Volltext Seite (XML)
Dresdner W Journal. TkLniglich Särhstschev Staatsanzergev. Verordnungsblatt der Ministerien nnd der Ober- nnd Mittelbehörden. Nr. 145. > Beauftragt mit der verantwortlichen Leitung: Hofrat DoengeSin Dresden. < Sonnabend, 26. Jnni 1909. Bezugspreis: Beim Bezüge durch die Expedition, Große Zwingerstraße 20, sowie durch die deutschen Postanstalten 3 Mark vierteljährlich. Einzelne Nummern 10 Pf. Erscheint: Werktags nachmittags. — Fernsprecher: Expeditwn Nr. 1295, Redaktion Nr. 4574. Ankündigungen: Die Zeile kl.Schrift derbmal gespalt.Ankündigungsseite 25 Pf., die Zeile größerer Schrift od. deren Raum auf 3 mal gesp. Textfeite im amtl. Teile 60 Pf., unter dem Redaktionsstrich (Eingesandt) 75 Pf. Preisermäßigg. aus Geschäftsanzeigen. — Schluß der Annahme vorm. 11 Uhr. Amtlicher Teil. Dank an die alten Angehörigen des 102. und 1V3. Infanterie-Regiments. Teine Majestät der König haben bei der 200jährigen Jubelfeier des 3. Infanterie-Regiments Nr. 102 „Prinz-Regent Luitpold von Bayern" und des 4. Infanterie-Regiments Nr. 103 Sich von Herzen über die zahlreiche Beteiligung früherer Angehöriger beider Regimenter gefreut. Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften, ergraute Veteranen, Landwehrleute und junge Reservisten, sie alle bewiesen durch ihr Erscheinen bei der Parade vor Seiner Majestät und bei den übrigen Festlichkeiten, daß sie sich die Liebe für ihren früheren Beruf und die Anhänglichkeit an ihren Truppenteil treu bewahrten. Seine Majestät haben dem Kriegsministerium zu befehlen geruht, Allerhöchstsernen Königlichen Dank allen Teilnehmern öffentlich zur Kenntnis zu bringen. Dresden, den 25. Juni 1909. Kriegsministerium. 4507 Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem vormaligen Gängsteiger bei der Grube Himmelsfürst Hofmann in Linda das Ehrenkreuz zu verleihen. Ernennungen, Versetzungen re. im öffentlichen Dienste. s« «efchäftsbereiche de» Ministeriums der Justiz. Der Rechtsanwalt vr. Bruno Johannes Schroth in Grimma ist zum Notar für Grimma auf so lange Zeit, als er dort seinen Amtssitz haben wird, ernannt worden. Im Geschäftsbereiche de» Ministerium» de» Kult«» «. Sffeutl. Unterricht». Zu besetzen: Die 3. ständige Lehrerstelle zu Leukersdorf i. Erzgeb. Koll.: Die oberste Schulbehörde. 1500 M. Grundgehalt, 200 M. WohnungSgeld und 150 M. Ent schädigung für Fortbildungsschulunterricht. Bewerbungsgesuche unter Beifügung sämtlicher Unterlagen, ev. de» Militärdienstnach- weises bis 8. Juli an den Bezirksschulinspektor für Chemnitz II, Neefestr. 48. (Behördliche Bekanntmachungen erscheinen auch im Anzeigenteile.) Nichtamtlicher Teil. Vom Königlichen Hofe. Dresden, 26. Juni. Se. Majestät der König hat Sich gestern abend 10 Uhr 4b Min. ab Hauptbahnhof zum Besuche Ihrer König!. Hoheiten der Prinzessinnen töchter nach Bad-Elster begeben und wird heute abend 7 Uhr 45 Min. hierher zurückkehren. Mitteilungen aus der öffentlichen Verwaltung. vberverwaUungSgericht. Ein freiwilliges Mitglied einer Ortskrankenkasse erhielt von der letzteren eröffnet, daß seine Sassenmitgliedschaft wegen verspäteter Beitragszahlung für zwei aufeinander folgende Termine erloschen sei. Mit dem Anträge auf Verurteilung der Sasse zur Anerkennung der Fort dauer seiner Sassenmitgliedschaft erhob es Klage beim Ber- waltungSgerichte, indem es geltend machte, e» habe niemals ein