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Sächsische Elbzeitung Vsd Scksndsu, Zreitag, den 12. ttugust 1127 71. ^skrgang Nr. 187 Verfassungsfeiev der Reichsregierung FtU eilige Lesee. * Die Bcrsasiungöscicr der Rclchsrcgicnliig sand untcr Teilnahmc des Rcichspräsidcuten und des Reichskanzlers im Reichstag stall. „ , » * Aus den früheren König von Griechenland Georg II. soll ein Attentat verübt worden sein. * Nach einer Meldung in der Täglichen Rundschau aus Paris wird sich der französische Ministcrrai am 19. August mit der «»rage der Verlängerung der Rhcinlandbcscßung befassen. * Wie nunmehr festgestcllt wird, beträgt der durch das Un wetter am 3. Juni im Amtsgcbicl Parchim angcrichtctc Sach schaden rund 299 009 Mark. Da der Staal und das Ami Parchim keine finanzielle Hilfe gewähren, Hai man sich zur Einlcilung einer Krcditaktion enlschlosscn. * Zwei dculschc Kommunistenführer wurden wegen aktiver Betätigung bei den Saarbrücker Vorgängen von der Saarlän dischen Polizei ausgewiesen; sic waren kurz vorher ins Saargcbict gekommen. Sächsische Schweiz Tageszeitung für die Landgemcinocn Altendorf, Kleingießhübel, Klclnhcnner». darf, Krippen, Lichtcnhain, Mittclndorf, Ostrau, Porschdorf, Postclwiß, Prosten, Rathmannsdorf, Rcinhardisdorf, Schmilka, Schöna, Waltersdorf, Wcndischfähic, sowie für das Gesamtgcbiet der Sächsischen Schweiz Druck und Verlag: Sächsische Elbzeitung. Alma Hieke, Inh. Walter Hieke Verantwortlich: K. Rohrlappcr Anzeigenpreis (in NM.): Die 7gespallcne 38 mm breite Petitzeilc 20 Pfg., für aus- wärtige Auftraggeber 25 Pfg., 85 mm breite Ncklamezcil« 89 Pfg. Tabellarischer Satz nach besonderem Tarif. — Bei Wiederholungen wird entsprechender Rabatt gewährt. Anzeigenannahme für alle in- und ausländischen Zeitungen Tageblatt für die di- amtlichen Bekanntmachungen für .den Sw''v!»s--M» «'ankkoMew -'-»'»-SM «ich die japanischen Staatsmänner entschlossen, folgende Richt- linien für die japanische Politik gegenüber China anfzustellen, die am 7. Juli d. I., dem Tag der Beendigung der Konferenz, veröffentlicht wurden: „Japan lehnt jegliche Einmischung in chinesische Partei- Zwistigkeiten ab. Japan sympathisiert mit dem gemäßigten Nationalismus in China, es er- hofft eine friedliche wirtschaftliche Entwicklung, die durch dic Bemühungen chinesischer Nationalisten mit Unterstützung freundlicher Mächte erreicht werden kann. Eine starke Zen- tralgcwalt in China ist erforderlich, aber ihre Errichtung wird Zeit beanspruchen. Unabhängig von der endgültigen Ein- stell,lng einer Negierung, die das Land vertritt und beherrscht, wird Japan bereit sein, mit einer solchen zn verhandeln. Während der gegenwärtigen Unruhen wird Japan die Schritte unternehmen, die znm Schutze seiner Rcichsangchöri- gen und Interessen in China erforderlich sind. Infolge seiner geographischen Lage ist Japan vor allem nm die Aufrecht erhaltung des Friedens in der Mandschurei und der Mongo lei besorgt; Japan vertritt den Grundsatz der offenen Tür. Japan wird alle nötigen Maßnahmen tref fen, um die Ordnung.in der Mandschurei und Mongolei aufrccht zu erhalten, sowohl im Inter esse der Chinesen als auch der Ausländer und im eigenen." Der letzte Satz des Programms ist der wichtigste, weil Japan sich somit die Schutzherrschast über Chinesen zuspricht. Zur Tat war Japan schon Ende Mai geschritten, »ls cs Truppen nach Tsingtau entsandte. Anfang Juli be setzte Japan dann Tsinan, wodurch die Bahn Kiautschou- Tsinan wieder unter Japans Kontrolle kam und die Verbin dung vom Aangtsetal nach dem Norden hin mittels der Pukou- Ticntsin-Bahn auch jederzeit unterbunden werden kann. Die Erfolge, die die Chinesen seit 1922 errungen hatten, smd also dahin; aber auch die amerikanische Politik der Washingtoner Verträge hat Schiffbruch erlitten. Japan ahmt