Volltext Seite (XML)
Erscheint: «glich stütz 7 Uhr. Inserate «erden angenommen: »i« Abend» S,Sonn- tag» bi» Mittags 12 Uhr: Marienstraße Ist. Unzrig. in dies. Blatte staden eine erfolgreiche Verbreitung. Auflage: 13.000 Bxempt««. :eitag 28. J««k 18stst. Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Drobisch. Druck «>d SigeuHum der Herausgeber: Litpslh sr Reichardt. — Verantwortlicher Redacteur: Julius Ueschardt. ^löonuement: vierteljährlich 2« Ngr: bei unentgeldlicher Lie ferung iu'« Hau«. Durch die Äönigl. Post vierteljähttich 22Ngr. Einzelne Nummer» 1 Ngr. Inseratenpreise: Für den Raum einer gespaltenen Zeile: l Ngr. Unter „Einge sandt" di« Zeile 2 Ngr. Dresden» von 22 Juni — Wie wir hören, wird I. Maj. die regierende Königin sammt hoher Familie bei Reginsburg eine Billa beziehen, die ihr von Sr. Maj. dem König von Bayern zur Verfügung ge stellt worden ist. - Wie man bemerkt, unternimmt I Maj. die verw. Königin ungestört ihre täglichen Promenaden. Norgeflern Abend nach 7 Uhr besuchte Hochdieselbe die Brühlsche Terrasse und wurde hierbei nicht nur vom einheimischen Publikum ehrfurchts voll und freudig begrüßt, sondern auch die dort promenirenden preußischen Officiere erwiesen Ihrer Majestät die militärischen Honneurs. — Für den Verein zur Pflege verwundeter und erkrank ter Soldaten Hierselbst hat bekanntlich Frau Direktor Odenthal die Güte gehabt, sich einer Hauscollccte zu unterziehen. Da nun viele mildthätige Herzen derselben Beiträge von Leinwand, Bettwäsche, Bekleidungsstücke und Victualien zugesagt haben, so ergebt an solche hiermit die freundliche Bitte, diese Sachen gefälligst der Frau Direktor Odmthal lSporergasse Nr. I drei Treppen) zuzusenden, von wo aus sie dann weiter be- förvert werden. — Immer bunter und bewegter entwickeln sich die mili tärischen Bilder in der Residenz, wie außerhalb derselben. Immer ist cs die alte Elbbrücke, die an ihren Enden vom Publikum belagert ist, gleichviel, wie viel Grad die Sonne an Hitze spendet. Die Truppen ziehen mit klingendem Spiel herüber und hinüber, auf den Trottoirs läuft das Geschäftspublikum nebenher. Droschken sind selten zu sehen, eben so sind die Dienstmänner aller Farben nur spärlich zerstreut. Laut Verordnung hat der preußische Civilcominissar den Materialwaarenhändlern anbesoh len, ihre Läden offen zu halten, damit die Soldaten ihre Be dürfnisse an Tabak kaufen können. Während die Truppen die Stadt durchziehen, laufen Frauen und Kinder mit Blech kannen nebenher, um den Soldaten einen frischen Trunk zu reichen. Die Soldaten begrüßen sich beim Begegnen, sich schnell die Hände reichend — wer weiß ob sie sich Wiedersehen. Hier und da kommen noch Ssmmerbewohncr von den Dörfern herein, mit Kisten und Kasten auf schwankenden Wagen, eben so rollen elegante Equipagen durch die Stadt, den Bahnhöfen zu; was früher die Herrschaft nicht gestattete, jetzt sitzt der Bediente neben dem Fräulein, die Gouvernante neben der Gräfin und Köchin. Wir geben diese Bilder bloS in Umriffen, da ganze Bogen nicht hinreichen würden, Alles im Einzelnen und geordnet zu bringen Die Landwehr mit dem weißen Kreuz auf dem Käppi scheint ihrer Kleidung nach nicht große Fußmärsche gemacht zu haben. Neugierig fragen die einzelnen Soldaten aus Reih und Glied heraus daS Publikum, was das und das für ein Gebäude, für eine Statue sei. Ein Husar fragte, als er an der Statue August des Starken in Neustadt vorbciritt, wer der „Ritter" sei. „August der Starke!" schrie die Menge und „August der Starke!" ertönte es durch die Reihen. Auf den Marketender- wagcn liegen die buntesten Gestalten, aus deren Mitte hier und da ein Affenpinscher oder Pudel herausguckt, sich sehnsüchtig nach seinem Herrn umsehend, der voran in Reih und Glied marschirt. Andere Pinscher laufen direct neben ihrem Herrn her, müden, gesenkten Kopfes. Selbst