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VoigllänWtt' Alytigtr. Amtsblatt für d»s Köniqlicbe Beylksacricht ;» Plauen, sowie für die Königlichen Gerichtsämter und Stadträtbe zu Plaue», Pausa, Elsterberg, Schöneck und Mühltroff. Drmmdsiebenzigster Jahrgang. Verantwortliche Redaction, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. Diries Blatt ench.m: wöchculiich vicrinal, und zwar Dienstags, Mittwochs, Donnerstags und Sonnabends. Jährlicher Abonnementspre is, welcher prLirums- r»Läo zu entrichten ist, auch bei Beziehung durch die Post, 1 Tblr. 26 9l.gr. - Annoncen, die bis Vormittags 1t Uhr eingehen, werden in die Tags darauf erscheinende Nummer ausgenommen, später eingehende Annoncen finden in der nächstfolgenden Nummer Aufnahme. — Inserate werden mit 1 Ngr. für die gespaltene Eorpus-Zeilc berechnet. Einzeilige mit 2 Ngr. Für oie auswärtigen König!. Gerichtsämter und Otadträtbe, für welche der Boigtländische Anzeiger Amtsblatt ist, bestehen die Geschäftsstellen in Paula bei Herrn Iulius Guido r'orenz, in Elsterberg bei Herrn F. W. Feustel, in Schöneck bei Herrn Eduard Meyer, in Mühltroff bei Herrn Chauffeegelder-Einnehmer Holzmüller. Donnerstag. 23 Oktober 1863. Zeitungen. wachsen. Leipzig, 2l. October. Bekanntlich hatte der verstorbene Herr Kämmerrath Christian Gottlob Frege ein Vermächtnis von 20,000 Thlrn. zur Erbauung billiger Miethwohuuugen für minder bemittelte hiesige Einwohner ausgesetzt. Wie aus einer Bekanntmachung des Stadtraths vom 17. October zu ersehen, soll dieser Bau nun im nächsten Frühjahr begonnen werden und ist zu dem Behuf für den Entwurf von Plänen eine Concurrenz ausgeschrieben worden.. Der bekannte, äußerst thätige Bauunternehmer vr. Heine in Leipzig be absichtigt, eine Pferdebahn in geradester Richtung von Plagwitz bei Leipzig nach Markranstädt zum Anschluß an die Thüringer Bahn zu bauen. Da diese Linie weit kürzer, als die thüringische wäre, so würde Leipzig Braunkohlen, Langhölzer :c. bedeutend billiger als bisher aus der Saalgegend beziehen, Plag witz aber, von wo aus der Transport zu Master bis Leipzig ginge, einen mächtigen Aufschwung nehmen. Wiederum eine lustige Geschichte erlebte in diesen Tagen Lo schwitz, die wohl sehr selten vvrkvmmt. Ein dasiger Auszügler, des Ansspruchs eingedenk: Alle Menschen müssen sterben, dachte plötzlich auch einmal an sein eigenes Hin gehen aus der irdischen Zeitlichkeit in s himmlische Vaterland. Der gute Mann trifft beim Töpfchen Bier einen guten Freund, der seines Gewerks ein Zimmer mann ist. Es wird dabei viel gesprochen von Leben, Sterben, von Wiedersehn und Auferstehn, von Sein und Nichtsein, von Diesseits und Jenseits — kurz, nach langem Debattiren über die Sterblichkeitsfrage wird der Aus zügler, der sonst nicht gerade gern sterben möchte, so gerührt, daß er sich bei dein Zimmermann seinen Sarg bestellt, in dem er dereinst seinen Auferstehungs- mcrgen in Loschwitz abwarten will. Der Zimmermann geht ans'Werk, häm mert und nagelt mW leimt die Breter zusammen, und bald steht auch das ewige Nuhestübchen fertig da. Der AuSzügler wird davon benachrichtigt. „Du höre, Tein Sarg ist fertig — er kostet 25 Thaler — polirt ist er wunderschön!" - Jetzt wird dem Besteller aber Angst und namentlich sind ihm die 25Thlr. zu viel — er will billiger ruhen — und nun hat der Verfertiger, als auch der zukünftige Inwohner des Sarges sich in die Arme des Advocaten geworfen, um gerichtlich die Sache durchzufechtcn. Den Rauchern zur angenehmen Nachricht, daß die Preise inländischer Ta bake (Pfälzer rc.) steigen, da die Zufuhr aus Amerika sich bedeutend verringern dürfte. Es werden also die berühmten: „Stiukadores, Jnfamia" bald einen ihrem innern Werth und äußern Duft cntsprccheudeu Preis erhalten. Voraus sichtlich wird viel ungarischer Tabak eingeführt werden, wenn diesen nicht die österr. Regierung selbst nöthig hat und aufkauft. Plauen. Herr Böhm Agoston, Physiker aus St. Petersburg, wird heute Tonnerstag und übermorgen Sonnabend im Saale der Gesellschaft der Freund schaft 2 große magisch-physikalische Soireen