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„Wel-erih-Zeitung» erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 26 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehnien Be stellungen an. MtWH-MiiW. Amtsblatt Inserate. «Uch« bei d« bedeutenden Auflage d« Blattes eine sehr wirk same Verbreitung find«, «erden mit 1Ü PM- di» Spaltenzeile oder der« Raum berechnet. — Ta bellarische und complieirte Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, im redaktionell« Theile, die Spaltenzeil« M Pfg. für die Königliche Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redacteur: Paul Ikhne in Dippoldiswalde. Nr. 43. Sonnabend, den 12. April 1890. 56. Jahrgang. Zur Einberufung des Reichstages. Laut kaiserlicher Verordnung wird der im Februar neu gewählte Reichstag bereits am 6. Mai zu seiner ersten Session zusammentreten. Wenn nicht alle Anzeichen trügen, so wird mit dem Beginne der neuen Neichstagssession auch eine ganz neue Entwickelung unserer inneren Verhältnisse ihren Anfang nehmen, denn nicht nur ein in seiner Zusammensetzung von dem vorigen sehr verschiedener Reichstag zieht am 6. Mai in das Neichsparlament ein; sondern der neue Reichs tag findet an der Spitze der Reichsregierung auch einen neuen Minister, den Reichskanzler General von Caprivi. Diese total veränderte Sachlage braucht nun keineswegs eine vollständige Umwandlung in unserer inneren Politik zu bedeuten, der Hauptkours derselben dürste sogar unter dem Reichskanzler General von Caprivi der gleiche bleiben als unter dem in den Ruhestand getretenen Reichskanzler Fürsten Bismarck, trotzdem scheint die veränderte Sachlache doch mit zwingender Nothwendigkeit daraus hinzuweisen, daß neue Wege in Bezug auf einige brennende Fragen der inneren Politik, wenn auch mit dem alten Ziele im Auge, betreten werden sollen. Es würde nun aber offenbar mehr als voreilig sein, die Art und die Gangbarkeit dieser vermuthlichen neuen Wege schon jetzt diskutiren zu wollen, denn in dieser Beziehung ist offenbar noch Alles im Werden begriffen. Als eine Hauptaufgabe des neuen Reichskanzlers wird einestheils in Regierungskreisen die Versöhnung der parlamentarischen Parteien bezeichnet, anderntheils hofft man aber auch in parlamentarischen Regionen, daß die Regierung dem Reichstage einige weitere Konzessionen in Bezug auf die Mitberathung der Reichsangelegenheiten einräumen werde, doch find alle diese Aeußerungen so lange als Wünsche und Fühler zu betrachten, so lange keine greif baren Resultate in dieser Hinsicht vorliegen. Die Probe darauf kann aber erst in den Reichstags- berathungen selbst gemacht werden und zwar nur bei allen wichtigen Vorlagen bevorstehenden Session. Man nennt als solche hauptsächlich drei: die Militärvorlags betreffend die Vermehrung der Artillerie, die Kolonial vorlage bezüglich der Bewilligung neuer Summen für die Wißmann'sche Expedition und die Vorlage be treffend den Arbeilerschutz. Abgesehen von den Sozial demokraten werden wohl alle Reichstagsparteien in den Forderungen dieser drei Vorlagen einen berechtigten Kern erblicken und zu Bewilligungen geneigt sein, ob dieselbe aber den Wünschen der Regierung entsprechen werden, bleibt eine offene Frage, und sollten die Be ratbungen im neuen Reichstage schon in der ersten Session vorwiegend negative Resultate hervorbringen, so ist wohl kaum daran zu zweifeln, daß der Reichs tag ausgelöst werden wird. Freilich ist gegenüber der neuen Lage auch in Betracht zu ziehen, daß gerade das Verschwinden des gewaltigen Reichskanzlers Fürsten Bismarck von der politischen Bühne das Ver- antwortlichkeitsgesühl und damit die parlamentarische Vorsicht im Reichstage selbst erhöhen muß. Auch werden die neuen Mehrheitsparteien zu zeigen haben, was sie auch positiv eventuell leisten können, denn nur mir dem ewigen Verneinen kann keine Partei ihre Existenzberechtigung begründen. Es ist daher auch Aussicht vorhanden, daß in der ersten Session des