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Blatt Amts und des Stadtrathes des Königs. Amtsgerichts Wn^Snrtz Als Beiblätter: 1. Jllustrirtes Sonntagsblatt (Wöchentlich); 2. Landwirthschaftliche Beilage (monatlich). Abonnements - Preis: Vierteljährl. 1 M. 25 Pf. Auf Wunsch unentgeltliche Zu sendung. Erscheint: Mittwoch und Sonnabend. ^für Pulsnitz, Königsbrück, Nadrberg, Nadrbnrg, Moritzburg und Umgegend Inserate sind bis Dienstag und Freitag Vorm. 9 Uhr aufzugeben. Preis für die einspaltige Cor- puszeile (oder deren Raum) 10 Pfennige. Geschäftsstellen: Buchdruckereien von A. Pabst, Königsbrück, C. S. Krausche, Kamenz, Carl Daberkow, Groß röhrsdorf. Annoncen-Bureaus von Haasen stein L Vogler, Jnvalidendank, Rudolph Mofsc und G. L. Daube L Comp. Verantwortlicher Redakteur Gustav Häberlein in Pulsnitz. DM« »Nd «rb.n AgchsundvierMer Jahrgang TonnabenS. Weit die Thore, weit das Herz. — Laßt dm Geist der Pfingsten wehen, Daß er walte allerwärts, Wunderwirkend ungesehen, Daß sein Hauch das All' durchdringe Und auch uns ein Pfingsten bringe! Nr. 38. W fr n Wonnig prangen Wald und Flur In des Lenzes Festgeschmeide Und der Lobpreis der Natur Jauchzt empor nach langem Leide Lied und Liebe, Licht und Leben Sind der Erde neugegeben! g ften. Wonnig prangt ein Menschenherz, Wenn der Pfingstruf ihm erklungen, Wenn vom Staube himmelwärts Sich der Geist emporgerungcn Lied und Liebe, Licht und Leben Sind dem Herzen neugegeben! 12. Mai 1894. O, so komm, der Pfingsten Geist, Uns're Herzen stehn Dir offen! Wir bedürfen allermeist Neues Glauben, Lieben, Hoffen — Dann ist Pfingsten uns beschieden, Unserm Herzen Heil und Frieden! Auf Fol. 15 des Handelsregisters für den hiesigen Amtsgerichts-Bezirk ist heute die Firma Carl Traugott Simmgcn in Großröhrsdorf gelöscht worden. Pulsnitz, am 9. Mai 1894. Königliches Amtsgericht. Weise. Auf Fol. 102 des Handelsregisters für den Bezirk des unterzeichneten Amtsgerichtes ist heute die Herrn Gustav Adolf Boden in Bretnig für die Firma Gebler L Schubert daselbst ertheilte Prokura nach deren Erledigung gelöscht worden. Pulsnitz, am 10. Mai 1894. Königliches Amtsgericht. Weise. Sonnabend, den 19. dieses Monats, Vormittags 9 Uhr öffentliche Bezirks - Ausschuß - Sitzung. Die Tagesordnung Ist aus dem aushängenden Anschläge ersichtlich. König! i^ch e Amtshauptmannschaft Kamenz, am 4. Mai 1894. H Von Erdmamtsdorff. " Sonnabend, den 19. dieses Monats, Vormittags'/, 12 Uhr wird Bezirkstag abgehalten. Die Tagesordnung hängt im amtshauptmannschaftlichen Gebäude aus. Königliche Amtshauptmannschaft Kamenz, am 4. Mai 1894. Von Erdmannsdorff. Aufhebung von Todten re. betreffend. In neuerer Zeit ist es mehrfach vorgekommen, daß die von den Polizeibehörden (Gemeindevorständen, Gutsvorstehern) nach § 5 der Verordnung vom 31. September 1874, die Aufhebung von Todten und Scheintodten betreffend (Gesetz- und Verordnungsblatt vom Jahre 1874, Seite 313), zu erstattenden Anzeigen nach dem vorgeschriebenen Formulare L an die zuständigen Königlichen Staatsanwaltschaften oder Amtsgerichte nicht oder nicht rechtzeitig erstattet worden sind. In Anbetracht dieser Thatsachen ergeht