Kassenstatut erhalten, eS sei ihm daher unbekannt gewesen, daß die Art und Weise seiner Beitragszahlung vorschriftswidrig sei. DaS BerwaltungSgericht wies die Klage ab. Auch die Berufung erfuhr das gleiche Schicksal. Da» Ober verwaltungsgericht hat die Frage, ob die wegen Zuwider handlungen gegen statutarische Vorschriften der Ortskrankenkassen eintretenden Rechtsnachteile auch solche Kassenmitglieder treffen, die entgegen der Vorschrift im j 24 des Krankenversicherungs gesetze» kein Saffenstatut erhalten haben, insoweit bejaht, al« e» sich um statutarische Bestimmungen handelt, die bloße Wieder holungen der Vorschriften de» Gesetze» sind. Schon hieraus folge, daß der Kläger, auch wenn er kein Exemplar de» Kassen- statut» erhalten habe, doch die Bestimmung in dessen z 10 Abs. 2 gegen sich gelten lasten müsse, wonach die Kassenmitgliedschaft freiwillioer Mitglieder erlösche, wenn diese die Kastenbeiträge an zwei aufeinander folgenden Terminen nicht zahlen. Denn diese Vorschrift sei sachlich nur eine Wiederholung dessen, was bereit» im Z 27 Abs. 2 de« KrankenversicherungSgesetze« bestimmt sei. Die obige Frage sei aber auch bei Zuwiderhandlungen gegen solche Statutenvorschriften zu bejahen, die selbständige Anordnungen über den im Gesetze nicht geregelten Zeitpunkt der Beitrag«- leistungen enthielten. Den« da» Gesetz knüpfe an die Außer achtlassung der Bestimmung im j 24 Abs. 3 nicht die rechtliche Folge, daß da»jenige Kassenmitglied, da» kein Exemplar des Statut» und etwaiger Abänderungen empfangen habe, an die statutarischen Vorschriften nicht gebunden sei und diese ohne Rechtsnachteil übertreten könne. ES gehe auch auS der Ent stehungsgeschichte der in Red« stehenden, auf der Novelle vom 10. April 1892 beruhenden gesetzlichen Bestimmung hervor, daß der Gesetzgeber derartige Folgen habe ausschließen und der Be stimmung nur instruktionelle Bedeutung habe beilegen wollen. Deutsches Reich. Der Kaiser. (W. T. B.) Hamburg, 25. Juni. Se. Majestät der Kaiser sandte von Kiel folgendes Telegramm an den Bürgermeister vr. Burchard: Soeben erhalte Ich die Meldung, daß der StaatSvertrag zwischen Preußen und Hamburg über die Regelung der unteren Elbe heute auch im preußischen Herrenhause angenommen worden ist. Möge dieses Übereinkommen, ein Symbol gemein samen Streben», der deutschen Schiffahrt zu neuem Segen ge reichen. Wilhelm I. R. Reichskanzler Fürst v. Bülow. (W. T. B.) Berlin, 25. Juni. Der Reichskanzler Fürst v. Bülow hat sich heute abend zum Vortrag bei Sr. Majestät dem Kaiser nach Kiel begeben. Bei der Abreise des Reichs kanzlers und des Chefs des ZivUkabinetls waren die Fürstin v. Bülow, der Staatssekretär des Innern und verschiedene Herren der Reichskanzlei anwesend. Der Fürst unterhielt sich bis zum Abgänge des Zuges lebhaft mit dem Staatssekretär deS Innern. Kiel, 26. Juni. Fürst Bülow ist heute früh 8 Uhr 21 Min. hier eingetroffen und hat sich sofort an Bord der „Hohenzollern" begeben. Bom Reichstage. Sitzung vom 25. Juni 1909. Am BundeSratStisch: Staatssekretär Sydow. Auf der Tagesordnung der um 2 Uhr 5 Min. eröffneten Sitzung stand zunächst die zweite Lesung der Änderung des Reichsstempelgesetze-. Abg. Graf Westarp erstattet den Kommissionsbericht und empfiehlt die Regierungsvorlage. Abg. Bassermann (nl): Nachdem gestern der wichtigste Teil der Reichsfinanzreform gefallen ist und