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4 1/» II Erscheint jeden Wochentag Nachmitt. V.SUHr für den .NO andern Tag. Preis vierteljährlich 2 Mark2ü Ps., zweimonatlich 1 M. SV Pf. und einmonatlich 7b Pf. inr ) Uhr II, vss tbor. >Hi- ft und 7» N» ed äiss «II Ullck lötrliob MöillS °R. !86. naolier. rorstag rbauso, nwdt. wndten muachs »ßr U. s«m». Nach- itschlitf le und rzlicher klewm i Dank kr-ttr tfutter- iwserer Slmnen ! >n1»ßsr 88«. se«e«. »9. Jahrgang. — > Donnerstag, den 2. Dezember Mehrüberweisung von 1 845 464 M. erfolgen können, diese Summe kann als Ergänzung für den Fehlbetrag des Gesammt- etatS angesehen werden. Zu erwähnen ist noch, daß au- praktischen Gründen dem Anträge der egyptischen Regierung auf Ueberlassung von Silberbarren stattgegeben wurde. Die Mehreinnahmen im laufenden Jahre werden sich für die Er träge auS der Zuckersteuer mit 960000 M., auS dem Brannt wein mit 144 000 M. ergeben; unter dm Mehrausgaben werden namentlich figuriren solche für Garnifonbauten mit 17 Millionen. Die Zölle und Steuern ergaben einen erhebliche« Ausfall." Der Schatzsekretär ging sodann auf den neuen Etat über und gab eine Uebersicht der bereit- bekannten Etatszahlen. „Mehrbedürsnisse", so bemerkte er, „werden nicht auSbleibrn. Angesichts der ablehnenden Haltung des Reichstages gegenüber allen Vorlagen zur Deckung der Mehrbedürfnisie haben di« Bundesregierungen von neuen Steuermtwürsen Abstand ge nommen und ist ihnen nur übrig geblieben, durch Erhöhung von Matrikularbeiträgen einzutreten. Neue Steuern, die keine wirklichen oder vermeintliche Belästigungen mit sich führe«, lasten sich niemals finden. Wenn die gegmwärtige Nothlag« die Ueberzeugung festigt, daß die Mehrbedürsniste auch Mehr einnahmen zur Deckung erfordern, dann wird die Finanzlage deS Reiches günstiger werden." Abg. Rickert erwiderte, seit 1879 handle sich'- um Vermehrung der Steuerlast und um Erhöhung der Ausgabe«. Die Einnahmen müßt« aber noch so gestaltet werden, daß sie auch bei d«r. fich vermehrenden Bevölkerung ohne Belästigung zur Deckung der Bedürfnisse aoSreichten. Beim Durchgehm der einzelnen Positionen deS Etats ergeb« sich sofort, wie gerade hiergegen unverantwortlich gehandelt werde. Da- Zuckrrsteuergesetz sei recht ein solches, wie eS nicht sein soll. Ebenso stehe es bei den andern Etats, beispielsweise bei dem Etat der Zölle. Man könne höhere Einnahmen leicht dekretiren, aber nicht so leicht sei es, sie in ein richtiges Verhältniß zu dm Ausgaben zu bringen. Bei dem Börsensteucrgesetz sei im Voraus gesagt worden, man werde den Ertrag von 18 Millionen nicht erreichen; das sei auch eingetroffen. Bei dem Postetat sei eS sehr ausfallend, daß der Ueberschuß in diesem Jahre rund 800 000 M. betrage. Warum ermäßige man die Porti für die Brirspost nicht? Trotzdem werde in dm Ausgaben selbst angesichts dieser offenbaren Ausfälle nicht gespart. Be züglich des Marineelats liegt die Sache im Wesentlichen nicht anders. Nicht minder unrichtig und schädlich seim die für die neuen Kolonialunternehmungm gemachten Aufwendungen. „Was wirklich bewilligt werden muß, werden wir", so betonte Redner, „nicht verweigern, aber auf ungewisse unabsehbare Projekte können wir uns nicht einlafsen. Zur Begründung einer Offensivflotte habm wir kein überflüssiges Geld. An langend speziell die Einrichtung einer dritten Landwehrinspektion in Berlin, so liegt darin geradezu ein direkter Eingriff in die budgetmäßigen Rechte der Volksvertretung. Uns aber wirft man vor, wir gingen darauf aus, absichtlich die Wehrkraft des Reiches zu mindern. In den Vorwürfen gegen die Frei sinnigen seien namentlich die Konservativen unerschöpflich. Sage man doch, die