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Sonnabend 1. März 1924 Rr. 52 - 83. Jahrgang. Wilsdruff-Dres-en. Postscheck: Dresden 2640 Tel.-Adr.: ,8achsenzeitung' Verordnung des Reichspräsidenten tun wird, sei, Frankreich vorzuschlagün, daß, -sobald die Alliierten sich zur Genüge überzeugt haben, daß Deutschland die Haupt- I bedingungcn der Abrüstungsvorschristen ersüllt habe, hie gegen- « » ° LoMKs K«»Wa« > kritischen Termin -bildet. Sehr eingehend beschäftigte sich der Redner mit der französischen Politik, die von den Wünschen der Verständigung offenbar noch immer fehr weit entfernt ist und ging dann zu der Anregung des englischen Premierministers über. Deutschland müsse dem Völkerbünde beitreten. Der Idee des Völkerbundes stehe die Reichsregierung sympathisch gegen über, wenn der Völkerbund in seiner heutigen Form allerdings noch etwas unvollkommen erscheine. Die -Frage ist noch nicht akut, denn -eine Einladung an Deutschland sei noch nicht ergangen. Immerhin stellte Dr. Stresemann schon die wichtigsten Vorbe dingungen für -einen Beitritt Deutschlands auf. Zum Schluß dankte der Minister den ausländischen Organisationen, die sich angeboten haben, die Not in Deutschland zu lindern und sprach die Hoffnung aus, daß die Erkenntnis von der wirtschaftlichen -und sozialen Not Deutschlands allmählich auch zu der Erkenntnis unserer ausländischen Not führen möge. In der Reihe der Parteiredner nahm Abg. Koch (D.) Stellung zu den Schwierig keiten der Zeit und forderte engste Zusammenfassung aller Kräfte, die Inflation zu bekämpfen. Der bayrische Volksparteiler Leicht erklärte sich im allgemeinen mit den Regierungsmaßnahmen ein- -verstanden. Die Debatte wurde durch einen Zwischenfall unter brochen, als ein alter Mann von der Tribüne Flugblätter hinunterwarf und den Juristen -den Vorwurf machte, Volks verführer zu fein. Einige Diener begleiteten den alten Mann hinaus. Nach heftigen Angriffen auf -den Reichspräsidenten des nahmezustandes erläßt der Reichsminister des Innern folgende Ergänzungsverordnungen: Verordnung 1: Auf Grund des 8 5 der Verordnung des Herrn Reichspräsidenten über die Aufhebung des militä rischen Ausnahmezustandes und der Abwehr staatsfeindlicher Bestrebungen vom 28. Februar 24 bestimme ich: Das Gebiet des Freistaates Bayern wird mit Rücksicht auf den dort bereits bestehenden weitergehenden Ausnahmezustand von -der An wendung des 8 2 bis 4 der genannten Anordnung ausgenommen. Verordnung 2: Auf Grund des 8 2 der Verordnung des Herrn Reichspräsidenten über die Aushebung des militä rischen Ausnahmezustandes und die Abwehr staatsfeindlicher Bestrebungen vom 28. Februar bestimme ich: Es ist verboten, militärische Kampfgeräte, insbesondere Militärwaffen- oder Munition für Militärwaffen anzubieten, feilzuhalten, an Per sonen, die nicht zum Besitz solcher Gegenstände berechtigt sind, zu überlasten, -den -Erwerb oder das Üeberlasten zu vermitteln oder sich zum Erwerb anzubieten. Das Verbot findet keine An wendung auf die auf Grund -des -Friedensvertrages durch die interalliierten- Militärkontrollkommissionen zugelass-enen Firmen, für ihre Lieferung an solche amtliche Stellen, die nach den gel tenden Bestimmungen ihre Organe mit diesen Gegenständen ver sehen dürsen. Zuwiderhandlungen- werden nach 8 4 der Verord nung des Herrn Reichspräsidenten vom 28. Februar bestraft. wärtige Kommission von 500 Offizieren, für die Deutschland jetzt zu bezahlen hat, durch ein kleines Inspektionskomitee ersetzen Kommunisten Fröhlich brachte der Hannoveraner Alpers Wünsche feiner niedersächsischen Freunde vor. Am Freitag geht die Aus sprache weiter. zu wollen, dem einige Sachverständige zur Seite stehen. Frank reich hat diese Anregungen sympathisch