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älhönbnM TagMM Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge find erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Ukr des vorhergehenden Tages. «nd Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. SV Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Lolporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Dienstag, den 21. November V LN. 1882. *Waldenburg, 20. November 1882. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser, der König und Prinz Georg von Sachsen, die Prinzen Wilhelm und Friedrich Carl und Großfürst Wladimir sind am 18. d. abends 91/2 Uhr wohlbehalten aus Hubertusstock nach Berlin zurückgekehrt. Der Kaiser geleitete den König von Sachsen vom Bahnhofe nach dem Schlöffe und verabschiedete sich dort. Am 19. d. Nachmittag fand Familientafel statt, an welcher der König und Prinz Georg von Sachsen theilnahmen; letztere reisten abends 8^/4 Uhr nach Dresden ab. Der russische Minister des Aeußern, Herr v. Giers, weilt gegenwärtig beim Fürsten Bismarck in Varzin. Von den Blättern wird dies als eine frohe Friedensbotschaft begrüßt. Die „Presse" meint, Rußland werde sich dem austro-deutschen Bunde an schließen; die „N. Fr. Pr." sagt, die Doppelentre- vue der leitenden Staatsmänner der drei Kaiser mächte werde, da Giers auch nach Wien komme, sicherlich die vorhandenen Mißstände beseitigen. Von clericalen Blättern wird mit Genugthuung berichtet, daß bei der diesmaligen Eröffnung des preußischen Landtags die drei katholischen Mi nister Graf Hatzfeldt, Maybach und On. Lucius in der großen Ministeruniform zum Gottesdienst in der katholischen St. Hedwigskirche erschienen sind. Die liberalen Blätter sind sehr erzürnt über die konservativen Bestrebungen. So schreibt die „Lib. Corr.:" Die Agrarier, welche in Berlin im Februar wieder zunächst unter dem Namen „Steuer- und Wirthschaftsresormer" und gleich darauf unter der Firma „Congreß deutscher Landwirthe" tagen werden, wollen diesmal in ihrer Versammlung den Beweis führen, daß ihre „Bewegung" und die in den „Bauernvereinen" und auf den „Bauern tagen" hervortretende mit einander übereinstimmen. Dieser Beweis ist wohl unnöthig; denn es ist kaum anzunehmen, daß die Herren, welche die Bauerntage und Bauernvereine arrangiren, denselben andere Grundsätze und Zwecke zutheilen werden, als die jenigen, welche sie selbst verfolgen. Freilich in der Provinz Hannover bemühen sich auch einige ortho doxe Pastoren um die Gründung von Bauernverei nen; aber auch sie dürften in ihren Zielen wohl mit den Agrarien übereinstimmen. Nach der dem preußischen Abgeordnetenhause zu gegangenen Nachweisung über die Anzahl der für das Jahr vom 1. April 1882/83 zur Klassen- und Einkommensteuer veranlagten Personen giebt es in Preußen fünf Leute, die jährlich mehr als eine Million Einkommen haben. Dieselben zahlen 30,600, 57,600, 72,000, 75,600 und 86,400 Mk. jährlich Einkommensteuer. Der reichste Mann Preußens gehört in die 76. Stufe, welche Einkom men von mehr als 2,880,000 bis einschließlich 2,940,000 Mk. hat. Oesterreich. Der Magistrat von Wien erklärte, daß die Setzer durch die Arbeitseinstellung ohne Kündigung das Gewerbegesetz verletzt hätten, forderte jedoch gleichzeitig die Buchdruckereibesitzer auf, den Forde rungen der Setzer möglichst Rechnung zu tragen. Die Zeitungssetzer verlangen, nachdem der Tarif angenommen worden, Aufhebung der Sonntags arbeit. England. Die Königin hielt am 18. d. auf dem