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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 18.10.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-10-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189610185
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18961018
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18961018
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Bemerkung
- Seite 1 sowie Seite 13-14 fehlen in der Vorlage.
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Freiberger Anzeiger und Tageblatt
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-10
- Tag 1896-10-18
-
Monat
1896-10
-
Jahr
1896
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 18.10.1896
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244 Freiberger Anzeiger nnd Lagevlatt. Gerte 2. — ib. Oktober 189«. Ein im Wii Beachtu welcher fördern mann s der So Wer di daß de> derung Holznu sätzen t unsere .nisse dl Hallen aus, > werden gesegne nieder, diese jf nauere ärmere wissen! zu bin als erstrebenswerthes Ziel im Äuge zu behalten, insbesondere die Ergebnisse der von einzelnen Gemeinden auf diesem Gebiete an gestellten Versuche zu beachten und das von der Kommission ge sammelte Material auch der Parteipresse zur öffentlichen Er örterung zugänglich zu machen. Festzuhalten ist dabei, das; die Regelung dieser Frage nur in Verbindung mit jener des staat lichen oder kommunalen Arbeitsnachweises und der Reform der bisherigen Arbeiterversicherungs-Gesetze überhaupt gelöst werden kann, wobei der Werth einer festen Organisation des Arbeiter standes, einer verständigen Beschränkung der Freizügigkeit und der Statistiken über die Arbeitslosigkeit zu erwähnen sein würde " eines Mindestlohnes zunächst für alle Arbeiter in staatlichen Be trieben. folgende Resolution angenommen: „Der Parteitag ersucht die Fraktion, die Versicherung gegen unverschuldete Arbeitslosigkeit Gesämm Konzert von den keit sich zu betra Am Ausländ letzteren Namen „Africai RhodeS' Minister während obligatio Minister und Enl gebildet, den Mii entbehre! versehrt achtung TÜ1 beschlosst halten, c mulirt v Pforte i weigern, regeln e vielen ohne § gering Hande Organ die Pi Händl den P nach d einer Pilzer betrüg preis ermesj nach j ihre s fleißic überr Besch! werde wohl Unwi läufst Pilze gch'g meist« I In? Chan unterrich sich um Schandfl bisher n waren, und sich gestellt h reicht ha Spezialk ist sehr , leiten" i zudecken. Fra lassung nach Pw keine Ar Früchte zeitigte. Auch diese Periode hat Herr Kayser ' überdauert, um sich dann mit gleicher Beflissenheit dem neuesten l Kurse in der überseeischen Politik zu widmen, der ihn doch gezwungen chat, vieles früher Geschehene zu desavouiren. Für uns hat vr. Kayser in den letzten Peters-Debatten im März d. I. sich selbst sein Urtheil als Staatsmann und leitender Beamter gesprochen. Die jüdisch-freisinnige Presse fabelt von einer Peters-Clique, welche auf den Sturz des Herrn Kayser hingearbeitet habe, wobei sie noch bezeichnender Weise den „Fall" des zu 15 Jahren Zuchthaus verurtheilten Privatbeamten Schröder mit dem des vr. Peters ans eine Linie stellt. Abgesehen von der letzteren Geschmacklosigkeit, ist die ganze Behauptung einer ernsten Erwiderung nicht werth. Wenn anch in unseren Angen die letzten Peters-Debatten den vollgiltigen Beweis für die geringe Qualifikation des Herrn Kayser zur Ausfüllung leitender polckischer