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Unterhaltung und Geschäftsverkehr. S4«. Sonntag dm 28. August 1859. Ersch. tägl. Morg. 7 U — Inserat» dir Spaltzetle S Ps werde« bi» Ab. 7 (Sonnt, v. 11—r U > angenommen. — Abonn. Vierteljahr »0 Ngr. bei uneutgeldl. Lieferungin'«Haus. Durch die Post, viertelt-r« Ngr. Einz. Nummern 1 Ngr. Expedition: Johannes-Allee 6 u.Waisenhaurstt- S Pt. Dre-d«n, den 28. August. — Der »Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuches', über welchen gegenwärtig in Dresden von Abgeordneten Sachsens und Thüringens bcrathen wirp, enthält u. A. die Bestimmung: »Zwischen Christen und Personen, welche sich nicht zur christlichen Religion bekennen, kann eine Ehe nicht geschlossen werden." Als Grund wird in den bei- gedruckten »Motiven- angeführt, »daß aus den Ehen zwi schen Christen und Nichtchristen in der Regel kein häusli ches Glück zu erwarten steht." — Oeffentliche Gerichtsverhandlungen: Vorgestern fand bei dem Bezirksgericht allhier eine die Aufmerksamkeit des zahlreich versammelten Publikums bis zum späten Abend spannende Hauptverhandlung statt Auf der Anklagebank befand sich ein Mensch sehr zweifelhaften Metiers, der 28jähr. Benj. Zöllner, gebürtig aus Roch- litz, dessen Eltern aber zur Zeit in Laubegast leben, ange klagt des Diebstahls und des versuchten Giftmords, den er an der Hierselbst auf der Johannisgasse Nr. 7 wohnen den bejahrten Ehefrau des pensionirten Briefträgers Koch verübt haben sollte. Das Publikum erwartete bei Ein führung des Jnculpaten entweder einen reuigen Sünder, oder wenigstens einen von dem Gewicht der auf ihm la stenden fürchterlichen Anklage niedergedrückten schul! losen Schuldbewußten zu erschauen. Aber nichts von alledem. Es erschien ein junger Mann im Flügelkleide eines Lufti- cus, der es kaum erwarten zu können schien, sich von dem Standpunkte der Schande aus mit unerhörter Frechheit rings im Saale umzuschauen und gegen seine ganze Um gebung eine Gleichgiltigkeit zu affectiren, nach welcher er glauben mochte, der gefeierte Held des Tages zu sein. Er trug zierliche Manschetten an seinen Handknöcheln und schien ihrer Conservirung und ihrem Zurschaustellen seine größte Aufmerksamkeit zu widmen. Dabei schien ihm Al les, was vorging, im höchsten Grade lächerlich vorzukom men; denn fort und fort umspielte «in höhnischer Lachzug seinen großen Mund. Wir wollen in möglichst kurzen Zügen den umfangreichen Lhatbestand unfern Lesern vor Augen führen. Zöllner, seit 1856 ziemlich erwerbslos, je doch angeblich mit einigen in früherer Zeit durch H.nidel erworbenen Mitteln versehen, war seit dem 1. Oct. v. I. nach Dresden gezogen und hatte eine Schlafstelle nebst sogenanntem Stubengrnuß bei dem genannten pensionir ten Briefträger Koch erlangt, bei dem außer ihm auch noch ein gewisser Mufiküs Böhme wohnte. Er hatte von hier aus nicht nur nach einer festen Anstellung, sondern auch nach einer Braut geangelt; mit ersterer glückte es ihm weniger als mit letzterer, indem sich in der Haupt verhandlung eine crinolinenumgürtete Zeugin, die Näherin Christ. Amalie Funke von hier, als solche producirte. Ma dame Koch scheint wenigstens stellenweise mit dieser Wahl nicht zufrieden gewesen zu sein, und nicht nur dies, son dern auch Zöllners ungeregelte Lebensweise mag zu jewei ligen Zwistigkeiten zwischen ihr und dem Abmiether Ver anlassung gegeben haben. Derselbe war auch in Kost bei dm Leuten, gleichwie Böhme, und der Frühkaffee wurde Allen aus einer Kanne dergestalt kredenzt, daß FrauKoch aus selbiger Jedem, ihrem Manne sowohl wie den beiden Abmielhem, sein bescheiden Theil in ein besonderes Gefäß abgost. für sich aber den Nest behielt und von demselben nur noch der Aufwartung ein Quantum abgab. Es war nun am 10. April d. I, als Zöllner gegen seine sonstige Gewohnheit frühzeitiger und zwar kurz nach seiner Wir- thin aufstand, angeblich, um einen Morgenspaziergang zu unternehmen. Nach Fertigung des Kaffees schickten sich Beide an, ihn gemeinschaftlich zu genießen, während die Anderen noch schliefen. Die Frau Koch schenkte sich wie gewöhnlich in ihre Tags vorher rein gewaschene Tasse ein, ließ aber den Kaffee einstweilen etwas verkühlen und ging nuch der Küche mehrmals ab und zu, indcß Zöllner sein Frühstück verzehrte und zeitweilig allein in der Stube ver blieb. Sie trank dabei, wie cs ihre Gewohnheit ist, die Tasse niemals ganz aus, sondern schenkte immer neuen dazu; doch wollte ihr der Kaffee diesmal gar nicht schmecken, er hatte einen so unangenehmen Beigeschmack. Sie ist kaum mit ihrem Hochgenuß fertig, so verspürt sie Schmerzen im' Leibe, die Glieder find ihr wie gelähmt, endlich muß sic abseits gehen und sich sogar übergeben. Zöllner war indessen noch da, auch waren der Wirthund Böhme herzugekommen. Alle Drei, so wie die später er scheinende Aufwärterin genossen von dem Kaffee ganz un- belästigt. Mit der Wirthin aber wurde es im Laufe des Vormittags immer schlimmer, so daß sie von selbst auf den Gedanken kam, Zöllner möchte ihr wohl aus Bosheit ein Brechmittel in den Kaffee grthan haben. Die bald nach Mittag wieder erscheinende Aufwartung gerieth nach Mittheilung dieser Bermuthung auf die Idee, die noch uy, ausgewaschen dastehende Tasse der Wirthin zu untersuchen und findet darin einen Bodensatz von eigenthümlichep» Aussehen. Frau Koch, immer argwöhnischer werderch, schleppt sich damit in die Löwcnapotheke, und siehe da, ein mit der Hälfte der Substanz ««gestellter chemischer Versuch