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Sächsischer Landes-Anzeiger : 05.07.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-07-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188507059
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18850705
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18850705
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1885
-
Monat
1885-07
- Tag 1885-07-05
-
Monat
1885-07
-
Jahr
1885
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 05.07.1885
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.H? ISS. — 5. Jahrgang. Abonnementspreis: Der unparteiische — jede» Wochentag Abend (mit dem Datum deS folgenden Tage-) zur Versendung gelangende — Landes«Anzeiger mit Beiblättern kostet Lei den Ausgabestellen in Chemnitz und den Vororten SO Pfennige monatlich; bei der Post 60 Pfg, (10. Nachtrag 4523b.) Verlag: Alexander Wiede, Buchdruckcret, Chemnitz. Sächsischer FMkS-AlIjkiM mit „Chemnitzer Stadt-Anzeiger". Sonntag, 5. Juli 1885. JnsertiouSpreiS: Raum einer schmalen KorpuSzeile 15 Pfg.: — Reklame (Ispaltige Petitzcile) 30 Pf-.— Bei Wiederholung großer Annoncen Rabatt. Bei Bestellungen von Auswärts wolle man Jnsertionsbetrag sin Briefmarken) beifügen (>e 8 Silben Korpusschrift bilden ca, 1 Zeile). Annoncenannahme! nur bis Vormittag. Expedition und Redaktion: khemnih, Theaterstraße Nr. 48. Telegramm-Adr.: WIede's Anzeiger, Chemnitz^ Wlitiirr: „Tägliches UnlerhaltungMatt" md hiimrißisch iiiHriktkL SnMjMt „Lustiges Bilderbuchs Amtliche Bekauutmachungen sächsischer Behörden. Behufs Anlegung eines neuen Kopfgleises auf dem Bahnhofe Chemnitz ist innerhalb der Flur der Stadt Chemnitz von der Parzelle Nr. 1158 des Flurbuchs für Chemnitz eine Fläche von 183,„ qm enteignet worden und sind dafür 1888 M. 75 Pf. als Grundentschädigung an die Grundflücksbesitzerin, Frau Christiane Emma verehel Zipper in Chemnitz, auszuzahlen. Indem in Gemäßheit der Bestimmung in 8 9 des Gesetzes vom 3. Juli 1835 bez. nach dem Gesetze vom 2>. Juli 1855 und der Verordnung vom 26. November 1883 dies andurch zur öffemlichen Kenntniß gebracht wird, werden Realgläu biger, sowie andere entferntere Jniercssenten, welche hierbei im Sinne des Ablösungsgesetzes vom 17. März 1832, ß 67, betheiligt sind, gleichzeitig hier mit ausgcsordert, ihre Ansprüche, dafern sie sich wegen derselben an diese Entschädigung halten wollen, binnen 6 Wochen und 3 Tagen von der Ver öffentlichung gegenwärtiger Bekanntmachung an bei der Unterzeichneten Amts- bauptmannschast anzumelden, außerdem aber gewärtig zu sein, daß ndch Ablauf dieser Frist mit Auszahlung der Entschädigungsgelder an die empfangs berechtigte Grundstüctsbesitzerin verfahren werden wird Chemnitz, den 1. Juli 1885. Die Königliche Amtshauptmannschaft Der große Streik -er Maurer und Stei« träger Berlins, durch welchen gegenwärtig etwa vierzigtausend Arbeiter außer Beschäf. tigung gesetzt sind, ist ohne Zweifel zu einem Zeitpunkt herbeigeführt worden, au welchem die Aussichten auf Erfolg verhältnismäßig groß tud. Denn die Aussicht auf eine neue Bauordnung, welche der Baufreiheit im gesundheitlichen Interesse erheblich engere Schranken ziehen dürfte, als die zur Zeit geltenden baupolizeilichen Vorschriften, hat in Verbindung mit dem niedrigen Preise der meisten Baumaterialien eine ungewöhnlich lebhafte Bauthätigkeit hervorgerufen. Und zwar war ! Im Musterregister des Unterzeichneten Königlichen Amtsgerichts ist ein getragen: Nr. 955. Firma Lindner L Dürr in Chemnitz, ein Handschuhver- schluß, plastisches Erzeugniß, Schutzfrist 3 