Stellungen erbracht haben, so ist unser Urtheil keines wegs durch eine Vorliebe für Herrn vr. Petees beeinflußt wordeu. Die Person des vr. Peters, auf dessen Kosten debattirt wurde, war der angreifenden Sozialdemokratie selbstverständlich nur Mittel zum Zweck. Nicht dadurch, daß vr. Kayser Herrn Peters im Reichstage überhaupt preisgab, hat er sich s elbst in den Augen der national gerichteten Bevölkerung diskreditirt, sondern durch die Art, wie das geschah, vr. Kayser hat den damals Angeklagten preisgegeben, uw er ihn Vertheidigen wollte. Er hat andere Kolonialbeamte und Afrikareisende verdächtigt, um den Angeklagten in milderem Lichte erscheinen zu lassen. Er hat endlich, als er dieserhakb getadelt wurde, neues, bisher unbekannt gewesenes Material gegen den Angcschuldigten vorgebracht, um sich selbst zu entlasten. Statt klar und deutlich zu sagen, ob er die Anklagen snr zutreffend halte oder nicht, hat er, ohne es zu beabsichtigen, den Angeschuldigten sowohl wie alle Afrikaner durch den Vergleich mit den spanischen Bluthunden Pizarro, Cortez w.. der Ncichsdruckerei übertragen worden. Der dieser Tage in Halle a. S. abgehaltene antisemitische Parteitag bot für weitere Kreise wenig Interesse, da sich seine Verhandlungen zumeist nm Organisationsfrageu drehten. Erst am zweiten Tage wurden auch allgemein-politische Fragen besprochen. Aus deu bezüglichen Berathungen sei Folgendes er- wülmt: Die ablehnende Haltung der Partei gegen die Bäckerei- Verordnung wurde von den Hamburger Parteigenossen verurtheilt, die jedoch mit einer in diesem Sinne gehaltenen Resolution in der Minderheit blieben. Dafür wurde eine andere verschwommene Resolution gefaßt, welche der Fraktion auheimgiebt, sich die Förderung angelegen sein zn lassen, sofern in Groß- und Staats betrieben mit den Reformen begonnen wird und diese die Kosten tragen, und der Einführung solcher Schutzmaßregcln für Gesellen und Lehrlinge durch die Handwerksorganisation vor allen behörd lichen Eingriffen den Vorzug zu geben. Ein anderer Hamburger Antrag, bei einer nochmaligen Berathnng des Margarinegesetzes auch dann für ein solches zu stimmen, wenn es nicht die Forde rung von getrennten Verkaufsräumen für Butter und Margarine, sowie kein Färbeverbot enthält, wnrde ebenfalls abgelehnt, Noch bei mehreren anderen Punkten stießen die Hamburger Partei- delcgirten mit den Fraktionsvertretern zusammen, blieben aber dabei stets in der Minderheit. Zu Parteivorsitzenden wurden Liebermann von Sonnenberg nnd Zimmermann wiedergewählt. — Zu einer längeren Erörterung führte die Frage der Ver sicherung gegen unverschuldete Arbeitslosigkeit. In der Debatte erklärte ein vr. Giese, er halte die Versicherung für bedenklich; sie schließe das Recht auf Arbeit in sich, und dies Recht sei unter den gegenwärtigen Verhältnissen undurchführbar. Es wurde dann zegriffen worden ist. Wir besitzen nur Einen, der von allen einen Querzügen durch Afrika, von seinen kriegerischen und vissenschaftlichen Zügen einwandsfrei znrückgekehrt ist: das ist der Gouverneur von Wißmann." Durch diese unglückliche Wendung hat er den Ruf verdienter Afrikaner, wie Eltz, Ramsay, Graf Schweinitz, von Scheele, Rochus Schmidt, Stuhlmann, Baumann und vieler, vieler anderen auf das Unverantwortlichste geschädigt. Gerade diese Art einer angeblichen Vertheidigung ist um so widersinniger und unstaatsmännischer, als sie beweist, daß Herr Kayser sich die Tendenz