Deutschland zur Freiheit und zum Frieden führen könne. Abgeordneter von Kardorss ging sodann auf die Geschichte der deutschen Farben im einzelnen ein und erklärte dann, die Farben Schwarz-Nol-Golv müssten geachtet werden als die Ncichsi'arben und das Sinnbild des großdcMschcn Ge dankens, aber ebenso auch die Farben Scbwarz-Wciß-Rol als das Sinnbild der großen deutschen Vergangenheit. Ebenso wie die beiden deutschen Neichssarben nebeneinander geachtet werden müssten, so sei cs auch mit der Neichsvcrfassung vcS Fürsten Bismarck gegenüber der Weimarer Verfassung. Der Redner ging ans verschiedene notwendige Reformen der deut schen Verwaltung ein. Er streifte die Frage der Umständlich keit der deutschen Gerichtsbarkeit und forderte allgemein eine billiger arbeitende innere Verwaltung durch Rationalisierung des gesamten deutschen Behördenapparatcs. Der Rcichstags- abgcoronctc streifte weiterhin außenpolitische Fragen und for derte insbesondere dic notige Einsicht gegenüber der Bedeutung der internationalen Wirtschaftspolitik. Dic Gefahr eines neuen Weltkrieges müsse unter allen Um ständen vermieden werden, da sic den Untergang der alten europäischen Kultnrwclt bedeuten würde. Deutschland habe seinen Friedenswillen durch den Eintritt in den Völkerbund und seine Entwassnung bewiesen. Trotzdem ständen aber heute noch fremde Truppen in der zweiten nnd dritten Besatzungs- zonc und Deutschland habe im Dawes-Plan Ncparatrons- lastcn zn erfüllen, die weit über seine Kräfte gingen. Herr von Kardorss schloß seine Rede mit einer Mahnung zur Einig keit und einem Bekenntnis des Glaubens an dic deutsche Zu- km,si. Die Ansprache des Reichskanzlers hatte folgenden Wortlaut: „Herr Reichspräsident, sehr verehrte Damen und Herren! Als ich heute vor einem Jahre an dieser Stelle zu Ihnen sprach, gab ich der Hoffnung nnd dem Wunsch Ausdruck, daß das deutsche Volk auf dem Boden der Verfassung sich im gemeinsamen Dienste am Vaterland- zusammenfindcn möge. Ein Jahr, reich an Arbeit, ist seither vergangen. Blieb auch manche Enttäuschung nicht aus, manche Hoffnung unerfüllt, eines dürfen wir mit Befriedigung feststellcn: Das Verständnis für das Vcr- fassungswerk von Weimar beginnt auch in den Kreisen unseres Volkes zu wachsen, die ihm bisher innerlich gleichgültig, wenn nicht gar ablehnend gegenüberstanden, nnd die Erkenntnis, daß nur aus dem Boden dieser Vcr- sassung Deutschlands Wiederaufstieg erreicht werden kann, ist heute Allgemeingut des deutschen Volkes geworden. Der Neichsregierung als der berusenen Hüterin dieser Verfassung obliegt nicht nur die Pflicht, die Verfassung gegen jeden ungesetzlichen Angriff zu verteidigen, sie hat auch dafür zn sorgen, daß das Grundgesetz des neuen Volksstaatcs im Volke selbst die gebührende Achtung und Anerkennung genießt. Wir »vollen in dieser festlichen Nr. Mark über die Verfassung. Der 11. A u g n st im Reichstage. Zur diesjährigen Vcrfassnngsfeier der Neichsregic rnng war der Reichstag reich geschmückt. Sitzungssaal und Tribünen füllte eine dichte Menschenmenge, wobei dic Helle Kleidung der Damen Abwechslung in den Ernst der dnnklen Männerkleidung brachte. Vor dem Redner pult war eine schwarz-rot-goldene Fahne ausgcbrcitet. Das Pult selbst und der Präsidentcnsitz trugen Dekoration durch Taunenreisig. Uber dem Präsidcntcusitz erhob sich ciu großer Reichsadler, neben dem rechts und links dec Vorspruch der Verfassung in zwei Tafeln angebracht war. Die Säume der Tribünen waren ebenfalls von Tannen- gcwindcn umzogen, von denen dic Fahnen und Wappen der deutschen Lauder in den Saal hinabhingen. Auf der Bank der Neichsregierung saß Reichskanzler Dr. Marx, neben ihm der Festredner von Kardorss, weiter der preußische Ministerpräsident Brann und die Reichs- Minister rMrgt, Dr. Stresemann, Schiele und Schätzel. Dic