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Nr. 44. XXXIII. Jahrgang. Wochenberichte Leipzig, 30. Oktober 1918. Handelsteil der Leipziger Monatschrift für Textil-Industrie Lz Zugleich: Wochenschrift für Spinnerei und Weberei. Handelsblatt Allgemeine Zeitschrift für die Textilindustrie Begründet 1884 in Leipzig. für die gesamte Textil-Branche. vormals „Die Textil-Zeitung“. Fachzeitschrift für die Woll-, Baumwoll-, Seiden-, Leinen-, Hanf- und Jute-Industrie, für den Garn- und Manufakturwarenhandel, sowie die Tuch- und Konfektionsbranche. Nachdruck, soweit nicht untersagt, nur mit genauer Quellenangabe gestattet. Organ der Sächsischen Organ der Vereinigung: Organ der Norddeutschen Textil - Berufsgenossenschaft. Sächsischer Spinnerei-Besitzer. Textil - Berufsgenossenschaft. Schriftleitung, Geschäftsstelle u. Verlag: LEIPZIG; Brommestr. 9, Ecke Johann>s-Allee. Herausgegeben von Theodor Martins Textilverlag in Leipzig. Fernsprech-Anschluß Nr. 1058. Telegramm-Adresse: Textilschrift Leipzig. Diese Wochenberichte erscheinen jeden Mittwoch und bilden den Handelsteil der „Leipziger Monat schrift für Textil-Industrie“. — Der Preis für die „Leipziger Monatschrift für Textil-Industrie“ mit den vierteljährlich erscheinenden „Sonder-Nummern“ und den Beiblättern: Muster-Zeitung und Mit teilungen aus und für Textll-Berufsgenossenschaften beträgt für das Deutsche Reich und Öster reich-Ungarn pro Halbjahr Mk. 8,—. Die „Wochenberichte“ können zum halbjährlichen Preise vonMk. 7,— für Deutschland u. Österreich-Ungarn bezogen werden. DieBezugs-Gebühreia sind im voraus zahlbar. Wenn ein Bezug spätestens einen Monat vor Schluß des Halb jahres nicht gekündigt wird, gilt derselbe als fortbestehend. — Die Ins er tion s-Geb ühr en be tragen pro Petitzeile (zirka 3 mm hoch und 54 mm breit) oder deren Raum einschließl. Teuerungs zuschlag 50 Pfennig. Bei Wiederholungen Rabatt nach Tarif. — Beilagen nach feststehendem Tarif. . Adresse für sämtliche Zuschriften und Geldsendungen: Leipziger MOüatSChrlft für Textil-IndUStrie. Leipzig, Brommestr. 9. Die Konjunktur nach dem Kriege. Von Dr. Oscar Stillich, Dozent an der Humboldt-Akademie in Berlin- (Schluß.) Nun ist aber das nominelle Niveau, auf dem die Summe der Löhne eines Landes basiert, in letzter Linie nicht allein entscheidend. Es kommt vielmehr darauf an, was die Lohnbezieher sich für ihren Lohn an Unter haltungsmitteln kaufen können. Ihre Lage wird bestimmt durch den Real- lohn. Die in Mark und Pfennig ausgezahlten Summen sind für die Beur teilung der Lebenslage nicht entscheidend. Wir müssen daher noch unter suchen, wie sich das Preisniveau nach dem Kriege gestalten wird. Vor allem sind es die Preise der wichtigsten Lebensbedarfsmittel, der Nahrung, der Kleidung und Wohnung, die die materielle Lage der Massen bestimmen. Der Preis der einzelnen Dinge wird natürlich nach dem Kriege sehr verschieden sein. Hier kommt es zunächst auf das ganze Preisniveau an. Es gibt Schriftsteller, die glauben, daß der hohe Preisstand der Kriegszeit seine Fortsetzung im Frieden finden wird. So sagt Steinmann-Bucher in seiner Schrift: Deutschlands Volksvermögen im Krieg (nebenbei bemerkt eine volks wirtschaftlich völlig in die Irre gehende Darstellung): .Für mich besteht kein Zweifel, daß nach dem Kriege eher eine Erhöhung als ein Sinken des Preisstandes eintreten wird“. (S. 87.) Andere glauben, daß die hohen Preise der Kriegszeit bald herunter gehen müssen. Aufschluß aber kann auch hier nicht