Volltext Seite (XML)
Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Annahme von Inseraten für dis nächster-- scheinende Nummer bis nachmittags 2 Uhr. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. SS Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., Einges. 20 Pf. Expedition- Waldenburg, Kirchgasse 255. und aldenburger Anzeiger. Amtsblatt für den ZMrath za Watbeudurg. Filialen: in Altstadtwaldenburg bei Herrn Kaufmann Max Lisbszeit; in Penig bei Herrn Kaufmann Rob. Härtig, Mandelqasfe; in Rochsburg bei Herrn Buchhalter Fauth-, in Lunzenau bei Hrn, Buchhdlr. E. Dietze, in Wechselburg bei Herrn Schmied Weber; in Lichtenstein b. Hrn. Buchh. I. Wehrmann. —t — Zugleich weit verbreitet in den Städten Peuig, Lunzenau, Lichtenstein-Callnberg und in dm Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Braunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenyam, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursoors, Langen leuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Obergräfenhain, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Wolkenburg und Ziegelheim. Sonnabend, den 17. September 216. 1887. Witterungsausfichten für den 17. September: Fortdauernd ruhiges, heiteres und trockenes Wetter mit kühler Nachttemperatur. Barometerstand am 16. September, nachmittags 3 Uhr: 766 mm. "Waldenburg, 16. September 1887. Aus dem Nachlaß des ebensowohl als praktischer Soldat, wie als militärischer Schriftsteller ausgezeich neten, im Jahre 1861 verstorbenen Generals Oldwig v. Natzmer, der lange Jahre hindurch zu unserem Kaiser in den intimsten Beziehungen stand, ist im Verlag von Fr. A. Perthes-Gotha der erste Theil eines von Gneomar Ernst v. Natzmer herausgegebenen Wer kes erschienen, welches den Titel „Unter den Hohen- zollern" führt. Mit Genehmigung des Kaisers ist in dem Werke eine Anzahl von Briefen veröffentlicht worden, welche vor langen Jahren der damalige Prinz Wilhelm von Preußen an „seinen treuen, bewährten und unvergeßlichen Freund" richtete. Wir bringen hier, der „Post" folgend, zwei der bemerkenswerthesten dieser Briefe zum Abdruck. Am 25. December 1821 schrieb der Prinz: „Haben Sie etwas davon gehört, daß Oesterreich und England ein Offensiv- und Defensiv-Bündniß gegen jede weitere Länderausdehnung Rußlands ge- l schlossen hat? Mir kommt es unglaublich vor. Wol- z len Sie einen Krieg Rußlands gegen die Türkei un- i möglich zu machen suchen? Wenn es zu diesem Kriege l kommt, den Rußland vermuthlich allein führen wird, ; und derselbe glücklich ausfällt, so ist es doch begreiflich ! und gerecht, daß es sich einen Theil der Eroberungen aneignet, wenn auch, gesetzt den Fall, daß das türkische Reich ganz unterginge, mit dem größeren Theil des Landes andere Projecte sn vuo wären. Wenn also Rußland diese wahrscheinlichen Eroberungen einverleibt, will alsdann Oesterreich und England dagegen oppo- niren? Das scheint mir gefährlich, und eine noch so große Länderstrecke in jenen Gegenden ist nicht halb so wichtig, als die Acquisition Polens im Jahre 1813 gewesen ist. Damals hätte man sich mehr vorsehen j sollen! Was soll also jene Allianz? Ich finde sie ! unwürdig. Uebrigens bin ich ganz mit Ihnen ein- ? verstanden, daß eine Theilnahme Preußens an diesem : Kampfe für uns und unser System sehr glücklich ; wäre; denn gewiß ist uns nichts gefährlicher als ein : langer Frieden. Man sehe unseren politischen Stand- ! punkt an: unsere körperliche Schwäche ist erschreckend, ; wenn man die Nachbarstaaten dagegen betrachtet. Wir müssen dieser Schwäche also durch intellektuelle Kräfte zu Hilfe kommen, und diese müssen vornehmlich in dem Heere geweckt und erhalten werden. Bei einem langen Frieden wird dies Erhalten aber sehr schwer, und daher wäre der genannte Krieg ein sehr