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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.08.1900
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-08-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000810029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900081002
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900081002
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-08
- Tag 1900-08-10
-
Monat
1900-08
-
Jahr
1900
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Die Nachricht besagt nichts Geringeres als den Fall von Bang-tsun, des ersten und äußerst wichtigen Etappenortes auf dem Wege von Tientsin nach Peking, wo die Chinesen ihre Haupt stellung und starke Befestigungen hatten. Sie lautet: * Washington, S. August. Ein Telegramm des Generals Chaffee meldet, San Bang-tsnn am V. Ang ust genommen wurde. Tic Verluste der Amerikaner be trage» etwa scchszig Mann. Am 5. August (Sonntag) ist bis spät Abends bei Peitsang gekämpft worden; es ist also schon in der Nacht oder am 6. August in aller Frühe der Weitermarsck auf Aang-tsun angetreten worden. Dasselbe liegt in der Luftlinie circa 17 lcm von Peitsang entfernt. Da die Bahn sicher zerstört ist und der Fluß unpassirbar gemacht sein wird, mußte der Vormarsch auf der den Windungen LeS Peiho folgenden Landstraße unternommen werden. Es hätte nock der Eisenbahn damm in Betracht kommen können, aber, wie gemeldet wurde, war es schor» am Sonntag den Engländern und Franzosen hier, auf dem linken Peiho-Ufer, unmöglich, vorzudringen, da der Feind das Terrain unter Wasser gesetzt hatte. Es ist anzunehmen, daß die Ueberscbwcmniung sich auch weiter hin bis Jang - tsun erstreckt. Die Leistung der Ver bündeten wäre also, da eS sich doch um einen Weg von ungefähr 30 Kilometern und um ein zweifellos blutiges Gefecht bei Dang-tsun handelt, an diesem Tage eine ganz respectable gewesen. Merkwürdig ist, daß von einem Widerstand der Chinesen auf der ganzen Wegstrecke — eS waren doch noch vier Orte zu passiven — in dem Telegramm des amerikanischen Generals keine Rede ist; auch die übrigen Nationen werden nicht erwähnt. Man darf also auf weitere ausführlichere Nachrichten gespannt sein. Wir hoben schon einmal hervor, wie ungeheuer viel der chinesischen Regierung daran gelegen sein müsse, die Ge sandten aus Peking herauSzubringen, d. b. sie zum Abzug zu vermögen. ES ist ihr nicht gelungen, wie die folgende Meldung bestätigt: * Paris, 9. August. DaS Tclegramm, welches der Minister des f Auswärtigen Delcassd heute von dem französischen Gesandten in Peking Pichon durch Vermittelung des chinesischen Ge sandten erhalten hat, lautet folgendermaßen: Shanghai, L. August. Das diplomatische Corps ist soeben von der chinesischen Regierung in Kenntniß gesetzt worden, daß die Mächte zu wiederholten Malen verlangt hatten, wir sollten Peking unter Escorte verlassen. Sie bitte uns daher, die sür die Abreise zu treffenden Vorkehrungen zu regeln und das Datum der Abreise festzustellen. Wir antworten dein Tsung li Damen, daß wir unseren Posten nicht ohne Instructionen unserer Regierungen verlassen können, und diesen darüber berichten werden. Ich theile Ihnen mit, daß wir Peking nur verlassen werden, wenn die fremden Truppen uns holen. Diese Truppen müssen zahlreich genug sein, um für die Sicherheit eines Zuges von 800 Fremden — darunter 200 Frauen und Kinder und 50 Verwundete, sowie von über 3000 eingeborenen Christen —einzustehen, die wir nicht Lew Niedermetzelung aussetzen können. Auf keinen Fall könnte eine chinesische Escorte zulässig sein. Ich hoffe, daß mein Telegramm Chiffre Nr. 1 vom 3. August