Jahre, angemeldct am 11. Juni 1885 Vormittags '/,11 Uhr. Nr. 950. Firma Emil Knoth in Neukirchcn, ein verschlossenes Couvert, enthaltend eine Rund-Patent-Socke mit selbstthätig eingearbeiteten Kettelnähten, plastisches Erzeugniß, Schutzfrist 3 Jahre, ange- meldet am 27. Juni Ir85 Nachmittags 5 Uhr. Chemnitz, am 3. Juli 1885. Königliches Amtsgericht. Gesucht wird der Schlosser Franz Emil Schröter aus Langenleuba- Oberhain, vorm Werkmeistcrschüler hier, zur Vernehmung über eine Anzeige. Chemnitz, den 2. Juli 1885. Königliche Staatsanwaltschaft. Telegramme des Landes Anzeigers Vom 3. Juli. Wien. Unsere Kaiserstadt dürfte nunmehr bald eine eigne städtische Gasanstalt besitzen? denn die Gascommission des hiesigen GemeiuderathS beschloß, den Vertrag mit der englischen Gasgesellschast zu kündigen; die Errichtung einer städtischen Gasanstalt wird die Folge sein. Wien. In der in Galizien gelegenen Stadt Gorodenka sind über sechshundert Häuser abgebrannt und hierdurch fünftausend meist arme Einwohner obdachlos geworden. Bei dem Brande kamen mehrere Menschen um das Leben. Wien. Aus mehreren Bezirken Oesterreichs werden neuerdings verheerende Unwetter gemeldet, welche die Saaten vernichteten, Häuser zerstörten und Menschenopfer forderten. Am schlimmsten wüthete das Unwetter in der Bukowina, wo meilenweite Strecken ganz verwüstet, große Waldcomplexe zerstört sind, auch sonst ein riesiger Schaden angerichtet und überdies acht Menschen getödtet wurden. Paris. Die Minister haben heute die Frage behandelt, ob man durch zeitweilige Zulassung der Baumtrollengespinnste den Fabrikanten die Concmrenz erleichtern und ihre Lage den Arbeitern gegenüber auch günstiger gestalten solle. ES ist dies bekanntlich eine Hauptforderung der Fabrikanten für die Herstellung gemischter Gewebe. Ter Ministerrath hat Bedenken getragen, diese Maßregel der Kammer vorznschlagen. Der Norden, der diese Production als ein Monopol betrachtet und Baumwolle fabrizirt, würde dagegen um so lebhafter prstestire«, als er sich durch Entsendung von Delegirten, die an unseren rheinischen Jndustriestätten unsere Maschinen, unsere Fabrikationsweise, unsere Muster studirt haben, die Mittel zur wirkungsvollen Coucurrenz mit unseren Fabrikaten angeeignet hat. Paris. Der Schluß der Kammerfession findet jedenfalls am zweiundzwanzigsten Juli statt. Die Wahlen dürften am siebennud zwanzigsten September vorgenommen werden. Lyon Der Streik der Lyoner Seidenarbeiter hat einen Ver lauf genommen, in welchem diese ebensoviel Einsicht wie guten Willen bezüglich des Abschlusses eines Vergleiches mit den Arbeitgebern ge zeigt haben. Auf die Bereitwilligkeit der Letzteren, nach Kräften auf die Wünsche der Streikenden eivzugehen, die sich wirklich in drückender Lage befinden, hat namentlich vortheilhaft die energisch ablehnende Haltung gewirkt, welche diese den Agitatoren und dem arbeitsscheuen anarchistischen Gesindel gegenüber beobachtet haben. Eine Commission aus Arbeitern und Arbeitgebern prüft und verein bart die Lohnsätze für dieverschiedenen Facons in Plüschartikeln. Von einem Einheitstarife, wie ihn ursprünglich die Arbeiter wollten, ist mau voll ständig zurückgekowmen, so daß man die Angelegenheit zu einem glück kichen Abschluß zu bringen hofft. Es geht natürlich nicht immer Alles glatt, und verschiedentlich haben die Arbeiterdeligirten geglaubt, die Streitpunkte der Corporation zur Entscheidung vorlegen zu sollen. Der Wind steht aber, wie gesagt, vorläufig auf Versöhnung. Kronstadt. Der Marineminister Schestakow begab sich gestern nach den finnischen Schären, woselbst