Suche löschen...
Dresdner Nachrichten : 26.10.1875
- Erscheinungsdatum
- 1875-10-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-187510263
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18751026
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18751026
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1875
-
Monat
1875-10
- Tag 1875-10-26
-
Monat
1875-10
-
Jahr
1875
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 26.10.1875
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
»r kW.»« lii. «I,n« »»»NU»»«,« »>krl,>,-«r. »t. ,,ft»«.ck ,5 A«t«I. «iimmeri, »,Pj>>i. *»sl»ge 260Ü0 Lr»l. 8«» Ne «Uckgade einge. I«n«l»r Munulcripie ««»« K« LÜ «e»«lU««> »ftt« »»rbtnöUch. Snsn»teu<«nn,>,n,e au». ViNt«! 8»»»»»>i«i» «»«!-' in /mmiiurp. «er. Un. «,ten/2ei».i^ «°,e>, «»«lau, tzranksuU a, Ui. »uä. «»-« tu Serli». Leimitz. kb>i!,, Hamburg, tzr»Ukfur, a. L . Muu. chen. - v ud, » Lo. in Frankfurt . M — 7>. V»>»t i» 17 r,n»i,. — II». '-».U-Ltta. lluMar » ^ tn ^,ki«. Tageblatt für Politik, Unterhaltung u. Geschäftsverkehr. > Dmck und Eigenthum der Herausgeber: Eitpskh ör Nktchttröt ln Dresden. Inser««, „erd»» M»N»» «,rau, IL anz«non»»»> dte ft». » Ukr, «esumaA »ii Mn,«,» iS NU,, Oeul'udli rr-i» »t»ft«4 »«0« »di» Kuchm. « Uh». - L,r Rnum einer ein liiaUlae» Peiüjeile !»slei iS Pf,,. ittuacsan»! di» Lette», Plg«. »in, »»„»>>, fa, nachfttägi-e Erl-ei- nen der Nüferal» »fr» nicht grgeden vuiwtirUg» »inuon-en. Aufträge vo» UN« und» kanuien üirmen urd Per. ionen inseriren Ulir nur aegenPrtuumeranda- Zadlung durch «riel- marken oder Posieftiead« lung. Neun Süden kosten lü Psge. Inierale jur die Montag» - »lummer oder »ach einem tzisuaü» die Peiftjeile iü Pize. Nr. LU». Zwanzigster Jahrgang. Mitredacteur: Für das Feuilleton: I r. Lmtl VI«rv^. Dressen» Dienstag, 26. Oktober 1875. Politisches. ! Vorübergerauscht sind nun die Mailänder Feste, verwelkt die Blumen, eingepackt dag ciselirte silberne Tafelgeschirr, abgereist die' Fürsten und Fremden, eingesargt die Orden und Brillanten, auS- gelöscht die Herzen, eingemickelt die Fahnen, regelmäßig wiederum der Menschenverkehr in den Straßen der Hauptstadt der Lombar dei. Möge das Resultat der Monarchenzusainmenkunft demFesteS- jubel entsprechen! Eitel Blendwerk wäre dieser, ivenn Italien bei der nächsten Papstwahl sich nicht auf dem richtigen Punkt« finden läßt! Ein Papst-Feuerbrand, durch Mithilfe der Italiener m den! Vatikan berufen, wurde der übelste Nachgeschmack der herrlichen Tage von Mailand sein. „Wehe uns", brach Kaiser Äilhelm'S über strömendes Gefühl einmal aus, „wenn diese Allianz in Trüm mer ginge", - er meinte die Allianz zwischen Deutschland und Italien. .Nicht von kriegerischen Gefahren sprach er offenbar, denn „ich liebe ven Krieg nicht und hoffe ihn vermeiden zu können", hatte er vorher vrrsilhert. Und cs ist natürlich, daß ein Greis, der so Großes gethan, den conservativcn d. h. erhaltenden Grundsätzen huldigt und nicht die Errungenschaften seines Lebens den Chancen kriegerischen Würfelspiels preisgeben will. Nein, er zielte auf den Kirchenstrcit ab, in den er wider seinen Willen verwickelt ist. Hierin, bei der künftigen Papstwahl, muß sich'S zeigen, ob der Italiener Treue zu halten weiß. Diese Stunde >naht augenscheinlich in Bälde. Die Geistes- und Korperkrästc des oft todttranl gesagten Papstes nehmen jetzt wirtlich auffällig ab. Nur die günstigsten