erwünsch tes und passendes Mittel, sich aufzufrischen: denn ein jeder anderer Krieg geht zu leicht gleich auf Gefähr dung der Existenz bei unseren Verhältnissen." Sein politisches Programm entwickelt der Prinz in folgendem Briefe: „Berlin, 31. März 1824. Empfangen Sie mei nen herzlichsten Dank, bester Natzmer, für Ihre beiden lieben Schreiben. Was die äußere Lage unseres Staa tes betrifft, so muß ich leider Ihrer Ansicht beitreten; hätte die Nation Anno 1813 gewußt, daß nach elf Jahren von einer damals zu erlangenden und wirklich erreichten Stufe des Glanzes, Ruhmes und Ansehens nichts als die Erinnerung und keine Realität übrig bleiben würde, wer hätte damals wohl Alles aufge opfert solchen Resultates halber? Es ist dies eine ge wichtige, aber schmerzlich zu beantwortende Frage. Sie wissen aus unseren Unterredungen, wem ich die Schuld unseres Rückschritts in allen Staatsverhält nissen beilegen muß; geholfen haben freilich Viele, aber wenn die Gestalten kräftige Naturen und Geister wa ren, so würden sie es nicht dahin haben kommen las sen. Die einzige Aufstellung jener Frage verpflichtet auf das Heiligste, einem Volk von elf Millionen den Platz zu erhalten und zu vergewissern, den es durch Aufopferungen erlangte, die weder früher noch später gesehen wurden, noch werden gesehen werden. Aber hieran will man nicht mehr denken; im Gegentheil, man muß hören, daß es lächerlich sei, mit elf Mil lionen eine Rolle zwischen Nationen von vierzig Mil lionen spielen zu wollen! Man vergißt, daß drei Mil lionen jene Ereignisse begründeten und sich, im Ver bände mit einer sehr geschwächten alliirten Armee, dem lang gefürchteten Koloß entgegenzustellen. Und was damals bei drei Millionen der Enthusiasmus that, muß jetzt bei elf Millionen die geweckte und beförderte Intelligenz thun. Wenn man das lächerlich findet, schwindet selbst den Tüchtigsten und Kühnsten der Muth! Auch Alliirte wird in bedrängten Fällen eine Nation nicht mehr finden, die freiwillig ihren Rang aufgiebt und daher den Auswärtigen ein Rival weniger ist, für dessen Wiederaufleben keine Partei Interesse hat und fühlt. Und wenn man nichts mehr sein will, warum noch etwas scheinen wollen und deshalb mit ungeheu ren Kosten eine Armee halten?" Es blitzt aus diesem zweiten Briefe so etwas wie eine Vorahnung der Rolle heraus, welche fast ein hal bes Jahrhundert später der Schreiber zu übernehmen berufen war. Wer mit dem „Schuldigen an unserem Rückschritt,, gemeint, ist leicht durchzuschauen: Oesterreich, dessen schlauer Staatsmann, Fürst Metternich, auf dem Wiener Congreß seinen ganzen Einfluß zur Verkür zung des Siezeslohnes Preußens aufbot. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Bei dem großen Diner, welches der Kaiser am Mittwoch in Stettin den Spitzen der Civilbehörden gab, sagte der Monarch, daß er gern nach der Pro vinz Pommern, die ihm so sehr ans Herz gewachsen, gekommen sei. Seine Reise habe zwar nur militäri schen Zwecken gegolten, doch sei ihm von allen Seiten, sowohl bei dem Einzuge, als auch bei der Parade ein so herzlicher Empfang bereitet, daß er ganz überrascht gewesen sei. Er gedachte auch der schweren Zeit, die er mit seinem Bruder in Stettin verlebt. Er danke für die ihn so sehr erfreuende Aufnahme und trinke auf das Wohl der Provinz. Der Oberpräsident Graf Behr sprach dem Kaiser den Dank für seinen Besuch der Provinz aus. Am Schluffe des Diners am Mitt woch wurde der Kaiser plötzlich unwohl. Es war ein leichter Ohnmachtsanfall, hervorgerufen durch die drü ckende Hitze. Der Kaiser entfernte sich auf den Leib jäger gestützt. Leibarzt Or. Leuthold leistete Beistand. Am Donnerstag befand sich der Kaiser wieder gut, doch wurde des warmen Wetters wegen von der Fahrt zum Rennen des Pasewalker Reitervereins abgesehen. Prinz