derselbe sich einige Tage zur Besichtigung der dortige» Kriegsschiffe aufhalten wird. Sodann geht der Minister, wie bereits gemeldet, über Stockholm und Kiel au Urlaub. London. Wie der „Standard" meldet, soll zwischen Rußland und Korca ein geheimer Vertrag abgeschlossen sein, durch welchen Rußland das Protectorat über Korea erhalten habe. London Wie der „Standard" meldet, ist die Negierung im Begriff, eine königliche Commission «inzusetzen zur Uute.suchung der Ursachen der gegenwärtigen HandelSstockung. — Gestern Abend fand eine Versammlung von Mitgliedern beider Häuser des Parlaments und mehrerer Admirale unter dem Vorsitz Lord Cowper's statt. Es wurden Beschlüsse gefaßt zu Gunsten der Bildung eines Nationalfonds für den Ankauf von Torpedobooten, der Befestigung der Handelshäfen und Seestädte Englands. — Bei einer Ersatzwahl in Wakefield wurde an Stelle des verstorbenen Markte, eincs Liberalen, der Conservaiive Green mit 1918 Stimmen gewählt. Der liberale Candidat erhielt nur 1661 Stimmen. Madrid. Nachdem der König von seiner Reise nach Aranjucz von der ihn mit enthusiastischen Zurufen empfangenden Volksmenge begleitet, in das Palais zurückgekehrt war, sammelten sich vor dem selben viele Tausende, welche die Ovation sortsetzten, bis der König wiederholt auf dem Balkon erschien und lebhaft dankte. Kairo. Die Nachricht von der Besetzung der Provinz Dongola bis Akashch wird bestätigt. Die Eisenbahn von Wady Halsa bis Akasheh soll am 1b. Juli beendet sein. Ein englisches Detachement bleibt in Akasheh. — Grneral Wolseley grht am Dienstag naöl London ab. dieselbe nicht nur umfangreich, sondern bewegte sich auch im beschleu nigten Tempo. Es ist daher unverkennbar, daß, wenn überhaupt emals Bauunternehmer und Bauhandwerker ihren Arbeitern gegenüber ich in einer Zwangslage befinden, dies jetzt der Fall ist. Ob gleichwohl der Streik auch nur von vorübergehendem Erfolge begleitet sein Wird, erscheint zweifelhaft, wenn man bedenkt, daß der Verlust der Streikenden an Arbeitslohn wöchentlich auf etwa eine Million Mark sich beläuft und es mithin sehr fraglich ist, ob ein so großer Ausfall von den Streikenden »nd deren Helfern ans längere Zeit getragen werden kann. Auch werden die Vortheile eines ^ etwaigen Erfolges bei einer längeren Dauer der Arbeitseinstellung! ehr fragwürdig. Dauert dieselbe nur drei Wochen, so würde die ^ geforderte Erhöhung von vierzig auf fünzig Pf. für die Stunde während des Restes des Sommers kaum ausreichen, um den durch vie Arbeitseinstellung herbeigcsührten Verlust an Arbeitslohn auszu-! gleichen. Wollte man aber, wie dies in einer Versammlung der treffenden Arbeiter geschehen, mit acht Wochen rechnen, so würde die geforderte Erhöhung des Lohnes bis weit in den nächsten Sommer hinein die Lage der Arbeiter nicht bessern, sondern lediglich die Ver luste während der Arbeitseinstellung, auSgleichen. Erhellt schon aus diesen Betrachtungen, daß der Streik eine gefährliche und selbst im Falle des Erfolges zweischneidige Waffe ist, ^ o ergiebt sich aus den begleitenden Umständen der Berliner Arbeits einstellung ein weiteres für die gesammte arbeitende Bevölke rung sehr beachtenswertheS Bedenken. Wenn die Berliner Maurer und Steinträger eine Art von geschäftlicher Nothlage ihrer Arbeitgeber benützen, um ihre Lohnforderungen zu erzwinge«, so wird damit von Seiten der Arbeiter ein Moment in die Lohnbewegung hineingebracht, das für sie selbst nur allzuleicht verhängnißvoll werden kann. Denn, wenn von ihnen das Verhältniß zwischen Arbeitgeber und Arbeit nehmer als eine Art von Kriegszustand