Momente können die Arrangeure im Vaticau dazu benutzen, den Papst Audienzen erthellen zu lassen, damit das Unzusammenhängende »n seinem Gedanlengange nicht allzugrell hervortntt. Garz Baiern, soweit es nicht unter der knöchernen Hand des Ultramontanismus liegt, athmet seit dem Handschreiben deü Königs Ludwig freier auf. Hoffentlich wirken die offenen königlichen Worte auch auf die im Ganzen doch sehr lo.yale Bauernbevölkerung, daß, wenn die Negierung den Landtag auslöste und Neuwahlen aus- schriebr, nicht wieder eine clericale Mehrheit der Urne entstiege. Freilich, so weit ging der König nicht, daß er die Entlassung des legigcn Ministeriums annahm, ein Ministerium von Stauffenberg berief und diesem die Leitung der Wahlen übertrug. Deshalb sind auch die Clericalen keineswegs entmuthigt. Will doch die ver- wiltwete Erbprinzessin von Thurn und Taxi», geborene Herzogin Helene in Baiern, den zu einer pot-äc-atramdro-Berühmtheit ge langten Bezirksgcrichtsrath Schels in ihren Hausdienst ziehen. Eben hat gegen diesen Kammerrüpel der König einen nachträglichen Ord nungsruf erlassen und— dte königliche Cousine nimmt thn in ihren HauSdienst. Sonderbar! Fürst Bismarck zürntl Auf wen? Auf die Nationallibera len. Diese sind nämlich noch in dem ersten Stadium ihrer Gefühle. Einmüthig haben sie die Preßlnebel-Paragraphen der Strafgesetz- novcllc verurtheilt. Ihre spätere Zustimmung hierzu, läßt Bis marck sich vernehmen, sei aber der Prüfstein ihrer Loyalität; ja, er läßt durchblicken, daß er sich unter Umständen mit den Clericalen gegen die Nationalliberalen verbünden oder doch mit jenen einen Waffenstillstand schließen würde. Das letztere ist zwar unmöglich, da ein Theil der Strasgesetznovelle sich direct gegen die Clericalen richtet, aber man kennt die Wirlung solcher Schreckbilder. Es darf nur noch die Drohung des Rücktritts dazukommen und das Spiel ist gewonnen. Durch die Einheit nicht zur Freiheit, sondern zur Knute, oder doch zum Knebel, wenn das besser ilingt! Auf ein aitderes, noch im Entstehen begriffenes Project lenken wir jetzt schon die Aufmerksamkeit. Man will sämmtliche Eisen bahnen Deutschlands, sowohl der Einzelstaatcn als der Privatbahnen, zum Eigenthume dcö Reichs machen (natürlich Baiern ausgenom men'. Als angebliche „Entschädigung" soll für den Kilometer durchschnittlich der Pappenstiel von 225,000 Mark bezahlt werden, so daß das Reich für 5170 Millionen Mark insdcn Besitz von 23,"00 Kilometer Bahn käme. Wir unterlassen es heute, alle Folgen dieses Projekts zu beleuchten. Besser käme das Publikum wahrscheinlich nicht weg, wenn Alles von Berlin aus reglementirt wird. Wir bemerken nur zweierlei: daß eine beträchtliche Ent wertung aller Staatspapiere, die zur Erbauung von Staatsbahnen ausgegeben wurden und ebenso ein tiefer Fall der Eisenbahnactien die Folge wäre. Sodann fragen wir: waü wird aus dem sächsischen Budget, wenn »ns das beste Pferd aus dem Stalle mit Beschlag be legt wird? Bei dem Budgetrecht in Sachsen wissen wir wenigstens, waS mit unserem Gclde wird; das mangelhafte Budgetrecht des Reichs läßt hierüber manche Zweifel offen. Wenn uns noch die Eisenbahnen genommen werden, folgen die Bergwerke und Forsten bald nach : sogcm die Hofapotheke wäre nicht sicher. Dann schließt nur aber auch gleich den Landtagssaal! u. s. w. u. s. w. LvcalcS »mV Gächz'ischeS. — Sc. Mas. der König hat für die durch den