an die Polizeibehörden des Bezirks Veranlassung, in Zukunft bei vorkommenden Fällen die vorgeschriebene Anzeige 8 ungesäumt und auf dem kürzesten Wege an das zuständige Königliche Amtsgericht zu erstatten. Königliche Amtshauptmannschaft Kamenz, am 7. Mai 1894. Von Er-manns-orff. Was will Pfingsten? Durch die weit geöffneten Fenster lacht uns jetzt der Frühling des Jahres entgegen. Der Finken Schlag und der Nachtigallen Gesang, die Pracht in Feld und Wald erfreut das Herz, macht weit die Brust und groß die Sehnsucht. Wem thuts nicht wohl in diesem Frühling zu leben? Schöner noch ist der Frühling im Leben, die Jugendzeit. Da meint der Mensch, die ganze Welt stünde ihm offen, alles müßte ihm gelingen, alles könnte er bezwingen. Thuts uns, die wir beim Blick auf die Flecken und Gebrechen, auf die Schäden und Irr- thümer unserer Zeit die Flügel hängen lassen und so gern schwarz sehen, thuts uns nicht noth, von diesem Jugend frühling zu lernen, frisch und freudig und hoffnungsvoll für die Zukunft zu bleiben? Niemand will gern alt er scheinen; glücklich der, welcher sich die Jugendfrische be- wahrt hat, ob auch das Haar grau und das Auge matt geworden. Sollte unsere Zeit, unser Geschlecht alters schwach und lebensmüde sein? Am schönsten aber ist doch der Frühling im Herzen; wer ihn hat, der ist der glücklichste, seligste Mensch auf Erden. Pfingsten, das Fest des heiligen Geistes, weist auf diesen Herzenöfrühling; denn der Pfingstgeist kommt von oben, von Gottes Geist. Die Hauptsache aber ist, daß dieser Gottesgeist sich auch kundthue nach außen hin im alltäglichen Leben, im Um gang mit Anderen, in der Thättgkeit des Berufes, im Kampf mit allerlei Noth und Widerwärtigkeiten. Es ist der Pfingstgeist ein Geist der Kraft und nicht der Furcht; er vertreibt alle Schüchternheit und Blödigkeit, Menschenfurcht und Todesbangigkeit. Warum sind heute die meisten von uns bestürzt und just kopflos geworden Denen gegenüber, die Umsturz predigen und Tausende unseres Volkes bethören oder zu bethören suchen? Mehr Zutrauen zu unsrer guten Sache, zu Gott und Christo, dessen Sache wir Vertheidigen — wahrlich, die Pforten der Hölle werden seine Gemeinde nicht überwältigen! Warum stehen heute so viele unter dem Banne der Men schenfurcht? Aus Rücksicht auf das Urtheil der großen Menge unterläßt man Gutes, statt frisch mit Hand anzu legen, macht man Thörichtes und Böses mit, statt sich zu rückzuziehen und nöthigenfalls auch allein gegen den Strom zu schwimmen. Mehr Mannesmuth, weniger Feigheit — wahrlich, wir würden damit uns und anderen zum Segen werden! Warum werden heute die, welche unter Hoch druck, unter Sorgen und Kämpfen, mit Mißerfolgen und den trübesten Aussichten arbeiten, so leicht verdrossen und müde? Mehr Geduld und Treue, mehr Stillesein und Hoffen — wahrlich, wir würden stark sein und siegen! Wo ist dieser Geist der Kraft, der nie verzagen läßt? Es ist weiter der Pfingstgeist ein Geist der Liebe. Christus hat der Welt gezeigt durch sein Leben und Wal ten, Leiden und Sterben, was wahre Liebe ist. Seitdem arbeiten auch die Christen in dieser selbstlosdienenden und opferfreudigen, suchenden und