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MMuffer Tageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meitze», des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen. k-PU,'. Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend stellungcn Fall« HSHncr »-W-N, Krieg -der sonstiger Bctrieb^törungen besteht kein Anspruch auf Lieferung Lr ZMn», öde?«Lr^ung der D-,n,.pr.i,-«.-Aü<kf-lldung -ing-s-ndter Schriftstück- erfolgt nur, wenn P-rt- beiliegt. T für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die8gespaltcne Raumzeile 20 Goldpfennig, die 4gespalLcncZeile der amtlichenBekunntmachungen 4OGold- Pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 100 Goldpfennig. Acchweisungsgel ühr 20 Goldpsennig. Dor- geschriebeneErscheinungv- rage und Platzvorschriften V werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. b berücksichtigt. Anzeigen- s annahme bis vorm.10 Uhr —— —> — - — U Für Richtigkeit der ' durch Fernruf übernuttelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrog durch Klage eingezogen werden mutz oderderAuftraggeberinKonkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Nr 186 85 Jahrgang. Wilsdruff-Dresden dom»«» Dresden 28M Donnerstag, den 12. August 1826 Lelegr.-Sdr.: ,«mt1 blatt poincares jüngster Sieg. Die Nationalversammlung in Versailles hat mit 671 gegen 144 Stimmen die Verfassungsergänzungs vorlage nach den Anträgen Poincarös angenommen DaiMtwurde die Nationalversammlung für geschlossen P o i nc a r ö hat in Versailles gesiegt. Gesiegt aller dings in einer Form, die von wildem Lärm umtobt war. Aber innerlich war der Lärm ein ohnmächtiger; allzu genau wußte man, daß Poincarö bei der Französischen Nationalversammlung siegen würde, siegen mußte. Denn seine Niederlage hätte das Chaos bedeutet. Und er hat diesen Sieg mit den stärksten verfassungsmäßigen Garan tien versehen lassen, die Frankreich besitzt. Während bei uns ein verfassungsänderndes Gesetz mit Zweidrittel mehrheit ohne besondere Feierlichkeit angenommen werden kann und nur Zweidrittel der Abgeordneten wirklich ab stimmen müssen, hat die französische Verfassung jede Änderung mit besonderer Feierlichkeit umkleidet, so daß ein Rütteln, ein Umstürzen des in gemeinsamer Sitzung von Deputiertenkammer und Senat gefaßten Beschlusses fast eine Unmöglichkeit ist. Poincares Antrag ging dahin, daß der von ihm zur Festigung der Währung vorgeschlagenen autonomen Kasse zur Verwaltung der Bons der nationalen Verteidigung und zur Amortisierung der öffentlichen Schuld ein „ver fassungsmäßiger Charakter" verliehen werde. Der Kasse sollen folgende Einnahmen für diesen Zweck überwiesen werden: die Überschüsse des Tabakmonopols, der Ertrag einer einmaligen Steuer aus Eigentumswechsel, die Erb schaftssteuer und die freiwilligen Abgaben; ferner soll aber auch in dem Fall, daß diese Mittel für die Durch führung des Tilgungsplanes nicht genügen sollten, aus dem Haushalt ein entsprechender Betrag an die Kasse ubergeführt werden. Die Opposition in Versailles führte zwar einen lauten, aber hoffnungslosen Widerstand und der Führer der Sozialisten erschöpfte sich vergeblich in stundenlanger Kritik. Aber die Sozialisten selbst denken nicht daran, Poincarös Pläne zu stören; Poincarö soll selbst scheitern, sein Optimismus soll sich als irrig und irreführend er weisen. Poincarös Vorschläge bringen nach Ansicht der Opposition keinerlei Heilung. Das einzige, was Frank reich reiten könne, sei die Kapitals ab gäbe. Poin carö antwortete dem Sozialistenführer Blum selbst. Es war nicht ungeschickt von ihm, wenn er darauf hinwies, wie auch in anderen Ländern, die in schwerer finanzieller Krise gewesen sind, eine solche Kapitalsabgabe gescheitert sei, ein Argument, das ja besonders auf die