neuen Reichstags sich die parlamentarischen Geschäfte verhältnißmäßig glatt abwickeln werden. -Fokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, lieber das letzte Charfreitags- concert geht uns von anderer Seite folgende Zuschrift zu: Wenn im Bericht der letzten Nummer die Auf führung der Schöpfung ein Wagniß genannt worden ist, so g"t auch hier das Sprüchwort: „Wer wagt, gewumt. Nicht irdischen Gewinn, aber solchen für Musikoerständniß und -kenntniß und für'S Gemüth bringen derartige Aufführungen nicht nur den Sängern, sondern auch den Zuhörern. Was die Schwierigkeiten anbelangt, so sind bei früheren Concerten noch ganz andere Anforderungen von Sängern und Musikern er füllt worden. Ja schon Herr Rektor Nadler, der jetzige Pfarrer in Poffendorf, hat hier größere und schwierigere Musikwerke zur Aufführung gebracht. Daß die jetzigen musikalischen Kräfte hiesiger Stadt weniger ausreichend sein sollten, ist doch wohl kaum anzu nehmen und wäre sehr zu bedauern. Der schwierigere Theil der diesjährigen Aufführung lag in den Solo- partieen. Daß aber die Sopransolistin ihre Aufgabe ganz vorzüglich gelöst habe, wird nicht allerseits zugegeben, denn, kamen einige Schwankungen vor, so sind die selben auf ihre Rechnung zu schreiben, da sie bei allen sonstigen Vorzügen den Fehler zeigte, im Zusammen wirken sich nicht streng an den Takt zu halten. Für die beiden anderen Solisten wäre eine rücksichtsvollere Kritik erwünscht gewesen, da doch ein Unterschied ge macht werden muß, ob jemand gegen Entschädigung oder nur aus Gefälligkeit mitwirkt. Den einen Wunsch wollen wir noch mit einflechten, daß sich die Knabenstimmen in der Stärke noch mehr mäßigen möchten. Schließlich sei noch daran erinnert, daß schon mehrmals das Programm der Charfreitags- concerte einzelne, kürzere Musikwerke enthielt. Aber gar mancher wird-auch sehr gern dann und wann größere und schwerere Sachen fingen, spielen und hören, und wie viel den vorhandenen Kräften zuge. muthet werden darf, wird Herr Kantor Hellriegel ganz wahrscheinlich wissen. — Bei ziemlich niedriger Temperatur schneite es heute Freitag früh bei uns eine Zeit lang recht fein und dicht. — Auf die heute Freitag Abend stattfindende Versammlung des hiesigen Gewerbevereins wollen wir auch an dieser Stelle aufmerksam machen. Geising. Auf dem Bahnhofs platze wird jetzt mehrfach mit Felssprengungen vorgegangen, da man bei Abtragung des Nordabhanges vom Kellerberge auf massives Urgebirge gestoßen ist. Die Wirkungen der Sprengung, welche übrigens jedesmal durch Horn- signal angekündigt wird, sind oft ganz gewaltig. Kreischa. Im verflossenen I. Vierteljahre wurden in hiesiger Parochie 30 Kinder geboren und zwar 17 Knaben und 13 Mädchen, darunter befanden sich 1 männliches Zwillingspaar und 1 todtgeborenes Kind. Aufgebote wurden 11 bewirkt. Ehen wurden 6 standesamtlich geschloffen. Sterbefälle waren 23 zu verzeichnen, 13 Erwachsene und 10 Kinder. Dresden. In der jüngsten Sitzung des Rathes der Stadt Dresden ist beschlossen worden, dem in der Bürgerschaft vielfach ausgesprochenen Wunsche, ein bleibendes Andenken an das vorjährige Jubelfest des Hauses Wettin zu beschaffen, insofern nachzu kommen, als der Rath die Mittel zur Ausführung eines der beiden damals auf dem Schloßplatze errich teten Obelisken bewilligt hat. Die beiden vom Prof. Schilling modellirten Figuren der Gegenwart und Ver gangenheit sollen vereint an dem aus getriebenem Kupfer auf granitnem Sockel hergestellt^n Obelisken in Bronzeguß angebracht werden. Die Kosten zur Ausführung sollen aus einem Theile des Minderbedarfs der sür das Fest bewilligten Summe im Betrage von 20,000 M. und dem Ueberschuffe von 33,750 M., welche aus der Abrechnung über die Kosten des Fest zuges resultiren, bestritten werden, während der Rest aus den Erträgnissen des vr. Güntz'schen Stiftungs fonds gewährt werden soll. Der Obelisk würde nach eingeholter allerhöchster Genehmigung auf dem Platze am