Tod des wirkt. Geheimen Raths Grafen von Hohenthal auf Knauthain erledigte Stelle in der 1. Kammer der Ständcversaimnlung den wirklichen Geheimen Rath Grafen Albin Leo von Seebach auf Unwürde er nannt. — Dem Brückeugeldcinnehmer Johann Daniel Roth in Döh len ist die zum Albrechurorden gehörige Medaille in Gold verliehen worden. -- Der Bezilksbaurath Zopf in Dresden «st zmn kaiserlichen Postbauratti ernannt worden. — Landtagü-Budget. (Schluß.) Das Bauschguantum zur Unterstützung katholischer Kirchengemeindcn mindert sich um 5U10M. auf 16,700 M., da aus diesem Fonds bisher auch die katholischen Schulen Unterstützung erhielten, diese kosten aber in Zukunft aus dem allgemeinen SchulfondS bestritten werden. Die Taubstummen-Anstalt in Dresden hat 19,300 M. Ein nahme und bedari noch cnienkuichuk; ven 72.000M. ,5700M. -ff); die in Leipzig hat I2,000M. Einnahme und bedarf noch51,OOOM. Für die Deutschkatholiken werden nach wie vor 2400 Nt. ge fordert. Unter den stiftungsmäßigen Leistungen des Staates für Kirchen- und Schulz wecke begegnen wir einigen Posten, die besser durch Ablösungen aus dem Rechenwerke des Staatsbudget« verschwinden, z. B. 357 und 153 M. für die Meißner uik> Grimmaisch« LandtSschule, für Salz, Röhrholz und Prämienbüchern 141 M. für die Lreuzschule und einige Dorfschulen, darunter 27 M. mehr, da da« der Kreuzschule in mttur» zu gewährende Weindeputat jetzt mehr kostet. Der evangelische Hosgottesdienst in Dresden er fordert 17,000 M Staatsbeihilfe. — Der Etat des Ministeriums de« Auswärtigen ist unverändert 166,000 M.; der sächsische Ge sandte in Berlin erhält 30,600, der in Wien 34,000, der inMünchen 15,000 M. Die sonstigen Ausgaben für Reichszwecke (Reisekosten und Diäten für die sächsischen BundeS-Commissare u.s.w.) sind wie früher 21,000 M. Der Pensions-Etat steigt hingegen sehr beträchtlich, um 171,000 Nt. auf 2,220,000 Ni. Dir Pensionen betragen beim Höf-Etat 16,000 (3,800 —), beim Gesammt- ministerium 13,700 (800—); bei der Justiz065,700 .87,0004-), im Innern 430,000 (51,000 4-), bei den Finanzen 932,600 (38,000 4-); bei den Sammlungen für Kunst und Wissenschaft 10,800 (unverändert), im EultuS und Unterricht 46,600 (11,0004-), im Auswärtigen 38,600 M. ^unverändert); an Invalide au« den Kriegen von 1870/71 66.000M. (unverändert). Beträchtlich steigt auch der Bau-Etat, um 1,097,000 auf 4,848,000 M. Dabei er halten 71 Lber-Chaufseewärter 111,000 M., 694 Chauseewärter 457,000 M., 13 Wegewärter 85,800 M. Hierbei erwähnt die Negierung anmerluiigSweise, daß nach Vollendung des Hoftheaters der Platz vor demselben für 14,000 Ni. zu pflastern sein wird. Die Herstellung der Promenade zwischen Hoftheater und Srallstraß« wird alsdann ebenfalls vorgenommen werden, sie soll 10M M. kosten. Die Unterhaltung der fiskalischen Wege und Promenaden auf den ehemaligen Dresdner Festungsräumen kostet, so mangelhaft sie ist, doch 22,000 M. Die fortgesetzten Chaussee-und Straßcn- Neu- und Correktionsbauten erfordern 750,000 Nt., die Unterhal tung der 2,805,000 Nieter Malischer Chausseen, pro Nieter 60 Pf., kostet 1,683,000 M Man nimmt einen jährlichen Zuwachs von 25 Kilometern durch Neubauten an. Das Schneeauswerfcn verlangt 100,000 Ni. Zum Bau und Unterhalt von Brücken werden 135,000 M. gefordert, zu Wegebau-Unterstützungen an Gemeinden 180,OOOM. Die Gehalte beim Wasserbau-Etat betragen 43,000 M„ zu den Strom-, Ufer- und Dammbauten werden 160,000 Ni. ver langt (65,000 4-); das 4- erklärt sich leicht aus de» energischeren Arbeit zur Räumung des Fahrwassers der Elba. Die Staats- gebäude zahlen — eü wird eigentlich das <"e'd aus n Tasche in die andere gesteckt — an die Landes-Bra.wkaße i7,000 M. Versicherungsbeiträge. Diese Beiträge steigen u:.. 