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Schönburger Tageblatt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage Ntrd Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr- nach Sonn- und Festtagen. /-»V» . »ich 1 Mk. 50 Pf. Beiträge stnd erwünscht und werden I T» F. Alle Postanftalten, die Expedition und die eventuell honorirt. I « II II ll VZIlL^ll^I^ Lolporteure dieses Blattes nehmen B°- «nnahme von Inseraten für die nächster- 444 V V 44^ 414414^4^^ stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr x/ O Inserate pro Zeile 10 Pf., unter des vorhergehenden Tages. Eingesandt 20 Pf. —— Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. n " Dienstag, den 19. August 18«4 Grundstücksversteigerung. Auf Antrag der Erben Johann Gottfried Eichler's in Niederftein- bach soll am 8. September 1884 Vormittags 10 Uhr das von dem selben hinterlassene Grundstück Fol. 2 des Grund- und Hypothekenbuchs für Niedersteinbach, bestehend aus einem Wohnbause mit Garten, an hiesiger Ge richtsstelle an den Meistbietenden unter den vorher bekannt zu machenden Be dingungen versteigert werden. Penig, am 15. August 1884. Das Königliche Amtsgericht. Heinzmann. *Waldenburg, 18 August 1884. Bekanntlich wird seitens der sogenannten Deutsch freisinnigen, als Anhänger des von ihnen so viel gepriesenen Freihandels, den Getreidezöllen gegen über der Vorwurf erhoben, daß sie dem kleinen Mannsein nothwendigesNahrungsmittel vertheuerten. Inwieweit die nationale Arbeit, hier die von ca. der Hälfte der deutschen Bevölkerung betriebene Land bebauung, davon Vortheil genießt, wird selbstver ständlich todtgeschwiegen. Es berechnet sich aber an der Hand der Reichs statistik pro 1882 vorerst die gesammte Steuerlast, welche durch die Zölle auf Getreide, Hülsenfrüchte und Malz hervorgerufen ist, auf 42 Pf. pro Kopf der Bevölkerung, auf die Familie zu 5 Köpfen ge rechnet mithin auf durchschnittlich 2 Mark 10 Pfg. Dem gegenüber ist das Bestreben der Reichsregierung vom Beginn der neuen Wirtschaftspolitik angelegent lich darauf gerichtet gewesen, den kleinen Mann, den Arbeiter unv noch weitere Volkskreise, die von den Getreidezöllen und sonstigen indirecten Steuern am schwersten betroffen werden, von den direkten Staaissteuern gänzlich zu befreien. So ist z. B. bei uns in Sachsen bereits der 50procentige Zuschlag zur Einkommensteuer erlassen worden. Wenn dies Ziel noch bei Weitem nicht erreicht worden ist, so tragen daran die Manchestermänner, die Herren Richter, Rickert, Bamberger und Genossen notorisch doch die meiste, wenn nicht die alleinige Schuld. Weiterhin bewegen sich zur Seile der Wirthschafts- politik, welche wesentlich mit der Förderung der nationalen Production und Arbeit auch auf die Steigerung des persönlichen Arbeitsertrages, der Arbeilslöhne gerichtet ist, die socialpolitischen Refor men, die voll und ganz dem Arbeiter, vor allem dem industriellen, zu Gute kommen. Wenn aus dem Bereiche derselben nunmehr die Frage der Jnvaliditäts- und Altersversorgung zur Tagesordnung gestellt werden wird, so irrt man doch sehr über die schöpferische Kraft der Idee der socialen Gerechtigkeit und Wohlfahrt, wenn man wähnt, daß mit dieser Frage, insofern man sie überhaupt noch gelten läßt, die unangenehme, staatssocialistische Aera wieder beschlossen sein werde. Wer kann also noch die Stirn haben, in Abrede zu stellen, daß dem Arbeiter, dem kleinen Mann, für die Mehrbelastung der Getreidezölle nicht volle Entschädigung geschaffen werde und in noch weit höherem Grade geschaffen werden solle! — Aller