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Dresden, dm 22. September. — Se. Excellmz der kais. rvff. Gesandte am königl. sächs. Hofe, Graf Bludoff, wird, wie wir hören, demnächst hierher zurückkehrcn und in LüdickeS Wintergarten Logis nehmm. Einstweilen wird derselbe durch den ersten Legationssecretair Gras Ozeroff hier vertreten. — Durch „Wolff'S Tel.-Bür." in Berlin erhält das „Dresd Journ." folgende telegraphische Meldung, welche gleich zeitig an alle größere politische Blätter gelangt sein wird: „Wim, 20. September, Abends. Wie die „Neue freie Presse" au» glaubwürdiger Quelle meldet, wäre der Friede zwischen Preußen und Sachsen definitiv abgeschlossen und die Veröffent lichung de» Friedensinstruments demnächst zu erwarten; die Rückkehr der sächsischen Armee wäre auf Anfang Ocrober fest gesetzt." Das „Dr. I." hat guten Grund anzunehmen, daß diese Meldung als verfrüht bezeichnet werden darf, während es an dererseits die Versicherung beifügen kann, daß die Verhandlun gen bezüglich der Militärconvmtion zwischen Preußen und Sachsen allerdings bis zu einem sehr günstigen Stadium vor geschritten sind. — Die königl. Landescommission veröffentlicht einige Be stimmungen über Erhebung der Zinsen für die Handoarlehne. Die Zinsen sind bei der Finanzhauptkaffe zu erheben, doch wird letztere auswärtigen Gläubigern dieselben unter Angabe der Adresse auch durch die Post zugehen lassen. — Aus dem 2. Feldhospitale im Theresianum zu Wien am 19. September. Obwohl I. Königl. Hoheit die Frau Kronprinzessin von Sachsen durch ihre öfteren Besuche der Kranken und Verwundeten im Theresianum ihre überaus innige und tröstende Theilnahme an deren Schicksale hinreichend kund gab, sowie durch Vertheilung von Geschenken und Schnsten, namentlich Exemplaren der Dresdner Nachrichten, welche ob -er Nachächten au» dem Vaterlande gar zu gern gelesm wur den, die Krankm erfreut hat, so setzte sie doch ihrm edlm Ge fühlen die Krone dadurch auf, daß sie am 15. d. Mts in's Theresianum kam, um den Krankm die frohe Botschaft, die sie nur ebm erst selbst erhaltm hatte, zu verkünden „es geht nun binnen kurzer Frist ins Vaterland zurück". Jede Be gleitung, selbst die ihrer Hofdame, ablehnend, ging die Prin zessin in den großartigen, aber ihr wohlbekannten Räumen des Theresianums ganz allein Herum, um den Kranken diese ersehnte Nachricht zu bringm und bestimmte auch sofort einige Verwun dete, welche sie selbst im Vaterlande in Strehlen bis zur Hei lung verpflegen lassen wird. Es hatte dem liebreichen Herzm der hohen Dame keine Ruhe gelaffen, sie mußte sofort zu dm Kranken eilen, um diese durch eine so wichtige Kunde zu er freuen. Christus sagt: was ihr einem meiner Geringsten thut, das habt ihr mir gethan. Die Geringsten in der Welt sind aber stets die Krankm und wenn einer Millionen besäße, er würde doch, wmn er krank und elmd wäre, einer der Gering sten sein. Dank daher, innigen Dank dieser hohm und edlen Dame, sie that es dm Geringsten. Das 2. Feldhospital ist in der Auflösung begriffen und zählt nur noch 60 Kranke, die aber alle transportabel sind, folglich mit zurückkehren werden. Biele Civilärzte, unter ihnm Professor Streubel, sind bereit« abgrreist und von dm Schwestern befinden sich nur noch zwei hier. Ein Rückblick auf die Thätigkeit, welche das gesammte Sanitätspersonal de« 2. Feldhospitales entwickelte und auf das Resultat, was erzielt wurde, ergiebt einen sehr günstigen Er folg. Die hervorragendste Krankheit war der Typhus, an dem Lbm 300 hier mehr oder weniger littm. Erwägt man nun, -aß da» Theresianum kein günstiger Ort für Typhuskranke zu sein scheint, da laut später eingezogener