Ihnen übermittelt worden ist. — Wie die „Agence Havas" »neidet, hat .Telcasse dieses Telegramm nicht erhalten. Tie Tcntschcn im Gefecht bei Peitsang. Die deutschen Marinetruppen (2 Compagnien), welche bervorrazend in der Schlacht bei Peitsang am 5. August ge kämpft, sind, wie der Draht meldet, von CapitäiileutnanlPhilipp (Otto) befehligt. Derselbe war zweiter Officier auf dem großen Kreuzer „Hansa", dessen Capitän Pohl sich so hervor ragend ausgezeichnet und dessen 13 Personen starkes Officier- corps bei den ostasialischen Kämpfen bereits 3 ver wundete Officiere (Scklieper, von Zerssen, Pfeifer (Franz), zu beklagen hatte. Otto Philipp ist am 16. April 1883 »i» die Marine einzetreten und am 17. April 1886 Leutnant zur See geworden, er Hal als solcher zunächst die Marine schule besucht, ist dann zur I. Matrosen-Artillerie-Abtheilung gekommen, sodann finden wir ibn ans der damaligen Kreuzer fregatte „Moltke", welche zum Schulgeschwader gehörend, im Mittelmeer kreuzt. Am 15. April 1890 rückte Otto Philipp zum Oberleutnant auf, thut als solcher auf den Panzer „Württemberg", welcher damals Capitän zur See Tirpitz (jetzige Staatssekretär) befehligte, Dienst, darauf auf dem Torpedodivisionsboot 3 und wird hierauf zum Stab des Panzers „Baden" versetzt, und waS hervorgehoben zu werden verdient, als noch sehr junger Oberleutnant mit dem Kronen-Orden IV. Classe mit Schwertern decorirt. Welche außergewöhnliche Tbat er damals vollbracht, ist uns leider nicht bekannt. Später geht Oberleutnant Philipp nach Berlin zur Militärturnanstalt, als ältester Oberleutnant ist er dann wieder auf dem Schulschiff „Moltke". Am 16. November wird Oberleutnant Philipp Capitänleutnant, als solcher ist er zunächst Führer der 5. Compagnie der 1. Matrosendivision, sodann erster Officier auf dem kleinen Kreuzer „Greif". Mit der „Hansa" geht er dann nach Ostasien, um hier als Führer zweier deutscher Compagnien in der Schlacht bei Peitsang sich großen Ruhm zu erwerben und die deutschen Waffen mit unverwelklichcn Lorbeer zu schmücken. TaS Verhalten des Capitäns LanS bei Taku schildert ein Bericht der Wiener „Reichswehr", dem wir folgende Mittbeilung entnehmen: Der Com- mandant des „Iltis" wurde durch einen Splitter, der von einer 24-Ctm.-Granate, die in den „Iltis" vorne eindrang, am Panzerdeck jedoch abprallte und unter der Commando- brücke auS dem Schiffskörper wieder herauSging, sehr schwer verletzt. Der rechte Unterschenkel ist zer schmettert worden, an der rechten Hand verlor er vier Finger und das Wangcnfleisch rechts wurde ihm abgerissen. In diesem Zustande hing er an der Balustrade der Brücke und führte das Gefecht weiter. Der neben ihm stehende Artillerieofficier wurde durch denselben Schuß getödtet. England und China. Die neuesten Nachrichten über daS Vorgehen Englands in China müssen den Verdacht verstärken, daß Engiand in Ostasien eine Sonderaction plant, die sehr leicht erhebliche Rückwirkungen auf daS Verhältniß aller übrigen Mächte zu England haben kann. Bisher stobt die Abmackung des Admirals Seymour mit dem chinesischen Vicekönig Lischunyi, 3000 Mann englischer Truppen nach Shanghai zu senden, bloß auf dem Papier, da die hierfür bestimmten indischen Bataillone erst in Hongkong Befehl zur Bereithaltung für den Abmarfch nach Shanghai erhalten haben. Kommt es trotz dcS Widerspruchs der Consuln und trotz der Er klärung des französischen ConsulS, daß französische und österreichische Truppen den englischen, falls Letztere landeten, folgen würden, doch zur Besetzung Shanghais durch England, so stünde man vor einem Zwischenfall, dessen Beseitigung vielleicht die erste diplomatische