Freisinnigen suchten den Widerspruchsgeist in die Armee zu tragm, während bekanntlich der Konservative v. Köller versucht habe, die politische Agitation ins Heer zu tragen. Auch die Posten für das sozialistische Gesetz seien genau in Erwägung zu ziehen, die sozialpolitische Gesetzgebung sei noch sehr lückenhaft und schon stelle man ein Arbeiter- invalidengesetz in Aussicht. Die Regierung möchte doch angeben, wie weit sie damit gekommen und wieviel Geld man dazu gebrauche. Den Freisinnigen werde stets keine andere Absicht untergeschoben, als die, das Reich zu unterminiren, und zwar durch die von dem Finanzminister inspirirten Organe. Wir wollen aber nur nicht, daß die großen Massen schließlich AlleS tragen. Augenblicklich handelt es sich bei uns um die Aus gabeerhöhung. Die Vergleichung mit Frankreich erscheint un berechtigt, denn wir sind nicht so reich wie-Frankreich und könnm die Ausgaben nicht so erhöhen, wie dieses, und auch in Frankreich zeigen sich die Folgen schon jetzt. Jedes Jahr schließt dort mit einem Defizit von 800 Millionen Frks. ab. Mit Frankreich wünschen wir den dauernden Frieden und wir werden ihn erreichen, wenn die Franzosen lernen, daß Deutsch land seinen Besitzstand mit dem letzten Mann zu Vertheidigen entschlossen ist. Unsere Partei weist jede andere Absicht als diese entrüstet von sich; auch wir wollen, daß unser Wehr stand fähig sei, auch wir wollen, daß die Finanzen sich mög lichst günstig gestalten. Aber die gegenwärtige Regierung ver steht nicht, eine gesunde Grundlage für das Wohl der breiten Massen zu schaffen." Staatssekretär vr. v. Stephan verwahrt sich gegen den Vorwurf, daß die Post- und Tetegraphen-Verwaltung mit Frankreich hat keinen Zwang auSgeübt, sondern nur Eng land daran erinnert, daß man zu Mer endgiltigen Lösung gelangen müsse und damit wird sicM ein Ergebniß erzielt werden. Bezüglich des SuezkanalSMind Unterhandlungen zur Herbeiführung einer europäiWn Verständigung im Zuge. Wir werden auch zu einer Verständigung mit Eng land kommen, oder es wird EuropoLine Gesammtheit von Zragen vorgelegt werden, und unserLJnteressen werden sich rann mit der Rücksicht, die wir eirLr befreundeten Groß macht schulden, vereinen lassen. Frankreich verfolgt allen Mächten gegenüber eine offene, loyale und interessenlose Politik. Darum hat Frankreich auch die Achtung aller Staaten, mit welchen es in Berührung ist. Freycinet prach auch noch über die Kolonial-Politik und erklärte abermals, die Aera der neuen Eroberungen sei geschlossen; es wäre aber unklug, dm Besitz nicht unter den besten Be dingungen dem Lande zu sichern. Der Minister schloß unter großem Beifall seine Kammerrede mü den Worten: „Ich ann nur sagen, die Lage des Staates ist gut. Nach innen wie nach außen verfolgt Frankreich eine feste, zugleich aber eine maßvolle Politik, und diese wivd sicherlich die Billi gung des Landes finden." Dieselbe allen Abenteuern, besonders aber einem neum Kampf mit Deutschland abgeneigte Friedensstimmung spiegelt sich auch in dem von dem Budgetausschuß der französischen Deputirtenkammer ayaenommmen Bvcickt deS Abgeordneten Casimir Pörier über das HerreskuMt für 1887. Freilich ist der Effektivbestand der französischen Armee mit 491200 Mann ein sehr hoher, doch müssen davon 12500 Mann und Tageblatt Amtsblatt für die königlichen nnd städtischen Behörde» zn Freiberg und Brand Verantwortlicher Redakteur: Julin-Braun in Freiberg. Frankreichs auswärtige Politik. Nachdem in den Motiven zur deutschen Militärvorlage bedeutsam auf die Rüstungen Frankreichs hingewiesen und die Möglichkeit in's Auge gefaßt worden, daß Deutschland es einst mit Frankreich und Rußland aufzunehmen haben