Volltext Seite (XML)
Pulsnitzer Tageblatt Bank-Konten: Pulsnitzer Bank, Pulsnitz und Commerz- und Privat-Bank, Zweigstelle Pulsnitz Anzeigen-Grundzahlcu in H/: Die 41 mm breite Zeile (Mosse'8 Zeilcnmesser 14) 1 mm Höhe 10 M, in der Amtshauptmamischaft Kamenz 8 amtlich 1 mm 30 und 24 E, Reklame 25 Tabellarischer Satz 50 °/° Aufschlag. — Bei zwangsweiser Einziehung der Anzeigengebühren durch Klage oder in Konkursfällen gelangt der volle Rechnungsbetrag unter Wegfall von Preisnachlaß in Anrechnung. Bis V-10 Uhr vormittags eingehende Anzeigen finden am gleichen Tage Aufnahme Das Pulsnitzer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung Der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft u. des Finanzamtes zu Kamenz des Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz sowie der Gemeinderäte Großnaundorf und Weißbach behördlicherseits bestimmte Blatt Erschein?^ jedem Werktag Im Falle höherer Gewalt, Krieg, Streik oder sonstiger irgend welcher Störung des Betriebes der Zeitung »der ider BesördcrungSeinrichtungen, hat der Bezieher keinen Anspruch Mif Lieferung -»der Nachlieferung der Zeitung oder auf Rück zahlung des Bezugspreises. --'Wöchentlich 0.60 E bei freier Zustellung'; bei Abholung wöcheiäÄch 0.50 AU;-durch die Post monatlich 2.40 »M freibleibend Fernsprecher 18. Tel.-Adr.: Tageblatt Pulsnitz Postscheck-Kvnto Dresden 2188. Giro-Konto 146 Hauptblatt und -älteste Zeitueeg in den Ortschaften der Pulsnitzer Amtsgerichtsbezirk? : Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Großröhrsdorf, Bretnig, Hauswalde, Ohorn, Obersteina, Niedersteina, Weißbach, Ober- und Nicderlichtenan, FriederSdorf, Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Kleindittmannsdorf GeschäfMMe: Pulsnitz, Albertstraße Nr. 2 Druck und Verlag vonE. L- Förste^» Erben (Inh. I. W. Mohr) Schriftleiterr Z. W. Mohr in Pulsnitz Nummer 182 Mittwoch, den 13. Juli 1932 84. Jahrgang Mmiimle AMU M Mm Wird das Abkommen überhaupt ratifiziert — Austiegen der Abrüstungskonferenz? Die internationalr politische Lage hat sich seit der Un- terzeichnuna Le, Vertrages von Lausanne schon wieder ernst lich -ugespitft Zn -es. letzten Tagen ist durch die Debatte um die Ratifizierung des Vertrages von Lausanne, durch die Verquickung Misch«, -Schuldenfrage und Tributfrage in London und Paris und i durch die Spannung auf der Ab rüstungskonferenz in Genf eine allgemeine internationale Spannung entstlutdrn. Selbst die in Lausanne in Aussicht genommene Wiri sch a s t s k o sferenz ist Gegenstand von Streitigkeiten. Nach den vorläufigen Absichten soll sie erst im Oktober oder November in London stattfinden. Zn den Vereinigten Staaten herrscht über die Ver quickung zwischen Schuldensrage und Tributfrage durch Frankreich «ud Sngland eine starke Erregung, die das Urteil Wer den Wert der Abmachungen von Lau sanne fast hat umschlagen lassen. Außer diesen diplomatischen Schwierigkeiten droht auch die Abrüstungskonferenz in ein außerordent lich Lvitlschns Stadium zu geraten. Die verschiedene« Delegationen bemühen sich unter der Füh- rung des tschechischen Außenministers vr. Benesch eine Vertagung der Abrüstungskonferenz herbeizuführen. Man will eine allgemeine Entschließung einbringen, die den Ein- druck erwecken soll, als ob die Abrüstungskonferenz Erfolge gehabt habe, und dann die Konferenz möglichst bis nach den amerikanischen Wahlen vertagen. Die deutsche Delegation hat verliLNgt, daß in der Entschlie ßung die geringen Ergebnisse der Äbrüstungsverhandlungen festgehalten würden und daß die Anerkennung der deutschen G l ei chb-e r e ch t i gm n g in die Entschlie ßung ausgenommen werbe. Man rechnet mit starkem Widerstand von französischer Seite und betont, daß, wenn die deutsche Gleichberechtigung nicht anerkannt werde, sich die deutsche Abordnung eine Er klärung über ihre weitere Teilnahme un der Abrüstungs konferenz Vorbehalten müsse. Undurchsichtiges Kuliffettspiel. Die Baseler Tributbank (DIZ.) steht in ihrer Geschäfts tätigkeit an einem Wendepunkt. Ihre wichtigste Aufgabe als Reparationsbank ist erledigt. Die BIZ. wendet sich nun, abgesehen von ihren Treuhänder-Obliegenheiten, ganz dem neuen Geschäftsverkehr zu. Die technischen Einzelheiten dieser 'Umwandlung sind nicht so einfach. Die langfristigen Dflichteinzahlungen der Gläubigerregierungen und Deutsch lands machen mehr