ausgenommen und erwägt sie jetzt. Die Arbeit der Sachverständigen. (Ei-ener Kernsprech-ienst -er „E«chsen-Zeitun z".) Paris, 29. Febr. Sir Arthur Salier ist gestern vormittag von 11 bis 1 Uhr vom ersten Sachverständigenausschuß angehört worden. Sir Salter fügte seinen Bericht von vorgestern noch einige Erläuterungen hizu. Der Unterausschuß sür Währungs fragen hat sich gestern nachmittag mit dem Problem der deut schen- Eisenbahnen beschäftigt. Der erste -Sachverstän-digenaus- schuß tritt heute vormittag 9 Uhr zu einer Plenarsitzung zu sammen, um sich mit der Frage der deutschen Monopole zu befassen. Vor einer Kriegserklärung Jugoslawiens an Bulgariens London, 29. Februar. Nach den letzten Berichten aus den Balkanstaaten- hält man eine Kriegserklärung Jugoslawiens an Bulgarien sür unmittelbar bevorstehend. Es -sind bereits über eine halbe Mission Truppen an -die bulgarische Grenze ge schickt worden. Diese stehen besonders gegenüber den Kohlen feldern von Pernik. Jugoslawien wartet nur noch auf einen neuen mazedonischen- Einsall, als Entschuldigung für einen Vor stoß in bulgarisches Gebiet. Englaud und die Aufhebung der Militärkontrolle (Eigener Fernsprechdienst der „Sachsen-Zeitun g".) London, 29. Febr. Das F-oreign Office dementierte gestern aben-d den Bericht, der von einer deutschen Nachrichten agentur verbreitet worden ist, daß Großbritanien- Frankreich zu verstehen gegeben habe, die Zeit für die Einstellung der mili tärischen Kontrolltätigkeit sei jetzt gekommen. Was Großbritanien Die „Sachsen-Zeitung- erscheint täglich nachmittags 5 Uhr für den folgenden Tag. Bezugspreis: Bei Abholung in den Geschäftsstellen und Ausgabestellen 2,— Mark im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 Mark, bei Postbestellung Ausgabe weiterer Serien von Noggen- rentenbriefen der Roggenrentenbank A-G., Berlin. Berlin, 28. Februar. Aus Verwaltungskreisen erfährt der Deutsche Handelsdienst, an der Berliner Börse ist jetzt auch die 6. Reihe der 5prozentigen Roggenrenten-briefe der Roggen rentenbank A.-G. erstmalig notiert worden. Damit hat -der Ge-- samtbetrag dieser verbreiteten Roggenrentenbriefe an der Börse die Höhe von 2^2 Millionen Zentner erreicht. Außer den bereits an -der Börse notierten Reihen hat die Roggenrentenbank bereits weitere Roggenrentenbriefe in etwa der gleichen Höhe aus- gegeben, deren Einführung an der Börse bevorsteht. Es ist dies ein weiterer Beweis für die augenblickliche finanzielle Notlage der Landwirtschaft, -da die Ausgabe -der Roggenrenten briefe ausschließlich der Kreditbeschaffung für die Landwirtschaft -dient. Wie der Deutsche Handelsdienst erfährt, ist die Zins berechnung für die neuesten Reihen- der Roggenrentenbriefe so festgesetzt worden, -daß selbst bei einer schnell fortschreitenden Geldentwertung auch -die Zinsen, wie es dem Charakter eines wertbeständigen Papiers entspricht, nicht mehr der Entwertung anheim fallen können. Ziviler Ausnahmezustand. Berlin, 28. Februar. Im Reichstage verlautet, wie bet „Tag" erfährt, daß Regierung und Regierungsparteien beab-4 sichtigen, die durch die Aufhebung des militärischen Ausnahme zustandes am 1. März entstandenen Schwierigkeiten auf dem Wege zu lösen, daß eine Art von zivilem Ausnahmezustand geschaffen wird. Deutsch-siamesischer Wirtschaftsvertrag. Berlin, 28. Februar. Zwischen dem Staatssekretär dH Auswärtigen Amtes Freiherrn von Maltzahn und dem Pariser siamesischen Gesandten, dem Prinzen Charoon von Siam, wurde heute im Auswärtigen Amt ein vorläufiges Wirtschaftsabkom men unterzeichnet. Durch das Abkommen- werden die bislang noch von Siam ausgeschlossenen Reichsangehörigen wieder zu- gelasfen. Auch erhalten sie die Niederlassungsrechte, sowie Handel- und