des sozialdemokratischen Ansturmes nicht im Geringsten klar gemacht hatte. Wäre ihm nunmehr auch die persönliche Reinwaschung des Herrn Peters geglückt, so hätte er der Tendenz der Sozialdemokratie dennoch die höchste Förderung angedeihen lassen, da er selbst ja indirekt zugestanden hatte, daß mit Ausnahme Wißmanns kein Afrikaner sittlich intakt sei, ein Zugcständniß, das einer unerhörten Verleumdung sehr nahe kam. Auch die Behauptungen freisinniger Blätter, daß die jüdische Ab stammung des Herrn Kayser ihm die Anfeindungen der national gerichteten Parteien zuzezogen habe, entbehrt völlig der Begründung. Was wir im Einklänge mit den uns gesinnungsverwandteu Preß organen gegen Herrn Kayser angeführt haben, ist zu wohl sub- stanziirt, um durch solche Ausstreuungen abgeschwächt werden zu können. Die „Köln. Zeit." schreibt: Seit Anfang September hat der neue schöne Wallotschc Reichstagspalast in Berlin als Ansstellungslokal gedient; von den Wandelgängen, von den Festsälen, von den Zimmern der Minister hatte die „inter nationale Ausstellung für Amateur-Photographie" Besitz ergriffen und nur der große Sitzungssaal ist von ihr verschont geblieben. Im Verlauf dieser Ausstellung sind uns von mannigfachen Seiten ernste Beschwerden über diese Benutzung des vornehmsten deutschen Bolkshauses als Ausstellungslokal zugegangen; man betonte, daß eine solche Verwendung der Parlamentsgebäude in London, den Vergleich mit den spanischen Bluthunden Pizarro, Cortez rc.,I— Zur Frage des acht Uhr-Ladenschlusses wurde nach längerer von vornherein diskreditirt. Er hat alsdann sich zum folgenden,«Diskussion ein Antrag angenommen, der die Fraktion ersucht, gleichfalls zur Entlastung des Herrn Peters bestimmten Satze/bei Regelung der kausmänmschen Arbeitszeit das Wohl der kleinen öerstcegen : „Von den bekannteren Afrikanern gicbt cs fast keinen, iKansleute und der Handluugsgehülfen gleichmäßig zu bcrück- oer nicht wegen mancher seiner dortigen Handlungen schwer an-Isichtigen. Angenommen wurde ferner ein Antrag aus Festsetzung Gang hinein. Inzwischen hatten der Wirth und ein anderer Herr dem Siepmann im Hofe zugeredet, er solle, um die Sache gütlich zu erledigen, am anderen Tage zu v. Brüsewitz gehen und sich entschuldigen, wozu er anch bereit schien. Er bat den Wirth, ihm seinen Hut zu holen. Der Wirth holte den Hut und wollte Siepmann vom Hose auf den nach der Kaiserstraße sührenden Hausflur lassen. Als er die Thür öffnete, stand v. Brüsewitz direkt vor der Thür und wollte mit den Worten: „Wo ist der Schuft ?" in den Hof eindringen. Der Wirth faßte ihn am Anne und rief ihm laut zu: „Herr Lieutenant, der Mann will sich ja entschuldigen". Von Brüsewitz erwiderte nicht, zog, als er Siep mann erblickte, den Säbel und ging auf ihn los. Siepmann ergriff die Flucht nnd rief: „Ich bitte nm Verzeihung, verzeihen Sie mir." Am Ende des nur wenige Schritte langen Hotes, holte v. Brüsewitz den Siepmann, der die Thür zum Lokal nicht fand, ein und stach ihn nieder. Als er die blutige Waffe wieder einsteckte, sagte er: „So, jetzt ist meine Ehre gerettet," und begab sich dann durch das Lokal ungehindert auf die Straße. Siep- manu wurde vou einigen Herren in die Portierstube auf ein Bett gebracht, wo er nach etwa einer halben Stunde verschied. Der Säbel war auf der reckten Seite ungefähr 30 Centimeter tief eingedrungen und hatte oie Leber und wahrscheinlich noch andere Organe