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Sächsischer Landes-Anzeiger : 30.05.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-05-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188505305
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18850530
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18850530
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1885
-
Monat
1885-05
- Tag 1885-05-30
-
Monat
1885-05
-
Jahr
1885
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 30.05.1885
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.1-A22- SJahrM«. AbonnementOprei«: „Sächsischer LandeS-An>eiger mit „Chemnitzer Stadt - Anzeiger , und „Tägliches Unterhaltungsblatt sowie dem„Anzeiger-Bilderbuch kostet SV Psenntne monatlich. Einzelne Nummern (mit Unterhaltungs- blalt und „Anzeiger-Bilderbuch") 1.0 Kg. Verlags-Expedition: Alexander Wiede, Buchdruckerei, Chemnitz, Theaterstr.48. Sächsischer Sonnabend, 30. Mai 1885. FMes-Anskihtt mit „Chemnitzer Stadt-Anzeiger". Ini^rttouspreiS: Bei Bestellungen von Auswärts wolle mim JnsertionSbetrag (in Briefmarken) beifüge» ge 8 Silben Korpusschrist bilden eine Zeile). Annoncenannahme: nur bis Vormittag. Verlags-Expedition: Alexander Wiede, Buchdruckerei, Chemnitz- Theaterstr.48. KMrtkiW- VMM mit „Tägliches UnterlMungsblaN" «ck hmmW-iWmtm S-miq-dlitt Ansriger-Bilderlntch. Amtliche Bekanntmachungen sächsischer Behörden. Im Handelsregister sür den Stadtbezirk des Unterzeichneten Amtsgerichts wurde beute aus Folium 2777 die am 1. Februar 1885 errichtete Firma Georg Lindner L Ko. in Chemnitz (Friedrichstraße Nr. 4) eingetragen und zugleich verlautbart, daß der Maschinenfabrikant Herr Ernst Georg Lindner und der Kaufmann Herr Johann Georg Melzer daselbst Inhaber der Firma sind. Chemnitz, am 27. Mai 1885. Königliches Amtsgericht. Im Handelsregister für den Stadtbezirk des Unterzeichneten Amtsgerichts wurde heute auf Folium 2773 die Firma C. H. Schmidt'S Wittwe in Chemnitz (Markt Nr. 6) und als deren Inhaberin Frau Christiane Charlotte verw. Schmidt, geb. Didelius, daselbst, Besitzerin eines SpielwaarenhandelSgeschäfts, eingetragen. Chemnitz, am 27. Mai 1885. Königliches Amtsgericht. Im Handelsregister sür den Stadtbezirk des Unterzeichneten Amtsgerichts wurde heute auf Folium 2776 die Firma Theodor Venter in Chemnitz (Zwickauerftraße Nr. 31) und als deren Inhaber der Kaufmann Herr Julius Theodor Venter daselbst, Besitzer eines Agentur« und Kommissionsgeschäfts, eingetragen. Chemnitz, am 27. Mai 1885. Königliches Amtsgericht. Das im Grundbuche auf den Namen Valentin Ketzer eingetragene, in Chemnitz an der Altendorfer Flurgrenze gelegene, im Grundbuche für Schloßgasse-Chemnitz aus Folium 107 verlautbarte Grundstück, Wiese und nach Angabe des Sachverständigen in einer Fläche von 173 ^Metern mit einem Theile des zugleich auf angrenzenden, p. Ketzer früher zugehörig gewesenen Grundstücken stehenden Schmiedereigebäudes bebautes Areal, geschätzt aus 9195 M., wovon 3000 M. auf den Gcbäudetheil entfallen, soll im hiesigen Amtsgericht zwangsweise versteigert werden und ist der 8. Juni 1885 Vor- mittags 10 Uhr als Bersteigerungstermin, sowie der 22. Juni 1885 Vor mittags 10 Uhr als Termin zu Verkündung des Bertheilungsplans anberaumt worden Eine Uebersicht der aus dem Grundstücke lastenden Ansprüche und ihres Rangverhälinisses kann in der Gerichtsjchreiberei des Unterzeichneten Amtsgerichts eingesehen werden Chemnitz, am 16. April 188S. Königliches Amtsgericht- Telegramme de» Kan-es Anzeigera. Vom 28. Mai. Berlin. Das „Reichsgesetzblatt" veröffentlicht heute die Gesetze betreffend die Abänderung des Zolltarifgesetzes vom 15. Juli 1879 und^betreffend Abänderung des Zollvereiniguugsvertrages vom 8. Juli Sigmaringen. Der Erzbischof von Freibnrg ordnete öffent liche Gebete in Hohenzollern für den Fürsten an. Wien. Wie stets wurden heute in den Landgemeinden Ober österreichs, Tirols, Vorarlbergs und Mains nur Klerikale gewählt. Paris. Die Revolutionären haben beschlossen, an Viktor Hugo's Leichenbegängniß mit rothen Fahnen theilzuuehmen. Amsterdam. Heute Nacht wurde in Haag eine sozialistische Schmähschrift angeschlagen. Sie enthielt ein gefälschtes verfassungs widriges Testament, unterschrieben mit gedruckten Buchstaben vom König und Minister Heemskerck. Sigmaringen, 26. Mai. Das Befinden des erkrankten Fürsten von Hohenzollern verschlimmert sich. Nach ärztlichen Mit- theilungen ist derselbe seit gestern früh bewußtlos, um Mitternacht stellten sich Unregelmäßigkeiten in den Athmungsbewegungen und in der Herzthätigkeit ein, gegen Morgen folgte ein natürlicher Schlaf. (Fürst Karl Anton von Hohenzollern ist als Sohn des Fürsten K. A F. von Hohenzollern am 7. September 1811 geboren. Erfolgte seinem Vater in der Regierung, entsagte aber durch Staaisvertrag vom 7. Dez. 1819 zu Gunsten des Königs von Preußen. Der Fürst ist vermahlt mit einer Tochter des verstorbenen Großherzogs von Baden. Die Red. des „S. L.-Anz.") der ohnmächtig Grollende auch nach dem tollsten Auskunftsmittel und wird gar leicht die Beute des lockenden Verführers. Die ^.gonts krovooutemo haben, wenn sie am Pfingstsonntage ihre Hand im Spiele hatten, den Augenblick gut ausgenutzt. Ob das Manöver dagegen zum Vortheil ihrer Auftraggeber ausfällt, erscheint sehr fraglich, nachdem das Ansehen der republikanischen Regierung oder vielmehr das Ansehen des Kabinets Brifson durch das glänzende Vertrauens votum der Kammer nicht nur gerechtfertigt, sondern auch neu gefestigt dasteht. Den französischen Wahlphilister erschreckt man niemals erfolglos mit dem rothen Gespenst und wer seines Vertrauens sicher bleiben will, der muß beweisen, daß er diesen Spuk zu meistern versteht. Nicht wenig zur Befestigung des Ansehens, dessen sich das Kabinet Ferry so lange erfreut hatte, trug der Nachdruck bei, mit welchem dasselbe in den ersten Monaten seiner Amtsthätigkeit den Versuchen, Straßen-Emeuten in Szene zu setzen, entgegengetreten war. Das Kabinet Brifson stand vom ersten Tage an im Verdacht, seiner Allianz mit dem radikalen Flügel der Linken in der Kammer zu Liebe sich auch der Jntransigenten-Partei gegenüber allzu nachsichtig zu zeigen, trotzdem die Haltung des Ministeriums in der Amnestiefrage für daS Gegentheil sprach. Am Pfingstsonntag sollte nun die erste große Probe gemacht werden. Vorläufig hat die Regiemng das Feld be hauptet und wird auch fernerhin Herrin der Situation bleiben, wenn sie nur nicht wieder Nachgiebigkeit, wie am Montag, zeigt, sondern mit aller Energie den Erlaß deS Sciue-Präfektcn durchführt, durch welchen jede Fahne im Seine-Departement verboten wird, die nicht die nationalen Farben Frankreichs oder die eines anderen Staates trägt. Zu einem bewaffneten Widerstande, zu einem Straßenkampse sind die Kommunarden nicht vorbereitet. Sie sind gegenüber der Macht, welcher als Stütze der Polizei im Nothfall- ein halbes Armeekorps zur Verfügung steht, nicht stark genug, auch nur drei Stunden sich auf dem Straßenpflaster zu halten. Die Anarchisten sind nur dann gefährlich geworden, wenn der Staat sie selbst