Länder waren gleichfalls durch ihre Be vollmächtigten vertreten. Die Feier selbst begann mit dem Erscheinen des Reichspräsidenten von Hindenburg, der, von dem Neichstagspräsidenten Löbe begleitet, pünktlich um 12 Uhr die Diplomatenloge betrat und von den Anwesenden durch Erheben von den Sitzen geehrt wurde. Der Reichspräsident verneigte sich einige Male und nahm dann mitten in der Diplomatenloge Platz, rechts und links flankiert von dem Neichstagspräsi denten Löbe nnd dem Neichsinnenminister Dr. von Keudell. Auch der Chef der Heeresleitung und der Chef der Marineleitung saßen in der Loge. Auf die Be deutung der Verfassung wies dann in seiner Rede der Abgeordnete der Deutschen Volkspartei Herr von Kardorss Hin, der dabei besonders die Verdienste des verstorbenen Reichspräsidenten Ebert und des jetzigen Neichspräsi- denten v on Hindenburg um die Festigung der deut schen Verhältnisse nach dem Zusammenbruch hervorhob. Er sagte in seiner Rede n. a.: Zwei Fragen seien cs, die dic Weimarer Verfassung ge regelt haben und die bis zu diesem Tage im Mittelpunkt des inncnpolstischcn Streites ständen: Die Frage der Staatssorm und dic Flaggcnfrage. Der Redner ging auf den Übergang Deutschlands von der Monarchie zur Republik über und erklärte, daß cs vielen schwer geworden sei, sich zur Republik zu bekennen. Aber beute muß ein icdcr clnlebcn. daß nur die dculschc Republik die englische Politik im Mngtselale nach, ohne aber — und das ist ebenfalls bezeichnend — die Beziehungen zu Sowjet- rußland abzubrechcn. Die Wirkung ans dic chinesische Oeffentlichkcit ist nicht auSgcblicben. Im ganzen Süden, einschließlich des Aangtsc- talcs, wird der seit 1925 eingeschlafene Boykott gegen Japans Handel und Schiffahrt wieder in die Wege geleitet. Auch das Auswärtige Amt iu Peking hat in einer Note Einspruch er hoben, nachdem es schon vorher häufiger gegen die Entsen dung von Trnvpen nach Tsingtau protestiert hatte. Daß dic japanische Oeffcntlichtcit geschlossen hinter der japanischen Negierung steht, läßt sich nicht sagen. So schrieb die „Osaka Mamichi": „Welchen Nutzen werden die in Tsing tau stationierten Truppen uns bringen, verglichen mit den Opfern? Sollen sie dort gehalten werden, ohne in Tätigkeit zu treten, so wäre cs besser, sie zurückznzichcn; wenn sic es aber doch sollen, so wird das nicht ohne schwerwiegende Fol gen bleiben." — In der Tat sollen bereits in Tsingtau Zu sammenstöße zwischen Japanern und Chinesen stattgefunocn haben. Die Bedeutung der Besetzung Schantungs liegt darin, daß Japan zum ersten Male seit der Beendigung des Welt krieges ans der Politik der Vorsicht und des Nachgebens ge- gcnüber China in die rücksichtsloser Machtcntfaltung nmgc- schwenkt ist und daß diese Schwenkung stattfindcn konnte, ohne daß dieselben Mächte Einspruch erhöbe», dic Japan durch die Verträge von Washington 1922 znm Nachgcbcn gc- zwnngcn hatten. Gemäß Nachrichten der japanischen Telegraphenagcntnr „Nippon Dempo" war Mitte Juli eine gemischte Brigade, be stehend aus Infanterie, Maschincngewchrabteilnngen und Pionieren, in Schantung mit dem Hauptquartier in Tsinan. Weitere Truppenmengen sollen in japanischen Häsen und im japanischen Pachtgebict Daircn kriegsbereit zur Verfügung sieben. ^IIT^IIIükirlÜAu.soerrung, Betriebsstörung usw. berechtigt nicht zur Kürzung des Bezugspreises oder zum Anspruch auf Lieferung der Zeitung «tchierlchcincn einzelner Nummern infolge böhcrer Gewalt, Streik, «u.ipeirunu, s Fernsprecher: Bad Schandau Nr. 22 - Drahtanschrift: Elbzeitung Bad Schandau SLZM-WSSLSLSWSZ We u"d un, da. Reit der Nachsorderung vor Zur öezetruna Zchantungr Mch tlie Japaner. Von Or. F r i c o r i ch O t l e, Professor a. D., Reichsnniversität Peking. Der Name Kiantschou erweckt im Herzen des Deutschen wehmütige Erinnerungen, vor allem in