könne, mußte man darauf gefaßt sein, daß von französischer Seite darauf irgend eine Antwort erfolgen werde. Einige Pariser Blätter schrieben zwar, daß Frankreich nun erst recht fort rüsten müsse, regierungsseitig scheint man aber jedem Streit mit Deutschland aus dem Wege gehen zu wollen, um sich mit England wegen Egypten und Madagaskar auseinander setzen zu können. Der englische General Willoughby er munterte die Königin der Howas dazu, sich dem Anspruch des französischen Ministerresidenten auf Madagaskar, die Beziehungen der Howas zu anderen Völkem zu beeinflussen, auf das Entschiedenste zu widersetzen. Andererseits hält man es in Frankreich für unerträglich, daß die Engländer jede Auskunft darüber verweigern, wenn sie eigentlich ihre Truvpen aus dem Nillande zurückziehen würden. Unter solchen Umständen war man sehr darauf gespannt, welche Erklärungen der leitende französische Staatsmann in der Kammer bei der Antwort der Interpellation deS Deputirten Delafoffe abgeben würde. Dieser bonapartistische Abgeordnete begründete am Sonnabend seine Interpellation über die -on ihm vielfach mißbilligte auswärtige Politik Frankreichs, beobachtete aber dakei über 1ms Verhältniß zu Deutschland vollkommenes Stillschweigen. Die egyp- tische Frage bezeichnete Delafoffe dagegen als eine der größten Katastrophen, die Frankreich jemals betroffen hätten. Er meinte, Egypten könne doch unmöglich ewig bei England bleiben; schon früher habe Gladstone die Räumung Egyp tens versprochen und Salisbury erst kürzlich wieder in seiner Banketrede diese Räumung als eine Pflicht bezeichnet. Dennoch zeige Alles, was England in Egypten thue, daß es dort noch lange, wenn nicht immer, bleiben wolle. Um seinen internationalen Verpflichtungen zu entgehen, suche England über Egypten ein Abkommen mit dem Sultan zu treffen, der aber hoffentlich nicht in die Falle gehen werde. Delafoffe fügte hinzu, Frankreich solle sich nicht auf neue Abenteuer einlassen, sondern lieber erst England klar machen, daß es seine Politik nicht auf ein längeres Verbleiben in Egypten einrichten dürfe. Auch die Freiheit des Suez kanals sei für Frankreich eine hochwichtige Angelegenheit. Schließlich lobte der Interpellant das russische Vorgehen in Bulgarien und wünschte, daß sich die französische Re- gierung dieser gemäßigten russischen Politik anschließe. Darauf erwiderte der Minister Freycinet unter rauschen dem Beifall: Eine Hauptaufgabe der republikanischen Re gierung ist die Aufrechterhaltung des Friedens. Derselbe ist noihwendig für die Umwandlung der alten monarchischen in die republikanische Staatsform. Die Mehrheit, welche auf den Gefühlen sich gründet, muß sich erst in eine Mehr heit verwandeln, welche aus vernünftigen Erwägungen her vorgeht. Dazu sind Jahre nöthig. Ein Krieg in Europa würde dieses Werk bedenklich stören. Außerdem muß die Republik den Weg der Verbesserungen betreten, damit der öffentliche Geist sein ruhiges Gleichgewicht wiedererlange. Vieles hat die Republik bereits gethan; sie hat den Unter richt in allen seinen Abstufungen geregelt und die Freiheit der Bürger durch Gesetze gesichert. Noch sind aber die schwersten sozialen Reformen durchzuführen, wie z. B. die Regelung des Verhältnisses zwischen Kapital nnd Arbeit. Diese Lösung erfordert insbesondere Ruhe und Reife und kann nur während eines langen Friedens verwirklicht wer den. Frankreich ist aber eine Großmacht und will seinen Rang behalten und in allen internationalen Fragen eine Rolle spielen. Allein es muß in Erwägung ziehen, bei welchen Fragen das allgemeine Interesse im Spiel« ist. Zu den letzteren gehört die bulgarische Angelegenheit nicht. Wesentlich ist für uns die Erhaltung