und Prinzessin Wilhelm, sowie die übrigen Fürst lichkeiten begaben sich dorthin. Der Kaiser wohnte am Nachmittag 6 Uhr dem Diner des Provinzialver bandes, und dem von Stadt und Provinz gegebenen Fest am Abend bei, doch wurde die Dauer der Ver anstaltungen mit Rücksicht auf den greisen Monarchen beträchtlich abgekürzt. Der Prinz und die Prinzessin Wilhelm, sowie der Prinz Leopold stattete am Don nerstag Vormittag den Werften des „Vulkan" einen Besuch ab. Mittags empfing die Kaiserin, in Gegen- , wart der Prinzessin Wilhelm, die Vorstände aller j Stettiner Wohlthätigkeitsanstalten. Die Kaiserin ließ j sich die Herren und Damen einzeln vorstellen, erkun- : digte sich nach dem Ergehen der Anstalten, sprach ihr - lebhaftes Interesse für dieselben und die besten Wünsche - für ihr ferneres Gedeihen aus. Heute Freitag Vor mittag reist die Kaiserin von Stettin über Berlin nach Baden-Baden, wohin später der Kaiser nachfolgt. In Tob lach in Tirol wird in diesen Tagen der Besuch des Kronprinzen Rudolph von Oesterreich erwartet. Das Befinden des deutschen Kronprinzenist vortrefflich. Staatssekretär Graf Herbert Bismarck ist von England in Friedrichsruhe eingetroffen. Der öster reichische Minister Graf Kalnoky, der am Donners tag nachmittags 5'/4 Uhr von Berlin nach Friedrichs- ; ruhe abgereist ist, wird drei Tage bei dem Reichs- . kanzler bleiben und dann mit dem Grafen Bismarck ' nach Berlin zurückkehren. Der „Reichsanzeiger" schreibt zum Tode des Ge nerals Grafen Werder: Mit dem General von Werder stirbt wieder einer der verdientesten Heerführer aus dem letzten Feldzuge. Se. Majestät der Kaiser und König betrauern in ihm einen treuen Diener, die deutsche Armee und das Vaterland den schneidigen tapferen General, der seine Söhne zu Ruhm und Sieg führte. Ehre seinem Andenken und Namen, der auf den ehernen Tafeln der Geschichte verzeichnet ist. Aus Berlin wird dem „Franks. Journ." über die große Aufmerksamkeit, welche von Seiten höherer und höchster Kreise dem Prinzen Wilhelm gewidmet wird, geschrieben: „Die Verehrung gründet sich vorzugsweise auf die wunderbare Fähigkeit des Prinzen Wilhelm, mit Leichtigkeit die schwierigsten Aufgaben auf dem Gebiete militärischer Operationen zu lösen. Von ein geweihten und zuverlässigen Personen wird versichert, der Prinz entwickele Feldherrntalente, welche an den Geist des großen Friedrich erinnerte« und jeden Militär mit Bewunderung, jeden deutschen Mann mit Stolz und Beruhigung erfüllen müßten." Herr Friedrich Alfred Krupp aus Essen, der augen- - blicklich in Konstantinopel sich aufhält, ist dort vom Großvezier und dem Minister des Auswärtigen empfan gen worden. Dem officiellen Berichte über die Versammlungen zur Bildung der Spiritusverwerthungs-Gesell- schaft ist zu entnehmen, daß 7,3 Procent an dem geforderten Maischsteuerquantum fehlten. Gefordert waren 80 Proc. des Gesammtmaischsteuerquantums. Von den Kartoffel- und Melaffebrennereien des König reichs Sachsen waren 80,9 Proc., von den Korn- und Preßhefen-Brennereien Sachsens 95,9 Proc. angemeldet. Die Betheiligung der Kartoffelbrennereien der Maisch steuer nach ist am schwächsten in Ostpreußen, am stärk sten im Königreich Sachsen und in Brandenburg. Wie aus London gemeldet wird, wird Or. Macken zie im October nach Tirol sich begeben, um sich persön lich vom Gesundheitszustand des deutschen Kronprinzen zu überzeugen. Wie schon mitgetheilt, ist der bayerische Landtag am Mittwoch vom Prinz-Regenten Luitpold eröffnet worden. Die voraufgehende kirchliche Feier bot die größte Pompentfaltung, die München seit vielm Jahren erlebte. Am Haupteingange der Michaels- Hofkirche erwarteten den Regenten die Prinzen des Kö- ' nigshauses, an ihrer Spitze der Thronfolger Prinz ' Ludwig. In den Straßen zwischen dem Schloß und