durchbohrt. Die Wunde war absolut tödtlich, und die ärztliche Hilfe war vergeblich." — Der „Reichsbote" bemerkt hierzu: Gewiß hätte Siepmann, auch wenn ihm nichts vou dem Anstößen au deu Stuhl des Offiziers bewußt war, als er sah, daß der Letztere dem Vorfälle so ungewöhnliche Bedeutung bei legte, umsomehr eine höfliche Entschuldigung aussprecken sollen, als ihm ja jede verletzende Absichtlichkeit völlig ferugelegen hatte. Aber im klebrigen muß man doch sagen, daß es ein durchaus falscher Ehrbegriff ist, welcher den Offizier zu seiner entsetzlichen That getrieben hat. Kann es eine drastischere Verurthcilung dieses Ehrbegriffs geben, als gerade dieser Vorfall, der diesen Ehrbegriff als völlig unvereinbar mit den in Deutschland gelten den sittlichen Anschauungen darstellt? Ein solcher Ehrbegriff, der aus einem so geringfügigen Anlaß so ungeheure Folgerungen zieht, ist dazu angethan, die bürgerlichen Kreise zu veranlassen, deu Verkehr mit Offizieren soviel als irgend möglich zu ver meiden ; wie nns aber von Seiten eines Reserveoffiziers mitge- theilt wird, werden diese äußerlichen Auffassungen von Ehre und Duell in Offizierskreisen keineswegs allgemein getheilt. Umso mehr aber wäre es angezeigt, sie mit öffentlicher Giltigkeit zu korrigiren. Die Thatsache, daß der österreichische Statthalter Graf Thun den Katholikentag in Salzburg, welcher dann n. A. auch eine Resolution zu Gunsten der Wiederherstellung der weltliche» Herrschaft des Papstes faßte, feierlich begrüßt hat, und daß der Ministerpräsident Graf Badeni, als im Abgeordnetenhaus über das Verhalte» des Statthalters eine Interpellation an ihn ge richtet wurde, dasselbe in Schutz nahm, hat m Italien be greiflicherweise sehr unangenehm berührt. Die italienische Preße äußert sich sehr bitter und weist aus das strenge Einschreiten der italienischen Regierung gegen die Irredentisten hin. Es wäre leicht gewesen, diesen Anstoß zu vermeiden. Italien. Die Verhältnisse in Sicilien scheinen sich wieder sehr düster gestalten zu wollen. Die Agitation unter den Arbeitern wird immer allgemeiner; die Arbeitgeber haben alle dem Schwefel handel gewährten Erleichterungen der eigene» Tasche zu gute komme» lassen, und die Arbeiter können nach wie vor mit der angestrengtesten Arbeit kaum den nackten Lebensunterhalt ver dienen. Der Streik dehnt sich in den Schweselgebieten immer mehr aus. Die Zahl der Ausständigen beträgt nach den ver schiedenen Versionen 2000, 3000, ja sogar 5000. Aus die Zahl kommt es ja schließlich nicht an, Thatsache ist, daß die Streikidee unter den Arbeitern täglich neue Anhänger findet. Die öffent liche Meinung in Sicilien wurde auch durch die in den letzten Tage» masscnhast vorgenommenen Verhaftungen, deren Ursache offiziös nicht angegeben wurde, in Alarm gehalten. Darf man de» Versicherungen der über die siciliarüschen Verhältnisse gut Pari?, Rom u. s. w. einen Schrei der Entrüstung entfesselt haben würde; man hob hervor, daß durch diese Benutzung allerdings zahlreichen Fremden die bequeme Gelegenheit geboten worden sei, sich tagsüber den schönen Wallotschen Palast wenigstens in vielen Einzelheiten genauer anzusehen, daß aber durch oie zahlreichen für die Ausstellung erforderlichen Einbauten namentlich in oer großen Wandelhalle und im Vorsaal des Bundesraths der archi tektonische Gesammtcindruck gründlich gestört sei. Namentlich wurden uns solche Klagen vorgetragen, als der Anwaltstag seinen