Aufgabe dcS Grafen Waldersce werden könnte. Natürlich wird den Chinesen nicht verborgen bleiben, welche Differenzen die englisck-chinesiscke Abmachung betreffs der Besetzung.Sbanghais unter den Verbündeten zeitigt. Um so willkommener ist des halb gerade in diesem Augenblick das Ultimatum der Vereinigten Staaten an China. Bekanntlich waren es englische Meldungen, die den Eindruck zu erwecken suchten, als ob die Union Cbina freundlicher behandeln solle als die anderen Mächte. Wie die Dinge aber in Wirklichkeit sich gestaltet haben, ist zur Zeit gar kein Zweifel daran möglich, daß England in Cbina Absichten hegt, welche die schärfste Aufmerksamkeit verdienen. Man meldet uns noch: I. 0. Paris, 9. August. Von unterrichteter Seite wird ver- sichert, daß die französische Regierung die Entsendung von 5000 Mann französischer und tonkinesijcher Truppen nachCanton vorbereitet, als Gegenzug gegen die Landung englischer Truppen in Shanghai. ck. 0. Petersburg, 8. August. Die Meldung von der Hin richtung der beiden fremdensreundlicheii Mitglieder des Tsung li Damen aus Befehl des Generals Li-Ping-Heng wird hier als Erfindung angesehen. Die Nachricht habe nur den Zweck, die geheimen Verhandlungen zwischen England und den Vicekönigen der Mittelprovinzen zu bemänteln. Man wollte das Leben Li-Hung-Tschaug's und deS VicekönigS von Nanking als ge- sährdct hiustellen, um einen Borwand dafür zu schaffen, daß diese von England Hilfe zum Schutze ihrer Person erbitten sollten. Die Deisehllilg König Humbert's. AuS Rom, 9. August, wird unS noch berichtet: Von den Zwischenfällen, wie sie bei einer so enormen Menschen- ansammlung wie heute unvermeidlich sind, war der ernsteste der in der Via del Serpenti. Dieser wurde durch daS Herabsallen eines Stuhles von einem Balcon hervorgerufen; infolgedessen ging daS Pferd eines OssicierS durch, wodurch eine allgemeine Panik entstand. Als man jedoch die Ursache des Zwischenfalls erkannte, kehrte sofort die Ruhe zurück und der Zug, der angehalten batte, setzte sich wieder in Bewegung. DaS Gerückt, ver Zwischen fall in der Via del Serpenti sei durch Proteste beim Vorbeimärsche der Fahne der Stadtvertretung von Prato hervorgerufen worden, wird durchaus in Abrede gestellt. — Etwa lOODeputirte aller Parteien versammelten sich Nachmittags auf den Monte Citorio zur Förderung der Errichtung einer WoblthätigkeitS'anstalt fürTuberculose auö allen Theilen Italiens, die den Namen Humbert I. führen soll. Der Graf von Turin begab sich heute Nachmittag nach dem Pantheon, um den Prinzen Heinrich zu empfangen, der im Namen des Kaisers Wilhelm einen Kranz auf dem Grabe Königs Humbert niederleHte. — Bei dein Besuche beim Papste trug Prinz Heinrich die deutsche Admiralsuniform. In seiner Begleitung befanden sich außer dem preußischen Gesandten Freiherrn von Rotenhan der Hofmarschall deS Prinzen von Seckendorfs, der per sönliche Adjutant des Prinzen v. Witzleben, General leutnant v. Engelbrecht und Oberstleutnant Jacobi. Der Prinz wurde von der päpstlichen Garde mit königlichen Ehren empfangen. Der Besuch währte fast eine halbe Stunde. — Die Abreise des Prinzen erfolgte Abends 9 Uhr. Auf dem Bahnhofe batten sich zur Verabschiedung ter Minister des Aeußern Visconti-Venosta, der deutsche Botsckafter, der preußische Gesandte beim Vatikan, der bayerische Gesandte, die Oberhofchargen, die Generalität und die Befehlshaber des Armeccorps eingefunden. Eine Com pagnie erwies ihm die militärischen Ehren. Der Krieg in Südafrika. —t>. Die englische Berichterstattung wird, weil auf dem Kriegsschauplätze entweder nichts oder nichts für England besonders Erfreuliches