der Unverletzlichkeit des ottomanischen Reiches und die Erhaltung des Gleich gewichtes in dem Becken des Mittelmceres. Deshalb bietet die egyptischd Frage für Frankreich ein Interesse erster Ordnung. Egypten bildet die Verbindung zwischen Europa, Asien und Afrika. Wer Herr ist von Egypten, ist Herr des Mittelmeeres. Man kann also nicht zugeben, daß Egypten in der Hand einer einzigen europäischen Macht bleibe. (Anhaltender und wiederholter Beifall.) Diese Ge fahr ist aber nicht zu besorgen. Die Engländer haben uns wiederholt versichert, daß sie nur nach Egypten gegangen sind, um die Ordnung herzustellen; sie haben wiederholt anerkannt, daß Egypten sein eigener Herr bleiben könne. in Abzug gebracht werden, die als Besatzungstruppen in Ostasien stehen, ferner wurde der angeführte Bestand durch zahlreiche Beurlaubungen vermindert, die stets nach den September-Manövern und während des Zeitraums erfolgen, welcher die Entlassung der vom Dienst befreiten Soldaten von der Einberufung der militärpflichtigen Mannschaft trennt. Nach dem diesjährigen französischen Militäretat beträgt die Zahl der durch Beurlaubungen und die hinaus geschobene Einberufung in Wegfall gekommenen Dienstzeit fast 7 Millionen Tage, was einer Herabminderung des Bestandes um 19000 Mann gleichkommt. Der Bericht Pöriers betont — und dies ist für die Septennats-Berathung im deutschen Reichstage hochbedeutsam — daß die franzö sische Kammer niemals Ersparnisse verlangt, welche den Effektivbestand der Armee und die militärische Macht Frank reichs schädigen könnten. Ohne den Bestand verringern zu wollen, suche die Kammer nur seit einiger Zeit die Ausgaben in gewissen Zweigen der Militärverwaltung behufs Erleich terung des Gesammtbudgets herabzusetzen. Es ist aus dem Bericht ersichtlich, daß im Jahre 1884 die Ausgaben für die Ernährung, Kleidung und Unterbringung der Truppen pro Mann von 255 Franks 82 Centimes auf 237 Franks 80 Centimes herabgingen. Im Jahre 1885 wurden auf Veranlassung des Kriegsministers Boulanger noch weitere Ersparnisse erzielt, was in dem Ausschußbericht besonders lobend hervorgehoben wird. Aus alledem scheint hervor zugehen, daß zumal bei der jetzigen Finanzlage Frankreichs eine weitere Erhöhung des Militäretats ebensowenig zu erwarten steht als eine offene deutschfeindliche Politik, welche Frankreich völlig außer Stand setzen würde, England gegen über seine Ansprüche in Bezug auf Egypten und Mada gaskar wirksam zu vertheidigen. Tagesschau» Freiberg, den 1. Dezember. Im deutschen Reichstage fand gestern die erste Lesung des Etats statt. Zunächst ergriff Schatzsckretär Jacobi das Wort. Er erklärte: „Die Mittheilungen, die ich Ihnen zu machen habe, sind Ihnen größtentheils schon bekannt, leider wenig erfreulich. Die Einnahmen aus der Post und Tele graphie betrugen im laufenden Etatsjahre mehr ungefähr 900000 Mark, diejenigen aus den Reichseisenbahnen weisen einen Minderbetrag von 148 000 Mark aus. Die Einnahmen aus der Rübenzuckersteuer haben schon 1884/85 ein Minus von 14i/, UM ergeben, welches im Vorjahr auf 20 Mill, stieg. Bei den Ausgaben für das Rcichsheer wurden von der Naturalverpflegung 2'/, Millionen Mark erspart, während für die Marine eine Mehrausgabe von 7'/, Millionen Mark erforderlich wurde. Der Gewinn aus der Rübenzuckersteuer belief sich auf rund 17 480 000 M-, aus der Tabaksteuer er gab sich eine Mindereinnahme von einer halben Million. Die Zölle ergaben ein Plus von 15 856 490 M-, die Stempelsteuer ein solches von 2 600 000 M. An die Einzelstaaten hat eine Inserate werden bis Bormittag 11 Ubr angenom- ü FHFU/P men und betrügt der Preis für die gespaltene Zeile N 1 OO V oder deren Raum 18 Pf. M.vw