Gewerbefreiheit. Litauen verwirft die Memelentscheidung. Berlin, 28. Februar. Die litauische Gesandtschaft in Berlin hat den Wortlaut der Entscheidung der Memel- kommission des -Völkerbundes erhalten. Die Note besteht aus 11 Punkten-, von denen einige für Litauen gänzlich unannehm bar sind. Die litauische Regierung hat sich deshalb den Forde rungen nicht gefügt und weist die Entscheidung zurück. Mini sterpräsident Gavananskas ist sofort über Berlin nach Genf ab gereist, um dem Völkerbund -die Entscheidung der litauischen Regierung zu überbringen. Die Memclfrage ist somit von neuem in eine sehr akute Lage eingetreten. va IWeriiMltm'r i» WM Verurteilte Ruhrpolitik. Wie eine große Überraschung wirkt in der inter nationalen politischen Welt der Rücktritt des belgischen Kabinetts Theunis. Die Kammer lehnte mit 95 gegen 79 Stimmen die Genehmigung des Wirtschaftsabkommens mit Frankreich ab, worauf das Ministerium sofort seine Demission erklärte. „Berlin kann illuminieren." Die Verurteilung des bisherigen Negierungssystcms wird in Brüssel ganz offen als eine Ablehnung der in der Gefolgschaft Frankreichs betriebenen Ruhrpolitik und des Bestrebens bezeichnet, die belgische Wirtschaft unter französischen Einfluß zu stellen und damit die Einfuhr deutscher Waren zu erschweren. Ministerpräsident Theunis soll seinen Rücktritt mit den Worten „Berlinkann illuminieren" begleitet haben. In Paris beschäftigt sich die Presse außerordentlich erregt mit den Brüsseler Vorgängen. Man rechnet nach, daß die Opposition gegen Theunis sich aus 68 Sozialisten und 22 katholischen Flamen zusammensetzte. Offenbar legt das Zusammengehen mit Frankreich den Belgiern zu schwere Opfer auf, sagt ein Blatt-, und man schielt über die deutsche Grenze. Das Kammervotum hätte ausschließ lich ver verfehlten belgischen Außenpolitik gegolten. In London weist man darauf hin, daß das wirt schaftliche Abkommen, das zu dem Sturz der Regierung geführt hat, von der französischen Kammer bereits rati fiziert worden sei. Trotzdem habe die belgische Kammer es abgelehnt und so dem Prestige Poincarös einen" schweren Schlag versetzt. Wer der Nachfolger Theunis werden wird, ist noch unklar. Er selbst will auf keinen Fall zurückkehren. Man spricht von einem Arbeiterkabinett van der Velde. r >t- -e- r- ,l° §e- m lt. n- eit >e- le- u- en- er sie >s- cht ast zu el- nd m- w- TS iS- ier er- sie m- ,d. >er >en -n- Ver die Aushebung des «WMeu MMhm- Mmdes md der Mehr WsMlPesirebMgm vm A. Febr« 182k. Berlin, 28. Februar. Der Reichspräsident hat unter dem Datum des 28. Februar folgende Verordnung auf Grund des Artikels 48 der Reichsverfassung erlaßen: 8 1. Die Verordnung -vom 26. September 1928 (Reichs gesetzblatt Teil 1 Seite 905), vom 8. November 1923 (Reichs- gefetzblatt Teil 1 Seite 384) und vom 21. Dezember 1923 -(Reichsgesetzblatt 24 Teil 1 Seite 8) werden mit Wirkung vom 1. März 24 ab aufgehoben. Außer Kraft mit diesem Zeitpunkt treten insbesondere -die auf Grun-d dieser Verordnungen im Ein zelfalle verfügten Beschränkungen -der -persönlichen Freiheit, der Pressefreiheit und des Vereinsrechts. In Kraft -bleiben bis aus weiteres lediglich diejenigen Beschränkungen der persönlichen Freiheit, die vom Staatsgerichtshof zum Schutze her Republik bestätigt sind. Auch diese Beschränkungen treten mit dem 1-5. März 24 außer Kraft, soweit sie nicht vom Reichsminister des Innern vorher aufgehoben oder auf Grund des 8 2 dieser Verordnung erneuert -werden-. 