passirt, wieder nervös und sieht Ge spenster. Sv wird jetzt plötzlich ein Coniplot gegen Lord Roberts und die englischen Officiere in Pretoria auS der Pistole ge schossen. Man meldet unS: * London, 10. August. (Telegramm.) „Daily News" berichtet aus Pretoria unter dem 9. August: Es ist ein Complot entdeckt worden, das zum Ziele hatte, alle eng lischen Officiere in Pretoria zu erschießen und General Roberts zum Gefangenen zu machen. Zehn Anstister sind verhaftet worden. , Sollte wirklich etwas an dieser Schauermär sein, WaS schwerlich anzunehmen ist, so wäre allerdings die Lage der Engländer in Pretoria eine höchst prekäre. Auch müßte dann die Garnison der Stadt fast bis aus wenige Mann zu den Operationen im Felde herangezogen sein, denn bei einer einigermaßen genügenden Besatzung sollte eS doch so gut wie unmöglich sein, daS ganze englische Hauptquartier zu über rumpeln und sämmtliche Officiere wegzuknallen. Der erhitzten Neporterfantafie des Gewährsmannes der bekanntlich nickt sehr zuverlässigen „Daily NewS" wird wohl ein gut Theil der Meldung aus daS Conto zu schreiben sein. Tic militärische Lage beurtbeilt die „Köln. Ztg.", in Uebereinstimmung mit unserer Auffassung, wie folgt: DaS Ende der Hiobsposten vom süd afrikanischen Kriegsschauplätze ist für die Engländer noch immer nickt gekommen. Der letzte größere Erfolg, die Capi- tulation Prinsloo'S bei Fouriesburg, wurde schon durch daS Entkommen Olivicr'S mit 1500 Mann und mehreren Geschützen arg verkümmert. Auch wird eS mehr und mehr klar, daß der Vor stoß Roberts gegen Middelburg ein Fehlschlag war, der Wohl Botha'S Schaare» weiter nach Osten und Norden verscheucht, im Feuilleton. Sj Gold und Mut. Roman aus Südafrika von O. Elster. Nachdruck roboten. Und in dieser Stimmung mußte sie die Aufmerksamkeiten des Capitäns ertragen! So lange er schwer krank darnieder gelegen, war sie ihm eine aufmerksame Pflegerin gewesen; sie empfand seine dankbaren Blicke und Worte wohlthuend und überließ ihm auch wohl ihre Hand, die er mit dankbaren Küssen bedeckte. Aber je größere Fortschritte seine Genesung machte, desto mehr mußte sie erkennen, daß ein anderes Gefühl, als Dankbarkeit, für sie in seinem Herzen emporwuchs; sie suchte sich von ihm mehr zurückzuziehen, sie fürchtete sich vor der Aus sprache, sie vermied es, mit ihm allein zu sein, aber die engen Grenzen des Hauses führten sie immer wieder zusammen, und sie sah, daß der Capitän nur mit Mühe die Worte der Leiden schaft zurückhielt. Aber die schwerste, furchtbarste Stunde für die einsame Seele kam, als nach der Schlacht bei Spion-Kop der Boeren- posten in der Farm durch neue Mannschaften abgelöst wurde und diese die Nachricht von dem Tode Hans von Ehrenstein's brachten. Walter interessirte es, über das Schicksal des jungen deutschen OffieierS zu hören, und er erkundigte sich bei den Boeren nach demselben. „Gewiß haben wir den Deutschen gekannt", antwortete man ihm. „Er stand mit noch zwei anderen deutschen Landsleuten bei der Abtheilung des Commandanten Krantz. Es waren brave Burschen, diese drei DeutDhen, sie sind alle Drei beim Sturm auf den Spion-Kop gefaßen." „Wißt Ihr es genau?" fragte tüalter bewegt. „Ja", entgegnete einer der Burghers, „ich hab sie fallen sehen, der Eine war sofort todt, die beiden Anderen schwer ver wundet, starben wenige Tage nach der Schlacht im Hospital zu ElandSlaagte — so sagte man mir wenigstens, 's ist schade um sie — eS waren tapfere Jungen." Als Herr Walter diese Nachricht Mary brachte, erbleichte sie jäh; ein krampfhafter Schreck durchzuckte ihr Herz, sie mußte sich an die Lehne eines Sessels klammern, um nicht niederzu