den Herzen der vielen, dic dort einmal gelebt haben. Vielleicht hörte man trotz der bescheidenen Größe des Pachlgcbictcs im Vergleich zu ande ren früheren deutschen Uebersecbcsitzungcn deshalb soviel von Kiantschon und spricht auch heute deshalb so gern davon, weil cs der einzige Flecken Erde war, wo sich deutscher Kulturgcist auf dem asiatijchcn Festlaude betätigen konnte. Für uns Deutsche ist die Schantungfrage, mithin Kiautschou, weltpoli tisch allerdings seit dem 7. November 1914 erledigt; damals fiel Kiautschou in die.Hände der Japaner, die, von Norden kommend, die Bahn von Tsinan bis Kiantschon besetzt hatten nnd damit das Herz der chinesischen Provinz Schantung. Im Artikel 156 des Verlailler Diktats verzichtete dann Deutsch- land noch zugnnste» Japans ans alle Vorrechte und Ansprüche ans dem Kiautjmo'ivertrage vom 6. März 1898 mit China. Die Chinesen "rcannten jedoch diesen Verzicht nicht an und weigerten sich, dc.m Vertrage beizutreten. Hierin wurden sic von den Amer,säuern unterstützt; auch die Engländer wand ten sich damals gegen Japan, indem sie den mit ihm geschlosse nen Frenndschastsvcrtrag kündigten. Durch die Veriräge von Washington 19:2 wurde weiterhin auf Japan ein 7 ck ans geübt, dem es sich scheinbar Wittig fügte. Im Laus —s De zember 1922 unterzeichnete Japan verschiedene A, amen mit China und räumte bereits am 1. Januar 192!! Schan- stlttg, nicht ohui sich dabei bedeutende Rechte Vorbehalten zn haben. Die sür die Rückgabe geltende Gesamtschuld Chinas an Japan wurde auf ruud 40 Millionen S)en sestgcfetzt, und dic halbamtliche' „Peking Daily News" bemerkte in einem Aufsatz vom 14. Dezember 1922 unter anderem: „Der Gegen satz zwischen den deutschen Tagen und der heutigen Lage zeigt aufs schärfste die Vorteile, die Japan aus der Besetzung Tsing taus während des Krieges gehabt hat. Während der ganzen Dauer der deutschen Besetzung gab die deutsche Negierung ungeheure Summen für die Entwicklung des .Hafengebietes aus. Privatnnternchmcn steckten ihr Geld in Bergwerke und Eisenbahnen. Sic alle, Negierung und Privatleute, haben alles verloren. Das war Kriegsglück nnd die Folge der Aufhebung zivilisierter Kriegs- gebräuchc durch den Versailler Frieden. Ja pan hingegen, als Nachfolger der deutschen Wirtschaftsrechte befindct sich in einer weitaus günstigeren Lage. Statt Geld in Mengen einznführcn wie Deutschland, wird Japan Jahr für Jahr Millionen als Entschädigung erhalten, während die ja panischen Eigentümer noch dazu den Vorteil haben, eine fertig hingebaute Stadt zu besitzen mit allen neuzeitlichen An nehmlichkeiten." In der Tat hat diese chinesische Aeußernng ihre volle Berechtigung. Was die Deutschen in Schantung in dem kurzen Zeitraum von 16 Jahren geleistet haben, steht in der Kolonialgeschichte einzig da; selbst der chinesische Bauer wurde wohlhabend, überall herrschte Friede, und es bahnte sich, nachdem die Chinesen einmal die ihnen keineswegs ein wandfrei dünkende Art des Erwerbs des Pachtgebietcs ver- wnndcn hatten, ein geradezu herzliches Verhältnis zwischen ihnen und den Deutschen an. Noch heute ist der Deutsche der beliebteste Ausländer in Nordchina. Die Unruhen im Yangtsetal, die Flucht tausender japa nischer Untertanen, die Unterbindung des Handels, die Ver legung des Kriegsschauplatzes aus dem Yangtsetal weiter nach Norden, die auch 1914 schon einmal erwogene Möglichkeit, daß andere Machte Japan in Schantung zuvorkommen könn- ten und die Bedrohung der oben erwähnten japanischen Inte ressen in Schantimg haben dann zu einem heftigen Kampf in der Manischen Oeffentlichkcit geführt, der einen Ausdruck land in der Einberufung einer Sonderkonferenz in Tokio wo _ Unterkaltung und Wissen", „llnterkaltungsbeilage". Jag LödöN ilN Bild ötklNÜlge tzor Welt der Zrau", Illustrierte Sonntagsbeilage 2