betrachtet wird, bei dem alle Mittel gelten, so werden sie sich sagen müssen, daß die Arbeitgeber naturgemäß den Spieß umkehren werden, sobald sie dies mit Aussicht auf Erfolg thun können, und durch Arbeitsausschluh diejenige Lohn- regulirung erzwingen, welche ihrem Interesse entspricht. Die hierin für di« arbeitende Bevöl'erung liegende Gefahr ist an sich nicht zu unterschätzen, sie gewinnt an Bedeutung in einem Moment, wo die allgemeine Stockung in Handel und Verkehr und der niedrige Preisstand der meisten Jndustrieproducte den Gedanken einer Beschränkung der Production ohnehin nahe legen. Die an der Arbeitseinstellung nicht betheiligten Arbeiter werden daher ernstlich zu überlegen haben, ob es in ihrem Interesse liegt, ein Vorgehen zu unterstützen, welches die Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeit nehmer auf den Boden deS rücksich tslosenJnteressenkampfes stellt und damit die wirthschastlich Schwächeren den Stärkeren preisgiebt. Die Folgen des Berliner Streiks machen sich übrigens bis tief in die Provinz bemerkbar. So sind nach Schwiebus über zwanzig Maurergesellen abgereist, um ihren dortigen College« eine unliebsame Concurrenz zu machen. In Sagan, wo eine neue Artillerie Caserne im Bau begriffen ist, haben Berliner Maurergesellen sich zu niedrigeren Löhnen, als die dort beschäftigten Maurer erhalten, an geboren. In Folge dessen haben in Sagan etwa fünfzig Maurer ihre Arbeit uiedergelegt. Daß auch die Putzer jetzt in den Streik eingetreten sind und auch Schiffahrt und Ziegeleien hart darunter zu leiden habe«, thcilten wir an anderer Stelle unseres heutigen Blattes mit. Politische Rundschau. Chemnitz, den 4. Juli. Deutsches Reich. Der Kaiser hat Donnerstag in Ems zum ersten Male das Theater besucht, das beste Zeichen, daß die Körperkrästigung ständig fortschreitet. Am Freitag früh brachte das Musikcorps des 4. Garde-Regiments dem Monarchen zur Erinnerung an die Schlacht von Königgrätz ein Ständchen. Der Kaiser dankte vom Fenster und befahl den Capellmeister zu sich ins Zimmer. Um neun Uhr wurde cine Spazierfahrt unternommen. Gegen elf Uhr traf Prinz Wilhelm von Preußen in Ems ein und wurde vom Fürsten von Rudolstadt empfangen Mittags reiste der Prinz nach Coblcnz zum Stiftungsfest des 4. Garde-Regiments weiter. — Der Kronprinz reiste Freitag Abend halb zehn Uhr über Köln nach Aachen zur Beiwohnnug der Feier des fünfundzwanzig- jährigen Bestehens des 53. Infanterie-Regiments. Die Ankunft in Bachen erfolgte heute Vormittag zehn Uhr. — Am Donnerstag hatte der Kronprinz mit dem Prinzen Wilhelm der Jubiläumsfeier des 4. Garde-Regiments z. F. in Spandau beigcwohnt. — Fürst Bismarck begiebt sich heute mit seiner Familie nach Kröchlendorf bei Angermünde, wo Montag die'Vermählung seines jüngsten Sohne- stattfindet. — Der Prinz Ernst von Sachsen-Meiningen, welcher beim Amtsgericht in Charlottenburg als Referendar beschäftigt war, ist aus dem Justiz- in den Verwaltungsdienst übergetrelen. — In der Donnerstagssitzung deS Bundcsrathcs sind nur zwei Stimmen gegen den braunschweigischen Antrag abgegeben worden, die von Mecklenburg Strelitz und von Reuß ä. Linie. Der Beschluß, den Herzog von Cumberland zur Thronfolge nicht zuznlaffen, erfolgte also, da Braunschwcig selbst mit seinen beiden Stimmen sich des Votums enthielt, mit vierundsünfzig gegen zwei Siimmen. Der Antrag war unterzeichnet: von Schelling, Gras Lerchenfeld, Graf Hohcnthal, von Schmidt, Freiherr von Matschall, Neidhardt, Maier. Um die allerhöchste Ermächtigung dazu eiuzuholen, daß Preußen an Stelle seines eigenen Antrages den