dings würde durch diese Gegenwirkung ausgleichen der Gerechtigkeit die Steuerlast der Getreidezölle volkswirthschaftlich und wirthschaftspolitisch für sich selbst noch nicht gerechtfertigt sein. Der gäng und gäbe Einwand, der von der freihändlerischen Doc- trin gemacht zu werden pflegt, besteht bekanntlich darin, daß das Getreide nie Rohstoff sei, und Roh stoffe dürfe man nach Adam Smith und anderen so wenig wie Halbfabrikate durch Zölle oder Steuern vertheuern. Im Gegentheil sind Weizen, Roggen, Gerste, Hafer vielmehr vom Standpunkte nationaler, deutscher Arbeit fertige Ganz-Producte in derselben Bedeu tung, wie Tuche, seidene Zeuge und Maschinen Ganz-Fabrikate sind, im Unterschiede von den Roh stoffen und Hilfsstoffen, woraus sie fabricirt werden. Alle diese Getreidearlen, und in erster Linie der Weizen und Roggen, sind aber im Fruchtsystem der rationellen deutschen Landwirthschaft durchaus noth wendige Anbauproducte, mag auch die manchester- liche Weisheit dieselbe noch so sehr auf den Anbau von Fulterkräutern und auf die Viehzucht gegen über der amerikanischen und russischen Concurrenz vertrösten. Daß aber die letztere und hauptsäch lich wiederum die amerikanische des Weizens und Roggens einen ungeheuren Vorsprung gegenüber der deutschen Landwirthschaft gewonnen haben, dies noch näher darzulegen, verbietet für heute der Raum. Die Thatsache einer solchen Concurrenz ist ja auch zu notorisch, als daß sie gegenüber jener falschen manchesterlichen Wahlagitation, welche mit dem nationalen Schutzmittel der Getreidezölle fortgesetzten Mißbrauch treibt, noch besonders erhärtet zu werden brauchte. *Waldenburg, 18. August 1884. Politische Rundschau. Deutsches Reich. In Berliner Hoskreisrn spricht man von der Mög lichkeit einer Zusammenkunft Kaiser Wilhelms mit dem Kaiser von Rußland gelegentlich der in Russisch-Polen stattfindenden Manöver. Was daran Wahres ist, läßt sich schwer sagen. Sicher dürfte nur sein, daß kein definitiver Beschluß hierüber ge- j faßt ist. Felomarschall v. Manteuffel scheint das Bedürf- niß zu fühlen, den Bewohnern des Reichslandes auch in Person nahe zu treten. Freilag Nachmit tag ist der Statthalter in Metz eingetroffen und hat mehrere Ortschaften der Umgegend besucht. Heute, Montag, sollte die Rückreise erfolgen. Im neuen Reichsversicherungsamt, so berich ten die „Berl. Pol. Nachr", herrscht zur Zeit leb hafte Thätigkeit. Der schriftliche Verkehr mit den verschiedenen Corporationen, welche sich zu Berufs- genoffenschaflen zusammenthun wollen, hat sich außer ordentlich umfangreich gestaltet und scheint doch nicht ausreichend zu sein, so daß zu dem Auskunftsmittel der persönlichen Besprechungen gegriffen wurde. Der Director des Reichsversicherungsamies, Bödicker, hat seinen Urlaub unterbrochen und sich nach Rhein land und Westfalen begeben, um zunächst in diesen industriereichen Provinzen mit den maßgebenden Per sönlichkeiten in Verbindung zu treten und ihnen bei der Organisation der Genoffenschaften rc. an die Hand zu gehen. Das Londoner Blatt „Daily Telegraph" hatte die Aufsehen erregende Mittheilung gebracht, daß die englische Regierung zum „Schutze der Fischerei", die aber doch nur von den Engländern selbst bedroht ist, in der Nordsee ein Kanonenboot bei Helgoland stationiren wolle. Ter „Nat.