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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränumeranons- Prcis 22j Sgr. Lhlni nieiEhrlich, 3 Thaler für das ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. für dir Man rränumerirt auf dieses Beidiari her Allg-Pr. Staats- Zcitung in Berlin in der Expedition (Mohren-Ttraß« Nr. 34); in der Provinz so wie im Ausland« bei den Wohllödl. Post-Acmtcrn. Literatur des Auslandes. 98. Berlin, Freitag den 16. August 1833. KL-Z»! Frankreich. Ucbcrsicht der Fortschritte der Statistik. Zn der Statistik finden sich zwei Dinge in steter Vermischung, eine Methode und eine Wissenschaft. Man bedient sich der Statistik als Methode, so ost man et was berechnet oder mißt, z. B- die Ausdehnung eines Distriktes, die Bevölkerung eines Landes, die Quantität oder den Preis gewisser Lebensmittel u. s. w. Unter diesem Gesichtspunkt bedarf jeder Zweig des menschlichen Wissens der statistischen Methode, die in der Thal nur eine numerische Methode ist. Dies Mittel wird täglich mehr augewcndet, weil man täglich suhlt, daß unsere Vorgänger zu wenig genau waren. Die Geopraphie bastrl sich jetzt auf eine genaue nu merische Bestimmung der Lage, des Umfangs und der physischen Natur der Länder. Die Politik erheischt Kcnntniß der Anzahl und des Wohlstandes der Bewohner. Die politische Ockonomic nimmt zu ihren Beweisen und Beispielen numerische Thalsachen, die sich auf Handel, Bevölkerung, Preis der Lebensmittel u. s. w. beziehen. Die Medizin kann nicht zu einem allgemeinen Resultat gelangen, wenn sie bei Beobachtung der Individuen stehen bleibt. Liese Beobachtungen müssen zusammengestelU und berechnet werden; man muß Nachweisen können, wie viele Kranke durch jede Art von Behandlung gerettet worden; wie ost sich irgend ein Phänomen, das man beschreibt, in irgend einer Krankheit, unter diesem oder jenem äußeren Einstuß, entwickelt hat, u. s. w. Auch in der Naturgeschichte sind die Zahl und.geographische Vertheilung der We sen ein statistischer Kalkül. Wir könnten leicht noch mehr Beispiele ansührcn. Es giebt aber auch eine statistische Wissenschaft. Sie be steht Parin, die Zahlen so zusammcnzustelle», zu ordnen und zu be rechnen, daß sichere Resultate herauskommcn. Dies ist aber eigentlich nur eine Aufgabe der Mathematik. Bald muß man zur Algebra seine Zustucht nehmen, um, wie Laplacc gelhan, den Grad des Zrrthums anszufinden, der in einer numerischen Urkunde obwalten kann, bald genügen schon die einfachsten arithmetischen Vorkenntniffe. Zn jedem Falle muß man bei den aus numerischen Berechnungen zu ziehenden Schlüffen streng logisch verfahren; denn nichts ist leichter, als den Ziffern einen Sinn unterzulegen, den sie nicht haben. Die Nichttenntniß oder absichtliche Vernachlässigung der Sta tistik als Wissenschaft ist Schuld daran, daß so viele Schriftsteller mit der numerischen Methode Mißbrauch treiben, und daß andere Personen sie geringschätzcn, weil sie nur die Mißbräuche sehen. Wenn z. B, ein Zournalist oder ein Redner behauptet, daß ein Staat, der doppelt so volkreich ist, als ein anderer, auch doppelt so viele Soldaten stellen könne, so hat er, entweder geflissentlich oder aus Unkenntnis;, eine Menge Betrachtungen vernachlässigt, die seine Folgerung entkräften könne», wie z. B. daß die waffenfähige männ liche Bevölkerung zweier Länder fast niemals in gleichem Vcrhälnnß steht, daß bei diesem Berhältniß die mittlere Lebensdauer, die Aus wanderungen n. s. w. in Betracht kommen, daß die Schwierigkeit des Transports, die Stärke der Besoldung die RckrutirungS-Fähig- keit außerordentlich modifiziren. Alles dies beweist, daß der Schluß mehr oder weniger falsch war, und nicht etwa, daß es unnütz ist, die Bevölkerung beider Länder zu kennen und anzuführen. Bald sind die Zahlen ungenau, bald bangen sie von Ursachen ab, die man nicht unter einander vergleichen kann, oder derjenige, der davon Ge brauch macht, argumemirl schlecht. Dies beweist eben so wenig ge gen die statistische Methode, als schlechte Thermometer-Beobachtun gen gegen den Nutzen des Thermometers. Die einzige neuere Schrift über die Theorie der Statistik, die wir citiren können, ist die des Mathematikers Herrn Quötelct auS Brüssel.») Sein Zweck ist, darzuthun, daß gewisse allgemeine Fakta in bürgerlichen Gesellschaften, wie z. B. die Verbrechen, welche begangen werden, die Art, wie man ihnen steuert, der Preis gewisser Lebensmittel, die Geburten, Heirathcn und Todesfälle u. s. w. all jährlich in einem und demselben Lande mit großer Regelmäßigkeit wiederkehren, dergestalt, daß man sie beinahe im Voraus berechnen könnte. Dies Prinzip bat nichts überraschendes für Personen, die an Berechnung der Wahrscheinlichkeiten gewohnt sind. Man