bewaffnet nnd organi- sirt hat, so 1848 in den Natioualwerkstätten und 1870/71 als Nationalgarden. Aber die Kommunarden haben dazu die Mittel und die verzweifelte Energie, vorübergehend einen heillosen Wirrwarr her- hervorzurufen und die „Bourgeois" gruseln zu machen. Für die Hetzer und Schürer, welche hinter de« Tumultuanten stehen, ist selbst dieser kleine Erfolg von Werth; man kann jetzt, während der be ginnenden Wahlkampagne, hiervon wochenlang zehren in Ermangelung eines besseren Kapitals, daS sich im Kampfe gegen die bestehende Ordnung ausmünzen ließe. Vnarchistifche Krawalle in Paris DaS „liebliche Fest" ist, wie wir schon berichteten, in der französischen Hauptstadt recht unlieblich verlaufen. Am Sonntage, dem vierzehnten Jahrestage der Niederwerfung der Pariser Kommune, und auch am Montage, haben blutige Zusammenstöße zwischen den Anarchisten einerseits und der vom Militär unterstützten Polizei andererseits auf dem Friedhöfe Pöre-Lachaise und in dessen Um gebung stattgefunden. Den Anlaß gab das Verbot des Umhertragens der rothen Fahne, des Abzeichens der Vaterlandslosigkeit und die von Pöbelhaufen über die ruheliebende Mehrheit der Einwohner schaft geübte Tyrannei. Seit den gräßlichen Maitagen des Jahres 1871 sind dies die bedenklichsten und opferreichsten Ruhestörungen in Paris. Es wurden am ersten Feiertage nicht weniger als 85 Personen auf beiden Seiten verwundet, darunter mehrere tödtlich. Die- ist eine Berlustziffer, welche sich in einem Gefechtbericht ganz stattlich auSnimmt, im Polizeibericht über eine Straßen-Demonstration ober ganz enorm erscheint und sich nur durch die leidenschaftliche Erbitterung erklären läßt, welche auf beiden Seiten herrschte. Hätte LouiS Philipp in den verhängnißvollen Februartagen deS Jahres 1848 die gleiche rücksichtslose Energie entwickelt, wie am Sonntage die republikanische Stadtgarde, so würde er sich vielleicht auf dem Throne behauptet haben. Damit soll keineswegs gesagt werden, daß am Pfingstsonntage die Republik bereits in Gefahr gewesen und von der Polizei mit militärischer Hilfe gerettet worden sei. Unmittelbar in Gefahr war sie «och lange nicht, auch wenn die rothen Fahnen und kommunistischen Embleme unter dem Gejohle der Pöbelmafleu wieder vom Pöre-Lachaise in die Borstadtquartiere zurückgetragen worden wären. Aber es wäre damit der Anfang gemacht worden, die Umsturz-Elemente wieder an die Oberfläche zu bringen und mit Hilfe derselben zum Wenigsten «ine derartige Beunruhigung der Ge- müther hervorzurnfen, daß die Gegner der Republik bei den bevor stehenden Wahlen da» Terrain entsprechend vorbereitet gefunden hätten. Darauf war es offenbar abgesehen, wenn die von Pari» aus verbreitete Ansicht richtig ist, daß die konservativen Gegner der Re publik ihre Hand auch diesmal im Spiele gehabt und durch ihre ^gants krovoeateurs di« Mafien zum Widerstand gegen die Polizei aufgestachelt haben. Es wäre nicht das erste Mal, daß die Partei der Restauration ihre Gegner in dieser Weise im Rücken z« fassen suchte. Bei einigen Straßeuskandalen unter dem jüngst verflossene« Ministerium wurde diese Bethätigung ganz zweifellos «achgewiesen. Im gegenwärtigen Augenblick war es leicht, ohne besondere Anstreng ung di« Mafien auf di« Beine zu bringen. Waren nur die führenden Gruppen einmal in Bewegung gesetzt, so bildeten die streikenden Schneidergesrllen daS Gros. Ihnen brennt der Hunger im Magen; sie sehen sich im Kampfe mit ihren Meistern verloren und zur Kapi tulation gedrängt. In solcher Stimmung halber Verzweiflung greift