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WM MÄnff WrM, Wi, Äedecktz ud die MMidri. AmLsbLcrLL für die Kgl. Umtshauptmannschaft zu Meißen, das Kgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruif. Erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags. — Abonnementpreis vierteljährlich 1 Mark. Einzelne Nummern 10 Pfg.— Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Nr. 76. Freitag, den 21. September 1888. Personenextrazug Wilsdruff-Potschappel. «le» 23. 8ep1«o»K»«r «I. 3. verkehrt ein Personenextrazug mit II. und III. Klasse in folgendem Fahrplan: Ab Wilsdruff 9 Uhr 47 Min. Abends in Pötsch appel 10 - 36 - - Der Zug hält an allen Haltestellen. Zur Mitfahrt berechtigen die gewöhnlichen Billets. Dresden, am 10. September 1888. Königliche Generaldirectio« der sächinchcn Staatsenenbahnen. DogeSgeschichte. Auf dem Gebiete der hohen Politik beansprucht der Besuch des Grafen Kalnoky beim Fürsten Bismarck in Friedrichsruh das Tagesinteresse. Am Montag Nachmittag traf der österreichische Staatsmann, begleitet von einem Legationssecretär, in Hamburg ein und übernachtete daselbst, um sich am nächsten Morgen nach Friedrichsruh zu begeben, woselbst Graf Kalnoky bis Freitag zu verweilen gedenkt. Die leitenden Wiener Blätter widmen der Friedrichsruher Reise des österreichischen Ministers des Aus wärtigen ungemein warm gehaltene Artikel, die sämmtlich bekunden, daß man in Wim das Ereigniß im friedlichsten Sinne auffaßt. Welche Fra gen bei der heutigen Begegnung zwischen Bismarck und Kalnoky zur Er örterung gelangt sind, das kann vorläufig gegenüber der Thatsache dahin gestellt bleiben, daß jedenfalls der Besuch Kalnoky's beim deutschen Reichs kanzler ebenso im Interesse der Befestigung des europäischen Friedens er folgt ist, wie dies von der Reise Crispi's zum Fürsten Bismarck zu gelten hatte. Alle europäischen Friedensfreunde begrüßen daher mit lebhafter Genugthuung die abermalige Diplomatenbegegnung von Friedrichsruh, welche das fortdauernde Einvernehmen der Theilnehmer des europäischen Dreibundes, dieses Hortes des Völkerfriedens wiederum im hellsten Lichte erscheinen lässt. Berlin, 18. September. Die Einzelheiten des Festprogramms zum Empfange Sr. Majestät des Kaisers in Rom sind nun hierher übermittelt worden; wie man hört, hat man höheren Orts mit dankbarer Genugthu ung Kenntniß davon genommen. Allseitig sieht man dieser Herbstreise des Kaisers mit lebhaftester Spannung und Theilnahme entgegen. Der Kaiser geht mit großem Gefolge nach Rom. Aus Hofkreisen verlautet, daß der Kaiser seine eigenen Wagen, Gespanne und Reitpferde nach Italien mitnimmt; wahrscheinlich wird auf der Reise bereits der neue Eisenbahn salonwagen benutzt, den sich der Kaiser hat bauen lassen und welcher im Innern mit ausgesuchter Pracht und allen nur denkbaren Bequemlichkeiten ausgestattet ist; ein ähnlicher Wagen, wie die englische Königsfamilie ihn auf Reisen benutzt, hat als Muster gedient. Die „W. A. Z." berichtet folgende hübsche Episode aus dem preu ßischem Königsschlosse. Vor einigen Tagen besuchte Kaiser Wilhelm seine Schwestern; er fand zwei derselben mit Handarbeiten beschäftigt, die dritte, Prinzessin Sophie, die Braut des griechischen Kronprinzen, saß über eine griechische Grammatik gebeugt und versuchte mit sorgenschwerer Miene, in deren Mysterien einzudringen. Der Kaiser setzte sich zu der eifrig stu- direnden Schwester und half ihr ein wenig, indem er sein Altgrieckisch zu Hülfe nahm. Endlich sagte er lachend: „Dir geschieht's ganz recht, daß Du Dich jetzt mit dem Griechischen so viel plagen mußt; erinnere Dich nur, als