24,000 M., da die Versicherungsprämien für die königl. Schlösser in Dresden und Pillnitz 1877 auf 5 Jahre vorauszuzahlen sind. Die Bau- Verwaltung bedarf 469/200 Ni. (62,000 Ni. Der Re servefonds zu außerordentlichen Bedürfnissen >.rd auf 628,539 Ai. veranschlagt «207,0034- . Die Regier»:., «rwartet offenbar das Eintreten außerordentlicher Ereignisse'. Dan schließt das Budget. — L k> tag. Inmitten des Jahrmarkts.ali.:> , der einzelne Reken vo..«rä»lM ertönte, !.lt kl: '2. kr. gestern eine fast fünfstündige Sitzung. Die ... Folge .er neuen Geschäftsord nung, dag lange darüd.. e.ballirt wird, w i e ein Gegenstand welker geictmstliR zu dekai^eln ist. trat wieder reckt lebhaft zu Tage. Ferner müssen jetzt eine Masse Dinge ausslihrllcb mündlich in Gegenwart von M Abgeordneten und einige» Ministern er läutert werden, die sonst schriftlich vehandclt lmchvorübcrgingcn. — Zunächit bewilligte diekr. nockmaiv vic Mittel iür ein neues Seminar, v. B o > >' c wollte eö nach Dippoldiswalde baden, wo die Stadt einen Bauplatz schenken würde, 1)r. Mlnckwitz nach dem bisher 'ocrnachlässigten Stolibcrg, Abg. Hartwig nach Falkcnstcin, das schon große Opfer kierfür gebrackt habe, Abg. Stauß nach dem theilweise leerstehenden Schloß Augustus- burg. Minister v. Gerocr: Es lägen bereits Gesuche von lö irrten vor; mekr als ein Seminar zu bauen, Dazu habe der Flnanzminisler erklärt, nicht die Mittel zu baden; wenn Starke- Mlttweiba gerügt, daß tie Baukostenawchläge so oit überschritten würteu. so läge das an den Bauiechnikern. v.Oel sch läge! empsavl nick» iolcke Luxusscminarbautcn, wie in Lchneebrrg. — Hieraus dedattirten die Sldvocaten der Kammer über die Ab änderungen des bürgerlichenGesetzbuches, cie sich tnftolge der o b bi- gatorischenClvilebe nöthig machen. Abg. Vooel reterlrie, jedoch in die Acten hinein, sobaß er meist nnperständlich für dte Tribüne blieb. Abg. kirvach hatte sich der Mühe unterzogen, an Stelle deö selbst für einen Richter sehr schwer kxindltchen ReglcrungSentwuriö ein Gesetz allszuaivcitc», das jedem Laien verständlich, Alles zusammenf.ißk, was von unicrem oürgerlichcn Gesetzbuch über baS Ebereckt noch bestehen bleibt. Der Re gierungs-Entwurf enthält nämlich nur Verweisungen aui andere Gesetze, so daß sich nur Derjenige dar n zurecht findet (so hatte schon v. Ericgern in der 1. Kr. gerüatl, der in der einen Hand« das Reichö-Eivilehegesetz, in der andern das sächsische bürgerliche Gesetzbuch bat. Obwohl alle Redner den Fleiß und das Prak- l tische dieses kirbachsckcn Gcictzcs rühmten, mußte cer Abg. doch sein Werk zurückzkben, da leine materielle Prüfung kurz vor Thorschluß nick» mehr möglich ist, das Eitilebcgcsctz am I. Ja nuar >87«, ln Krait tritt unk bis vabin der Landtag nicht mehr zusammcnkoiniiit von EhrensteIn hebt hervor, daß kirchliche Trauungen und Tauicn auch in Iusunil nichtauizubdrcn brauchen. Die Geistlichen sollten nicht müde werden, die irrige Ansicht zu dekäinpien, daß kirchliche Trauungen und Tcnnen verschwinde», wenn die Eitllebc cingcführt wird. Dr. Bicberma n n: Die