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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 18.04.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-04-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110418023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911041802
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911041802
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-04
- Tag 1911-04-18
-
Monat
1911-04
-
Jahr
1911
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LZ.zuqS.Preis für Letp.i« v»r»rtt d«rch »le« Triaer »>d S»edtt«»r« r««l in, va»» gebracht: « Pf. »»»«tt., >.7u Ml. »teneUährl. Bet »lern Filiale« «. >«» »abmelrellea abaehott: 7» PI. »oaatL, LL Ml. »tetteljLhrT »ich bt« V»- iinertzalt De»llchla»d» and der deallche» g»l»nie« vierteljädrl. 8.« Ml., monatl. >.» Ml. au»f<hl. Pasldeftellaeld. Ferner in Lelgien, Dänemark, den Donaustaaten, Italien, Luiemdura, litedeeland«. Ror» wegen. Oeiterreich-Ungar«, iklnfiland, Schweden, Schweig «. Spante«. In allen übrigen Staaten nur direkt durch di« Gelchästrstell« de« Blatte» erhältlich. Da» Leipziger Tageblatt «rlcheiat 2mal täglich. Sonn» u. Feiertag» »r morgen». Ll>onn«ment»-Lnnahme: I»ha»»t,,«Ile 8, bei unseren Trägern. Filialen. E»«dite«re» und Annahmestellen, sowie Postämtern und Briefträger». St»z«l»«rka»t,prei» bPf. Abend-Ausgabe. Wpzlgcr Tag Malt Handelszeitung. Nmisösatt des Nates und des Nokiieiarntes der Ktadt Leipiiq. n-Prcia Nedattion «»» Geschält,stelle: Iohanntigassr 8. 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Aus den neueren Meldungen, die jetzt vorliegen, ist zu ersehen, daß der Zustand der bei dem Ballon- Wettfliegen in Dresden am ersten Osterfeiertag ver unglückten Luftfahrer sich glücklicherweise wesentlich günstiger gestaltet, als in den ersten Augenblicken der Aufregung angenommen worden ist. — Ucber das unheilvolle Ereignis selbst, bei dem übrigens eine Explosion des Ballons „Nordhausen" nicht erfolgt ist, erhalten wir von fachmännischer Seite noch tatsächliche Mitteilungen, die wir zur Ergänzung des von uns schon gebrachten ausführlichen Berichts nach stehend folgen lassen: Mit dem Unglücksfall des Ballons „Nord- Ha u s e n" wiederholte sich ein ähnlicher Unfall wie derjenige, der im Jahre 1910 dem Ballon „Pommern" zustieg, und dem der allgemein beliebte Dr. Del brück zum Opfer fiel. Wer als Augenzeuge dem Ereignis beiwohnte, mußte allerdings fürchten, daß wohl keiner der vier Insassen des Korbes und des m:t in die Luft gerissenen, äugen am Korb hängenden Borsitzenden des Fahrtausschusses vom Königlich Sächsischen Verein für Luftschifffahrt, Herrn Otto Korn, mit dem Leben davontommen würbe. Es ist jedoch als ein großes Glück im Unglück anzusehen, dag sämtliche Herren mit verhältnismäßig gering fügigen Verletzungen davongekommen sind, bis auf den Führer des Ballons, Hauptmann v. Oidt- mann, dessen Zustand zurzeit noch Besorgnis einflößt. Das Ballon-Wettfliegen war zwar van schönem Wetter begünstigt, hatte aber unter einem sehr starken böigen Wind zu leiden. Diesem Umstand war es zuzuschreiben, daß die sportliche Leitung des Vereins den Ballonen „Zwickau", „Dresden", „Augusta" und „Pegnitz" nicht die Erlaubnis zur Abfahrt geben konnte, da sich einige Netzmaschen als nicht wider standsfähig genug für den Wind erwiesen. Diese Ballone erhielten den Befehl zum Aufreißen und wurden entleert. Hieraus wurde Ballon „Rübe- z a h l" abgelafscn, dessen Start in vorzüglicher Weise vonstatten ging. Der einzige noch gestillte Ballon ..Nordhausen", der unruhig an seinen Leinen hin und her