sinken. „Todt — todt?" flüsterte sie tonlos. ' ,Ja — so lautet die Auskunft. Mir thut der junge Mensch auch leid — mochte ihn wohl leiden, hatte etwas Sympathisches in seinem Wesen. Kam mit großen Hoffnungen in das Land, wollte sich emporarbeiten — nun ist Alles vorüber." „Alles vorüber. . . ." wiederholte Mary, und starrte fassungslos wie geistesabwesend in das Leere. „Auch Du scheinst ihn gern gehabt zu haben, Mary", fuhr der Alte fort. „Nun, tröste Dich, mein Kind — er — er war Dir ja doch verloren. . . ." Er strich mit seiner breiten, schweren Hand zärtlich über ihren blonden Scheitel; in dieser Stunde ahnte er, was in der Seele Mary's vorging, und ein inniges Mitleid schlich sich in sein gutrnüthiges Herz. Er drang nicht mit tröstenden Worten auf sie ein, leise entfernte er sich, er wußte, daß solches Leid mit sich allein sein will., Todt — verloren für immer! — Wie dumpfes Grabgeläut klangen diese Worte in dem Herzen Mary's wieder und zer marterten ihre Seele mit herben Schmerzen und bitterer Reue. Sie dachte an seine letzten Worte: „Mein Leben oder mein Tod soll Ihnen beweisen, daß ich ein Anderer geworden. . . ." Und sie dachte auch an ihre eigenen verletzenden, spöttischen Worte, die ihm vielleicht die letzte Stunde noch bitter gemacht. Sie begriff sich selbst nicht, wie sie so schroff, so verletzend sprechen konnte — sie klagte sich selbst an, ihn in den Tod ge trieben zu haben, und sie weinte heiße Thräncn der Reue, ihm nicht wenigstens ein freundlich-versöhnendes Wort beim Abschied mitgegeben zu haben. Aber unter den herben Schmerzen, in denen ihre Seele rang, erblühte voll und leuchtend die Rose der unvergänglichen Liebe. Jetzt durfte sie sich gestehen, daß sie niemals aufgehört hatte, ihn zu lieben. Ihr Leben, ihr Denken sollte fortan seinem Andenken geweiht sein und keine andere Liebe sollte je sein Andenken ver drängen. Als der erste Schmerz sich ausgetobt, überkam sie ein heiliges, weihevolles Gefühl — das Gefühl einer großen, ewigen, unaus löschlichen Liebe. Jetzt fürchtete sie nicht mehr die Galanterien des Capitäns, sie wußte, daß dieses große Gefühl der Liebe zu einem Tobten sie schützend umgeben wurde, daß eine andere Liebe niemals Macht über sie gewinnen könnte. Mit Erstaunen blickte Capitän Campbell auf die Verände rung ihres Wesens, die er sich wicht erklären konnte. Wenn sie auch wie früher freundlich mit ihm plauderte, so umfloß sie doch eine hoheitsvollc Würde, welche jede innigere Annäherung ausschloß. Sonst hatte sie es vermieden, mit ihm allein zu sein und war jedem Zwiegespräch ausgewichen, jetzt hörte sie ihn mit einem seltsam starren Lächeln an und blickte an ihm vorüber in die Ferne, wenn er einen wärmeren Ton in seinem Gespräch anschlug, so daß er verstummte unter dem Eindruck der kühlen Freundlich keit, die sie seinem Werben entgegenbrachte. Sie mied ihn nicht mehr, sie"blieb ruhig sitzen, wenn er in das Zimmer trat, in dem sie allein weilte, sie begleitete ihn sogar öfter auf den Spazier gängen in der Umgebung der Farm. Oft schwebte ihm die entscheidende Frage auf den Lippen, aber wenn er in ihre starren Augen, in ihr blasses Gesicht blickte, dann unterdrückte er diese Frage — es krampfte ihm die Brust zusammen, daß er nicht zu sprechen vermochte. Einer jener Spaziergänge, die sie jetzt fast täglich gegen Abend unternahmen, führte sie bis zu dem Saum des Waldes, als plötz lich die sie begleitenden Hunde wüthend knurrend stehen blieben und dann mit lautem Gebell in das Gebüsch sprangen. „Die Hund« werden einen Panther oder Schakal gewittert haben", sagte der Capitän, indem er den schweren eisenbeschlage nen Stock, seine