Politische Rirndfcharr. Deutsches Reich. Der Kaiser hat, trotzdem, seine völlige Wiederherstellung noch nicht erfolgt ist, die Regierungsarbeiten in üblicher Weise erledigt. Die Großherzogin von Baden verweilt noch in Berlin. — Der Kaiser hat der evangelischen Gemeinde Oelde-Beckum in Westfalen zur Dotirung der Pfarrstelle ein Geschenk von 6000 Mk. gemacht. — Der Kronprinz wird in diesem Jahre in seiner Eigen schaft als Generalinspektor der 4. deutschen Armeeinspektion, die Divi sionen des baierischen Armeekorps und de» Kavalleriekorps bei Regens burs inspiziren. — Prinz Friedrich Karl von Preußen ist von Marieu- bad nach Berlin zurückgekehrt. — Die gestern von uns gebrachte Nachricht, daß der frühere Redakteur und jetzige HülfSarbeiter im Auswärtigen Amt, Di. Julius Eckardt, der Nachfolger vr. Nachtigal's in Tunis werden solle, wird bestätigt. — Die am Mittwoch in Köstritz tagende Generalversamm lung Thüringer Bauern beschloß, eine Adresse an den Reichs kanzler Fürst v. Bismarck zu richten, in welcher sie Namens des Thüringer Bauernstandes ihren Dank für das Wohlwollen de- Reichs kanzlers ausdrückt und die Ueberzeugung ausspricht, daß der erhöhte Getreidezoll dem Reiche und den Kommunen erhöhte Einnahmen schaffen und der schwer darniederliegenden deutschen Landwirthschaft einige Hülfe bringen wird. Sodann wird in der Adresse behufs Herbeiführung einer durchgehenden Besserung um Einführung der Doppelwährung iu Gemeinschaft mit de» maßgebenden Kulturstaaten gebeten. — Die N. A. Z. meldet, die Regierung der englischen Kolonie Neuseeland haben jetzt thatsächlich eine Dampferlinie nach den Samoa- Inseln, bei welchen der deutsche Handel bekanntlich lebhaft interessirt ist, eingerichtet. — Nun, die deutsche Linie wird auch nicht mehr lange auf sich warten lassen. Die Entscheidung de» Reichskanzlers über die Linien muß unmittelbar bevorstehen, wenn sie nicht schon erfolgte. — Ueber die Neubesetzung der Erzbisthümer Köln und Posen wird so viel hin und her gemeldet, daß eigentlich nichts mehr zu glauben ist. Man sagt jetzt, der Papst sei entschlossen, die Neube setzung von Köln allein vorzunehmen und die Posen« Frage völlig unberücksichtigt dabei zu lassen. Angenommen, da- wäre richtig; was ergäbe sich aber schließlich daraus? — Die Schwierigkeiten bei Posen würden sich nicht vermindern, sondern nur steigern. Eben so wenig wie eine Schwalbe einen Sommer macht, führt die Neuernennung eine- Bischofs das Ende de» Kulturkampfes herbei. — Ueber die im Herbst bevorstehenden Neuwahlen zum preußischen Abgeordnetenhaus« jund die Aussichten derselben wird schon viel hin- nnd hergeschrieben, wie es scheint, weil die Saure-Gurkeu-Zeit vor zeitig in die Erscheinung zu treten beginnt. Gewisse Schlüsse zu ziehen, ist doch jetzt absolut unmöglich und welchen Zweck hat er, sich auf Vermuthungen einzulassen? In vier bis fünf Monaten läuft viel Wasser den Berg noch herunter. Daß die konservativen Organe außerordentlich lebendig find, ist sehr erklärlich; fehlen doch nur etwa sünfunddreißig Mandat« den konservativen Parteien an der absoluten Mehrheit im Hause, bei welcher sie Nationalliberale und Zentrum vollständig entbehren können. — Am Rhein ist die Stimmung der projektirten deutschen Be- Werbeausstellung für 1888, ob sie gerade in Berlin stattfindet, bleibt sich ja an und sür sich sehr gleichgiltig, nicht sonderlich gewogen, wenigstens hat «ine vom Mitt-lrheinischen Fabrikantenverein bei sämmtlichen Mitgliedern eingekritete Umfrage ergeben, daß mehr als dreiviertel der eingelaufenen