als die Hälfte des mit 125 Millionen Frank emgezahlten Aktienkapitals aus. Sie sind natürlich wiederum langfristig angelegt. Mit der Ratifizierung des Lausapner Abkommens werden Liese gewissermaßen zum 'Betriebskapital gehörenden zinsfreien Summen zurückge- Hogen, und die Bank steht vor der Aufgabe, sie zu ersetzen. Eine neue Aufgabe erwächst der Bank mit der Ausgabe der 3 Milliarden Schuldverschreibungen. Das bedingt eine genaue Beobachtung des Anleihemarktes. Als Treuhänderin der Dawes- und Mung-Anleihe verlangt die BIZ. nun von der deutschen Regierung neue Bürg schaften für den Anleihe- und Zinsendienst, da durch den Wegfall des Young-Plans die durch die ungeschützten Annui täten usw. gebotenen Sicherheiten aufhören. Sehr beachtlich ist eine EntschließungderBIZ., die sich mit der Wiederherstellung der Goldwährung befaßt und in gewisser Hinsicht eine Fortsetzung der Lau- sanner Beschlüge darstellt. Die Vertreter der Bank von England haben dieser Entschließung zugestimmt. Die Un terschrift des Gouverneurs der Bank von England, Mon - tague Norman, unter die Baseler Erklärung über die Rückkehr zum Goldstandard, bindet England dabei sichtlich erneut an Frankreich und wird in London auf eine geheime Finanzzusage MacDonalds an Herriot als Preis für die Zustimmung zum Lausanner Abkommen zurückgeführt. Die Herausforderung Churchills im englischen Parlament läßt die neuen Verpflichtungen und Bindungen Englands an Frankreich vermuten. Churchill bezeichnet den Lausanner Pakt als das eintägige Wunder. Frankreich gibt neuen Veweis der Abrüstungssabotage. Daris. Die französische Kammer hat das Finanzpro- Yramm der Negierung verabschiedet. Bei den Beratungen ! über Sperrung der Kredite für die Reservistenübungen bis Ende 1932 nahm Ministerpräsident Herriot eine Haltung ein, die von entscheidender Bedeutung für die zukünftige Einstellung der Regierung sein dürfte. Entgegen allen Er wartungen wandte sich der Ministerpräsident scharf gegen die von den Sozialisten geforderte Abschaffung der Reservisten- Übung und stellte gegen ihren Antrag die Vertrauensfrage. Mit den Stimmen der gemäßigten Rechten erzielte er gegen Lie Sozialisten mit 360 gegen 179 Stimmen eine Mehrheit von 181 Stimmen. Bei der Abstimmung über die Gesamt- vorlage stellte-Herriot erneut die Vertrauensfrage. Er erhielt mit 305 Stimmen der Radikalsozialisten, der Links radikalen, der Unabhängigen Linken und der Gruppe Flan- brn gegen 172 Stimmen der Sozialisten und Kommunisten bei Stimmenthaltung von 125 Abgeordneten der äußersten Rechten eine Mehrheit von 133 Stimmen. Im Bewußtsein seiner Macht konnte Herriot es wagen, die Opposition in seiner eigenen Partei und die starke sozia- listische Fraktion, also den größten Teil seiner eigenen Mehr« HE, vor den Kopf zu stoßen, indem er, den Wünschen Paul- Boncours und der Rechten folgend, die Einschränkung der Reserveübungen ablehnte. Mit Recht konnte Paul-Boncour daraufhin den geringfügigen Abstrichen im Heeresetat zu- stimmen. Sie sind in der Tat keine Beeinträchtigung der „Sicherheit", will heißen der militärischen Machtmittel Frank reichs. Frankreich hat damit einen neuen Beweis seiner A b- r ü stun gs s a b otage geliefert. MacDonald Aber die politischen Fragen In semer Erklärung über Lausanne beschäftiglc sich MacDonald auch mit den politischen Fragen und sagte: Wir müssen noch die aus dem Kriege übrig geblie bene Atmosphäre verscheuchen. Deutschland muß als eine Nation mit Selbstachtung betrachtet werden und als eine Nation, die im Rate der Völker befragt werden muß,, deren Rat anaenommen werden muß, wennn er weise ist. ' Das Neichskabinett trat am Dienstag wieder zu einer Sitzung zusammen. Auf der Tagesordnung stand der konstruktive Aufbauplan. Dieses Wiederaufbau programm der Reichsregierung wird im großen und ganzen auf folgenden Gebieten Maßnahmen enthalten: Ländliche Siedlung und vorstädtische Randsiedlung. Arbeitsdienst und Arbeitsbeschaffung. Allgemeine Mirtschaftsmaßnahmen. Das Reichskabinett will die Verhandlungen soweit fort führen, daß der Reichskanzler dem Reichspräsidenten bestimmte Vor schläge für den Inhalt einer Notverordnung machen soll, die bald nach der Rückkehr des Reichskanzlers erscheinen wird. Die Bestimmungen über den freiwilligen Arbeitsdienst sehen in gewissem Umfange eine Ver bindung mit dem Problem der