einzige Waffe, fester umfaßte. Aber daS Gebell der Hunde verwandelte sich in ein freudiges Winseln; die Büsche theiltcn sich und ein Zulu trat hervor, um sprungen von den beiden Hunden. „Panda!" rief Mary, erstaunt den entflohenen Diener ihres Vater» erkennend. „Woher kommst Du in dieser Kleidung?" Die Frage war sehr berechtigt, denn Panda befand sich im vollsten KriegSschmuck seine» Stammes. DaS Fell eine» Panther» hing ihm von der Schulter nieder bis zum Knie; die nackten Arme und Beine waren mit Ringen aus Kupfer- und Messingdraht geschmückt und lange Perlenschnüre umwanden seinen Hal» und fielen auf Brust und Nacken nieder. Tein Haupt umrahmte ein Kranz au» bunten Federn, au» dem di« Fittiche des GeierS her vorstanden. In der linken Hand trug er den buntbemalten Schild au» Ochsenhaut und in der Rechten «men schweren Speer, Assegai von den Zulu» genannt. Seine Haltung war stolz und würdevoll, sein dunkle» Auge überflog blitzend Mary und ihren Begleiter. „Ja, es ist Panda, der vor seiner jungen Herrin steht", sprach er ernst und fest. „Aber nicht mehr al» Diener und Sklave, son- devn al» freier Mann und Häuptling der Ama-Zulu» . . ." „So bist Du zu Deinem Stamm zurückgekehrt?" „Ja — Panda ertrug die Knechtschaft nicht mehr. Er folgte dem Rufe seinem Stammes, der in den Quathlamba-Bergen seinen Kraal bewohnt, und der jetzt die Waffen ergriffen hat, um Rache an den weißen Männern zu nehmen." „Also ein KriegSzug?" rief der Capitän. „Hüte Dich, Bursche, Du weißt, daß die große Königin ihren schwarzen Kindern untersagt hat, zu den Waffen zu greifen. Sie sollen während des Kampfes der Weißen friedlich in ihren Dörfern bleiben." Panda maß den Officier mit stolzem Blick. „Die Ama-Zulus führen keinen Krieg mit den Söhnen der großen Königin", sagt« er ruhig. „Unser Rachezug gilt den Burghers von Transvaal und Oranje, die uns unser Land geraubt." „Auch daS dürft Ihr nicht." „Die weisen Männer der Ama-Zulus haben es so beschlossen, und die Krieger führen es aus. Aber ich bin gekommen, um meine junge Herrin, Massa Walter und den Officier der großen Königin zu warnen. Sie mögen sich fortbegeben von hier, Panda will sie aus Schleichwegen in das Lager der Engländer führen, denn die Krieger der Äma-Zulus haben beschlossen, die Boeren, welche sich in der Farm befinden, zu überfallen und zu töidten." „Seid Ihr toll geworden?" rief der Capitän. „Das wird Euch schlecht bekommen! Im Namen der großen Königin, deren Unterthanen auch Ihr seid, verbiete ich Euch diesen Ueberfall!" „Der Officier der großen Königin kann den Ama-Zulu» nicht befehlen", sagt« Panda stolz. „Ich bitte Dich, Panda", nahm da Mary das Wort, „laß ab von diesem verbrecherischen Plane. Du stürzest Dich und Deinen Stamm in das verderben." Da blitzt« «» in den dunklen Augen de» Zulu auf. Sein Blick ruhte mit leidenschaftlichem Ausdruck auf der schlanken Ge stalt des Mädchen». „Meine junge Herrin ist die Gefangen« der Boeren, die Ama- Zulu» sind gekommen, sic zu befreien. Panda wird sür seine junge Herrin sterben . . „Ich bin nicht die Gefangene der Boeren . . .* „Aber Massa Walter ist e», und dieser Officier der großen Königin. Panda hat Euch gewarnt — er erwartet morgen um dieselbe Stunde und an demselben Orte, wie heute, die Antwort meiner jungen Herrin." Eh« der Capitän oder Mary antworten konnten, war er mit einem gswaltigen Satz« in dem dichten Gebüsch verschwunden. „Da» ist ja eine fatale Geschichte", sprach -der Capitän ärgerlich. „Diese schwären »urschen sind de» Teufel» — sie werden uns da- Haus über dem Kopf« anzünden. Was sollen wir thun?"
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