eine bloße Vermutung, sondern eine auf theoretischer Grundlage auf gebaute Preislehre geben. Wie wir bereits zur Eruierung der Löhne die Lohnformel der klassischen Nationalökonomie heranzogen, so können wir hier zur Aufhellung der kommenden Preisentwicklung auch eine abstrakte Formel verwenden, die die Preise in ihrer Gesamtheit erfaßt. Diese Preisformel lautet: m. a. W., das Preisniveau der Güter eines Landes wird bestimmt durch das Verhältnis der Geld- zur Warenmenge. Diese Erklärung gibt uns in Ver bindung mit der oben erwähnten Lohnformel den Schlüssel für die Be urteilung der kommenden Konjunktur. Sehen wir von der Kompensations technik im modernen Zahlungsgeschäft ab und nehmen wir an, der zum Austausch der Waren dienende Geldvorrat beträgt, wie das jetzt im Kriege tatsächlich der Fall ist, etwa 20 Milliarden Mark; nehmen wir weiter an, daß diese Geldquantität in einer bestimmten Zeit zum Austausch einer Warenmenge von 10 Millionen Tonnen dient, dann beträgt der Preis einer Tonne Ware 2000 Mark. G = 20 Milliarden Mark, W — 10 Millionen Tonnen, p = 20 : 10 = 2000 Mark. Dieses Preisniveau kann auf doppelte Weise erschüttert werden, ein mal dadurch, daß sich G vermindert. Es ist schon früher darauf hingewiesen worden, daß- die ungeheure Geldmenge Schuld an dem schlechten Stande der deutschen Valuta, mit anderen Worten an der niedrigen Kaufkraft des Geldes, \oder noch anders ausgedrückt an dem hohen Stande der Waren preise trägt. Durch Herstellung der Goldfreiheit kann diese Papiergeld menge vermindert werden. Zwischen Papier und Gold besteht eine Wert differenz ein Disagio, das nur beseitigt werden kann, wenn Papier gegen Gold einlösbar gemacht wird. Wir bekommen dann ein niedrigeres Preis niveau. Unter der Annahme, daß die Geldmenge auf 10 Milliarden Mark ver mindert wird, würde sich das Preisniveau in diesem Fall folgendermaßen jyps+alfp’n • G = 10 Milliarden Mark, W = 10 Millionen Tonnen, P = 1000 Mark. also auf die Hälfte des früheren Standes von 2000 Mk. heruntersinken. Wir wissen heute noch nicht, ob die Reichsbank nach dem Kriege zur Wiederherstellung der alten Goldwährung die Hand bieten wird oder ob die Papiergeldwirtschaft den Krieg überdauern soll. Aber es läßt sich aus diesen Darlegungen doch erkennen, welch eminenten Einfluß der Frage der Geldpolitik nach dem Kriege zukommt und die industriellen Interessen vertretungen müßten sich mit dieser Frage viel mehr beschäftigen, als es bis her geschehen ist. Das Preisniveau kann aber noch durch ein zweites Mittel erschüttert werden, nämlich durch eine starke Steigerung der Warenproduktion. Je mehr den ungeheuren Geldmengen Warenmengen gegenübertreten, jemehr es der Produktion gelingt, die Kaufkraft des Geldes wieder zu steigern, destomehr wird der Preis der Waren zurückgehen. Es ist nur fraglich, ob es der Industrie möglich sein wird, in den nächsten Jahren die Erzeugung an Friedensgütern so zu forcieren, daß dieser Effekt eintritt. Die Kriegs erzeugung kann naturgemäß diese Wirkung nicht haben. Nur die Herstel lung von Gütern, die der produktiven Erzeugung und Konsumtion dienen, ist imstande, die Diskrepanz zwischen Geld- und Warenmenge zu vermindern und auf einen Ausgleich hinzuwirken. Aus dem Gesagten ergibt sich, daß das Problem keineswegs so ein fach ist, wie viele glauben. Es genügt nicht, um noch einmal das Beispiel der Schuhfabrik anzuführen, daß in der Bevölkerung ein großer Mangel an Schuhen vorhanden ist; es müssen auch die Mittel