Beschäftigung der Arbeits losen vor. Das sogenannte große Arbeitsbeschaf fungsprogramm wird bis zur Abreise des Reichs kanzlers nach Neudeck nicht fertiggestellt sein. Als einer der Hauptpunkte des Wiederaufbauprogramms der Reichsregierung ist zweifellos die Ausdehnung des freiwilligen Arbeitsdienstes anzusehen. Inzwischen hat das Reichsarbeitsministerium einen entsprechenden Entwurf, der dem Reichskabinett als oder abgelehnt, wenn er nicht weise ist, genau so wie es bei jeder anderen Nation der Fall ist. Deutschland muß in den Rahmen der normalen Be ziehungen zwischen den Völkern wieder eingefügt werden. Ich freue mich, sagen zu können, daß Lausanne uns näher an Frankreich, Frankreich näher an Deutschland und Frankreich und Deutschland näher an uns Engländer ge bracht habe. Noch gebe es Mißverständnisse. „Wir werden weiter arbeiter", so schloß MacDonald, „miteinander zu sammenarbeiten und unsere Hilfe in den Dienst des Friedens stellen. Die Arbeit hat eben erst angefangen. Die Abrüstung eröffnete neue Wege — sie mögen sehr breit sein! Ich bitte das Haus, mir und meinen Minister kollegen die herzlichste Zustimmung zu geben." In der Aussprache über die Erklärung MacDonalds brachte Lansburry die Freude der Opposition zum Ausdruck, daß endlich ein Abkommen zustandegekommen sei. Er hoffe und glaube, daß das große Volk der Ver einigten Staaten den Unterzeichnermächten bei der Durch führung helfen werde. Eine völlige Bereinigung der Be ziehungen zwischen Mitteleuropa und Frankreich werde nicht eintreten, solange man nicht an die politischen Fragen herangehe und solange man nicht der schrecklichsten jemals erhobenen Anklage ins Gesicht sehe, daß die deutsche Nation allein sür den Krieg verantwort lich sein soll. Lansburry fragte dann den Schatz kanzler, ov Vorschläge schwebten, England zum Gold standard zurückzubringen. Hierauf antwortete Neville Chamberlain, er zögere nicht, sofort zu sagen, bei der englischen Regierung bestehe nicht die Absicht, jetzt oder in unmittelbarer An kunft zum Goldstandard zurückzulehren. Das Interesse des Hauses wandte sich dann der Rede Lloyd Georges zu. Der Grundgedanke sei gewesen, daß eine völlige Bereinigung stattfinden solle. Er habe ver sucht, dies schon vor zehn Jahren zu tun. Wäre dieses 1922 geschehen, wie anders würde die Welt heute aussehen. Er glaube, daß England die völlige Reparationsstreichung hätte erreichen können, wenn es gewollt hätte. Es würde darin von Italien und evtl, auch von Belgien unterstützt worden sein. Selbstverständlich wäre auch Deutschland ein verstanden gewesen und er glaube nicht, daß Frankreich eine isolierte Stellung hätte einnehmen können. Lloyd Georges zog dann Bemerkungen des „Malin" über das Gentleman-Abkommen heran und fragte: Wußte der deutsche Reichskanzler, als er den Lausanner Vertrag unter zeichnete, daß noch ein anderer Vertrag eingegangen wor den sei, der die ganze^Sache wirkungslos machen könne? Wurden die Bedingungen dem deutschen Reichskanzler mitgeteilt? Wortlaut des Lausanner Vertragswerls veröffentlicht Der Vertrag von Lausanne, der in allen seinen Teilen bereits bekannt ist, ist nunmehr auch im Wortlaut der Öffentlichkeit übergeben worden. t Erörterungsgrundlage dient, zugeleitet. Dieser Entwurf I enthält als Hauptgrundsätze die Hinweise darauf, daß der Arbeitsdienst freiwillig, zusätzlich und gemein- l nützig sein müsse. Er sieht weiter vor, daß der Präsident der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosen versicherung, Or. Syrup, die oberste Leitung des Frei willigen Arbeitsdienstes erhält. Die Einschaltung der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung ist in dem Entwurf aus dem Grunde vorgeschlagen worden, um den Aufbau eines neuen Apparates, der Kosten verursachen würde, zu vermeiden. Schließlich findet sich noch in dem Entwurf des Arbeits ministeriums der Vorschlag, das Alter der im Ar beitsdienst Tätigen grundsätzlich bis zum 25. Le bensjahr vorzusehen. Diese Bestimmung würde bedeu ten, daß über die Verordnungen vom Juli vorigen Jahres und vom Mai dieses Jahres hinaus der Personenkreis er heblich ausgedehnt wird. Wahrscheinlich wird der Reichsinnenminister Freiherr v. Gayl mit dem Reichskanzler nach Neudeck fahren und den Vortrag des Reichskanzlers beim Reichspräsidenten über die innenpolitische Lage ergänzen. Ac NMeiiW Ser MW MMm«