Horseguards- platz eine Parade über die aus Egypten zurückge kehrten Corps einschließlich der Marinebrigade und einer Deputation des indischen Contingents ab, die 8000 Mann zählten. An der Spitze derselben be fand sich General Wolseley. Große Volksmassen begrüßten die Truppen enthusiastisch. Spanien. Zur Beurtheilung des in Spanien herrschenden Getreidemangels mag die Erwähnung der That- sache genügen, daß allein während der acht Monate dieses Jahres 129 Millionen Kilogramm Weizen dort eingeführt werden mußten, während die näm liche Einfuhr sich 1881 für den angegebenen Zeit raum nur auf 7 Millionen Kilogramm belief! In den letzten zwei Wochen sollen allein von Bilbao und Cartagena aus über 2000 Familien sich nach Südamerika und Oran begeben haben, und ebenso versichern sonst wohlunterrichtete Blätter, daß die Zahl der in Algier sich aufhaltenden spanischen Ein wanderer, die außerordentliche Höhe von 114,000 erreicht hat: ein Umstand, der gewiß nicht mit Ge ringschätzung übersehen werden darf, wenn man er wägt, daß die gesammte Bevölkerung der spanischen Halbinsel beispielsweise im letztvergangenen Jahre nur um wenig mehr denn 40,000 Seelen zugenom men hat. Das in ganz Spanien mit unheimlicher Gewalt wieder auflodernde Räuberwesen ist wohl auch nur als eine directe Folge des herrschenden Nothstandes zu betrachten. Egypten. Der Proceß gegen Arabi ist suspendirt, bis die Regierung über die Absichten Englands unter richtet sein wird. Dieselbe würde vorziehen, auf die Fortführung des Prozesses zu verzichten, falls der Urtheilsspruch angefochten werden sollte. Gerüchtweise verlautet, daß die egyptischen Trup pen in Suez, welche nach Suakim abgehen sollten, gemeutert hätten und sich weigerten, sich einzu schiffen. Endlich wird nun die Zahlung der Entschädi gungssumme für die durch die Brandlegung und Plünderung in Alexandrien entstandenen Verluste zu beschleunigen, eine Commission gebildet, da das lange Aufschieben der Zahlung den Handel ernst lich schädigt. Die in der Reorganisation begriffene egyptische Armee soll 16,000 Mann stark sein, davon ent fallen 4000 auf die aus Europäern, Egyptern und fremden Mohamedanern zusammenzusetzenden Polizei soldaten unter Della Sala Pascha, welche den Sicher heitsdienst in Alexandrien, Kairo, Jsmailia, Port Said und eventuell Tantah versehen sollen. 2000 Mann entfallen auf das durch Baker Pascha aus schließlich aus türkischen, tscherkessischen und albane- sischen Elementen zu organisirende Gendarmerie corps. Die eigentliche Armee, 10,000 Mann stark, wird gegenwärtig durch vollständig neue Rekruti- rung mit allem Eifer zusammengebracht. Sie soll in zwei Corps getheilt werden, die Hälfte ein aus schließlich englisches Ofsizierscorps, die andere mu- hamedanisches, hauptsächlich nicht egyptisches erhalten. Die neue Armee scheint die alte an Kostspieligkeit weit übertreffen zu sollen. Amerika. Die „Deutschen als Beherrscher Nord amerikas," so lautet der Titel eines bemerkens- werthen Artikels der Anglo-American Times, in welchem, nach dem Maßstabe der Einwanderung des mit dem 30. Juni endenden Jahres und der der kanadischen Abschätzung entnommenen Vermehrungs statistik, dem Deutschthum in den Ver. Staaten eine glänzende Zukunft prophezeit wird. Den Angaben des kanadischen Census zufolge befinden sich heute für jeden deutschen Eingewanverten nahezu 11 Per sonen deutscher Herkunft im Vollbesitze bürgerlicher Rechte, ein Verhältniß, welches recht gut auf ganz Nordamerika angewendet