früheren deut schen Verhältnisse im August 1923 stimmt. Aber dann kommt plötzlich der alte Poincarö zum Vorschein; er be hauptet nämlich, daß an der gegenwärtigen schwierigen Finanzlage und der Masse der im Umlauf befindlichen kurzfristigen Schuldscheine und Nationalbons „in letzter Linie dle Tasiache schuld ist, daß Deutschland seinen NeparatiousveUiflichtungen nicht nachgekommen sei". Das loste auf der Rechten stürmischen Beifall aus; das „Iw Loebs payora Wut dieses frühere Wort Poincarös Von Deutschland, das alles bezahlen werde, geisterte durch den Saal. In resigniertem Bedauern setzte Poincarö aller dings Hinzu, /vnne die Lage nicht von diesem Gesichtspunkt aus betrachtet Wersen. Er unterstrich dann noch schärfste, daß Frankreich ent ¬ schlossen sei, nicht bloß seine inneren, sondern auch sein- äußeren Schulden zu nachdem noch einmal ein Skandal und Sitzungsunterbrechung stattgefun- den hatte, nahm die 671 gegen 144 Stimmen die Aufnahme des Statutes der Amortisations kasse in die Verfassung an- .. ? Poincarö hat gesiegt, allerd ngs nur in dieser Ver- sammlung; ob es ihm aber gelmge" wird über Krise hinwegzukommen, Frankreichs Fma^ Wäh- rung wirklich zu sanieren, das muß ü d,e Zukunft lehren. Man kann nicht sagen, daß die getroffen sind, die Dinge derart energisch anpasen und so tiefwirkend sind, wie die Situation es wohl gebietet. Die Schaffung dieser Amortisationskaffe, der bestimmte Einkünfte übertragen sind, kann auch nicht wenn es nicht gelingt, den Haushalt wieder in bringen. Sollte der Frank wirklich stabil werden, so wird das wirtschaftliche Folgen haben, die Wir za aus uns e Stabilisierungskrise her recht genau kennen. Aber w Deutsche wollen nicht vergessen, daß auch bei dieser Ge legenheit das Wort von der deutschen Schuld und der deutschen Nichtbezahlung blitzartig den Geist beleuchtet, von dem Poincarö noch immer erfüllt ist. Ter französische Frank Wt wieder. Eigener Fernspr^chdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Berlin. Nachdem DienStag der französische Fr""k be reits eine erhebljchx Abschwächung erfahren hatte, trat Mut- woch vormittag nn den maßgebenden Auslandsptätzcn ern weiterer Niickga„„ Paris gegen London notierte um 2411 Uhr 1<8,0g gegen nur 171,25 am Vortagsfchluß. Der bel gische rirank, welcher sich gestern hatte auf 174,75 behaupten können, gab gleichfalls aus 178,00 nach. vruttche pinanLdMe für Frankreich? Durch Rückkauf der Saargruben. — Englische Gerüchte. Eigener Fernjprechdienst der „Wilsdruffer Tageblattes'. Neuyork, 12. August. Nach einer Londoner Meldung hat ! dort eine Finanzkonferenz zwischen Parker Gilbert, Norman und Parmentier stattgesunden, in der ein Vorschlag zur sofortigen Ka pitalisierung der Dawes-Bons als unpraktisch und wirtschaftlich ungesund abgelehnt wurde. Angeblich soll auf diesen Beschluß der damalige Frankensturz zurückzuführen sein. Der Präsident der Fe deral Reserve Bank, Strong, der an der Konferenz nicht teilnahm, reiste darauf nach Holland zu Besprechungen mit dem Reichs bankpräsidenten Schacht, der wieder, nach der Londoner Meldung, direkte Vorschläge zur finanziellen Unterstützung Frankreichs mach te auf der Grundlage der Räumung des besetzten Gebietes. Es - wird ferner gemeldet, daß Strong und Schacht eine deutsche Fi- nanzbeihilfe an Frankreich durch einen Rückkauf der Saargruben erörtert hätten. Die Anregung hierzu sei von Pans ausge- gangen.Strong habe darauf hingewiesen, daß Deutschland auf diese Weise Frankreich helfen könne. LrleWerimgeu im besetzten Gebiet. Vorbereitungen für den Abbau der Truppenzahl. Von gut unterrichteter Seite wird mitgeteilt, daß be reits in allernächster Zeit mit dem Beginn der von der französischen Regierung zugesagten Maßnahmen zur Er- leichterung der