-Ztg." wird diese Nach richt von vertrauenswerther Seile als unbegründet bezeichnet. Wenigstens ist in Berlin zuständigen Ortes von einer solchen Absicht England's Nichts bekannt. In der Streitfrage wegen Besitzergreifung der Walfischbai in Südafrika durch die Engländer liegen neuere Nachrichten noch nicht vor. Fest steht, daß die Reichsregierung eine Annection dieser gan zen Küste, an der auch zahlreiche Deutsche wohnen, nicht ohne Weiteres dulden wird. Wie übrigens die Engländer fremde Länder annectiren und wie die Rechtsansprüche dabei beschaffen sind, das zeigt sich bei der Besitzergreifung der Südküste von Neu-Guinea, die auf Andrängen der australischen Kolonien im Hinblick auf die Kolonisationsbestrebungen in Frankreich und Deutschland erfolgt ist. Auf dem ganzen, mächtigen Gebiet leben nämlich 3 Europäer (Engländer) mit festem, 4 ohne festen Wohnsitz. Unter den ersten Drei find aber noch zwei Missionare und der Dritte erst behauptet 17,000 Acres Land gekauft zu haben. Daraus leitet John Bull sein Annecticnsrecht her! Herr F. A. E. Lüderitz in Bremen richtet an die „Weser-Ztg." folgende Zuschrift: „Da es mir unmöglich ist, die vielen bei mir eingehenden Ge suche um Anstellungen auf meiner Besitzung in Süd westafrika (Angra Pequenya) einzeln zu beantworten, so möchte ich auf diesem Wege mitlheilen, daß das für mich daselbst nöthige Personal in allen Zweigen vollzählig ist und deshalb einstweilen keine weiteren Anstellungen erfolgen können. Auch kann an eine Auswanderung dahin erst dann gedacht werden, wenn die von mir zur Durchforschung meines Be- sitzlhumes entsandte Expedition, welche aus Fachleuten der verschiedensten Art besteht, ihre Aufgabe beendet hat, worüber ich mir spätere Veröffentlichungen durch die Zeitungen vorbehalte." Zwei französische Offiziere sind in Koblenz unter dem Verdacht der Spionage verhaftet worden. Der erste der Beiden heißt Klein und ist Platz ingenieur in Perpignan. Der zweite, Rühlmann, man weiß noch nicht, ob dieser Name richtig ist, ist ellsk' äs dattsris (etwa zweiter Artillerieoffizier) in Belfort. Man fand bei ihnen eine Menge Karlen, Ortsaufnahmen, Skizzen, Aufzeichnungen, die es zweifellos machen, daß sie Militärspionage betrieben haben, und zwar nicht auf eigene Hand während eines Urlaubes, sondern auf unmittelbaren Befehl des französischen Kriegsministers. Im Besitz de» Klein fand sich zwischen Papieren und Banknoten eine chiffrirte Depesche des französischen Kriegs ministers Campenon an Klein vor, die letzterer selbst entziffert und durch Ausschneiden und durch Wieder zusammenkleben der Buchstaben lesbar gemacht halte und die in der Uebersetzung etwa lautet: „Sie haben sich angesichts dieses sofort nach Paris zu be geben und hier nähere Befehle in Empfang zu nehmen, die eine Dienstreise nach Coblevz betreffen." Die Schuld der Verhafteten hat sich so klar ergeben, daß die Voruntersuchung schon geschloffen werden konnte, so daß die gerichtliche Verhandlung alsbald stattfinden wird. In Berlin stellen die Freisinnigen den schon genannten conservaliven Candidaten gegenüber: Wahl kreis 1: Ludwig Löwe; 2: Virchow; 3: v. Saucken- Tarpulschen; 4: Traeger; 5: Eugen Richter, der auch in Hagen wieder candidirt; 6: Klotz. Im Großherzogthvm Baden sinnt man angesichts der schmählichen Enthüllungen, welche der Prozeß gegen den jüdischen Schnapsschenker Hirsch Hausmann über das Treiben der ländlichen Wucherer ge bracht Hal, aus Abhülfe gegen dieses gemeingefährliche Treiben. Die conservative „Bad. Landespost" ver öffentlicht folgenden Aufruf: „Mehr als die im Großherzogthum Baden veranlaßte, in ihren Resul taten vielseitig in Zweifel gezogene und angegriffene landwirthschaflliche Enquete gestaltet der Wucher- prozeß Hirsch Hausmann einen Einblick in das Elend auf dem Lande und zu der Stelle, wo den Bauern