der Reichskanzler, sowie der Staatssekretär des Reichsschatzamts die entschiedene Er klärung abgegeben haben, daß ohne Erbschaftssteuer eine Reichs- finanzresorm nicht zustande kommen wird und kann, sind wir nicht in der Lage, für die einzelnen Teile dieses Gesetze- zu stimmen. Da die Verbündeten Regierungen und die zu ihr stehenden Parteien gestern eine schwere Niederlage erlitten haben und da- Zentrum dem Reichskanzler die Quittung für die De zemberauslösung gegeben hat (Widerspruch), liegt eS bei den Kon servativen, dem Zentrum und den Polen, die Finanzreform so auszugestalten, wie sie es wünschen. Wir werden nur einzelne BerbesserungSanträge uns Vorbehalten, aber da die Voraussetzung einer allgemeinen Besitzsteuer seit gestern nicht mehr besteht, fehlt uns die Möglichkeit, die Finanzreform anzunehmen. (Bravo l link-.) Abg. vr. Wiemer (frs. Vp.): Mit Ablehnung der Erbschafts steuer entfällt die Voraussetzung, von deren Erfüllung wir unsere positive Mitarbeit abhängig gemacht haben. Wir werden unS an den weiteren Beratungen zwar beteiligen und uns bemühen, Verbesserungen durchzusetzen, aber in den entscheidenden Ab stimmungen müssen wir den weiteren Gesetzentwürfen unsere Zu stimmung versagen. Abg. vr. Spahn (Z.): Ich weise die Ansicht deS Abg. Bassermann zurück, als hätten wir gestern an dem Reichskanzler für die Dezemberauflösung Rache genommen. Wir haben uns nur von rem sachlichen Erwägungen leiten lassen. Abg. Raab (wirtsch. Vgg ): Ich werde gegen die Umsatzsteuer für Grundstücke stimmen und stehe also formell auf dem Stand punkte der Herren Bassermann und Wiemer. Aber die Gründe, die diese Herren für ihre ablehnende Stellung vorgebracht haben, sind außerordentlich trauriger Natur. Da- wird auch der Eindruck draußen in vaterländischen Kreisen sein. Abg. vr. David (soz): Ich habe mich nur zum Worte ge meldet, um zu fragen, ob die Verbündeten Regierungen nicht auch eine Erklärung abzugeben haben. (Große Heiterkeit link«.) Damit schließt die Debatte. In namentlicher Abstimmung stimmten mit Ja 174, mit Nein 151 Abgeordnete, ein Abgeordneter enthielt sich der Ab stimmung. Die Reichsstempelsteuer (Reichsumsatzsteuer für JmmobUien) ist daher angenommen worden. Es folgte die zweite Lesung der Wechselstempelsteuer. Staatssekretär Sydow: Ich wiederhole meine frühere Er klärung, daß durch die Entbindung aller Wechsel, die bis zu sechs Monaten laufen, vom Erneuerungsstempel der erstrebte finanzielle Effekt zum großen Teile vernichtet werden wird, und befürworte daher die Wiederherstellung der Regierungsvorlage. Abg. Kämpf (frs. Vp.): Werden die Sechsmonatswechsel ausgeschaltet, so handelt es sich nur um einen Ertrag von kaum 300000 M. Abg. Gras v. Brudzewo-MielzynSki (Pole) erklärt sich im Interesse des Genossenschaftswesens gegen die Vorlage. Abg. vr. Weber (nl ): Die Vorlage in dieser Form stellt eine stärkere Belastung des Mittelstands dar, als es die Erb schaftssteuer wäre, namentlich für die Einkaufs- und Berkauss- genossenschaften. Abg. Frhr. v. Gamp (Rp.): Wir werden in der zweiten Lesung für die Kommissionsbeschlüsse stimmen, da es jetzt nicht mehr möglich ist, einen Antrag auszuarbeiten, der die Wieder herstellung der Regierungsvorlage zur Folge hätte. Nach einer Erklärung des Abg. Singer (soz.), daß seine Partei gegen alle Vorschläge, wie sie aus der Kommission heraus gekommen