auf einem Protzkasten der Artillerie saßen zwei weibliche Marketender, je 60 und etwa 20 Jahre alt, mit verbräuntem Gesicht und bunter Toilette. Hundegeschirre, beladen mit Bier, Schnaps, Brod und Wurst ziehen hinter dm Depots her. Interessant war die Erscheinung des kathslischen Feldgeistlichen zu Pferde, in langem schwarzen Talar, mit Sporen auf schmuckem Roß. Er ritt dicht neben dem Commandirenden her. Andere Geistliche folgten zu Wagen, eben so sehr viele Aerzte. Auf den Lastpferden schwanken die gefüllten Körbe, der Führer marschirt nebenher. Der protestan tische Feldp*ediger folgte zu Wagen. Das Publikum bewundert die bunten Uniformen, namentlich derUhlanen, Kürassiere, Hu saren und Dragoner. Dm Schluß eines Zuges bildm gewöhn lich die Feldpostillone zu Pferde, die Aerzte, die Diener mit ihren Reservepferden. Am Mittwoch gegen Abend bot die Pill- nitzerstraße, die große Ziegelgaffe, Amalienstraße, der Pirnaische Platz, Lie Landhausstraße ein lebendiges Bild. Die Soldaten, an der Spitze ein Offizier und hinter ihnen her Bretwagen, leere Kohlenwagen, auf die Wurst, Fleisch, Brod, Bier geladen wmde, was mit und ohne Begleitung eines Wohlfahrtsauf sehers aus dm Häusern und Läden gegm Ausgabe von Bons, die leider manchmal bloS mit Bleistift geschrieben warm, geholt wurde. Leider sollen dabei auch aus einigen Geschäften Waarm ohne Bezahlung und ohne Bons mtnommm worden und dies die Veranlassung zu Collisionm gewesen sein. Einige Bäcker schloffen ihre Läden, namentlich die der Pillnitzer- straße, weil sie nichts- mehr hattm. Die sogmanntm Büb chen schlossen sich ebenfalls. Spät Abends schwankten noch zwei große Ochsen, von Soldatm geführt, die große Meißner- i gaffe herein den Neuflädter Kasernenhöfen zu. ES war wohl I ihr letzter Weg. Die Militärpferde sind die Brücken nicht ge wöhnt, sie gleiten auf den glatten Steinen aus, die Reiter müssen fest im Sattel sitzen und genau Acht geben. Viele hiesige Pferde und Wagen werden requirirt zum Transport der Fouragen. Vor dem Pillnitzerschlag liegen die Truppen, die Gewehre sind zusammengestellt, die Helme hängen oben darauf. Die Soldaten lagern im- Korn, rauchen, singen, spielen Karten, unterhaltm sich miteinander und mit dem vorübergehendm Publikum. Das Getreide, noch nicht reif, bietet eine sehr kühle Lagerstatt. Für die Pferde ist provisorisch Stallung im Kornfelde aus schon früher daliegenden Bretern gebaut. Am Mittwoch wmde ein fein gekleideter Herr, angeblich ein Maler, von drei Soldaten arretirt und nach dem Großen Garten geführt, wo er sich zu verantworten hatte. Er hatte gezeichnet in der Nähe des Pill- nitzer Schlages und erklärte seine Handlungsweise für eine „harmlose", er mußte aber mitgehen. Eine alte 60jährige Frau, kleine Ziegclgasse 16 wohnhaft, mit eisgrauen Haaren, lag neben den Soldaten im Getreide, von Krämpfen befallen, in schreck lichster Situation, erstarrt, mit Gischt vor dem Munde, lallend, die Augen verdrehend. Die Soldatm bettetm sie ins Korn und halfen ihr, so gut sie konnten. Bewohner der Villen in der Nähe, namentlich Damen, eilten mit Wein, Semmel und Zucker herbei, um sie zu stärken. Man schickte nach der Polizei und den Ihrigen, um sie forttransportiren zu lassen. Sie erholte sich später. Was hat die alte Frau dort zu machen? Leider treiben sich auch viel kleine Kinder in der Menge herum es wäre doch gewiß Sache der Eltern, solchen Unfug zu verhüten — In Einquartierungs-Angelegenheit ist von mehreren Seitm die Anfrage an uns geschehen: warum auf dem Ein quartierungs-Billet nicht, wie früher- der Name des Quartier- gebers angegeben werde, sondern einfach nur Straße, Haus nummer und Etage — Die Aenderung hat gerechten Grund und ist nur löblich zu nennen, indem viele Personen seit Ostern die Wohnung gewechselt, was natürlich dem Quartier-Amt nicht immer bekannt sein