geben. Diesem außerordentlichen Kunstler geht ein besonderer Ruf voraus, daher wir es für unsere Pflicht hal ten, ein kunstliebendes Publikum auf dessen Vorstellungen aufmerksam zu machen. Preußen. Berlin, 20. October. Während die liberalen Fracrionen sich mehr und mehr genähert und geeinigt haben, zeigt sich jetzt in der conser- Vativen Partei eine Spaltung, die wahrscheinlich in den nächsten Wochen noch an Tiefe zunehmen wird. Schon die Abstimmung im Herrenhause hat bewiesen, daß ein großer Theil der Conservativen zur Bekämpfung des liberalen Princips zwar seine Rechte gebrauchen, nickt aber die Verfasiung brecken oder umstürzen will; dieser Thcil der Conservativen, zu welchem sehr viele erbliche Mitglieder des Herrenhauses und ein großer Theil des höchsten Adels gehören, macht aber auch am Hofe seine Einflüsse geltend und räth zum Einlenken in eine Bahn, welche zur Einigung mit der Volksvertretung führen könnte. Freilich fehlt ihm gegenwärtig die Unterstützung der Königin, des Kronprinzen, des Fürsten Hohen- zollern, welche sämmtlich in der Fremde weilen, dagegen kann er aber auch wieder auf die Abneigung des Königs gegen extreme Maßregeln rechnen. Selbst Herr v. Roon neigt sich ihm zu, wenn auch vielleicht nur, weil er sich die un glücklichen, auch Preußens Stellung nach Außen hin ruinirenden Folgen deS andauernden Conflicts zwischen Regierung und Volk nicht verhehlen kann; er würde deshalb auch gern aus seiner Stellung zurücktreten, wenn dem nicht, wie man hört, ein bestimmter Befehl des Königs entgegenstünde. Nassau. Aus Biebrich wird dem Rheinischen Kurier geschrieben: Seit vergangenem Sonntag hat hier eine wahre Jagd begonnen auf den Chef der hiesigen Firma Gebrüder Haas, der mit einem Deficit von 300,000 Fl. fallit gemacht und durchgegangen ist. Würtemberg. Stuttgart, 15. October. Die „Neue Frk. Ztg." berichtet: Eine vor Kurzem vollzogene Hinrichtung soll einen Unschuldigen, we nigstens nicht einen Mörder, vom Leben zum Tode gebracht haben. Der eigent liche Thäter soll erst in den letzten Tagen auf dem Sterbebette den Mord be kannt haben, und sein Geständniß soll gerichtlich ausgenommen worden sein. Der Hingerichtete hatte noch auf dem Schaffst im Angesicht der Guillotine seine Unschuld behauptet, und Jedermann, der den Gang der Schwurgerichtsverhand lung aufmerksamer verfolgt, hatte an einer Umwandlung der Strafe durch die Gnade des Landesfürsten nicht gezweifelt; sie war nicht erfolgt, und nun? — Wenn sich die Nachricht bestätigt, so würde der Fortbestand der bei uns abge- schaften und erst durch das Ministerium Linden wieder eingeführten Todesstrafe fortan nahezu unmöglich werden; und der Todte wäre nicht umsonst gestorben. — Der König soll in den letzten Tagen einen Schlaganfall gehabt haben, während er allein in den Anlagen spazieren ging. Von weiteren Folgen hört man nichts. Oesterreich. Wien, l8. Oct. In der heutigen Sitzung des Unter hauses deponirte der Minister Lasser eine Novelle des Vergleichsverfahren- ; dieselbe wurde einem neuzuwählenden Ausschüße zugewiesen. Der Finanzmi nister v. Plener brachte eine neue Vorlage, eine directe dreijährige Steuerer höhung betreffend, ein, die auf der früheren zurückgezogenen Vorlage basirt ist. Nach einer Schilderung der Finanzlage wird das Deficit von 1862 um 25 Millionen geringer sein, als präliminirt war. Das Jahr 1863 wird mit 22 Millionen Kassabaarschaft angetreten werden ; es wird daher keine Geldbeschaffung zur Deckung des Deficits nothwendig sein, wenn die Steuererhöhung und die Bankacte angenommen werden. Italien. Turin, 20. October. Das Befinden Garibaldi's flößt lebhafte Besorgnisse ein. Florenz, 12. October. Wenn man aus der öffentlichen Verhöhnung und dem grenzenlosen Spott, mit welchem hier das Papstthum und die Person des Papstes überschüttet wird, einen Schluß auf die Stellung der Italiener zu ihrer Kirche ziehen dürfte, so müßte man sagen, daß sie morgen oder übermor gen ihren Glauben abfchwören werden. Karikaturen, in denen der heilige Vater auf das Ungebührlickste mißhandelt wird, reizen die Lacklust von Jung und