sind, stimmen werde, wurde die Vorlage in ein facher Abstimmung angenommen. Es folgte sodann die Fortsetzung der zweiten Lesung der von der Kommission vorgeschlagenen Ersatz st euern, und zwar zunächst der Erhöhung des Kafsee- und Teezolls. Abg. vr. Pachnicke (frs. Vgg.): Erhöht man aus der einen Seite den Kaffeezoll und beläßt auf der anderen Seite die Sur rogate, wie sie sind, so bedeutet dies eine einseitige Bevorzugung der letzteren und der daran beteiligten Industrien. Abg. vr. Rösicke (kons.) wendet sich gegen den freisinnigen Antrag, nach dem für Lieferungen, die vor dem 1. Juni 1909 beschlossen werden, der Verkäufer berechtigt sein soll, von dem Empfänger Ersatz des höheren Zollsatzes zu beanspruchen. Abg. Molkenbuhr (soz ): Die Vorlage ist für uns nicht an nehmbar, denn der Kaffee ist nicht nur das Getränk der alten Frau, sondern auch des schwer arbeitenden Mannes. Will man mit dieser Steuer etwa den Familiensinn heben? Abg. vr. Spahn (Z.): Ein Teil meiner Freunde wird nicht für diese Steuer zu haben sein, wie wir überhaupt unsere end gültige Stellungnahme bis zur dritten Lesung, uns Vorbehalten. Abg. Frhr v. Gamp (Rp ): Es fragt sich, ob nach Erhöhung des Kaffee- und TeezoUS nicht auch eine höhere Besteuerung der Surrogate in» Auge zu fassen ist. Abg. vr. Semler (nl.): Kaffee und Tee sind nicht mehr als Genußmittel, sondern als Nahrungsmittel anzusprechen. Ich per sönlich bin überzeugt, daß diese ganze Gesetzgebung nichts anderes ist als eine Prämie auf Gerste. Abg. Goth ein (frs. Vgg.) befürwortet seinen Antrag, der notwendig sei, besonders hinsichtlich der mit den Armee- und sonstigen Verwaltungen abgeschlossenen langfristigen Lieferungs verträge. Redner fragt: Ist es Ihnen nicht möglich, bei Ihrer Steuersucherei den Kaffee unter die Parfümerien zu rubrizieren? Er ist, kalt genossen, doch auch ein Schönheitsmittel. (Große Heiterkeit.) Abg. Molkenbuhr (soz): Die Zollerhöhung wird eine Preiserhöhung und diese einen Konsumrückgang zur Folge haben. Abg. Fegter (frs. Vgg.): In Nordwestdeutschland bildet der Tee in großem Umfang das Bolksgetränk; der erhöhte Teezoll wird dort das Budget de» Arbeiter» außerordentlich belasten. Direktor im Reich-schatzamt Kühn: Eine Störung der guten Beziehungen zu den ProduktionSländern al» Folge einer Erhöhung de» Kaffeezolls würden wir sehr beklagen. Auf den Kaffeekonsum sind die Kaffeepreise stets nur von untergeordnetem Einfluß ge wesen. Die Anregungen der Abgg. v. Gamp und Gothein werden in Erwägung gezogen werden. Nach weiteren kurzen Bemerkungen der Abgg vr. Rösicke, Molkenbuhr und Fegter schließt die Debatte. In namentlicher Abstimmung über 8 1, der den Zoll für Rohkaffee auf 60 M-, für gebrannten Kaffee auf 80 M er höht, stimmen 187 Abgeordnete mit Ja, 154 mit Nein, sieben Abgeordnete enthalten sich der Stimmabgabe. Die Position ist somit angenommen. Z 2, der den Teezoll von 25 aus 100 M. für den Doppelzentner erhöht, wurde in einfacher Ab stimmung ebenfall» angenommen, desgleichen der Antrag Gothein (Ersatzleistung seitens der Empfänger bei langfristigen Lieferungsverträgen) mit den Stimmen der geschlossenen Linken, der Polen, Reichspattei und Wirtschaftlichen Vereinigung. Es folgte die Besteuerung der Beleuchtungskörper. Abg. vr. Weber (nl): E« gibt heute vier- bi« fünOausend Arten von Beleuchtungskörpern; wieviele Banderolenatten müßten