Besatzungslasten im Rheinland zu rechnen sei. Der Abtransport großer Truppeneinheiten scheint zu nächst nicht beabsichtigt zu sein, aber es sind bereits von« französischen Kriegsministcrium Maßnahmen zur Um gruppierung der Bcfatzungsarmcc ergangen, Maßnahmen, dis bestimmt sein dürsten, den Abbau der Truppenzah! vorzubereiten. Darüber hinaus soll, wie verlautet, bereits die An weisung ergangen sein, die verheirateten Offiziere und Beamten der Besatzungstruppen nach Möglichkeit durch nichiverheiratete zu ersetzen, was zu einer Herabschrau- bung der Wohnungsansprüche wesentlich beitragen dürfte. D.ie Zurückführung großer Truppe nein- heiten soll für die erste Septemberwoche voo gesehen sein. ArlWge DerunMW m MM Mao». Paris, 12. August. Ain Quai d' Orsay ist amtlich mitge teilt worden, daß die Herabsetzung der Besatzungstruppen eine beschlossene Sache sei und noch im Laufe des nächsten Monats zur Ausführung gelangen würde. Die Erleichterung der Okkupations- lasten steht, wie es heißt, vorläufig eine Verminderung der alliier ten Truppen um etwa 10 000 Mann vor. Frankreich wolle seine Besatzungsarmeee von 58 000 auf etwa 50000, die Engländer und Belgier ihre von 12 000 auf 10 000 Mann herabfetzen, so daß et wa vom September ab noch ungefähr 60 000 Mann alliierte Truppen im Rheinlands stehen würden. Senator Borah zum Clemeneeau-Brief. London, 12. August. Senator Borah veröffentlicht durch Echanger Telegraph im Zusammenhänge mit dem Brief Llemen- ceaus an den Präsidenten Coolidge eine Erklärung, in der er zu nächst betont, daß man die vielen niederträchtigen Anschuldigun gen, die in dem Briefe enthalten seien, nur der Liebe Clemenceaus zu seinem Vaterlande zuschieben muffe. Die Behauptung, daß Amerika sich bemühe, in Frankreich zu intervenieren, sei absurd. Wenn Frankreich die Schuldenstreichung wünsche, dann müßten alle Schulden und alle Reparationen eingeschloffen sein. Es müsse eine Garantie dafür geschaffen werden, daß der Segen eines sol chen allgemeinen Schuldeiiverzichles der ganzen Menschheit und besonders Europa zugute komme und nicht den imperalistischen Plänen, die gerade den Völkern das Lebenslicht ausbliesen, die in keiner Weise für den Krieg verantwortlich seien. Ein ganzes Dorf durch Feuer zerstört. Stolp, 12. August. In dem Dorfe Ervssendorf im Kreise Stolp hat sich heute vne furchtbare Brandkatasirophe ereignet. Innerhalb von vier Stunden wurde fast das ganze Dorf einge- äfchert. 26 Gehöfte sind den Flammen zum Opfer gefallen. Außer dem Inventar und der Ernte, die bei dem schönen Wetter der letzten Tage saft ganz eingefahren wurde, sind etwa 150—200 Schweine, 50 Kühe und etwa 10 Pferde verbrannt. Sämtliche Telephvnleitungen und die Kabel der Ueberlandzentrale sind zer stört. Das ganze Dorf gleicht einer einzigen Trümm erstatte. Glücklicherweise ist kein Verlust an Menschenleben zu beklagen. Oerlallungsleier im Reichstag. ReWpiMrnl und Reichmgierung am VerfasslmgMge. Von unserem parlamentarischen Mitarbeiter. Berlin, 11. August. Der Reichstag bot heute ein anderes Bild, als man cs sonst an Sitzungstagen gewohnt ist. Der Saal war bis auf den letzten Platz gefüllt. Aber in das Dunkle der Männerkleidung mischte sich diesmal die Farbenpracht der Toiletten der Damen, die mit erschienen waren, um die Feier des Verfassuugstages zu begehen. Ein gleiches Bild boten die überfüllten Tribünen. Der Saal selbst war einfach, aber eindrucksvoll geschmückt, überall war er mi! Tannengrün überzogen, in das sich geschmackvoll gelbe Herbstblumen einmischten, über dem Präsidententisch war ein riesiger Reichsadler angebracht, der von den Wap pen der verschiedenen deutschen Länder flankiert wurde. In der Wandelhalle hatte man die vom Reiche für das Internationale Arbeitsamt in Genf