werden kann. Das heißt also, daß die eingewanderte deutsche Bevölkerung sich durch Fortpflanzung um das Elffache vermehrt hat. Bei den Schotten ist das Verhältniß 6,1; bei den Engländern 5,4; den Irländern 4,1; den Italienern 2,4 und bei den Scandinaviern 2,1. Der Deutsche vermehrt sich in Amerika also zweimal so schnell, wie der Angelsachse, und mehr als zwei mal so schnell, wie der Kelte. Nahezu 250,000 Deutsche strömen im Durchschnitt alljährlich zu und verstärken das Heer der Millionen ihrer Landsleute, die dort eine Heimath gefunden haben. Ein teu tonisches Amerika, welchem eine leichte keltische Bei mischung nicht fehlen wird, ist die unausbleibliche Folge; eine kosmopolitifche Nation, in welcher, nach einem Jahrhundert etwa, die deutsche Bildung und das deutsche Wissen in allen Adern pulsirt. Im Jahre 2000 erst wird die amerikanische Nation ihren wahren Charakter unter dem Einflüsse der deutschen Einwanderung ausgebildet haben. . . . Die Ausfuhr von Brodstoffen aus den Ver einigten Staaten betrug im October 15,200,000 Dollars. Aus dem Muldenthale. *Waldenburg, 20. November. Se. Durchlaucht Prinz Otto von Schönburg-Waldenburg, welcher am vergangenen Sonnabend zu kurzem Besuch aus Borna hier eingetroffen war, hat sich gestern Abend schon wieder dorthin zu seinem Regiments zurück begeben. — Der Spiritistenschwindel ist nunmehr glück lich bis Glauchau vorgedrungsn. Am Sonnabend Abend fand daselbst im Bachstein'schen Saale eins Spiritistensitzung statt, die allerdings einen für die Unternehmer nicht besonders günstigen Verlauf ge nommen haben soll, indem das Medium, angeb lich aus dem Mülsener Grunde gebürtig, welches von mehreren Anwesenden gefesselt worden war, von seinen Fesseln sich nicht völlig zu befreien ver mochte. Es wären zu viel Ungläubige im Saale, hieß es. Hoffentlich bleibt Waldenburg mit dem dum men Zeuge verschont. In Dresden hat übrigens kürzlich Professor vr. Schultze einen Vortrag über Spiritis mus gehalten, in welchem derselbe u. a. sagt: Die Medien, welche sich den Schein ganz unwissender Menschen geben, um lediglich als blinde Werkzeuge der „Geister" zu erscheinen, sind schlaue, geriebene Leute und meist sehr gewandte Tausendkünstler. Wie paradox es klingen mag, so liegt doch die einzig richtige Erklärung für die merkwürdige Thatsache, daß so selten eine Entlarvung der mediumistischen Betrügereien erfolgt, gerade in der außerordentlichen Einfachheit, wie die Medien manipuliren." Zum Beweise dafür gab Redner aus den jüngst in Lon don erschienenen „Bekenntnissen eines Mediums" die interessantesten Aufschlüsse, um zuletzt das Er gebniß seiner Forschungen in folgende Sätze zu sammenzufassen: „Der Spiritismus ist der primitivste Aberglaube an eine materielle Geister welt, wie wir ihn sonst nur bei rohen Natur völkern finden, eine Religion des Nervensystems, welche die Nerven schauernd prickeln macht und andrerseits amüsirt. Charakteristisch ist daher auch für ihn, daß sein Vaterland Amerika ist. Aber wir müssen Protest dagegen einlegen, wenn die neue Welt auch auf dem ideellen, religiösen Gebiete unsere Lehrmeisterin sein will; wir müssen uns gegen den Spiritismus schützen wie gegen den Kartoffelkäfer. Wohl ist es wahr, daß die Cultur nicht mehr aus dem Osten kommt, aber deshalb ist es lange noch nicht wahr, daß sie aus dem Westen kommt." — Für den exemten Bezirk ver Receßyerrschaften Glauchau, sowie für die Ortschaften Reinholdshain, Jerisau, Lipprandis, Gesau, Hölzel, Rothenbach,