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11878 Sonnabend, den LI. Mai vreiunddreißigster Jahrgang. Bischofswerda, Stolpen «nd Umgegend Amtsblatt der Kgl. Amtohauptmannschaft und der Kgl. Schulinfpection zu Dauhen sowie des Königlichen Verichtsamteo und des Stadtrathes zu Dischofswerda. Diese Zeitschrift erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittwochs und Sonnabends und kostet einschließlich der Sonn, abends erscheinenden „belletristischen Beilage" vierteljährlich 1 Mark LV Pfg. (15 Ngr.). Inserate werden dis Dienstags und Freitags früh » Uhr angenommen- daß die indischen und chinesischen Märkte mit eng lischen Fabrikaten überfüllt sind, also lange Zeit keine Zufuhr bedürfen werden ; ebenso wird von den Secrelären der genannten Union zugegeben, daß die Preise äußerst niedrig sind, und daß die Grenzscheide zwischen dem Rohstoff und dem fabrizirten Artikel geringer ist, als zu irgend einer früheren Zeit — was Wunder, wenn die Fabrikanten solche Zustände für aussichtslos halten, zumal da ihnen auf dem europäischen und dem amerikanischen Continente jetzt Märkte verschlossen sind, welche sie bisher, jeder Concurrenz trotzend, beherrschten? Allerdings sind den streikenden Spinnern und Webern von den Delegirten zahlreicher ^Gewerkschaften Unterstützungen zugesichert worven; aber die letzten Jahre haben die Unzuverlässigkeit und Unzulänglichkeit solcher Unterstützungen wiederholt' dargethan, und die Versammlung von Delegirten in Verbindung mit der „amalgamirten Association von Baumwollenspinnern" u. s. w. zu Manchester hat ein richtiges Berständniß der Situation bekundet, als sic den Feiernden den Rath er- theilte, sich in die Lohnverminderung von 10 Proc. zu finden, bis sich die Zeiten bessern würden. Scheinen doch selbst die Vertreter der Streikenden ihre Sache als unhaltbar zu betrachten, da sie ihre Erklärung gegen die Fabrikanten mit der Versicherung schließen: „Obgleich wir fürchten, daß wir nicht im Stande sind, es mit der organisirten Stärke und Macht der Fabrikanten-Unionen aufzune hmen, werden wir doch friedlich und ruhig widerstehen, bis — der Hunger zur Unterwerfung zwingt!" Wenn der „Hunger zur Unterwerfung zwingen wird", verschweigt die Erklärung! Natürlich werden es nicht die Herren Unionssecretäre, sonvern die Arbeiter mit ihren Familien sein, welche nach langem Darben und Hungern einsehen werden, daß sie eine alte Erfahrung, leider zu unverhältmäßig großen Kosten, an sich bestätigt gefunden haben. An eine Nachgiebigkeit der Fabrikanten, welche mit Ausnahme einer einzigen Firma sämmtli ch gemeinschaftliche Sache gemacht haben, ist schon aus dem einfachen Grunde nicht zu denken, weil gegenwärtig völliges Aufhören der Arbeit in ihrem Interesse liegt. Die englischen Baumwollen-Fabrikanten werden selbst zu den herabgesetzten Löhnen die Wiederauf nahme der Fabrikation am allerletzten beeilen; unter- Eine große Arbeitseinstellung. Zu den Kriegsbefürchtungen in England und den agrarischen Verbrechen in Irland gesellt sich augen blicklich eine ausgebreitete Arbeitseinstellung, welche gegen 25,000 Baumwollen-Spinner und Weber zu feiern veranlaßt und eine Bevölkerung von 120,000 Seelen in Lancashire brodlos macht. Es ist leider das alte Lied mit dem alten Refrain: Erklärung der Fabrikanten, daß sie infolge verminderten Absatzes die bisherigen Löhne nicht zahlen können, Erklärung der Arbeiter, daß sie die herabgesetzten Löhne nicht anzunehmen vermögen. Wie überall, diesseits und jenseits des atlantischen Oceans, in der alten und in der neuen Welt, hat in England seit fünf Jahren die frühere Ueberproduction die unheilvollsten Nachwirkungen auf die Arbeits märkte zur Folge gehabt, und jetzt auch die englische Baumwoüen-Jndustrie heimgesucht, nachdem derselben die verschiedenen Zweige der Eisen-Industrie, des Tuch- und Leinengeschäfts, der Schiffsbau u. s. w. vorangegangen sind. Gestehen doch selbst die Secretäre der Weber-Union von Blackburne und Ost-Lancashire öffentlich zu, daß das Baumwollengcschäft seit langer Zeit gelitten hat und noch immer sehr schwer leidet, daß die häufigen Bankerotte, Liquidationen und stillen Accordirungen der Fabrikanten augenscheinliche Be weise des gewinnlosen Characters des Geschäftes sind; aber sie sind der Ansicht, daß sich die Fabrikanten durch die angekündigte Lohnherabsetzung um 10 Proc. nicht aus der Verlegenheit befreien, sondern nur auf ihre Rechnung kommen würden, wenn sie mit ab gekürzter Zeit zu den bisherigen Löhnen arbeiten lasten wollten, so daß die Arbeiter allerdings weniger verdienten, aber besseren Zeiten mit größerer Zuver sicht entgegenzusehen vermöchten. Die Fabrikanten weisen das Auskunftsmittel der abgekürzten Arbeitszeit mit der Erwiderung zurück, daß es ihre Fabrikate nur noch mehr vertheuern würde, während ihnen schon jetzt die amerikanischen, unter dem Selbstkostenpreise verkaufenden Producen ten die verderblichste Concurrenz machten. Es ist eine, auch von Seiten der Arbeiter zugestandene Thatsache, daß augenblicklich die Fabrikanten und ihre Agenten im In- und Auslande ungeheure Bor- -xöthe von Baumwollenwaaren auf Lager haben,