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WSchenMck «xsckeinxn drei Nummxrn. PrZnumkraiwn«, Preis 22^ Sgr. sj Tdlx.) vierteljährlich, 3 Tdlr. für da« ganze Jahr, ohne Er höh u»a, in allen ^heilen der Preußische» Monarchie. für die Man »rinumerirt aus diese« Literatur-Blatt in Berlin in der Expedition der ÄUg. Pr. StaatS-Zkitung (FriedrichSstr. Rr. 72); in der Provinz so wie im Auilande bei den WohllSbl. Poft-Äemtern. Literatur dcs Auslandes. 156 Berlin, Montag den 28. Dezember 1849. E n g l a n d. Das Jesuiten-Kollegium zu Stonphurst in Llanrashirc. Es ist gewiß ein Phänomen, das einiger Aufmerksamkeit wertd ist, baß vie Jesuiten inittkli un streng pcvtcstautifchin Engtauv inl lptcn Jahrhunderte ein Kollegium gründen konnten, welches sich ausgebrcitete Besitzungen erworben, in großem Ansehen steht und Prosclpten macht. Die Mitglieder dieses Ordens, der wegen seiner lrltencu Gewandtheit, seiner BerstellungSkunst und weg,» seiner Talente so gefürchtet wird, schrei, sich im Schoße des glühendsten Liberalismus, unter dem argwöhnischen und eifersüchtigen Auge der protestantischen Sekten fest, als wäre cs mitten in Spanien und mitten im I7ten Jahrhundert! Gewiß, ein Besuch bei dieser geist- liehen Kolonie zu Stouphurst mußte belohnend scpn. Ich war be gierig, zu erfahren, welcher Mittel sich diese VerstellungSkünstlcr bedienen, welche Grundsätze stc offenbaren, welche Spmpathicen sie wecken, ober wenigstens, welche Beziehungen sic ausfindig machen konnten, uni eine Bevölkerung zu gewinnen, die sonst nur für reli giöse Freiheit und für Freiheit in jeder öffentlichen und häuslichen Thätigkcit begeistert ist. Wir benutzten unsere Erkursivn nach dem nördlichen England zu einem Abstecher nach dem berühmten Etablissement. Wir gingen über Biackbnrn, indem wir der Straße folgten, welche fast io lEngl.) Meilen durch vas Nibblesthal führt. Stonphurst liegt drittchalb Mcilcn von Blackburn. Als sieb dieses NibdleSthal, eincs'dcr schönsten Thaler in England, vor uns öffnete, erblickten wir im Hintergründe Stonphurst, welches hinter Bäumen heroorragte. Das Gebäude bot einen edlen und großartigen Anblick dar, ganz würdig der male rischen Lage. Ein Jesuit sagte uns später, baß ein herrlicher Fuß pfad aus chur 7 Mcilcn durchs Thal nach Stonphurst führt: die große Straße macht viele Krümmungen, so daß mau IO Mcilcn zu gchcn^ Hai. Inzwischen wird Niemand versucht scpn, den Weg zu lang zu finden; dcun man findet so leicht keinen angenehmeren. Sobald mau die ersten Schritte in dem reizenden Thalc zurückgelegt hat, erblickt man vor sich Stonphurst, zur Linken aber Ribchester, einst eine berühmte Römische Kolonie. Nordöstlich erhebt sich das Schloß Clitheroe auf einem steilen Hügel. Beim weiteren Vordringen zeigt sich auf der einen Seite der Fluß Nibble, der dem Thalc den Namen giebt, während auf der anderen Seite Gebüschc mit umzäunten Land häusern abwechseln. Weiterhin erscheinen die Ruinen von Whallep- Abbev, welche die ncbclvollcn Gipfel von Pendle-Hill übersteigen. Diese Ruinen, mit welchen unS die von Doktor Whittaker verfaßte Geschichte so vertraut gemacht bat, sind noch