Volltext Seite (XML)
Kr.« Ae»«s»recherr 31. Jahrg. ««Paktion 32723 — «»schäft.ftelle 32722 Postscheckkonto: Dresden R« >r?«? Sücksssche Sonntag. «. Januar 1SW «.dakti-« Geschästsft«ll«: 1«. H^Insirake «N VolfsreLmng V.^tt-Pr.IS, «iert.IiShrllch »4 zn.-im°.mttich r« 8 ^ sr«i Hc«,S. «in»,numm.- so r Di. ^amal wSchenttlch. — Sprea>si„„d» der Redaktion k bi» n Uhr „achm. Nicht a„». drOltlich «„rüchveriannte „nd mit Rüiworto nicht versehene h'inientttingen an die tiiedakllon »verden nicht a,»bewahrt kegins-fslsst Vnessen. U/slsenksusstn. 22 /^benli - Konrent Xapollmsirlei- ttoinr Pu»,ob« mit ssinen 12 kllnatlarn kvslaunanl vnslvn Ksng68 Ukrle Die NsnEsrenz in 6nnn^s Die Eröffnungsreden der Ministerpräsidenten - Der Ausbau Rufflands - Frankreich und Belgien gegen die englischen Borschläge Die Eröffnung der Konferenz Eaunes, 6- Januar. Dir Konferenz hat hente mvtgrn 11 Uhr ohne äußeren Prunk hgronncn. Wen» keine Gen. dnrmeric »nd nicht eine gewisse Anzahl Neugieriger sich in der Nähe de« SchiffahrtSklubS aufgeüaltcn hätte, wäre niemand auf den Gedanke» gekommen, daß dort die Vertreter der alliierten Mächte eine Konferenz abhaltrn. die von außerordentlicher Wich tigkeit sein werde. Im Kasino selbst herrschte reges Leben, be- sonders In den Mäumlichkeiten, die den Pressevertretern Vorbehalten sind. Um 11 Uhr vormittags betraten die Abordnun gen den Sitzungssaal, der mit Blattpflanzen vornehm geschmückt ist. Briand, der den Vorsitz führte, nimmt in der Mitte des hufeisenförmigen Tische» Platz, zu seiner Rechten Lloyd George, Lord (surzon, S!r Robert Hörne, Sir Morthinto» Evans, dann Bonomi, Delta Toretta »nd Longari. Zu seiner Linken Doumcr, Louchcur, Oberst Hacashi, Vicomte Mil. Thennis und Jaspar. Hinter jeder Abordnung haben sich die betreffenden Sekretäre niedergelassen. Bor dem Vorsitzenden hat der Dolmetscher genommen. In einer Eröffnungsrede deutete Briand an, daß man auf der jetzigen Konferenz zu endgültigen Be. sch küssen kommen müsse, damit die einmal gefaßte» Ent schließimgen nicht immer alle Vierteljahre geändert werde« müßten. In einer großen Rebe entrollte sodann Lloyd George auf Einladung Briand» seine Projekte über die allgemeine Wirtschaft», läge in Europa und formulierte gewisse Vorschläge zur Wiederherstellung Euro, pa», wobei er zur Grundlage seiner Ausführungen den Bericht der Konferenz der Industriellen und Fiuanzleute nahm, die in der letzte» Woche in Pari» getagt hatte. Der englische Minister. Präsident betonte» baß da» Schicksal aller europäischen Staaten eng miteinander verknüpft fei. ES sei unbestreitbar, daß die Wirtschaftslage Rußlands schlimme Rückwirkungen auf die ganze Welt «nd insbesondere auf Deutschland habe. Er legte die engen Zusammenhänge zwischen Ost. und Mitteleuropa dar. Die Wirtschaftslage Deutschland» müsse unbedingt eine Aenderung erfahren, was durch die Wiederaufnahme der Handelsbeziehungen mit Rußland geschehen könne. Frankreich hätte unter solchen Umständen ein Interesse an der Wiederaufnahme dieser Beziehungen, weil diese eine Besserung der deutschen finanziellen Leistungsfähigkeit und somit auch eine Besserung der deutschen Zahlungsfähigkeit be. deuteten. Natürlich müßten einstweilen von der Sowjctregle- rung Sicherheiten verlangt werden. Eine der ersten Be. dingungen» die zu erfüllen wäre, wäre die Anerkennung der Borkriegs schulden durch Rußland. Llohd George wendete sich sodann gegen die Haltung Frankreichs, daS Beziehungen zu der Sowjetregierung ablehnte, wahrend eS mit den Kemalisten einen Vertrag abgcschlos. sen habe. Hier machte Briand einen Zwischenruf, daß er die Ke malisten in London kennen gelernt habe. B o n o m i stimmte den Vorschlägen Lloyd Georges zu und erklärte, Italien denke nicht daran, sich in die inncrpolitische» Verhältnisse anderer Bol» ker einzumischen, wünsche aber zur wirtschaftlichen Wiederaus- richtung Europas beizutrageu. Auch TheuniS schloß sich den englischen