ersten Begrüßungsabend in diesen zu Ausstellungsräumen um gewandelten Hallen und Sälen abhalten durste. Wir haben diesen Klagen bisher keinen Naum gegeben, weil wir den Erfolg der an sich sehr gelungenen und vielleicht auch für wissenschaft liche und künstlerische Zwecke förderlichen Ausstellung nicht be einträchtigen wollten und die Einräumung des Reichstagspalastes nun einmal endgültig bewilligt war. Nachdem aber jetzt die Aus- tellung geschlossen ist, möchten wir doch die dringende Bitte aus- prechen, daß sich eine solche Verwendung deS deutschen Parlaments- Gebäudes nicht wiederholen möchte Die deutsche Volksvertretung hat in den jetzigen Zeiten wahrlich alle Ursache, darüber zu wachen, daß auch in äußern Dingen ihr Ansehen hochgehalten werde. Der Reichstagspalast ist ausschließlich für die Berathungen und und Beschlußfassungen des deutsche» Reichstags und des deutschen Bundesraths bestimmt. Niemand hat ein Recht, ihn zu andern Zwecken einzuräumen oder abzugeben. Wir möchten wünschen, daß in dieser Frage volle Klarheit herrschen möchte, und wir hoffen deshalb, daß bei demnächstiger Berathung des Reichstags- ctats diese Klarheit unzweideutig geschaffen werden wird. Die „Köln. Ztg." schreibt zu de» die letzttägigen Verhältnisse Deutschlands zu England besprechenden englischen Preß- st i in m e n : Politisch betrachtet lasten Deutschland diese Drohungen vollständig kalt. Weder mit sentimentalen Anwandlungen noch mit Schreckgespenster» werde man die europäische Machtvertheil- ung aus dem Geleise bringen oder verschieben können; weder durch Liebkosungen »och durch Haß werde England Jemand be- wegen, für die britische» Interessen seine Knochen zu Markte zu tragen. Die „Köln. Ztg." empfiehlt den Engländern, an der Hand der Anleitung, die ihnen Rosebery gegeben, Einkehr zu halten. Der Druck des Armee-Verordnungsblattes, der bisher bei der Firma Mittler und Sohn hergestellt wurde, ist wegen der bekannten Indiskretion gegenüber dem „Vorwärts" Die Gründe für die Abneigung gegen das sozialdemokratische Organ liegen vielmehr darin, daß erstens der Ton dieses Organs von der ersten bis zur letzten Zeile ein so über alle Maßen ge hässiger ist, daß auch Anhänger der sozialdemokratischen Partei davon abgestoßen werde», zweitens aber darin, daß die politischen Angelegenheiten und die Angelegenheiten der Partei einen über aus breiten Rahmen einnehmen und daß auch alles nicht Politische vom Standpunkte der Partei betrachtet und dementsprecheno glossirt wird. Diese Ueberfütterung mit sozialdemokratischen Mittheilungen und Auffassungen ist aber einem großen Theile der Leute, die sozialdemokratisch wählen, zuwider. Sie sind eben, wie man ein mal von sozialdemokratischer Seite selbst zugestande» hat, „Mit läufer" der Partei; sie geben bei den Wahlen für die Partei ihre Stimmen ab, sie gehen auch allenfalls in große sozialdemokratische Volksversammlungen, aber sie denken gar nicht daran, ihre Inte ressen durchaus in den sozialdemokratischen Anschauungen auf gehen zu lassen. Noch viel weniger aber denken die Frauen dieser „Mitläufer" daran, sich um der Parteiauffassungen willen einen Unterhaltungsstoff ansdringen zu lassen, der ihnen nicht zn- sagt. Und dies ist vielleicht der schmerzlichste Punkt für die Sozialdemokratie. „Wir müssen die Frane» gewinne»," sagte ei» Delegirter auf dem Parteitage. Und deshalb plaidirte er dafür, daß das sozial demokratische