sehr bedeutend. Nachdem wir cine Brücke überschritten hatten, schlugen wir den Weg nach Stonphurst rin, indem wir Krümmungen machen Mußten, die uns gewissermaßen wieder rückwärts sübrten. Die Wiesen waren voll lebendigen Grüns und Blumen. ES war am 2p. Juni. Bei jedem Schritte halte» wir Gelegenheit, die Fruchtbarkeit und die Schönheit der umgebenden Hügel zu bewundern, und in der Ferne vic mit Waldungen geklönten Bergk, welche den Horizont säumten. Zur Linken stieg zwischen üppigem BaumwuchS das Güt Klcm- Milton aus, cincr jener alten reizende» Landsitze, an eenen Lancashire reich ist. Dieses Klein-Milton Hal eine merkwürdige Gemälde- Sammlung auS ter Jeit Hcinrich's VIII., und man findet sie bei Whittaker beschrieben. Wir kamen bald darauf nach Groß-Milton ovcr, wie cs gewöhnlich heißt, Milton, dessen Lage eben so merk würdig als angenehm ist. Es nimmt die Weltspitze von Yorkshire ein, zwischen dein Ribble und dem Holder, gerade cine kleine Strecke vor ihrer Bereinigung. Man kann Milton nicht paffircn, ohne die kostbaren Allcrthümrr zu bewundern, bic cS cinschlicßt. Die be. rühmte adelige Familie per ShcrburncS hat ihre Ahncngrust in diesem merkwürdigen Dorfc. Eilen wir jetzt von dem Orte, wo die Graber der Shcrburnes find, nach Stonphurst, wo diese Familie einst lebte. Im Jahre 1794 war es, wo daS prachtvolle Gebäude Stonp hurst gewählt wurde, das Lokal für ein Römisch-katholisches Kolle gium zu bilden. °) 3» Folge der Proskriptionen der Französischen Revolution wurden die Leiter von Lüttich, ihrer früheren Nieder lassung, verjagt, und stc entschlossen sich, in England ein Aspl zu '> Man vergleiche die vor kurzem erschienene „Geschichte ter Grafschaft Lancachcrk" von Batne». suchen, wo die Strenge der Gesetze gegen die katholischen Scminarien nachgelassen halte. Sie nabmcn die ganze Besitzung auf cine sehr lange Zeit in Pacht und schickten sich an, die Gebäude, die in einem Zustande schrccklichcn Verfalles waren, wiedcrhcrzustcllen. Neue Bauten, der jetzigen Bestimmung vortrefflich angemessen, wurden aufgciührt, ohne oäß Kosten gescheut worden wären, und das ganze Gebäude ist wegen seiner Lage, wie wegen seiner imposanten Größe, gleich merkwürdig. Die oberen Et;gcn cntbaltcn kic Zimmer für die Zöglinge, deren jeder niu eigenes bat. Ja ocr erste» Etage wohnen die Pro fessoren unk Lehrer, und darunter befinden fick die Wohnungen dcs Präsidenten und der Direktoren, der Studiensaal und die philo sophische Klasse. Ersterer ist 78 Fuß laug und 20 breit und enthält Tische und Bänke für 220 Schüler; jrvo» ist die jetzige Schülcrzahl nicht so gioö. I» der Milte erhebt sich eine Art von Thron, wor auf der Aufseher der Kiudcr sitzt, der von hier auS alle zugleich mit seinem Blicke beherrscht. Die Kinder dürfen kein Wort unter sich wechseln. Der Saal sür die Philosophie hat 48 Fuß Länge und 33 Brcitc. Seine Verzierung ist schr reich. Man sicht dort mit vieler Ordnung verschiedene Instrumente ausgestellt, die zu Erperimentcii und zu Erklärungen in der Naturgeschichte nöthig sind. Am Kranze deS KaminS ist ein schönes Bild von Annibale Carracci, welches die Abnahme vom Kreuze darstcllt. An diesen Saal stößt ein Zimmer, wo die Arbeiten der Zöglinge ausgcstcllt werden. Die Bibliothek im ror-üo-c:Mm.