Antworten gegen die Ausstellung find, weil sie glauben, die Kosten verlohnten sich nicht. Welche» Besicht aber wohl die Herren machen würden, wenn sie nun doch einen Tr- folg sähen? ES dürste am besten sein, die Ausstellung im Namen der Industriellen, welche derselben zustimmen, und das ist di« Mehr zahl, zu beschließen; die Anderen werden dann schon von selbst kommen. — Wenn eS an das Flunkern geht, darf natürlich der Vertreter deS Londoner WeltblatteS „Times" in Pari-, Herr de Blowitz, nicht fehlen. Man weiß, daß an Herrn de Blowitz nichts echt ist, nicht einmal sein Name; er heißt thatsächlich Oppert auS Blowitz, aber da die Time- seine Mittheilungeu wie Orakelsprüche betrachtet, so werden sie leider auch von anderen Leuten als solche gewürdigt. Die neueste Glanzleistung des Herrn „de Blowitz" ist also sein Be richt über die Unterredung des englischen Ministers Lord Roseberry mit dem Reichskanzler. Wahrscheinlich besoldet er irgend «ine Flieg« im ReichskanzlerpalalS, die ihm haarklein mittheilt, was iu diesen, sonst allen profanen Ohren verschlossenen Räumen verhandelt wird. Also: Herr de Blowitz läßt u. A. den Reichskanzler sagen, wenn England sich erst mit Deutschland verständigt habe, verstehe sich die Aussöhnung zwischen England und Frankreich von selbst, wodurch natürlich Frankreich als eine Art Vasall von Deutschland dargestellt werden soll. Ferner erzählt Herr de Blowitz, betreff» Rußlands habe der Kanzler bemerkt, man müsse dasselbe von dem „Byzanz-Fieber" heilen und ihm zu diesem Zwecke freie Hand in Zentralafien lassen, eine Behauptung, von welcher Herr de Blowitz offenbar annimmt, daß sie in Petersburg peinliche Gefühle zum Nachtheile der deutsche« Politik erwecken werde. Ueber die Engländer gar soll Fürst Bismarck seinem Gaste gesagt haben: Die Deutschen seien nüchterner, thätiger, sparsamer rc. als die Briten, so daß sie «S überall mit denselben aufnehmen könnten. — Wenn nur Herr von Blowitz selbst etwa» nüchterner sein wollte. Oesterreich-Ungar». Nicht einmal während der Pfingst- fekertage hatten die österreichischen Wähler Ruhe. An vielen Orten wurden am Pfingstsonntag Wählerversammlungen abgehalten und in wie vielen Tausenden von Kirchen war die Pfingstsonntags- Predigt nichts Weiteres als ein zrlotischer Appell au die Wahlmäuner, Anhänger der extremsten Reaktion, Bundesgenoffen der Tschechen und Polen, zu Abgeordmten zu wählen; ein zelotischer Appell an di« Frauen der Wahlmänner, welche bei ihrem Seelenheile beschworen wurden, ihre Männer von der Parteinahme für den „kirchenfeindlichen liberalen Kandidaten" abzubringeu. Aus Oberösterreich liegt Wiener Zeitungen ein Schreiben vor, in welchem der Entrüstung darüber Ausdruck gegeben wird, daß iu der ganzen Gegend von den Kanzeln aus die dienende Klasse gegen jene Dienstgeber, welche der liberalen Partei angehöreu, in der maßlosesten Weise aufgewlegelt und auf gereizt werde. Nach solchen Vorbereitungen begannen am Mittwoch >die Wahlen. Die Landgemeinden in Niederösterreich und Salzburg, Idie vermittelst Wahlmänner ihr Votum abgeben, waren zur Abstim mung berufen. In den ersteren wurden die bisherigen Abgeordneten Neumayer und Lienbacher wiedergewählt; in letzteren wurden trotz der Aufhetzungen sieben Liberale und ein Konservativer gewählt. — Mitten in die österreichische Wahlbewegung hinein düngt die Nachricht von der Ernennung des bisherigen Bischof» von Bud« weis, de» Grafen Schönborn, zum Erzbischof von Prag. In allen deutschen Kreisen Böhmens wird es den peinlichsten Ein druck