braucht außerdem nur an die mannigfaltigen Ursachen zu denken, welche ') Kur ta ä« mviurer Mnüuen,« üe, eause« gul mockitient leck «wmem« »ooi»<n. Brussel IM. Eine Broschüre. aus die allgemeinen Ergebnisse cinwirken, und zu überlegen, daß diese Ursachen von einem Zahre zum anderen nicht plötzlich sich än dern können; besonders aber, daß kleine Variationen in der Wirk samkeit einer dieser Ursachen öfter durch andere in umgekehrtem Sinn ergänzt werden. Betrachten wir diejenigen Thalsachen, die auf den menschlichen Willen basirl sind. Ze größer die Zahl der beobachteten Indivi duen ist, desto mehr verschwinden die Ergebnisse des individuellen Willens vor dem, was man als das mittlere Ergcbniß der verschiede nen Willen und aller Ursachen ansehcn kann, oie, indem sie einan der unterstützen oder gegen einander ankämpfcn, Wirkungen von jeder Art hervorbringen müssen. Da, wo cs keine veränderlichen Ursachen gicbl, sind die erzeug ten Wirkungen beständig dieselben, und je mehr die Ursachen dem Wechsel unterworfen sind, desto ausgedehnter find die Eränzcn, in nerhalb welcher die Wirkungen wechseln. , Der Vers, sucht einige die ser Gränzen zu bestimmen, indem er seine Beispiele vornehmlich aus der Zahl der Lerurlhcillcu, in Frankreich und in Belgien, wählt, mit Rücksicht aus die Natur des Vergehens und die Kategorie der Angeklagten. So betrug in den sechs Zähren von 1826 — 30 die mittlere Zahl der von den Asfiscnhöscn Vorurtheiltcn 0,614; allein diese Zahl har von einem Jahre zum anderen gewechselt. Das Marimum war 0,635 und das Minimum 0,593, was eine Differenz 0,02l über und unler der Mittelzahl giebt. Sv ist oder 0,34 das wahre Maaß für die Wichtigkeit dieser Abweichungen in beiden Beziehun gen. Zudem er die nämliche Art von Berechnung aus andere mittlere Ergebnisse anwendct, findet der Autor, daß die Verurtheilungen we gen Verbrechen gegen das Eigenthum gleichförmigere Verhältnisse hakten, als die wegen Verbrechen, die an Personen verübt wurden, und daß in der Bevölkerung Frankreichs die Zahl der Hciratheii von dem mittleren Ergebnis; mehr divergire, als die der Todesfälle, die der Todesfälle aber mehr, als die der Geburten. Zn Beziehung auf Belgien macht er ähnliche Berechnungen über die Kriminalität, über den Wechsel der Bevölkerung, über öffentliche Einnahmen und Ausgaben und über den Preis des Getreides. Man begreift, daß der Maaßstab dieser Abweichungen sehr nütz lich ist, wenn man den Grad des Vertrauens, das de» jährlichen mittleren Ergebnissen zu schenken ist, würdigen, besonders aber, wenn man den Einfluß der möglichen Ereignisse genau unterscheiden will. Wenn z. B. ein Kriminal-Gesetz abgeändcrt wird, so erhält man durch eine veränderte Variation in der Unterdrückung der Verbrechen den wahren Maaßstab seines Einflusses. Ma» kann eben so die Wirkung eines Zoll-Tarifs auf den Preis ciiics LebcmSmlttclS, die einer Epidemie auf die jährliche Sterblichkeit u. s. w. berechne». Durch Vergleichung der Epochen des Maximum und des Mini mum der Abweichungen gelangt man auch zu interessanten Resultate». So fällt das Minimum der Kriminal-Verurthcilungcn, in Belgien und in Frankreich, in das Zahr 4830. Zudem wir uns diese Kalküls des Herrn Quötclct ansehen, werden wir immer mehr von einer Wahrheit überzeugt, daß nämlich in allen Dingen, auf welche der menschliche Wille Einfluß hat, die Abweichungen uni so schwächer sind, als das Land civilistrtcr ist, daß also die Größe der Abweichungen zu Bcuribcilung der wahren Eivilisaiion eines Landes ein Mittel an die Hand "giebt. Hier einige Beispiele. Die Gleichförmigkeit in dem mittleren Preise der Lebensmittel setzt einen Stand der Dinge voraus, der i» dem Grade vervollkomm net ist, daß der Ertrag des Bodens von einem Zahre zum anderen ziemlich gleich bleibt. In einem wohl verwalteten Pachtgute ist da für gesorgt, daß der Ucberfluß eines Produkts das Fehlende an einem anderen ergänze. Zur Gleichförmigkeit der Preise ist auch noihwen- dig, daß die Transport-Mittel erleichtert scven, und daß die Land bauer oder Spekulanten Vermögen, Freiheit und Sicherheit genug haben, um Vorräthe anlegen zu können, wenn die Preise niedrig sind, damit sie abgesctzt werden, wenn Thcurung entsteht. Die Gleichförmigkeit in der Taxe der Besoldungen setzt eins gewisse Sta bilität in den kaufmännischen Unternehmungen, wenige Bankerotte und wenige abenteuerliche Spekulationen voraus. Auch wird vor ausgesetzt, daß die Prinzipale und Gehülsen Vorsicht genug anwen- de», um im Falle einer Stockung des Gewinns oder einer Thcurung dcr Lebensmittel Hülfsqucllcn bereit zu habe». Die Gleichförmigkeit der Zahl der Todesfälle beweist, daß keine Veranlassung zu unvor hergesehenem Elend, noch jene verheerenden Seuchen Vorhände».