Erkundigung seit meh ren Jahren diese Krankheit aus demselben nicht herausgekommm ist, so muß man da» Sterblichkeitsverhältniß im 2. Hospitale immer ein günstiges nennen, denn es sterben bei der Mächtig keit der Krankheit nur circa 10 Proemt. Als sich im Reit saale bei einigen Verwundeten Hospitalbrand zeigte, wurde jeder derselben sofort aus dem Saale entfernt und isolirt, wodurch man Heilung der brandigen Theile bewnkte und dem Umsich greifen diescS bösartigen Nebels Einhalt that. Ueberall mög lichst frische, gesunde Luft, sorgsame Pflege der Krankm bei Tag und Nacht, Reinhaltung der Loealitäten und Kranken, geeignete, meist einfache Meditation, sowie kräftige und gesunde Nahrung waren die Grundzüge des Verfahrens. Gute Fleisch brühe, Eier, Warmbier, Milch, ein kräftiges einfaches Bier, vorzüglicher Wein, namentlich Lkkayer, Rindfleisch mit geeigne tem Gemüse, Bratm mit Compot, sowie Kaffee, dm die liebm Sachsen nun einmal gar zu gem trinkm, wurden daher nicht «schont und bewirkten eine ziemlich schnelle Erholung der Kran km und Kräftigung der durch die großen Strapazm des Krie ges ganz desatigirtm. Die Gewohnheitm des Menschen werdm -och selbst durch eine so bedeutende Krankheit, wie der Typhus, nicht verlöscht oder gemindert, denn da« erste Gelüst vieler sich -effernden Typhuskranken, war „ein Täßchm (Schälchm) Caffee und später ein Cigarrchen." Zu diesen gutm Erfolgen hat wohl das Wirken des gesammten Sanitätspersonales viel beige tragen, sie sind zu danken der großm Umsicht und Thätigkeit des Herrn VrigadestabLarzt vr. Herberg, Dirigent des Hospi- taleS, der vorzüglichen Mitwirkung dabei des Bataillonsarztes vr. Graf, der außerordentlichen Sorgfalt mit welcher der Herr Professor vr. Streubel auf der chirurgischen Station agirte, der besonderen Unterstützung der Civilärzte und SanitätScom- pagnie, sowie der Schwestern aus Dresden, die sich in ganz vorzüglicher Weise bewährt haben. Einer originellen, aber ver zeihlichen Antwort eines Krankm sei noch Erwähnung gethan, verzeihlich deshalb, weil oft die Nachricht von baldiger Rückkehr der Sachsen ins Vaterland sich verbreitete und nicht bestätigte. Als nämlich die Frau Kronprinzessin am 15. d. Mts. freudig einem Krankm die Nachricht von der baldigen Rückkehr mit theilte, antwortete derselbe: „Man darf jetzt Nichts mehr glauben." — Man erzählt sich, daß die Abwmdung der für die Selbstständigkeit unseres Heeres angeblich bedrohlich gewesenen Bestimmungen hauptsächlich der kräftigen Fürsprache Sr. K. Hoheit des Prinzen Friedrich Karl von Preußen zu danken sei, der Zeuge der Tapferkeit der Sachsen, sich gegen die Auslösung unseres Heeres aus Rücksicht auf die historische Vergangenheit und auf die ausgezeichnete Haltung derselben im letzten Kriege an entscheidender Stelle ausgesprochen haben soll. — — Zuverlässigen Nachrichten zufolge sollte Se. K. Hoheit der Kronprinz von Sachsen in der vergangenen Nacht von Wim nach Berlin abgehen. Man vermuthete, daß Se. K. Hoheit dm Weg über Breilau nehmm würde. — — Es heißt, daß Se. Excellmz der Herr Staatsminister von Friesen heute oder morgen hier wieder eintreffen würde. — — Se. Excellmz der k. preußische Gouverneur General von Schack ist gestern Vormittag von hier nach Magdeburg zu- rückgereist. Seine Wiederkehr nach Dresden steht nicht mehr in Aussicht. — — Am 19. d. M Abmds gegen 10 Uhr ist in Neu kirchen das mit Stroh gedeckte Wohnhaus des Handarbeiters Naumann niedergebrannt. Naumann befand sich während des Feuerausbruchs auswärts und ist von dessen an sich geringer Habe nur wmig gerettet worden. — Am Donnerstag Vormittag wurde in der Nähe des Altmarktes ein Hund überfahren, er