des JustizausschuffeS acceptirte, war Herr von Bötticher zum Kaiser noch Ems gefahren. — Der Weizen der Pariser Skandalblätter blüht. Der Pariser „TLlögraphe" veröffentlicht nach der „Boss. Ztg." folgende Londoner Depesche: „Herr und Frau Waddiugtou, der französische Botschaft« bei England, weigerten sich, am letzte» Hofball, in dem von der Königin Victoria wegen deS Ablebens des Prinzen Friedrich Karl von Preußen angeordeten Trauercoftüm zu erscheinen, da ausdrück liche Befehle der französischen Regierung ihm verböte», für einen Feind Frankreichs Trauer anzulegen." Auch von Londoner Blättern wird die Sache erwähnt. — Herr Waddiugtou ist als sehr ruhig« Mann bekannt; eS wäre bedauerlich, wenn der französische Minister der Auswärtigen, Herr de Freyciuet, wirklich einen so kleinliche» Befehl ertheilt hätte, der die einfache Anstandspflicht verletzt. — Nach wochenlang« Discusfion ist die Braunschweiger Frage durch den Beschluß des BundesratheS nun endlich aus der Welt ge schafft worden. Der Antrag, wie er angenommen ist, entspricht nicht dem Wortlaut, nach dem preußischen Vorschläge, aber die Hauptsache ist hier wie da dieselbe: Der Herzog von Cumberland wird im Herzogthum Braunschweig nicht regieren. Alle Die jenigen, welche also noch auf die Wiedererrichtung eine- WelfenthroneS in Deutschland gehofft hatten, werden jetzt einsehen, daß ihre Hoffnung eitel Trug war. Mau hat viel von dem sogenannten Recht deS Herzogs von Cumberland gesprochen, zugegeben, daß der Herzog ei» solcher Recht auf den Braunschweiger Thron hat. Die verbündeten Regierungen haben aber die Pflicht, darüber zu wachen, daß nicht ein innerer Zwist im deutschen Reiche entsteht, der unabsehbare Folge« haben könnte. Eine Thronbesteigung des Herzogs von Cumberland, der sich Preußen gegenüber noch immer im Kriegszustand befindet, von Preußen Gebietstheile verlangt, welche diesem durch die Verfassung gewährleistet sind, würde aber einen solchen ernsten Conflict Hervor rufen, und da der Herzog selbst keinen Schritt gethau hat, um eine Versöhnung herbeizuführen, so war der Beschluß des BundesratheS selbstverständlich. — Arg bespöttelt werden von zahlreichen Blättem die von uns im gestrigen Anzeiger scharf gekennzeichneten Ansprüche des englischen Herzogs von Cambridge auf Brannschweig. Der gute Herr scheint die letzten zwanzig Jahre verschlafen zu haben, da « ein so merkwürdiges Anfinnen stellt, von London aus Braunschweig regieren zu wollen. — Wie wir gestern mittheilten, hat Graf Joachim Pfeil für die deutsch-ostafrikanische Gesellschaft in Berlin auch das Sultanat Chat« in Ostafrika, südlich von den bisherigen Besitzungen der Gesellschaft, erworben. Wir die Letztere meldet, ist Chutn eine höchst werthvokle Besitzung, die vom Rufidjifluß begrenzt wird Das Thal dieses Flusses ist ein besonder- üppige-Gebiet, welches sozusagen dieMaiS« kawmer von Zanzibar ist, und sicherlich mit der Zeit auch den ReiS- bedarf der Stadt, der heute noch zum größten Theil aus Indien gedeckt wird, liefern wird. Das Klima der Tiefebene soll nicht dem deS Hochplateaus von Usagara gleich sein; um so fruchtbarer ist d« Boden. Das erworbene Gebiet dürft« vier bis fünfhundert Quadrat» meilen groß sein) Der Rufidji ist bislang noch wenig untersucht; den Unterlauf hat Stanley festgestellt, über seinen Mittellauf dürste Graf Pfeil schätzenswerthe Aufklärungen zu geben im Stande sein. Ob sein Oberlauf sich dem Nyaffa oder Tanganika-See zuwendet, das werden spätere Forschungen aufdecken müffen. Graf Pfeil ist wohlauf in Zanzibar «ingetroffen, wo er wohlverdiente Ruhe