erwecken, den Bischof Schönborn den Prager Metropolitenfitz besteigen zu sehen. Denn Graf Schönborn ist ein noch viel eifrigerer Anhänger des böhmischen Staatsrechtes und seiner Verfechter und Vorkämpfer, als es sein Vorgänger, Kardinal Schwarzenberg, war. Ihm wird allen Ernstes nachcrzählt, daß außer den in Böhmen sich aufhaltenden katholischen Angehörigen des deutschen Reiche» für ihn Deutsche im Lande überhaupt nicht vorhanden find. Frankreich. Vielfach werden Stimmen in Paris laut, daS Ministerium Brifson werde bald, recht bald zu seinen Vorgängern versammelt werden. Der Grund dafür ist einfach. Herr Brifson und seine Kollegen haben derartig, namentlich bei Viktor Hugo'» Tod, dem Radikalismus gehuldigt, daß sie von den Kommunisten überhaupt nicht mehr für ernst genommen sind. Der von uns mit- getheilte Spektakel vom Sonntag wäre ganz gewiß unterblieben, wenn Frankreich eine feste, entschlossene Regierung gehabt hätte. Soeben glaubten die Kommunisten, der Polizei Alles bieten zu können, weil sie eben hofften, die Regierung werde der Sicherheitsbehörde nicht den nöthigen Schutz gewähren. Dieser Gedankengang ist kennzeichnend sür die momentan in Paris obwaltenden Verhältnisse. Die Regier ung hat nun allerdings in der Kammer ein Vertrauensvotum erhalten und die Entfaltung von rothen Banner« und Fahnen im Hinblick auf die Montag im Pantheon stattfindende Beerdigung Victor Hugo'» streng untersagt, aber die Kommunisten stellen sich gar nicht so, als ob sie gehorchen würden. Giebt eS aber abermals Skandal, so purzelt das Ministerium Brifson saust und selig von seinem Sitze herab und damit ist dann die radikale Gloria zu Ende. Eine ein gehende Würdigung des Krawalle» und seiner voraussichtlichen Folgen findet der Leser im Leitartikel unsere» heutigen Blattes. Italien. Die italienische Regierung quält sich mit ihren egyptischen Sorgen herum. Sie behauptet, der König von Abyffinien sei mit der italienischen Nachbarschaft in Maffauah vollkommen ein verstanden; andere Leute sagen aber, der König stelle ein Heer auf, um den Italienern den weiteren Vormarsch zu wehren. Die Türkei hat sich bedankt, die Occupatio« der Stadt Suakin zu übernehmen. Man meint, Italien werde doch für England hier eintreten müssen, denn andernfalls gewinnen die Araber an der Küste de- Rothen Meere» die Oberhand und dann könnte eS doch sehr ungemüthlich werden. Die italienischen Truppen leiden schwer durch Krankheiten. England. Der „Pall Mall Gazette" zufolge nimmt in den Unterhandlungen zwischen England und Rußland Alle» seinen befriedigenden Verlauf. „Die einzigen unter Erörterungen sind so unentgeltlich Nein, daß es unmöglich ist, sie durch den Telegraphen zu behandeln. Die Unterhandlungen werden daher nur noch auf schriftlichem Wege geführt." Rußland. Die Russen setzen Alle» daran, um da» Deutsch, thum in den Ostseeprovinzen auf jede nur mögliche Weise zu unterdrücken. Bezeichnend für diese RussifizirungSbestrebungen ist folgender Fall: In einer der letzten Sitzungen des Gemeinderath» in Gvldingrn wurde eine Verfügung de- Kurator» de- Dorpat« Lehrbezirk» vorgelesen, worin derselbe die Stadt ausfordert, zu ein« in Goldingen zu begründenden Elementarschule mit Vortrag der Lehr gegenstände in russischer Sprache, einen Zuschuß aus der Stadtkasse zu gewähren. Der Gemeinderath beschloß jedoch, der Aufforderung keine Folge zu leisten. Darauf hin beschloß da» Kuratorium, zur „Reform" sämmtlicher im Kreise belrgrnen Schule^ in de, Weise zu - —-L
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