blutete stark an der einen Pfote. Ein Mitleidiger wollte sich des Thieres annehmen und die Wunde mit Arnika einreibm. Der Hund aber war durch den Schmerz so böse geworden, daß er den Mann in den Arm biß, so daß ärztliche Hilfe nothwendig wurde. — In neuerer Zeit sind in hiesiger Stadt verschiedene falsche */i Thaler- und Guldmstücke vorgekommm, die bei ei niger Vorsicht sehr leicht als aus Blei gegossene Falsifikate zu erkennen gewesen wären. Wir wollen deshalb nicht unterlassen, das Publikum hierauf noch besonders aufmerksam zu machen. — Der 36 Jahre alte Plumpenbauer Pärsch in Wetters dorf-Siebmeichen fand am 18 d. Mts. bei Gelegenheit der Reparatur eines Brunnms in Folge eingetretener, sogenannter böser Wetter, in der Tie e den Erstickungstod. Der Verun glückte hinterläßt eine Frau mit 4 Kindern. — In der Nähe der Neumühle bei Grimma wurde am 19. d MtS. hinter Sträuchern lieg-nd, der Müllergeselle Wun derlich aus Bösenbrunn todt aufgefunden und gerichtlich auf gehoben Derselbe hat TagS vorher in angetrunkenem Zustande in genannter Mühle „angesprochen" und sich dann wahrschein lich hingelegt um dm Rausch auszuschlafen, wo er aber vom Schlage getroffen wurde. — Laut Bekanntmachung des Raths sind am 19. Sep tember in Leipzig 57 Choleratodesfälle in der Stadt angemel det worden. — Nachdem in den erstm Tagm dieses Monats das in der Opprll-Vorstadt befindliche Lazareth aufgelöst worden ist, kehrten die grauen Schwestern, deren Anerbieten, im Lazareth- dienste nach dem Maße ihrer Kräfte mitzuwirken, seitens des königlich sächsischen Kriegsministeriums und des Vereins für verwundete Krieger dankbarst angenommm worden war, wieder in ihre Station, Flemmingstraße 15, zurück, um die für die Zeit der Noth unterbrochene Thätigkeit für die Krankm der Stadt wieder aufzunehmen. Gesuche um Hilfe für die ambu lante Krankenpflege sind an die Oberin der Schwestern, Schw. Alphonsa, zu richten. — In den Dresdner Lazarethm haben 40 ClemmS-Schwestern aus Münster und 5 graue Schwestern, und zwar im Oppell-Hospital, im Cadettenhaus, im Garnison- Lazareth und im städtischen allgemeinen Krankenhaus der Pflege der Verwundeten sich gewidmet. Von den genannten Clemens» Schwestern sind ein größerer Theil mittlerweile in ihre Heimath zurückgereist; drei von ihnen sind dieser Tage zur Pflege Cho lerakranker nach Glashütte abgegangen; zu demselben Zwecke wurdm anfangs voriger Woche drei graue Schwestern in da« städtisch« Hospital nach Bautzen gerufen. — (S. Dfz.) Zum letzten Bestand von 34 Cholerakran ken im Stadtkrankenhause sind vom 17. bis 19. September nur 4 Personen (1 männliche und 3 weibliche) hinzugekommen, während 12 (11 männliche und 1 weibliche) Personen als ge heilt entlasten wurden und nur 1 Person (männliche) verstarb, so daß der gegmwärtige Bestand 25 (15 männliche und 10 weibl.) beträgt. — Eine im Garten der Dampfschiffrestauration zu Kötzschen broda gewachsene Riesengurke ward uns gestern überbracht, di« wir aber eher für einen langgewachsenen Kürbis haltm, da Gurkm in solcher Größe (Z Elle lang, Gewicht 14 Pfd. 8 Lth.) wohl nie vorkommm. — Gestern Vormittag nach 8 Uhr passirte eine K. preußische Munitionscolonne, nach Magdeburg gehend, unsere Stadt; sie enthielt außer andern Artilleriegegenständen 774 Faß Pulver nebst 22,300 Stück 12pfündigen Granateisenkernm. Gegen Abend wurde das Ersatzbataillon des Leibgrenadierregiments aus Frank furt a. d. O. kommmd, bestehend aus 1 Stabsoffizier, 10 Offi zieren und 746 Mann, und das Ersatzbataillon vom Königin- Elisabeth-Regiment, von Breslau kommend, hier erwartet. — In einem Hintergebäude des Hauses Bautznerstraße 24 ertstand