Untcrhaltungsblatt dem Geschmacke der Frauen mehr entsprechens eingerichtet werden müßte. Darin liegt eine Konzession an die bürgerlichen Auffassungen, oie bei einer sozialrevolntionären Part« Wunder nehmen muß. Aber auch dieses Opfer dürste kaum den gewünschten Erfolg für die Partei haben, denn so sehr kann sie nicht aus ihrer Haut heraus, daß sie nicht in de» Kreisen, die von sozial-revolutionären Auffassungen entfernt sind, mit ihren Parteiorganen Anstoß erregen müßte. Trotz der sehr eingehenden Erörterungen über die Presse wird auch in Zukunft Alles beim Alten bleiben und es wird der Sozialdemokratie nicht gelingen, die nichtsvzialdemokratische Presse aus den Arbeiterkreisen zu verdrängen. Darum aber bleibt die Thatsache nicht minder interessant, daß man sich dazu hat be quemen müssen, das Vorhandensein bürgerlicher Auffassungen in sittlicher und ästhetischer Hinsicht in weiten Kreisen der sozial demokratischen Wählerschaft a»zuerken»en. Diese Thatsacke darf den bürgerlichen Parteien die Hoffnung geben, einen Tyeil der Wählerschaft, die ^u den Sozialdemokraten abgeschwenkt ist, zu- rückzutzewinnen. Nur wer ein zielbewußter Genvffe ist, wird für die bürgerlichen Parteien ein für allemal verloren sein, aber glücklicherweise ist eben die Zahl derer, die innerlich auf dem Standpunkte der „Bourgeois" steht, eine sehr erhebliche. Bemalt überlass Oberhar residirer schlichter gegen ? höchst b nur noc aus den Ander« und es ist sie s flüssig « Gegen den klerikalen Vaughan-Schwindel, der auf dem Antifreimaurerkongreß zu so heftigen Erörterungen ge- ührt hat, wendet sich jetzt selbst die ultramontane .Köln. Volks zeitung." Es könne, so führt das Blatt aus, ernsten Kacholiken nicht gleichgiltig sein, ob in weitern Volkskreisen, und zwar unter geistlicher Autorität, der wahnwitzigste Aberglaube verbreitet wird, beispielsweise das von „Diana Vaughan" veröffentlichte „Dokument" des Teufels Bitru, wonach die Freimourerin Sofia Walder am 29. September 1896 in Jerusalem die Großmutter des Antichrist zur Welt bringen sollte. Dieser Widerspruch des klerikalen Blattes wird aber schwerlich viel nützen. Der „Münchener LourdeS- Kalender" bringt bereits einen Artikel „Die Palladistin Diana Vaughan durch eine Heilung in Lourdes bekehrt." Gegen die neu gerettete Seele der Diana Vaughan wird auch die Köln. Bolksztg." zum Schluß nichts einzuwenden haben. Ueber den traurigen Fall von Brüsewitz-Siepmann wird der „Frkf. Ztg." von einem Augenzeugen Folgende- be richtet : „Premierlieutenant von Brüsewitz begann mit Siep mann einen Wortwechsel, weil dieser angeblich beim Niedersitzen an seinen Stuhl gestoßen sein soll, was übrigens selbst von den mit Siepmann am gleichen Tische sitzenden Personen nicht be merkt wurde. Siepmann erwiderte, er wisse nichts davon, daß er von Brüsewitz angerempelt habe. Dieser rief hierauf.den Wirth nnd forderte ihn auf, Siepmann hinauszuweisen, der nicht wisse, wie er sich zu betragen habe. Der Wirth suchte die Beiden durch Zureden zu beruhigen, was ihm anscheinend auch gelang. Siepmann verließ dann das Lokal, kam aber gleich darauf wieder herein und setzte sich. Nach kurzer Zeit rief von Brüsewitz sehr laut: „Sic haben mich in brüsker Weise angerempelt und sich nicht entschuldigt." Siepmann erwiderte: „Ich weiß nicht- davon." Daraufhin sprang von Brüsewitz auf, stellte sich vor Siepmann hin und schrie: „Wollen Sie mich um Entschuldigung