und Erholung in dem jüngst erworbenen Hause der Gesellschaft finden wird. Selbst verständlich wird die Reichsregieruug den Besitz als solchen erst prvclamiren können nachdem sie Einsicht in die von Graf Pfeil abgeschloffenen Verträge genommen haben wird. Dieselben dürften mit der nächstfolgenden Post aus Zanzibar in Berlin eintreffen. — Aus Budapest ist der Vorschlag, Oesterreich-Ungarn und Deutschland in einen Zollverband zu vereinigen, abermals gemacht. Es bedarf keiner Prophetengabe, um zu sagen, daß an die Verwirk lichung dieser Planes vorläufig gar nicht zu denken ist. Der deutsche Koruzsll und die ungarische Kornconcnrrenz sind unüberwindbar« Hindernisse. — Bei der Eröffnung der dritten Session des Schwurgerichts bei dem Landgericht München l hat der Präsident, ObcrlandesgerichtS- rath Frhr. von Castel, in einer Ansprache Stellung gegenüber de» Antrag auf Verminderung der Geschworenenzahl genommen. Er sagte: „Als ich am Schluffe der ersten Session von den Henen Ge schworenen Abschied nahm, dachte ich nicht, daß ich wieder den Vorsitz über ein so zahlreich besetztes Geschworenengericht führen würde. ES lag ja bekanntlich «in Antrag vor, die Geschworenenbank aus die Hälfte herabzubringen. Dieser Antrag hat jedoch Bedenke« hervor gerufen und unterliegt einer neuen Berathung. Es freut mich daher, meine Herren, Sie in gewohnter Anzahl wieder begrüßen und die nicht unbegründete Hoffnung aussprechen zu können, daß unser Schwur gericht, welches nun schon sechsunddreißig Jahre besteht und eine Volks« thümliche Institution geworden ist. erhalten bleibe. Der Geschworenen dienst bringt zwar viele Beschwerlichkeiten mit sich, wird aber immer opferfreudig geleistet, da es sich dabei um Ausübung der bedeutendsten Volksrechte handelt." Oesterreich-Ungarn. In den ersten Tagen der kommenden Woche werden, wie wir schon in dem telegraphischen Theil unserer gestrigen Nummer mittheilten, zwischen Oesterreich und Ungarn die sogen. ÄuSgleichsverhandlungen beginnen. Dieselben haben den Zweck, den wirthschaftlichen Theil der Vereinbarung zwischen den beiden Reichshälften auf's neue durch Verträge sestzustellen. Ein Artikel der häufig von der ungarischen Regierung inspirirten „Buda pest« Correspondenz", der sich ans diese Verhandlungen bezieht, dürfte auch in Deutschland Beachtung finden, weil er neben der Aus- gleichssrage auch noch das handelspolitische Verhältniß des öster reichischen Kaiserstaates zum deutschen Reiche berührt. Es heißt in demselben, daß die Regierungen Oesterreich-UngarnS sich vor Allem orientiren müßten, wie sich die handelspolitischen Beziehungen der Monarchie zu Deutschland in den nächsten Jahren gestalten werden, !ob Zollkrieg oder Verständigung zu erwarten sei. Oesterreich-Ungarn wünsche eine Verständigung. Wohl sei ein Zollbündniß wegen der Verschiedenartigkeit der beiderseitigen Steuerverhältnisse nicht möglich, aber ein Zollvertrag, welcher die beiden verbündeten Mächte nach außen als ein einheitlich organisirtes Zollgebiet erscheinen ließe, könne, wenngleich die Zollschranke» zwischen Deutschland und Oesterreich ausrecht erhalten bleiben, doch abgeschlossen werden, nur müßte das Meistbegünstlgungsrecht dritter Staaten außer Geltung treten. Schweiz. In schweizerischen Blättern wird wieder einmal das Thema der „Südgrenze", wenn auch uur im Vorbeigehen, berührt. Au- sicherer Quelle vernimmt ein Correspondent der „Grenzpost", daß die Obersten Pfyffer, Bleuler und Lochmann, vou einem Ingenieur begleitet, am 1b. Juni daS Bedrettothal und de»
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