gestifteten, vom Maler Max Pechstein geschmückten sünf Glasfenster zur Ansicht ausgestellt, die Arbeitsprozesse aus Industrie und Land wirtschaft in prächtiger Ausführung darstellen. Auf den, weiten Platz vor dem Reichstagsgebäude, der jetzt „Platz der Republik" heißt, wehten an 15 Meter hohen Weißen Lasten Reichsflaggen und Reichsmarinefahnen. Im s^ufe des Vormittags hatte sich eine nach Tausenden zäh- Menschenmenge angesammelt, die mit besonderem wl,/? den Anmarsch der Ehrenkompagnie und dre An- fitste bei der Feier betrachtete. Während der 6e «m Sitzungssaal spielte eine Militärkapelle im Äe da^'"ndische Märsche. Kurz vor 12 Uhr verkün- m i-a/c. ? prüfen der Menge das Herannahen des n^/^enten von Hindenburg, der gleitet vom Reichstagspräsidenten Löbe, seine lm Saal betrat und sich nach allen Seiten hin verneigte, way^end die Anwesenden sich von ihren Sitzen erhoben hatten. Damit hatte der eigentliche Festakt be gonnen Mw der Staats- und Domcho'r unter Leitung von Professor Zindel lang das alte Lied „An die deutsche Nation". Dann rollte «« dem Nahmen von etwas über einer halben Stunde das Programm ab. Die Festrede hielt der Neichsmnenmlmster Dr. Külz, der einen ge schichtlichen. Überblick über die Verfassung gab und nament ¬ lich deren friedlichen «Lyaraner davet nnterstricy. metcys- kanzler Dr. Marx drückte in einer kurzen Ansprache seine Freude darüber aus, daß im deutschen Volk immer mehr die Einsicht über den Wert der Verfassung für den Wieder aufbau der Nation an Boden gewinne. Mit einem be geistert aufgenommenen Hoch auf Deutschland schloß der Reichskanzler, worauf mit dem gemeinsamen Gesänge des ersten und dritten Verses des Deutschlandliedes die ein drucksvolle Feier im Saal endete, um vor dem Haupt portal ihren würdigen Abschluß zu finden. Gegen 241 Uhr erschien der Reichspräsident, begleitet von den Herren seiner Umgebung, auf der Freitreppe, während die Ehrenkompagnie präsentierte, deren Front er darauf ab schritt und die Parade abnahm. Endlose Hochrufe der Menge, die das Deutschlandlied sang, begleiteten den Prä sidenten von Hindenburg bei seiner Abfahrt. In der Stadt trugen sämtliche Reichs-, Staats- und städtischen Gebäude Flaggenschmuck; auch viele Privat häuser hatten in Reichsfarbei« oder in preußischen Farben geflaggt. Ebenso hatten die ausländischen Botschaften und Gesandtschaften und die Konsulate ihre Landes flaggen gehißt. Alle Schulen wurden nach einer kurzen Feier in den Morgenstunden geschlossen. * Reichsminister Dr. Küh vewnre zunächst in seiner Festrede, daß man kein siwelndes Fest feiere, sondern eine Feier ernstesten Gepräges, einen Tag der Einkehr, der Selbstbesinnung, der nationalen Sehnsucht und Hoffnung. Einen Tag, an dem das ganze deutsche Volk sich eint in dem Gedanken an das Schicksal seiner selbst. Als großer Grundgedanke der Verfassung müsse in ihr verkörpert sein der Wille zur nationalen, kulturellen und wirtschaftlichen Wie dergeburt und Selbstbehauptung. Es gäbe kein zweites Beispiel in der Geschichte der Welt, wo ein Volk, in einer Zeit furchtbarer Heimsuchung so schnell Willen und Kraft zu einer von so tiefem sittlichen Ernst ge tragenen Neuordnung seines staatlichen Lebens sand wie das deutsche. Gewiß seien die Ziele der Weimarer Verfassung nicht von heute aus morgen zu erreichen. Wo Staateu und Weltordnungei« zusammenbrechen, könne der Neubali nicht schnell fertig sein. Gewiß, eine Verfassung sei nichts über irdisches und nichts Unvergängliches, aber ihr Bestand werde um so gefestigter sein, je stärker ihr Inhalt die politischen, sitt- iiche» und wirtschaftlichen Kräfte des Volkes der Gesamtheit dienstbar mache. Es solle uns fern liegen, ein Pharisäertum der Republik auszurichtcu und kritiklos alles das schmälern zu