kann. Hinsichtlich dessen trat mehr> mals der fatale Umstand ein, daß ein Soldat ein Quartier- billet auf einen Herrn A. oder Herrn B. bekam der nicht mehr die angegebene Wohnung inne hatte. Man wieß den Solda ten nun in dessen Logis und so kam es vor, daß so ein er müdeter und sich nach Ruhe sehnender Militär erst noch stun denlang herumlaufm und Nachfragen mußte. Also mit dieser Aenderung hübsch einverstanden erklärt und nicht raisonnirt, sonst —! — Vorgestern Nachmittag fluchteten viele Bewohner der Pirnaischen Vorstadt, der Wiener-, der Beust-, der Sidoniew > nd der umliegenden Straßen mit Familien und sämmtlichem Hausgeräthe nach der inneren Stadt. Es war ihnen preußi- scherseits angesagt worden, daß sie sich auf einen Sturm ein zurichten, auch mit Wasser zu versehen hätten. .Eine Bestätig ung dieser unheildrohmden Botschaft gaben die rings um die Stadt aufgefahrenen Batterien. Glücklicherweise ist es nicht so weit gekommen und gestern bereits räumten die etwas beruhig ten 2 ewohner ihre Möbel wieder in die verlassenen Wohnungen. — Der Omnibusverein nimmt heute seine Fahrten wie der auf. — In der am Montag gezogenen 1. Claffe 70. Landes- Lotterie fielen auf Nr. 10392 10,000 Thlr., auf Nr. 18369 5000 Thlr, auf Nr. 7245 2000 Thlr, auf Nr. 10669 und 30758 1000 Thaler. — Gestern Nachmittag bemerkte man von der Brücke ober halb Loschwitz zwei bedeutende Waldbrände in der Dresdener Haide. Ob dieselben aus Fahrlässigkeit entstanden oder stra tegischr Gründe Vorlagen, wissen wir nicht. Wmn wir über Manches Andere, was hier und in der Umgebung geschieht, nichts bringen, so werden unsere geehrten Leser sich die Gründe leicht denken können. — In der vorvergangenen Nacht gegm halb 12 Uhr ist auf der großen Plauenschenstraße ein dort befindliches Wasch haus in Brand gerathm, in Folge dessen der Dachstuhl ab brannte. Einem weiteren Umsichgreifen des Feuers wurde durch die Turnerfeuerwehr Einhalt gethan. Der Brand dauerte reich lich eine halbe Stunde. Die Sturmglocken signalisirten zwar das Feuer, trohdem lief diesmal ganz ausnahmsweise nur ein kleines Publikum an Ort und Stelle zusammen. — Die königlich preußische Schloßwachmannschaft ist dem Vernehmen nach auf die Dauer ihrer Function von dem kö niglich sächsischen Hosmarschallamt mit Frühstück, Mahlzeiten und Tischtrunk versehen worden. Ein Gleiches geschieht mit dm im königlichen Hofstall an der Ostra-Allee eingelegtm Mannschaften. — — Die „Kölnische Zeitung" schreibt unterm 18. d. M. i Dkm tag): Wie soeben gemeldet wird, ist es bei Friedberg zu erst zum Schlägen gekommen. Es wird darüber aus Binger brück mitgetheilt: „Bingerbrück noch ruhig. Nach eingezogenm Erkundigungen sind Mainz und Frankfurt mit feindlichen Truppm überhäuft. Wüittemberger gingen diese Nacht mit vier Extrazügen nach Mainz. Das vierte Darmstädter In fanterie-Regiment ist bei Friedberg zwischen .Frankfurt und Gießen) von den Preußen fust gänzlich aufgeriebm und aus einander gesprengt." Friedberg, wo der erste Zusammenstoß zwischen Preußen und Darmstädtern erfolgte, liegt in Ober- Hessen in der Wetterau an dir llsb ich in der Nähe der Höhe; es ist die alte Reichsstadt mit der schönen gothischen Kirche. Die Stadt hat etwa 5000 Einwohner mit betriebsamen länd lichen Gewerben. In der Nähe die Burg, worin jetzt da» Seminar, eine Taubstummen Anstalt u. s. w. — Die „Köln. Ztg" bringt folgenden orientirenden Ar tikel: Das Einrücken oer Preußen in Sachsen erfolgte auf vier Punctm zugleich. Die Eisenbahn, die die Nordgrenz« von Sachsen entlang von Leipzig nach Dresden und von dort biß Bautzm und Zobtitz zieht, schneidet die Flußthäler der Pleiße (Leipzig), Mulde (Wurzen), Elbe (Strehla, Riesa, Meißm und Dresdm), Röder (Großenhain), Spree (Br. dis sin- und Neiffe (Zittau). Die Besetzung dieser Eisenbahn, die auf der West seite nach