pendelte, sollte noch abgclassen werden, während man beabsichtigte, das Füllen und Starten der übrigen Ballone noch zuriickzuhalten, bis der sich steigernde Wind wieder abgeflaut haben würde. Es haben schon ast Aufstiege bei stärkerem Winde stattgefunden, so daß der Erfahrung nach im Grunde genommen tech nisch keine größeren Schwierigkeiten der Abfahrt ent- qegenstanden — wie es ja auch die vorangehende Ab fahrt des Ballons „Rübezahl" zeigte. Der Unfall des Ballons „Nordhaufen" ist der Verkettung einer Reihe unglücklicher Umstände zu,zuschreiben. Es sei dem Schreiber dieses als Augenzeugen gestattet, aus Grund der eingehenden Untersuchung des Falles nachfolgen des zu berichten: Als ..Nordhausen" zur Abfahrt fertig war. wurde er vorschriftsmäßig abgewoaen. und zwar den Umständen entsprechend leicht. Die Herren im Korb, als Führer Hauptmann v. Oidt- mann aus Halle. Herr Kürth. Herr Brodt, mann und Herr Urban aus Leipzig, hatten Ihre Bläße eingenommen und hielten Sand zum Schütten bereit. Wiederholt einsetzende Böen hatten schon das Abwiegen erschwert. In dem Augenblick, als das Kommando des Starters „Laßt los!" erfolgen sollte, setzte plötzlich eine schwere Wirbelbö« ein, so daß der Vorsitzende des Fahrtenausschusses, Herr Korn, und der Führer, Hauptmann v. Oidtmann, gleich, zeitig beschlossen, nicht abzufahren und den Ballon oufzurcrßen. Korn befahl „Aufrcißen!" Oidtmann rief: „Ich reiße!" Nunmehr faßte alles schnell zu. Nach Ansicht des Herrn Korn sollen nunmehr die Haltetaue des ..Nordhausen" gerissen sein, so daß der sich hebende Korb nur von ein paar Haltemann schaften und Herrn Korn gehalten wurde. Den sich bereits hebenden Ballon konnten die Zufassenden jedoch nicht halten, bis auf Herrn Korn, der im Bewußtsein seiner Pflicht sich fest anklammerte in der Voraus setzung. daß das Aufreißen sofort wirken würde. Dem war aber nicht so. Vielmehr wurde der Ballon mit großer Geschwindigkeit auf die Gasanstalt zu ge trieben. In einer Höhe von 16 Meter über dem Erd boden stieß nun der Ballonkorb mit großer Geschwin digkeit gegen den Dachrand der steinernen Vorrats halle der Gasanstalt heftig an, jo daß Korn abge schüttelt wurde und aus 10 Meter Höhe herunterfiel. Sofort darauf kam aber der Ballonkorb auf das Dach des Kohlenraumes der Gasanstalt zu stehen, und die Hütte legte sich über das Dach, während bas ent weichende Gas. über einen Schornstein hinweg streichend, sich entflammte und bei den Zuschauern den Eindruck erweckte, als ob auch noch eine Explo sion des Ballons stattgefundcn habe. Die Ver letzungen sind zweis llos bei dem ersten Anprall ent ständen. Die einzige schwer? Verletzung, die besorgnis- erregend war, ist die des Hauptmanns v. Oidtmann aus Hatte, welcher einen Schädelbruch und einen Bruch des Knöchels erlitt. Der letztere wird nach Aussage des behandelnden Chirurgen ohne Folgen heilen können. Herr Kürth konnte selbst die Leiter vom Dach eberabsteigen und wurde nach ärztlicher Untersuchung bald wieder entlasten. Bei Herrn Korn, dessen Sturz aus 10 M-'ter Höhe schrcckenerregend aus sah, glaubte man am Anfang an einen Schädelbruch. da er eine Wunde cm Kopfe hatte. Diese stellte sicki jedoch nur als eine Hautwunde h'raus. Die Herren Brodtmann und Urban baden unaesährliche Knochen brüche am linken Oberschenkel erhalten, die voraus sichtlich in kurzer Zeit ohne Schaden heil-'n werden. Die vorgesehenen Sanitätseinrichtungen funktionierten sc h r gut, auch war-n Aerz'e und Krankenwagen sofort zur Stelle. Allgemein wurde der Bewunderisno für das h'ldenmiitwe Ver halten des Herrn Otto Korn Ausdruck geaeben, der unter R'chtach^>'no des eiaenen Leben-- das Hzch""^'.'n des geriö-'N'-n Balkans verhindern wollte. v. P. 