Heinrich und ich bei unseren griechischen Aufgaben stöhnten, da hast Du uns immer gehänselt und gesagt: Ihr seid Beide ungeschickte Jungen, das Griechische kann ja nicht so schwer sein! München, 18. September. Zum Zwecke eines würdigen Em pfanges Sr. Maj. des Kaisers Wilhelm hat sich aus den Mitgliedern der beiden städtischen Behörden ein Komitee gebildet. An der Spitze desselben steht Bürgermeister I>r. v. Wiedenmeyer. Das Komitee ist be reits mit den Vorarbeiten für die Empfangsfeierlichkeiten beschäftigt. Obgleich das Programm noch nicht endgiltig fcrtiggestellt ist, so liegen aus Wien doch bereits Berichte über die Vorbereitungen für den Em pfang Sr. Maj. des Kaisers Wilhelm vor. In diesen Berichten heißt es u. A., daß der deutsche Botschafter Prinz Reuß bis zur Landesgrenze dem deutschen Kaiser entgegenfahren und ihn nach Wien begleiten werde, wo bei dessen Ankunft die gesammte Garnison mit ihren Musikkapellen ausrücken und in den Straßen, welche der Kaiser passiren wird, Spalier bilden sollen. Für den ersten Tag der Anwesenheit des Kaisers ist ein Galadiner und ein Hofkonzert im Rittersaale in Aussicht genommen. Am zweiten Tage soll abermals ein Galadiner und ein Thee bei dem Erzherzog Karl Ludwig stattfinden. Am dritten Tage würde der Ausflug zu den Hochwildjagden nach Steiermark erfolgen, der vier Tage in Anspruch nehmen soll und während welcher Zeit Kaiser Wilhelm als Gast des Kaisers Franz Josef in dem kaiserlichen Jagdschlösse zu Neuberg Wohnung nehmen werde. Nach der Rückkehr von Steiermark nach Wien soll von dort die Abreise nach Rom erfolgen. Wien, 16. September. Ueber die Reise des Grafen Kalnoky nach Friedrichsruh lassen sich begreiflicherweise nur dürftige Aeußerlichkeiten berichten, wie daß die Abreise heute Abend mit dem Courierzug der Nord westbahn und die Ankunft in Friedrichsruh morgen in später Abendstunde erfolgt, und daß während der Abwesenheit des Ministers der erste Sektions chef des Ministeriums des Aeußeren, v. Szögyönyi, ihn in der Führung der Geschäfte vertritt. Die Rückkehr des Ministers dürfte an einem der letzten Tage dieser Woche erfolgen. Die Konjekturanten werden es sich schwerlich nehmen lassen, den Besuch des Grafen Kalnoky in Friedrichsruh zum Gegenstand der weitgehendsten Kombinationen zu machen und wir werden wahrscheinlich Berichte besonders gut unterrichteter Zeitungskorre spondenten über uns ergehen lassen müssen, die in das Geheimniß der unter vier oder sechs Augen — denn auch Graf Herbert Bismarck dürfte, da er nach Friedrichsruh gereist ist, während des Besuches des Grafen Kalnoky dort anwesend sein — gepflogenen Unterredungen werden eingedrungen sein wollen. Die hiesigen Blätter haben zwar sämmtlich heute die Reise des Grafen Kalnoky zum Gegenstand ihrer Leitartikel gemacht, allein sie geben sammt und sonders zu, daß diese Reise sich nicht dazu eigne, be sondere Kombinationen an dieselbe zu knüpfen, und daß man in ihr nur im Allgemeinen eine Wiederholung der seit Jahren herkömmlichen, dem Bündnisse entsprechenden Begegnungen erblicken könne. Selbstverständlich wird aber auch der Umstand nach Gebühr gewürdigt, daß sich an die Be gegnungen des Fürsten Bismarck mit dem italieniscken Ministerpräsidenten Crispi und dem Grafen Kalnoky und an das kürzliche Zusammentreffen der beiden letzterwähnten mit einander der Besuch des Kaisers Wilhelm bei unserem Kaiser und bei dem König von Italien anreihen wird. Hamburg, 18. September. Der Kaiser wird am 20. Oktober zur Schlußsteinlegung der Zollbauten mit dem Bundesrath und dem Reichstag (?) hierher kommen. In der Mitternacht vom 20. zum 