Taschenberge zwischen dem kgl. Schlöffe und dem Prinzenpalais ausgestellt werden. r» — Ueber die Verhaftung des Maurers Beger, der die Obsthändlerin Nollau in Kötzschenbroda er schlagen und beraubt hat, und die wir schon in unsrer letzten Nummer telegraphisch meldeten, erfährt man jetzt noch nachfolgende Einzelheiten. Er hatte die Nacht vor seiner Verhaftung bei einem Bekannten auf der Ostraallee zugebracht und letzterer alsbald nach dem Lesen der Zeitung, welche ihm die Kunde von dem Vorkommnisse brachte, Meldung von seine- Schlafgastes Aufenthalt erstattet. Im Besitze de- Menschen fand man die vermißte Uhr nebst Kette, seine Kleidung trug frische Blutspuren. Trotzdem, auch als man ihm vorgehalten hatte, daß er durch Benutzung von Zweispännern, Verkehr in Schank- wirthschasten u. s. w. seit Montag viel Geld ausge geben habe, leugnete er die ihm zugeschriebene That, benahm sich jedoch so ausfällig, daß, im Zusammen hangs mit den übrigen ihn belastenden Uebersührungs- beweisen, an seiner Schuld nicht gezweifelt werden kann. Als er der kgl. Staatsanwaltschaft zugeführt werden sollte, zeigte er sich gebrochen und zerknirscht und äußerte, er wolle dem Untersuchungsrichter gegen über sich aussprechen. — Am 9. April Abends erschienen freiwillig die beiden 21 Jahre alten Schuhmachergesellen Karl Ernst Heinrich Kummer aus Weißstein und Gustav Adolf Lötzsch aus Grünhain an Polizeidirektionsstelle und zeigten an, sie seien am 2. Osterfeiertage Abends in der Nähe des Hohen Steins in Plauen mit zwei Männern und einer Frau zusammengetroffen und in Streit gerathen. Im Verlaufe desselben habe Kummer sein Messer gezogen und „zugestochen"; die beiden Männer wurden, wie schon mitgetheilt, verwundet, und einer ist inzwischen im Stadtkrankenhause ge storben. Die beiden Gesellen wurden in Verwahrung genommen und der königl. Staatsanwaltschaft zuge führt. In ihrem Beisein ist darnach die ärztliche ge richtliche Besichtigung des Körpers des Getödteten vor genommen worden. — In einem schwachen Augenblick ließ sich der 20 jährige Konditorgehilfe August Neinhold Heinrich dazu verleiten, seine Geldverlegenheit durch einen Griff in den Koffer seines Kollegen Grünberg zu be seitigen. Um seine Absicht auszuführen, war H. ge- nöthigt, Gewalt anzuwenden, da der Koffer verschlossen war und so machte er sich eines schweren Diebstahle- schuldig, woran der Umstand nichts ändern konnte, daß sich der junge Mensch nur an einem Thaler be reicherte, von welchem er im Laufe des Abends einen Theil verbrauchte. Obwohl sofort Ersatz geleistet wurde und die Vergangenheit des reuigen Angeklagten vollständig makellos ist, konnte doch der Gerichtshof des königl. Landgerichts Dresden in Anbetracht der Qualifikation des Diebstahls und in der Erwägung, daß Noth keineswegs die Triebfeder hierzu gewesen ist, nicht unter 4 Monaten Gefängniß erkennen. Bei dem Ausschluß mildernder Umstände würde auf Zucht haus erkannt worden sein. (Dresdner Nachrichten vom 22. März.) Schmilka a. d. E. Unser Ort, der bekanntlich jeder Verbindungsstraße mit den nächstliegenden Ort schaften entbehrt, besitzt seit dem 5. d. Mts. ein schmuckes Dampfboot, welches fortan bestimmt ist, dem vorhandenen Mangel abzuhelfen. Der leistungs fähige Schraubendampfer trat mit dem 1. Osterfeier- toge, außer seiner Ueberfahrtstour, die ersten weiteren Fahrten an, unter denen eine allgemeine Kirchfahrt nach Schandau als erste zu verzeichnen ist. DaS Dampsboot faßt 40 Personen, und legt die Strbm- strecke von Schmilka nach Schandau in 20 Minuten zurück. Krostewitz b. Kloster Marienstern. Am Dienstag vergangener Woche befand sich die Bewohnerschaft unseres Dorfes in großer Aufregung. Die Schul kinder kamen nämlich Morgens mit der Nachricht nach Hause, es könne keine Schule gehalten werden, denn in beiden Schulzimmern herrsche arge Verwüstung. In der vorausgehenden Nacht war nämlich Jemand zum offenen Fenster in die Schulstube gestiegen, hatte