rettenden Nächstenliebe; die Gemeinde des Herrn mitten in dieser selbstsüchtigen Welt die eigentliche Heimstätte und Herberge der Barmherzigkeit. In den ersten Jahrhunderten war unter dem Drucke der Verfolgung im römischen Reiche die Liebe das hervor stechendste Merkmal des christlichen Lebens; halb spöttisch, halb staunend riefen die Heiden aus: „Seht, wie die Christen einander lieben und wie sie bereit sind, für ein ander zu sterben!" Und von einem treuen Jünger Christi, dem edlen Missionar Livingstone, äußerte einst ein christ licher Neger in Afrika: „Sehen wir Livingstone, es ist, als ob er den Menschen abgestreift hätte, als ob in ihm die Liebe selbst unter uns wandelte." Wir loben wohl Alle die Liebe; aber beweisen wir sie auch? Die besten Lobredner sind hier die Thäter, die thatsächlich ihr Lebens glück suchen und auch finden nicht im Nehmen, sondern im Geben, nicht im Befehlen, sondern im Dienen, nicht im Genießen, sondern im Verzichten. Von der Liebe Christi getrieben darf der Mensch nicht mehr sich selbst leben, sondern muß schonungslos und unerbittlich streiten gegen seine eigene Trägheit und Bequemlichkeit, Gleich giltigkeit und Hoffart, gegen sein launenhaftes und mürri sches, sein gereiztes und rechthaberisches Wesen. Wo ist dieser Geist der Liebe in Haus und Gemeinde, in Kirche und Schule, im privaten und öffentlichen Leben? Es ist endlich der Pfingstgeist ein Geist der Zucht. Die Liebe verträgt alles, glaubt alles, sie hofft alles, duldet alles — unduldsam ist sie nur gegen die Sünde. Darum nimmt Jesus die Geißel in die Hand, den Tempel zu reinigen; darum ruft er in heiligem Zorne sein er schütterndes „Wehe euch" über die Scheinheiligen und Ge nußsüchtigen seines Volkes. Wohl, wir sollen nicht den alttestamentlichen Eiferern, einem Moses oder Elias, gleich werden — einer ist unser Meister, und Christi Geist ist der Geist der Liebe und Geduld; aber nimmer darf eine christliche Gemeinde in ihrer Mitte Zuchtlosigkeit, Unsitte, Schädliches dulden — oder sie giebt sich selbst auf, schän det und schädigt sich selbst. In Familie und Schule, in Gemeinde und Staat muß mit Wahrheit und Liebe, mit Muth und Verständniß Zucht geübt werden. Das Feld, darin das Unkraut ungestört wachsen darf Jahr für Jahr, wird zuletzt unbrauchbar; das Haus, darin nichts ausge- bessert oder erneuert wird, stürzt schließlich über unserem Kopfe zusammen — und begräbt uns unter seinen Trüm mern! Wer aber erziehen will, der muß selbst erst er zogen sein, muß sich selbst erst in Zucht genommen haben; falsch ists, Andere bessern zu wollen und selbst schlecht zu bleiben. Darum gilt es, daß wir uns selbst immer wieder die Wahrheit gesagt sein lassen, daß wir Anderen die Wahrheit sagen nicht aus Schadenfreude oder aus Lust am Kritisiren, sondern aus Liebe, die nicht verderben, son dern retten will. Wo ist dieser Geist rechter Zucht an Anderen, dieser Geist rechter Selbstzucht? Schenke Gott unserem deutschen Christenvolke, unserer Kirche, unserer Gemeinde für Haus und Herz in Viesen Tagen solchen „Geist der Kraft und der Liebe und der Zucht" (2. Tim. 1, V. 7)! Wahrlich, wir können ihn brauchen! —o.