Erbalüing der sittlichen Grundlage der Ebe werde dadurch am sickn- stc» mit befördert, wenn die Geistlichen ratboiiichc wie evangelische, ihre Auigabe nicht in dem schroffen clericalen Sinne aussasscn, üimmt der Iustiziiiiiiistcr Abckcn bei. So sei cs unerläßlich, jetzt audzuipleche», vor welchen Behörden künftig die Ebestreitig- keitcn zwischen Juden zu behände,n icie». Tic Rabbincn hätten keine eigne Gciichtsbarkeit nnv ihre Mitwirkung bei jüdischen Ehescheidungen babc auiznhörcn: die JSraeliten tollten in allen Punkten dem allgemeinen Rechte unterworfen sein. Abg. Leh mann: Da« wünschten sie schon längere Zeit. Sldg. Bie dermann will nicht, daß Ehebrecher, die eine Vertzeiratbung Angehen wollen, Ue Erlaubniß erhalten. Der Jnitizminister nno Vlceprälldcnt Streit stimmen ivm darin bei. daß ein solche« Perbältntß ein unsittliches ist, unter Umständen könne e« aber noch al« da« kleinere Arrgernlh angeiche» werden. Abgeordneter Lehmann wollte, daß in gewissen Fällen, wo der A chter eine Ehe tür nichtig erklärt, nicht gesagt werbe, wir vorgescklagen: „auch können" sondern „auch müssen dir Ehegatten, nachdem sie taS ihrer Ebe entgegenstchende Hin- derntß erfahre« haben, da« eheliche Zusammenleben einstellen." Do» weist der Minister und Abg. Klrbach da« Ver'ehlre dieses Antrags nach, der dann auch fiel. — Da- ganze Gesetz wurde unter ziemlicher Theitnahmlosigkcit der Kr. ln der Fassung der l. Kr. angenommen, bis aut einen Punkt: e« wurde am Antrag von Lehmann, Kirbach, Ui. Schaffralh und Krause be schlossen, daß nicht mehr ein Sübneversuch schcidelusllger Ehe gatten vor einem Geistliche» gesetzlich geboten, vielmehr inS freie Ermcsscn der Parteien zu stellen sei. Der Justizmin ister widersprach zwar Dem, Indem cr betonte, daß die Mitwirkung von Geistliche» bei einem Sübneoeriuche sehr oft heilsam sei. aber dte Kr. wollte davon Nichts wissen. — Ein wohl noch nicht dagewesener Einwcmd gegen die Wahl eines Abgeordneten ist von der Leipziger Pflege erhoben worden. Dort wurde bekanntlich der fortschrittliche Abgeordnete 0r. Heine gegen den als Larnevalisten berühmten Kauimann Bruno Lparig (nai.-liberal) gewählt. Die Sparig'sche Partei greift nun die Hcine'scke Wahl an und sübrt, wie man uns er zählt, unter Anderem folgenden Grund, der zur Vernichtung der Heinriche Wahl führen müsse auf: DaS Heinriche Wahlcomiter sei mit einem sehr wenig respektirlich ausschenden und der Trun kenheit ergebenen Menschen von Dort zu Dorf gezogen und habe den Wählern gesagt: das sei Herr Sparig und eine solche Er scheinung könnten sie doch nicht in die Kammer schicken. Der Pseudo-Sparig sei also als abschreckendes Mittel gegen den wahren Spartg benutzt worden. Ob da« wahr ist. werden wohl di« Kammcrverhandlungen ergeben. Jedenfalls hieße eS. die intelligente Landbevölkerung Leipzigs für sehr ur- thellsloö erklären, wenn sie nicht den gewiß höchst albernen Scherz durchschaut und auf den Zcps deö falschen Sparig ge bissen hätte. — Dem Vernehmen nach soll für Errichtung der in dem Haushaltplan für die nächste Finanzperiode erwähnten neu zu schaf fenden Strafanstalt von der Regierung Stolpen in Betracht ge nommen worden sein, woselbst ähnlich wie in Hohnstein das dasige Schloß für die Anstalt einen geeigneten Platz abgeben würde. Es wäre in der Thal auch dem Städtchen Stolpen, dessen Verkehr durch die in Bau begriffene Eisenbahn sehr gefährdet