'H- Uebcr den Z n st a n d des verunglückten Haupt manns v. Oidtmann geht uns folgendes Prinattelegramm zu: Dresden, 18. April. Heute morgen war dos B e - finden des Hauptmanns v. Oidtmann un verändert: er hat die B e s i n n n n g noch nicht wiedererlangt. 6. Bunücstsy üer teHnilH-jnüustrjetten Beamten. Der Bund der technisch industriellen Beamten hi l während der Ostertage in Berlin seinen 6. Bundestag ab. Er beschönigte sich rieben einer Reihe interner Angelegenheiten auch mir wichtigen, dem Reichstag gegenwärtig vorliegenden sozialpolitischen Mat rien. so kritisierte Granzin- Berlin scharf die Teile der Neichsversicherungordnung und des Gesetzentwurfes einer Pensionsversicherung der Prioatangcstellten, die direkt gegen die Interessen der Ang stellten gerichtet find. Im einzelnen faßte der Bundestag seine An sichten über diese beiden Gesetze in zwei Reso lutionen zusammen. In der ersten nimmt der Bund in scharfer LPeisc Stellung gegen die „Ent rechtung der Arbeitnehmer" in der Reichs versicherungsordnung. In der zweiten wird die Hoff nung ausgesprochen, daß der Reichstag die Beratun gen der Reichsversicherungsordnung zu einem weit gehenden Ausbau der Invalidenversicherung benutzt. Hierzu fand noch eine Resolution der Diplom ingenieure Noltzc-Berlrn und Hoffmann- Hamburg einstimmig Annahme, in der Protest da gegen erhoben wird, daß die Neichstagskommission für die Reichsversicherungsordnung die Diplom ingenieure und alle Personen mit Hochschvlbildung von der Versicherungspflicht berfeien will. Liecke- fett-Danzig warf einen Rückblick auf die sozial politische Tätigkeit des jetzigen Reichstages und kam dabei zu dem Schluß, daß keinerlei sozialpolitische Fortschritte erzielt worden sind. Er begründete dann eingehend eine Resolution, die einmütige Annahme fand und die sich dahin ausspricht, daß der Reichstag den deutschen Arbeitern und Angestellten endlich die seit zwei Jahrzehnten versprochene gesetzliche Inter essenvertretung zuteil werden läßt. p Milche Nachrichten. Hills voraussichtlicher Nachfolger. Der Grund zu Hills Abschiedsgesuch ist, wie dem „Berl. L A." gedrahtet wird, angeblich die Folge seiner Unfähigkeit, die kommerziel len Interessen zu fördern, besonders d^e ame rikanische Beteiligung an den türkischen Anleihen. Der Wortlaut des Abschiedsgesuches war derart ge halten. daß der Präsident leicht ablehnen konnte. Hier wird jedenfalls nicht bezweifelt, daß Washington m-.t des Botschafters Tätigkeit unzufrieden ist. Sein Nachfolger wird angeblich John Hays Ham me n d, der früher Mineningenieu: in Johannes bürg und ein Freund Rhodes war. und von den Buren zum Tode verurteilt wurde. Er ist ein ent schiedener Imperialist, ein Freund Englands und ein Millionär. Die Zahl der ve hafteten Winzer. Paris, 18. April. (Tel.) Die Zahl der im W i n. zergebiet verhafteten Ruhestörer beträgt 126. Dem „Journal de Paris" zufolge steht auch die Ver haftung eines Pariser Agitators bevor, der bei den in A y vorgekommenen Zerstörungsakten eine hervor ragende Rolle gespielt hat. Zur Affäre Maimon. Konstantinopel, 18. April. Die Direktion im De partement für öffentliche Sicherheit leitete eine Unter suchung ein. um die in der Angelegenheit Maimon beteiligten Beamten der Pforte ausfindig zu machen. Die Blättermeldung, daß zwei Beamte des Mi nisteriums des Aeußern verhaftet wor den sind, ist falsch: es ist nur wahr, daß die Polizei seit Monaten davon in Kenntnis gesetzt ist, daß der Inhalt diplomatischer Schriftstücke verraten war, und einige Beamte des Ministeriums überwachte. Das Preßbureau erklärt die Nachricht, die Botschaft einer befreundeten Macht habe den Großwesir darauf auf merksam gemacht, daß unter den gestohlenen Doku menten auch solche der Pforte seien, für unrichtig. Paris, 18. April. (Telegramm.) Aus Kon stantinopel wird einem hiesigen Blatte gemeldet, daß Maimon mittels der diplomatischen Schriftstücke, die er sich durch seine Helfershelfer verschaffen wollte. E r p r e s s u n g s o e r s u ch e unternommen hat. Er drohte, die geheimen Schriftstücke zu veröffentlichen, falls ihm die von ihm angestrebten Eisenbahn- und sonstigen Konzessionen nicht bewilligt würden. Es scheint jedoch, daß er mit diesen Erprestungsversuchen keinen Erfolg gehabt hat. Französische Truppenoerstärkung in Marokko. Paris, 18. April. (Telegramm.) In eurer offi ziösen Zeitungsnote wird betreffs der beschlossenen Verstärkung der Besatzungstruppen des Schaujagebiets mitgeteilt, daß den neuesten Nachrichten zufolge nunmehr auch gewisse treu gebliebene Stämme südöstlich oon Fez vom Sultan abgefallen seien. Man befürchtet, daß das eine Rück wirkung am die Gesinnung der Stämme an der Grenze des Schaujagebiets ausüben wird, und die französische Regierung sei der Ansicht, daß es zrveck- mäßig sei, das Besatzungskorps durch vier Ba taillone zu oerstärken. Hamons Betrügereien. Paris, 18. April. (Telegramm.) Wie verlautet, hat die Untersuchung gegen den verhafteten Kassendirektor im Ministerium des Aeußern Hamon bereits zahlreiche Betrugs- und Der- untregungsfälle ergeben. So sott festgestettt worden sein, daß Hamon aus dem geheimen Fonds dieses Ministeriums 73 000 Franken entwendet hat. Ein Maler, dem für Arbeiten im Gebäude der fran zösischen Botschaft in Wien 17 000 Fr. gezahlt werden sollten, erhielt diese Summe erst nach mehrjährigem Drängen, mußte aber eine Empfangsbescheinigung über 30 000 Franken ausstellen. Zur Lag« in Mexiko. Washington, 18. April. (Telegramm.) Der Kriegs sekretär Dickinson erklärte, die amerikanischen Truppen würden nicht ohne Zustimmung des Kon gresses nach Mexiko hineingesandt werden. Nus Leipzig und Nmgegenü. Leipzig, 18. April. Wetterbericht der Köniak. Sachs. Landeswrtterwarte zu Dresden. Voraussage für d e n 19. A p r i l 1911: Ostwind, heiter, Temperatur wenig geändert, vor wiegend trocken. Pöhlberg: Glänzender Sonnenunter- und -aufgang, Abend- und Morgenrot. - Fichtelberg: Schwache Schneedecke bis 1000 Meter, glänzender Sonnenunter- und -aufgang, Abend- und Morgenrot: Schneetiefe auf dem Berge 120 Zentimeter. * * Universitätsnachrichten. Vom akademischen Senat und Rektorat sind Ostern 1911 über dreißig Stipendien, zum Teil für eine größere Zahl von Studierenden bestimmt, zu verleihen. Die B e - Werbungsschriften sind bis 15. Mai persön lich in der Universitätskanzlei abzugeben: durch die Post eingehende Gesuch« werden nicht berücksichtigt. Den Gesuchen sind Maturitäts- und Vermögens zeugnis und eventuell Bescheinigung über die be standene ärztliche oder zahnärztliche Vorprüfung bei zufügen. Oss Grüne Nut«. Roman von August Weißt. 21) (Nackwruck verboien.) Als der Bahnhof sichtbar wurde, gab der Agent den Signalpfiff, den Huber vom Bahnhof aus er widerte. Bei dem Pfiff glaubte Martens zu bemerken, daß sich die Baronin jäh umsah. Er befahl seinem Eondolier, langsam zu rudern, da er ein Zusammentreffen aus der Landungsbrücke vermeiden und der Baronin, die ja der Agent Huber ohnedies bewacht«, Zeit lasten wollte, die letzten Ab schiedsworte ungestört an die Ihren zu richten. Als die Gondel des Kommissars anlegte, stand der Senator mit den beiden Frauen an der Tür des Wartejalons rn eifrigem Gespräche. E«n flüchtiger Blick belehrte üen Kommissar, daß Huber Wache hielt. Doktor Martens trat auf den Perron: die Uhr zeigte acht Uhr fünf Minuten. Auf zwei Gleisen standen die Züge zur Abfahrt bereu.. Der nach Wien fahrende Zug war etwas vor geschoben, so daß die Passagiere hinter ihm zum zweiten, dem Romzt^g«, gelangen konnten. Das bestellte Coups der Baronin zu finden, kostete keine Müh«. Der Schnellzug hatte nur zwei direkte Wagen. Als der Kommissar in dem ersten das Halb coupe erster Klasse aufstogen wollte, fand er es ver sperrt. Der Kondukteur erklärte ihm, daß diese Ab teilung reserviert sei. Doktor Martens stellte sich dem Waggon gegen über hinter eine Säule. Er wollt« die Situation überblicken und ausbarren, bis die Baronin den Zug bestiegen. Dann gab es kein Entrinnen mehr. Der große Zeiger der Bahnhofsuhr schritt vor wärts. Obwohl nur mehr vier Minuten zur Abfahrt des Zuges fehlten, so wurde der Kommissar doch nicht unruhig. Hinter der Baronin im Warteraume stand ja Huber, und bei der Ausgangstür sah er den zwei ten Agenten. Drei Minuten fehlten noch bis zur Abfahrtszeit des Schnellzuges. Da trat die hohe Gestalt des Senators aus dem Wartesaal. Ihm folgten zwei Frauen und der Agent Huber. Ein Beamter führte die kleine Gesellschaft mit einem: Bitte schnell zu dem reservierten Coupe. Ohne von ibrem Vater nochmals Abschied zu nehmen, be stieg die Baronin rasch mit ihrer Dienerin den Waggon. Sie trug «in dunkles englisches Neisckleid und langen, dichten Schleier. Agent Huber postierte sich seinen Instruktionen gemätz sofort an dem einen Ausgange des Durch gangswaggons, Agent Kraft an dem anderen. Hinter den angslaufenen Scheiben, die im elek trischen Lichte wie geripptes Glas glitzerten, tauchte jetzt in verschwommenen Linien das Antlitz der Baro nin auf. Sie hatte den Hut bereits abgelegt und winkte ihrem Vater zu Non ihm flog ihr Blrck zum Kommissar hinüber. Eine Sekunde lang sah sie ihm fest in die Augen. Dann wandte sie sich ab und zog den Vorhang halb vors Fenster. Der Kommissar eilte zum Coups: es war die höchste Zeit. Die Dienerin der Baronin lief an dem Agenten Kraft vorbei und sprang vom Trittbrett. Im selben Augenblicke schrillte die Pfeife des Stationsvorstanües, und der Zug fuhr langsam aus der Halle. Doktor Martens ließ die beiden Agenten an den Ausgängen, trat leise zur Tür des reservierten Coupes und klopfte an. Keine Antwort. Er versuchte die Tür zu öffnen. Sie' widerstand seinem Drucke. Die Vorhänge waren zugezogen, doch durch einen kleinen Spalt konnte er in dem abgedunkelten Toups die Umriste der Frau wahrnebmen, die auf den Samtpolstern kauerte und das Antlitz in den Händen verbarg. Auch etwas oon ihrem rotgoldigen Haare sah er undeutlich schimmern. Doktor Martens kehrte auf seinen Platz zurück und zündete sich eine Zigarre an. Nun konnte ja nichts mehr passieren. Sie war in seiner Gewalt. An oen Ausgangstüren standen die Agenten. Nach den Aufregungen der letzten zwei Tage konnte er endlich einmal eine Zigarre in voller Ruhe genießen. An der Grenze mußten sich ja die Coup-Küren öftnen. Bis dahin konnte er die Baronin sich selbst überlasten. Wozu ihr seine Gesellschaft aus drängen? Ein Verhör hatte, solange sic auf ita lienischem Boden sich befanden, keinen Zweck. Doktor Martens durchschritt nochmals den Gang, überzeugte sich, daß die Agenten Posto gefaßt und warf noch einen Blick durch den Vorhangspalt auf die regungslos dasitzende Frau. Dann schloß er seine Coup.'tür. Es war eine für diese Gegend ungewöhnlich kalte Wimernacht. Sie fuhren gerade über die letzten Vogen der Brücke, welche Venedig mit dem Festland verbindet. Rechts und links sah er noch die Aus läufer der toten Lagune, die im fahlen Lichte des Mondes nur m hr Tümpeln glichen. Das Geräusch der Räder veränderte sich. Man hatte die Brücke verlosten und das Festland erreicht. Der Märchen traum Venedigs zerrann. Durch die festgefrorenen Scheiben glitzerte noch einige Minuten ferner Lichter schein: dann lag dichte, undurchdringliche Finsternis über die weite Ebene gebreitet. Der gleichmäßige Singsang der Räder wirkte einschläfernd. Bald störte nichts mehr die Ruhe des Kommissars, der es sich in der Ecke bequem gemacht und mit zu friedenem Lächeln vor sich hinsah . . . In Treviso stiegen mehrere Personen zu ihm ins Coupe. Doktor Martens sah nach, wann der Zug in Pon- tafel eintreffen mußte, und '-auftragte die Agenten, ihn eine Viertelstunde vorher zu wecken. In dem warmen Coups und den weichen Samtpolstern war eine große Müdigkeit über ihn gekommen. Er wollte ein wenig schlafen. Seine Pflicht hatte er ja erfüllt, die Baronin be fand sich in seiner Gewalt. Doktor Martens schloß die Augen. In wenigen Minuten war er einqeschlummert. Er wußte nicht, wie lange er geschlafen, als ihn ein leichtes Rütteln an der Schulter weckte. „Es ist Zeit" raunte ihm der Agent Huber zu, „sie richtet sich auch schon zusammen." Der Kommissar rieb sich dag Restche" Müdigkeit aus den Augen und sprang ouf. Die Vorhänge d's Nachbarcoupes waren jetzt ganz zugezoqen. Man sah nur den Schatten der Frau, die augenscheinlich damit beschäftigt war, ihre Zachen für die Zollrevision herzurichten. Der Zug verlangsamte das Tempo Signallichter flogen an den Fenstern vorbei. Mit Geraste! aing's über Weichen. Ein langgedehnter Pfiff, und der Zug hielt. Die beiden Agenten waren die ersten, die aus stiegen. Sie postierten sich an den beiden Türen des Durchgangswaggons. Doktor Mariens blieb im Gange. Alle Couvstüren flogen auf. Die Reisenden eilten zur Zollrevision. Auch die Tür des reserv erten Coupes hatte sich geöffnet und ... der Kommissar prallte entsetzt zurück. Eine völlig fremde Frau mit dunklen Haaren und grauem Reisekleide trat auf den Gang. Woher kam plötzlich diese Fremd«? War die Baronin nicht allein gefahren? Oder saß sie noch im Coups? Die Fremde war, ohne den Kommissar anzusehen, zur Tür gegangen. Auf dem Wege richtete sie an einen Reisenden eine Frage. Der Agent Kraft ließ sie, wie andere Reisende, anstandslos vorbei. Doktor Martens drängte sich durch die Passagiere zur Schiebtür des Coupes und riß sie auf. Das Coups war — leer. Die Koffer lagen geordnet auf den Samtsitzen. Wie war das denkbar ...? Die Fremde, die eben jetzt den Waggon verlosten hatte, war doch nicht die Baronin selbst . . .? Aber nein! Das war unmöglich! Er hatte ihr Gesicht gesehen, ihre Stimme gehört! Es war gewiß nicht die Baronin. Also jemand, mit dem sie im Einverständnisse ge handelt hatte? Der Kommissar rannte zur Tür. „Wo ist die Fremde hin?" „Welche Fremde, Herr Kommissar?" fragte Huber. „Eine große, schwarze Frau — Mensch — strengen Sie Ihren Kops an — wir sind ihr ja aufgesessen — aufgeiesten!" schrie der Kommissar. „Herr Doktor — da san lauter fremde Leut' — ich weiß nicht, wen Sie meinen. Die Frau Baronin ist nicht vorbei'kommen." Der Kommissar eilte zum Zollbureau. Nichts! Er luchte die Restaurationsräume ab. — Umsonst! Die hohe schwarze Frau war nicht zu finden. . . . (Fortsetzung folgt.)
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