da sein, um sie zu kaufen und die Schuhe müssen Preise haben, die ihre Erlangung für die breiten Massen ermöglichen. Trotz der ganzen Wiederersatztheorie wird die Schuh fabrikation keine günstigen Zeiten erleben, wenn die Löhne unter das Kriegs niveau heruntersinken und ein Paar Schuhe 100 Mark kosten. Wir haben es hier mit einem unendlich komplizierten Problem zu tun. Tausende von Ursachen wirken zusammen, um eine bestimmte wirtschaftliche Situation zustande zu bringen. Aber in dieser bunten Mannigfaltigkeit sich kreuzender oder verstärkender Einflüsse ist es ein Moment, das entscheidend alle anderen überragt. Dieser Moment, von dem das Geschäft in der In dustrie und auch in der Landwirtschaft vorwiegend abhängt, ist, wie bereits angedeutet, die Kaufkraft der großen Masse. Sie wird bestimmt durch zweierlei. Erstens durch den Stand der Löhne und zweitens durch den Stand der Preise. Beide sind eng miteinander verquickt. Gibt es nach dem Kriege viel Kapital, dann wird der Lohn der Arbeiter und der Preis der Waren hoch stehen. Wird aber wenig Kapital vorhanden sein, dann wird das Lohnniveau in der gleichen Weise wie das Preisniveau unter Druck geraten. Entscheidend aber für die Kaufkraft der Massen wird sein, in welchem Verhältnis die Löhne zu den Preisen der wichtigsten Lebens bedürfnisse stehen und da ist es mehr als wahrscheinlich, daß auch in Zu kunft die Kleidung schwierig zu beschaffen und hoch im Preise stehen wird, ebenso wie es aus Verkehrs- und agrartechnischen Gründen nicht wahrschein lich ist, daß uns die Landwirtschaft dieselben Mengen an Lebensmitteln liefern wie früher. Auch der Wohnungsmarkt wird sich allem Anschein nach nicht günstig gestalten. Für die von der Industrie erzeugten Güter aber wird es zunächst darauf ankommen, sie nach ihrer Wichtigkeit zu klassifizieren und diejenigen, die wir am notwendigsten brauchen, am intensivsten zu bewirtschaften, ihre Pro duktion am stärksten zu forcieren, alles aber, was entbehrlich ist und keine Lebensnotwendigkeit darstellt und mehr oder weniger dem Lucus dient, dementsprechend zu behandeln. ODO Deutsche Treue. Treue war von jeher die hervorragenste Eigenschaft der Deutschen. Sie soll es auch in alle Zukunft bleiben. Sie müssen wir wahren, wollen wir uns nicht selbst aufgeben. Treue wollen wir unserem Vaterland halten, treu wollen wir stehn zu unserem Kaiser. Treu wollen wir unseren kämpfenden Heeren sein, durch Treue wollen wir ihnen unseren Dank für ihre ungeheuren fortgesetzten Heldentaten beweisen. Wie aber können wir das tun? Indem wir fortfahren, sie zu stützen durch Arbeit, durch feste, mutige, siegesgewisse Gesinnung, durch Opfer bereitschaft. Die deutschen Frauen haben nicht gezögert, ihren Opferwillen in der Tat umzusetzten. Sie haben gearbeitet so viel sie konnten und da, wo sie gebraucht wurden. Sie haben durch vier Jahre bewiesen, daß auch sie als ihre Aufgabe erkannten, für die Kriegsanleihen einzutreten. Denn nur durch ihren Erfolg werden unsere Krieger kraftvoll unterstützt. Das wissen wir, und darum werden wir nicht aufhören, für die Kriegsanleihe zu tun, was wir zu tun vermögen. / Die Aufforderung zur neunten Kriegsanleihe ergeht an das deutsche Volk. Wohlan, deutsches Volk, beweise Deine Treue. Und Ihr, deutsche Frauen, zeigt, daß Euer Wille zur Hingabe, Euer Glaube an Deutschlands große Zukunft unerschütterlich ist, zeichnet die neunte Kriegsanleihe. Paula Mueller. . n Vorsitzende des Deutsch-Evangelischen Frauenbundes. ***