bitten, ja oder nein, ja oder nein, ja oder nein?" Siepmann blieb ruhig sitzen und erwiderte schließlich: „Keine Antwort wird Ihnen auch genügen." Daraufhin trat von Brüsewitz zwei bis drei Schritte zurück, schrie: „Nein, das genügt mir ganz und gar nicht", riß den Säbel ans der Scheide und wollte mit hochgeschwungener Waffe auf Siepmann eindringen. Der Wirth und der Kellner fielen ihm jedoch in den Arm und hielten ihn fest, während Siepmann das Lokal verließ und auf den Hof ging, von Brüsewitz steckte seinen Säbel ein, setzte die Mütze auf, zog den Mantel an und rief dabei: „Meine Ehre ist kaput, ich bin ein todter Mann; morgen kann ich meinen Abschied einreichen." Mit diesen Worten verließ er das Lokal durch die nach der Karlstraße führende Thür. Dort stand ein Schutzmann, bei dem sich v.Brüfewitz erkundigte, ob Siepmann das Lokal verlaffen habe. Als dieser das verneinte, sagte v. Brüsewitz: „Den muß ich abpaffen". Er holte dann zwei Feldwebel herbei, denen er befahl, an der Thür zu bleiben, da er bedroht sei. Er selbst ging voir der Kaiser straße aus wieder in den zu den vorderen Lokalen führenden Politische Umschau. Freiberg, den 17. Oktober. Deutschland. Wie verlautet, wird vr. Kayser zum Senats- Präsidenten am Reichsgericht zu Leipzig ernannt werden. Ferner heißt es Generalkonsul Stuebel, zur Zeit Generalkonsul in Shanghai, hätte Aussicht Nachfolger des vr. Kayser zu werden. — Ueber die Wirksamkeit des abtretenden Leiters unserer Kolonialpolitik äußert sich die konservative „Schlesische Zeitung" : Mit Ausnahme einiger offiziös bedcenter Organe, die gewohnheitsmäßig für jeden scheidenden Beamten eine dicke Abschiedsthräne zur Verfügung haben, ist von einem Bedauern über den sich vollziehenden Per sonenwechsel in der Leitung unseres Kolonialwesens in der ge- fammten deutschen Presse nichts zu verspüre», wenn auch dem Fleiße und der Arbeitskraft des Herrn Kayser alle Anerkennung gespendet wird und speziell die klerikalen Blätter seine Fürsorge für das christliche Missionswesen in den Kolonieen rühmend her vorheben. Nach den beiden soeben bezeichneten Richtungen hin hat Herr Kayser, das ihm gespendete Lob allerdings verdient. Aber seine hier gerühmten Qualitäten sind bei Weitem nicht aus reichend zur Ausfüllung eines so schwierigen und verantwortlichen Amtes, wie er es auszuüben berufen war und zu dessen erfolg reicher Führung in erster Linie dasjenige erforderlich ist, was dem Scheidenden durchaus gefehlt hat — Festigkeit und Ent schiedenheit der politischen Ueberzeugung. Unser junger Kolonial besitz ist ein Schmerzenskind derNeichspolitik. Wer sie zu leiten berufen ist, muß schweren Stürmen zu trotzen besähigt sein. Herrn Kaysers eifrigstes Bestreben aber ist es gewesen, jedem Angriffe auszuweichen, vor jedem Anstürme der kolonialseindlichen Demokratie sich zu beugen und einen Unterschlupf zu suchen, der seiner eigenen Person die erwünschte Sicherheit zu bieten geeignet Wäre. Das „Berl. Tagebl." hält es sür geistreich, Herrn Kayser ein „Talent" zu nennen. Ob er das ist, wissen wir nicht. Ein Charakter ist er aber sicherlich nicht. Vom Fürsten Bismarck ins Amt berufen, hat er ohne das geringste Bedenken die offizielle Verantwortung für die unheilvolle Periode nationalen Nieder ganges getragen, die während des Caprivischen Regiments besonders so in der Kolonialpolitik des Reiches traurige
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