Halle, auf der Ostseite nach Görlitz (Breslau) weist, erfolgte am 15. Juni gleichzeitig auf vier Punkten: bei Wur zen am linkm Ufer der Mulde, bei Strehla am rechten Ufer der Elbe, bei Zittau an der Neiffe und bei Lübau am Knoten punkte der Linie, die von Zittau nach Görlitz im Osten und nach Westen nach Dresden führt. — In Nachstehendem geben wir den Bericht eines Au genzeugen über das Einrücken der Preußen in Riesa. Der selbe fuhr am 15. Abends, da weder ein Zug nach Leipzig, noch auch ein Dampfer nach Riesa abgefertigt wurde, per. Bahn nach Meißen, miethete dort ein Geschirr nach Riesa und erfuhr da, daß man das Ein.ücken der Preußen stündlich er warte. Die Bahn war von Riesa bis Pristewitz dadurch un fahrbar gemacht worden, daß man die Weichen und die soge nannten Schwanzstücke die Gabeltheilung der Schimen, wo sich zwei Geleise kreuzen) entfernt hatte. Ferner waren zwei Brückenbögen (jedoch nicht im Strome, sondern am Ufer) zum Verbrennen vorgerichtet Pionniere hielten die Brücke besetzt. Als nun die nach St . ehla vorgeschobene Vedette mit der Nach richt ansprengte, daß jene Stadt soeben besetzt worden und Husaren ihr auf dem Fuße folgtm, setzte man die der Ver nichtung geweihten Bogea sofort in Brand, während das Bahnhofspei sonal mit Spritzen die übrige Brücke deckte. Die Pionniere begaben sich dann auf einem bereit liegmdm Dampfer nach Meißen. Wmige Minuten nach ihrem Abzüge erschienen die preußischen Husaren, welchen später Infanterie- und Artillerie folgtm. Material und Caffen der Chemnitz- Riesaer Staatsbahn wurden, soweit nicht schon gerettet, mit Beschlag belegt, die der Leipzig-Dresdner Bahn dagegen als Privateigcnthum respectirt. Dagegen wurde d e Mlafsung eines Zuges nach Leipzig zur Zurückführung der hingeeilten höheren Bahnbeamten und des abgeschnittenen Fahrpersonals vom Com mandirenden nicht gestattet. Es scheint jedoch bei der herr schenden Verwirrung gelungen zu sein, einige Wagen fortzu bringen. Als dieser Zug früh 2j Uhr die Wurzmcr Brücke passirte, fand er dieselbe bereits von Preußm besetzt, welche ihn aber unbeläftigt passiren ließen. — Der Anblick der Frauenkirche machte, wie deutlich wahr- zunehmm war, auf die gestern Morgen hier durchmarschirmden Truppen einen sichtlichen Eindruck, und die Zeiten des sieben jährigen Krieges mochten wohl bei Bielen, welche dessen Ge schichte gut inne haben, in Erinnerung kommen In diesem Kriege nämlich versuchte König Friedrich II. von Preußen ver gebens dieses schöne Bauwerk einzuschießen. - — Wie die nunmehr preußischerieits in ihrem Erscheinen unterdrückte „Leipziger Abmdpost" berichtet, hat in Leipzig in einer den 18. Morgms stattgehabten Session Bürgermeister vr.' Koch unter Hinweisung auf den Kriegszustand als erste Pflicht jedes Bürgers das treue Festhalten an unserm König und un- serm Sachsenlande hervorgehoben und ausdrücilich betont, daß jetzt jede Sympathie für das feindliche Preußen schweigen müsse. — Der Berliner „Publ." schreibt: Die Wiederherstellung der zerstörten Eisenbahnfireckm bis Bautzen ist auf 45,000 Thaler veranschlagt worden, zu deren Bezahlung die hier mit Beschlag belegten sächsischen Eisenbahnkaflen, welche zusammen nicht ganz zwei Thaler im Bestände hatten, freilich nicht aus- reichen. — Das Finanz-Ministerium hat dem Vereine zur Pflege verwundeter und erkrankter Soldatm allhier für die zwischen dem Vereinsdirectorium und den Provinzialvereinen, sowie zwischen ersterem und dm Lazarcthverwaltungm gewechselte Correspondmz, ingleichen für die Werth- und Paquetsendungen bis zum Gewichte von 20 Pfund, für diese jedoch nur im In land«, Portofreiheit bewilligt. Diese Sendungen sind mit dem Rubrum „Pflege verwundeter Soldaten betr." zu bezeichnen. — Unsere herrliche Zwingerorangerie befindet sich bekannt lich schon seit mehreren Wochen an ihrer Sommerstation im