21. Oktober erfolgt der Zollanschluß. Die Kunde von dem Besuche des deutschen Kaisers hat in Rom zu allererst die eine große Wirkung gehabt, daß man mit Weg räumen alter Mauerreste, Abbrechen von Gebäuden, um Licht und Lust und neue Bahn zu gewinnen, Arbeiten, die, lange schon verschoben, zum Streitpunkt zwischen Munizipium und Fiskus geworden waren, flugs be gonnen hat, um den« jungen Kaiser das neue Rom ohne Trümmerreste der alten niedergerissenen Theile im schönsten Kleide zu zeigen. Wie sich an das Kapitol in seiner heutigen Gestalt die Erinnerung an den Besuch Kaiser Karls V. in Rom geknüpft findet, dem zu Ehren Papst Paul III. durch Michel Angelo den Kapitolplatz so schuf, wie wir ihn heute noch sehen, so wird sich auch in Zukunft in mancher Neuerung die für den jetzigen Besuch ausgeführt wird, die Erinnerung an den Besuch Kaiser Wilhelms II. lebendig erhalten. Was schon längst geplant war, soll jetzt zur Ausführung kommen, die drei Paläste der Senatoren, der Konser vatoren und das Kapitolinische Museum sollen durch einen Portikus ver bunden werden. Außer den Festen im Quirinal spricht man auch von einer gastlichen Erweisung von Seiten des Papstes. Es war in römischen Zeitungen von einem Frühstück die Rede, aber ein solches von Seiten des Papstes fremden Souveränen gegenüber, namentlich einem so großen wie Kaiser Wilhelm, hat immer seine Schwierigkeiten wegen der Etikette. Nach altem päpstlichen Ceremoniell, das in der religiösen Stellung des Pontifex seine Bedeutung hat, darf der Papst mit Niemandem zu Tische sitzen. Er speist stets allein, und vor Jahren, als er die Königin von Sachsen zu Gast gebeten hatte, war zwischem seinem Tische und dem, an welchem die Königin saß, ein Zwischenraum. Ueberhaupt ist es eine große Seltenheit, daß der Papst in Gesellschaft speist. In neuerer Zeit war es das eine Mal bei seinem Jubiläum, wo er in den an die Sa kristei von St. Peter anstoßenden Sälen mit den Kardinälen und den Chorherren der Peterskirche ein Mahl einnahm. Würden sich also einer derartigen festlichen Gelegenheit Schwierigkeiten nach dieser Richtung hin darbieten, so kann der Papst dem Kaiser eine andere Festlichkeit veran stalten, wie sie in der Welt wohl nirgends mehr möglich ist als eben in den Räumen des Vatikans, nämlich eine Beleuchtung der Säle des Sta- tuen-Museums. Wie aus Petersburg, 15. September, der „Russ. Korresp." mit- getheilt wird, haben in Krasnoje, Gouvernement Woronesch, dieser Tage während des daselbst abgehaltenen Jahrmarktes größere Unruhen statt gefunden. Die revoltirende Menge stürmte aus bisher nicht aufgeklärten Gründen die mit verschiedenen Waaren angefüllten Niederlagen, das Kontor und die Kasse der Moskauer Händler. Der Kassirer und ein Unterbcamter des Kontors wurden erschlagen; außerdem haben viele Unbetheiligte Schaden erlitten. Der Chef des Kontors hat sich nur mit Mühe retten können. Die Verluste sind groß, an baarem Gelds siud allein 75 000 Rubel ge raubt worden. Aus Woronesch haben sich behördliche Personen nach Kras noje begeben; nach zahlreichen Verhaftungen ist die Ruhe wieder hergestellt worden. Auf die trüben Zustände in Bulgarien wirft der in Rustschuk gegen den bulgarischen Finanzminister Natschowitsch unternommene Mordversuch von neuem ein bezeichnendes Licht. Ein wegen Betrügereien entlassener Beamter der diplomatischen Agentur Bulgariens in Bukarest, Namens Kisseloff, feuerte auf den in Rustschuk weilenden Natschowitsch sechs Re volverschüsse ab, wodurch der Minister mehrfach verwundet wurde; doch 1 sollen die Verwundungen des Herrn Natschowitsch nicht lebensgefährlicher