erscheint, eine solche Necompense für die so entfirnte Lage von der Eisenbahn und das seiner Zeit entgangen« Seminar wohl zu gönnen. - Vom edelsten ReligionSetter getrieben, hat der Abg. Leh mann einen Antrag etngebrecht, daß künftig die Israeliten nicht mehr ssim Gotte Adonai zu schwören brauchen; der Eid solle einfach für Alle so cmfangcn: „Ich schwöre bei Gott dem Allmächtigen und Allwissendst!" und mit den Worten enden „So wahr mir Gott helfe". Doch soll eS dem Schwörenden gestattet sein, eine seinem Glau- bensbekenntnrhentsprechcndereweitereBekräftigung beizufügen.—Da die ReichSprozcßordnungen die Art der Eidesleistung jetzt zu regeln im Begriff stehen, so ist eine Aenderung des Bestehenden wahr haftig jetzt nicht dringlich. — Die japanestsche Reichs-Universität ist abermals um ein Mitglied aus dem deutschen Reich«, und zwar aus Sachsen, verstärkt worden, vr. Ed. Naumann aus Meißen ist unter glänzenden Bedingungen zum Professor der Geologie und Paläontologie er nannt worden und bereits abgereist. — Der gestrige Jahrmarktstag hatte wieder genau dieselbe Physiognomie wie alle die früher vorhergegangenen. Trüber Him mel oben, Schmutz und Lärmen unten. Leute waren gestern Nach mittag genug auf dem Markte, es läßt sich also annehmen, daß die Geschäfte für die Verkäufer befriedigend gegangen sind, besonders Zwiebeln und Filzschuhe müssen colossal gekauft worden sein, denn wir sahen eine Unzahl Frauen und sogar Männer, welche Beides in trauter Vereinigung dem häuslichen Herde zutrugen; auffallend war, daß man fast immer Filzschuhe und Zwiebeln, selten aber eines ohne das andere sah. Leider geht der Jahrmarkt an den Ohren der Bewohner der inneren Stadt nicht auf Filzschuhen vorüber, er pol tert sogar mit recht kräftigen Schritten durch die Straßen, und ist auch die wunderbare Jahrmarktsmusik, die noch vor Kurzem in diesen schönen Tagen unharmonisch genug die Ohren berührte, zum Stillschweigen verurtheilt worden, so bleibt doch noch genugsam Lärm vorhanden. Die Pfefferkuchcnbuden waren trefflich besetzt, die freundlichen Pulsnitzerinncn hatten alle Hände voll zu thun, was jedenfalls erfreulicher «st, als der überaus rege Verkehr an und in den Aniskapellen vulxo Branntweinläden. Die Scenen, die sich da abspielcn, sind oft geradezu widerwärtig; besonders in einer Neustädter Destillation ging es gestern überaus lärmend zu, frivole Scenen spielten sich sogar bis auf die Straße heraus. Auch eine Folge des Jahrmarkts! — Anschließend an unseren in vorgestr. Blatte enthaltenen kurzen Bericht über die osfieielle Feier des ^jähngen Jubiläums der königl. Turulehrcrbildungsansialt sei hier noch bemerkt, daß das Ministerium des Cultus und öffentlichen Unterrichts Herrn 1>r. Kloß das Prädicat „Professor" zucrknnnt hat. — Im sogen Pieschner Winkel ist gestern Vormittag ein un bekannter männlicher Leichnam angeschwommen und von der Be hörde später aufgehoben worden. Er gehört einem Mann in den 50iger Jahren an. Der bei dem Königlichen Gerichtsamte Ebersbach Hinterlassung eines Deficits von jetzt ist dasielbe, welches dem Ver- 1869 entstanden, bei einer unver- l mutheren Revision der Kaffe entdeckt worden. Baßler genoß eines großen Vertrauens und darin wohl allein ist der Grund zu suchen, daß man dem ungetreuen Beamten «echt durch eine schärfere Controle aus die Finger gesehen hat.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite