beschneiden. Am 7. August 1715 sah man wenige Meilen von Rügen zwei starke Kriegsflotten, kaum eine Meile von einander entfernt, sich gegenseitig beob achtend, hin und her fahren, wobei ein Kanonenschuß vom Admiralschiff aus stets das Signal zum jedesmaligen Wenden gab. Auf allen Schiffen hatte man das Verdeck zum Gefecht klar gemacht und die Kanonen losgebunden; aber die Masten warfen bereits lange Schatten übcr's Meer, und dieser Um stand allein schien die Flotten zu veranlassen, den Angriff aufzuschiebcn. Als daher die Nacht völlig hcreingcbrochen war, blieb von jeder Seite eine Fre gatte als Brandwache zurück, während die Flotten selbst sich mehr von ein ander entfernten. Nachdem am Morgen des 8. August die Sonne den Nebelschleier, der das Meer bedeckte, zerrissen, sah man, wie beide Flotten mit vollen Segeln auf Rügen zueiltcn und sich einander bis auf eine halbe Meile Abstand näher ten. Jetzt stellten sie sich in Schlachtordnung und hißten die Blutflagge. In Bezug auf die Anzahl der Schiffe waren beide Parteien so ziemlich von derselben Stärke; die Schweden zählten ein Oorlogsschiff mehr. Jede der Flotten hatte drei Admirale, — die Dänische: Rabe, Juul und Tröjel, — die Schwedische: Sparre, Henke und Lillie. Der Dänische Vice-Admiral Tröjel eröffnete mit dem Oorlogsschiff „Louise" von 7« Kanonen die Schlacht, indem er einen Schwedischen Drei decker mit der vollen Lage begrüßte, die jener jedoch keineswegeS unerwicdert ließ. Als sich nun gleich darauf der Admiral Rabe mit seinem kolossalen Schiffe „der Elephant" dem Schwedischen Admiralschiff zur Seite legte, suchte sich nach seinem Beispiel jedes Dänische Schiff seinen Gegner, und der Donner der Geschütze entbrannte auf der ganzen Linie. Der Pulverdampf von mehr als dreitausend Feuerschlünden, die in dieser entscheidenden See schlacht Tod und Verderben spieen, verhüllte dem Auge bald die kämpfenden Massen, und man hörte nur den Donner unablässig über die Wogen rollen. Als der Wind einmal den Dampf verwehte, sah man das Dänische Kriegs- schiff „Justia" zwischen zwei Schwedischen OorlogSschiffcn. Hoch auf der Schanze stand der Admiral Juul und kommandirte durch das Sprachrohr Feuer nach beiden Seiten. Es donnerte los, daß alle Planken der „Justia" erbebten; zu gleicher Zeit feuerten indeß auch die beiden Schwedischen Schiffe. Ihre Kugeln fegten das Verdeck, zerrissen die Segel, knickten die Raaen und bohrten sich in die Eichenseiten der „Justia"; dem Admiral Juul aber entsank das Sprachrohr, er faßte mit der Hand nach der Brust und sank, um nie