8 2. Zur Abwehr von Bestrebungen auf gesetzwidrige Aenderung der verfassungsmäßigen Staatsform kann der Reichsminister des Innern oder die von ihm bestimmten Stellen der Zivilverwaltung die notwendigen Maßnahmen treffen. Zu diesem Zwecke sind insbesondere Beschränkungen der persönlichen Freiheit, des Rechtes der freien Meinungsäußerung, einschließ lich der Pressefreiheit, des Vereins- und Versammlungsrechtes, des Brief-, Post-, Telegraphen- und Fernsprechgeheimnisses, Anordnungen von Haussuchungen und Beschlagnahme sowie Beschauungen -des Eigentums auch außerhalb der sonst hiersür bestimmten gesetzlichen Grenze zulässig. Die Artikel 114, 115, 117, 118, 123, 124 und 1-53 der Verfassung des Deutschen Reiches werden insoweit außer Kraft gesetzt. Alle Zivil-Ver waltungsbehörden des Reiches, der Länder und der Kommunen haben den auf Grund des Absatzes 1 ergehenden Ersuchen des Reichsministers des Innern oder der von ihm bestimmten Stellen im Nahmen ihrer Zuständigkeit Folge zu leisten. Auf Verbote periodischer Druckschriften, auf Verbote und Auflösungen von Vereinen und Bereinigungen findet der 8 5a, auf Beschränkungen der persönlichen Freiheit der 8 5b der Verordnung vom 26. Sep tember 23 (Reichsgesetzblatt Teil 1 Seite 905) und vom 23. De zember 23 (Reichsgesetzblatt 24 Teil 1 Seite 8) Anwendung. 8 3. Oeffentliche Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzüge auf -öffentlichen Straßen und Plätzen sind ver boten. Die Landeszentralbehörden oder die von ihnen bestimm ten Stellen können Ausnahmen zulasten. 8 4. Wer den auf Grund dieser Verordnung ergangenen Anordnungen des Reichsministers des Innern, oder der von ihm bestimmten Stelle zuwiderhandelt, wird, insofern nicht nach anderen Strasvorschriften eine schwerere Strafe verwirkt ist, mit Gefängnis und Geldstrafe oder mit einer -dieser Strafen bestraft. 8 5. Diese Verordnung tritt mit dem Tage der Verkündung in Kraft. Der Reichsminister des Innern kann bestimmte Teile des Reichsgebietes von -der Anwendung des 8 2 bis 4 der Der- vrdnung qusnehmen. ErDzuMMbumg M Aushebung des M- täiislheu AuMhmzuslMes. Berlin, 28. Februar. Zur heutigen- Verordnung des Reichspräsidenten über die Aushebung des militärischen Aus- sieiOMMltimmungtbiia. Der dritte Tag der großen politischen Aussprache wurde mit einer Rode des Reichsaußenministers Dr. Stresemann einge leitet. Der Redner -dankt zunächst der Sachverständigenkom mission für ihre mühevolle Arbeit und betonte die großen Be schränkungen, die Deutschland auferlegt seien und die auch der Ausschuß bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit Deutsch lands erkennen mußte. Offenbar hält -der Ausschuß ein Mora torium und eine Anleihe sur Deutschland erforderlich. Voraus setzungen dasür sind die wirtschaftlichen und -steuerlichen Kräfte Deutschlands und Wiederherstellung der deutschen Verkchrsein- richtungen. Namentlich sür diese letzte Bedingung setzte der Minister sich sehr energisch ein, weil der „Temps" darauf hin gewiesen hat, daß das Reich auch Bayern wieder die Eisenbahn- selbständigkcit verleihen will. Der Redner machte den Vorschlag, die Franzosen möchten doch für die besetzten Gebiete mit dem Reiche einen Vertrag desselben Inhalts abfchließen, wie der bayerische Vertrag ihn nachweist. Die Frage der internationalen Anleihe hält -der Minister untrennbar verbunden mit der Mög lichkeit der Freigabe von Rhein und Ruhr. ^r. Stresemann erstrebt eine rasche Regelung des Reparationsproblems und eine Einigung mit Frankreich, allerdings keinen- Sonderfrieden. Einen schnellen Abschluß wünscht er insbesondere deshalb, weil der 15. April, an welchem der Micumvertrag ablauft, einen NE/: AM ESmL Slr. ö KV«.». und Geschäftsstellen nehmen - jederzeit Bestellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt. Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. - „ , Die Sachsen-Zeitung enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts und Stadtrats z« Wilsdruff, Forstrentamts Tharandtz^inanzamts^lo^n^