--.-cLt- ist schön , aber klein. Unter vielen kostbaren Werken enthält sie Handschriften, deren frühere Besitzer hohe und berühmte Personen waren; ;. B- daS Gebetbuch der Ge mahlin Hcinrich's VIl. und ein Meßbuch der unglücklichen Maria von Schottland. Auch befindet sich cine Handschrift dort vom Evangelium Johannis aus dem 7tcn Jabrbunvcrt sk), das man im Grabe dcS heiligen Cuthbert sand. Zwci Skulpturen aus Elfenbein, eine Kreuzigung von Michel Angelo und ein Behälter mit Medaillen von Päpsten re. zeichnen sich noch besonders aus. Zwischen den zwei westlichen Flügeln ist das Museum. Unter den interessanten Gegenständen seines Inhaltes bemerken wir den Stuhl Jakob's ll., den Armstnhl Zcnelon'S, die gestickte Faltenmützc dcs Sir Thomas More. Es besitzt auch manche schöne heilige Ge säße, Kreuze und transatlantische Seltenheiten, von C. Watcrton dargcbrachr, cinc artige «ammlmig von Mineralien und Muschel», verschiedene Abdrücke von Bronze und Gips auS den Zeiten der Cäsaren und der Apostel. Auch eine Kommode, deren sich Christine von Schweden bedient hat, ist da. Uebrigens sind die Schätze dieses Museums nicht genug bekannt; cS muß sebr reich an Römischen Antiquitäten scpn, da die Ruinen der Römischen Kolonie Ribchester in der Nähe sind. So hat man erst neulich auf einem benachbar ten Pachtbofe unter Trümmern und Schutt einen Römischen Altar entdeckt; cr schmückt ictzt den Garten zu Stonphurst. Es ist dieser Altar wahrscheinlich dcrsAbe, welchen der ehrwürdige Camden im Jahre lün3 bei Ribchester sah. Er ist 33 Zoll hoch und 22 breit und trägt folgende, noch deutliche Inschrift: Dcr ErholungS-Saai der Professoren bildet cine herrliche Galerie von 90 Fuß Länge und 20 Breite; cr läuft mit dem Studien-Saal parallel. Der Herzog von Norfolk hat neue große Tapeten dazu ge schenkt. DaS Refektorium hat 60 Fuß Länge und 20 Breite. ES war ehemals dcr Ahnensaal dcr Shcrburnes. DaS neue Gebäude hat 3oo Fuß im Umfange und stößt an einen großen Hof und an Gärten, die mehr als zehn Acker Land umfassen. Das ist daS Lokal, wo der größte Theil dcr katholischen Kinder, sowohl adclichcr als bürgerlicher, erzogen wird. DaS herrliche Ge bäude mit seinen Thürmcn, Parks und Gärten ist ein Gegenstand des Stolzes für die Gegend. Die Aussicht von dort ist reizend und mannigfaltig. Im Osten die malerischen Thaler des Holder und Ribble, daS Schloß Clitheroe, welches einen steilen Berg krönt und die ungeheuren Massen des Pcndle. Im Süden erblickt man den ge schlängelten Lauf des Ribble in dcr Richtung nach Ribchester. Der größte Theil des Gebäudes aber ist nach Westen gerichtet, wo die Höfe und Gärten mit üppiger Vegetation sind. Im südlichen Winkel des Collcge's erhebt sich eine noch im Bau begriffene große Kirche, deren. Kosten zur Hälfte von der Anstalt, zur Hälfte durch Subscrip- tion bestritten werden. Der Stpl ist der Tudorsche; die Zeichnungen find von I. I- ShobS. Der Grundstein wurde 1832 gelegt. Der Charakter der ganzen Bevölkerung umher hat sich seit 30