gestern Morgen in der 7. Stunde in einer Kammer ein Brand, wobei mehrere Kleider, Vorhänge re. vernichtet wurden. Die herzueilende Inhaberin der Wohnung verbrannte sich beim Löschen erheblich die Hände. Die Ursache des Bran des soll darin gefunden worden sein, daß ein kleiner Knabe ln Abwesenheit seiner Eltern in der Kammer mit Streichhölzchen gespielt hatte — Oeffentl. Gerichtsverhandlung am 21. Sep tember. Unter Ausschluß der Oeffentlichkeit kam der Ein spruch zur Verhandlung in der Untersuchung gegen Marie Dorothea Adelheid verehel. Gerstenberger und dm Hufschmiede gesellen Joseph Karl Tuma wegen versuchten Ehebruchs. DaS Erkenntniß wurde in öffentlicher Sitzung publicirt und das Er- ^ kenntniß des Gerichtsamtes auf 2 Wochen Gefängniß lauten bestätigt. — Auch die zweite Einspruchsoerhandlung war ge heim, obgleich am Gerichtsbrete eine darauf bezügliche Bemer kung nicht vorhanden war. In öffentlicher Sitzung wurde das Erkenntniß publicirt, nach welchem Privatus Henne und Lina Rosalie Bienert von dem ihnen zur Last gelegten Vergeh« wegen Mangels an vollständigem Beweise freigesprochen wurdm. — Die Einspruchsverhandlung in Privatklagsachen des Fräu lein Hedwig Kühne gegen Karl Hermann Höpfner und Genossen fand ebenfalls in geheimer Sitzung statt, und da gestelltem An träge gemäß auch die Publikation des Erkenntnisse« in nicht öffentlicher Sitzung erfolgte, kann selbstverständlich weiter Nicht» referirt werdm — Die letzte Einspruchsverhandlung betraf eine Privatanklage des Ortsrichters Johann Gottlieb Tischer in Schleinitz gegen dm Hausbesitzer Karl Wilhelm Gebauer in Dresdm. Gebauer drnuncirte Tischern bei dem Kgl. Staats anwalt, daß der Ortsrichter Tischer in Schleinitz vor mehreren Jahren von dem Rittergutsfelde in Schleinitz eine große Fuhre Kraut entwende: und in sein Eigenthum gebracht habe. Tischer verklagte nun Gebauer wegm falscher De- nunciation eventuell wegen Verbreitung eine« ehrenrührig« Gerüchts; denn der Gewährsmann, welchen Gebauer für seine Angabe machte, habe nicht bestätigen können, waS er habe bestätigen sollen. Gebauer habe ein Gerücht, welches nicht wahr sei, dadurch verbreitet, daß er es dem Adoocat Dö ring behufs Mittheilung an die zuständige Behörde mitgetheilt habe. Gebauer war vom Gerichtsamte straffrei gesprochen wo den, weil die Mittheilung an einen Sachwalter, behuf« An zeige an'S Gericht, nicht als Verbreitung eines ehrenrührig« Gerüchtes angesehen werden könne und diese Verbreitung nicht mit beleidigender Absicht gemacht wordm sei. Gegen diese» Erkenntniß erhob Tischer Einspruch, weil Gebauer zu bestraf« gewesm wäre. Adv. llr. Schaffrath vertrat die Sache Tischer'S, kritisirte die EntscheidungSgründe als nicht zutreffende und be antragte Bestrafung des Gebauer wegen Verbreitung eine» falschen Gerüchts. Der Gerichtshof trat dem Urtel erster In stanz unter der Voraussetzung bei, als Gebauer schwört, daß Wilhelm ihm mitgetheilt, daß Tischer Kraut vom NittergulS- felde geholt habe. TagcSgeschichte. Oesterreich. Aus Wien schreibt man der „Allg. Ztg.": Schon bei Beginn des Krieges war, wie man sich erinnern wtrd, die Rede davon, daß der Kriegsplan Benedek'S den Preußen verrathm worden sei. Jetzt erzählen die in Prag erscheinende „Politik" und die Wiener „Debatte", daß ein Prinz von Hohenzollern in einem Nachtquartier in Böhmen ein kleine», nettes, in der geheimen Hosbuchdruckerei zu Berlin gedruckte» und den höheren Officieren bei ihrem Einmarsch in Böhm« verthcilteS Büch'ein zurückgelaffen habe, welches nicht» weniger enthält als die Orckro äs dataill« der österreichi'chen Armee tm Juni d. I. Die „Politik", verschaffte sich dies« „geheim»