Vorschlägen an mit der Erklärung, daß ei» Industrieland wie Belgien an der Wiederaufnahme der Handelsbeziehungen mit Mitteleuropa gro- ßrs Interesse habe. Der japanische Delegierte Hayashi erklärte, die Vorschläge des englischen Ministerpräsidenten ad refereudum zur Kenntnis zu nehmen. Briand gab auch seine grundsätzliche Zustimmung, betonte aber die Notwendigkeit, von Rußland Ga- rantien zu verlangen, lieber die Einzelheiten der ans dieser Konferenz zu fassende» Entschließungen wird erst heute nachmittag beraten werden. Englands Standpunkt London, 6. Januar. Reuter» Sonderberichterstatter schreibt über den englischen Standpunkt auf der Konferenz zn Cannes, die britische Regierung wünsche nicht nur eine der vcr chiedenen fragen, wie die Reparationsfrage, zu regeln. Wenn die Konferen- ,u einem Erfolge führen solle, müsse viel mehr getan werde». SS seien noch andere Fragen vorhanden, nähmlich die Pläne zur Wiederherstellung des Handels in Mittel« und Osteuropa, außerdem rein politische Fragen, wie da» Zusammenwirken Groß britannien» und Frankreichs in Angora, woran auch Italien Interessiert sei. Daneben gäbe «» noch andere politische Fragen nämlich die überragende Notwendigkeit für Frankreich, gegen eine Bedrohung von Osten her geschützt zu sein, und die Wahr- lchelnlichleit, daß, wenn Frankreich so beruhigt werde, seine Ansicht «er die Verminderung der Rüstungen zu Lande und zur See in ltebereiiistinimuiig mit den allgemeinen Wünsche» nach Mstnngs- einschränkniig eine Aendernng erfahren werde. Ohne dickes alles könne der finanzielle Druck. der ans Europa laste, nicht beseitig werden. » Ablehnende Ha'luna Frankreichs und Belgiens London, 6. Januar. „Dailh Telegraph" meldet an» Cannes: Die gestrige Ncirhmittagssitzuiig der Fincinzintnister »nd Sach verständigen war spärlich besucht. Loucheur war nicht zu gegen. Dagegen war Doniner anwesend. Franlreich verlangt als Bedingung für seine Zustimmung »nr die Verhinderung eines zu lange» Zahlungsaufschubes der deutschen Zahlungen für 1->-« und fordert, daß die Zahlungen in Waren an Frankreich auf eineinhalb Milliarden für 1922 und eineinhalb Milliarden Goldmark für 1923 erhöht werden solle». Angesichts der äugen- Play i blicklichen Unmöglichkeit, so schroff widersprechende Ansichten mtt- l einander zu vereinigen, würden von den Ministerpräsidenten in ihren heutigen Reden nur harmlose wirtschaftliche Alltäglichkeiten erörtert, während die Beilegung der Meinungsverschiedenheiten durch private Unterredungen er folgen soll. Bei den gestrige» Unterredungen zwischen dem britischen Schatzkanzler und den Fmanzininistern lehnte eS Belgien glatt ab, irgendeine Verminderung seines Prioritätsrechtes zuznlasten. England schlug vor, daß eS die französische Schuld an England in Höhe von 600 Millionen Lstr. Nachlassen werde, wenn die Franzosen einer Verminderung der deutsch:» Schuld zustiminten. Die Franzosen lehnten aber diesen Vorschlag ab. Um Sorvjetrutzland Pari», 6. Januar. Ans der Konferenz der russischen Indu striellen t» Pari», die ihre Arbeiten beendet hat, wurde beschlossen, an Briand ein Telegramm zu richten, in dem u. a. gesagt wird: In Rußland müsse die Meglerungsgcwalt auf der freien Zu stimmung des Volkes beruhen und dürfe ihm nicht durch Gewalt und Lüge ausgezwnngen werden. Rußland könne nur durch eine Negierung erneuert werden, die dem Volke eine rechtliche Regierungsform sichere, die auf dem Privateigentum, aus der Achtung vor den Verträgen, auf der politischen und wirtschaftlichen Freiheit der Person und auf der Freiheit der Arbeit begründet sei. Jede Verständigung der auswärtigen Mächte intt der Sowjetregteriliig sei ein falscher Schritt und für das russische Volk unheilvoll, den» jede derartige Aktion unterstütze materiell und mora'iich die Sowjelregiernng und könne ihr Bestehen künstlich verlängern. Die Ostsraften in Cannes Paris, 7. Januar. Francstn Bouillon, dcr Sozialist ssix Orle- l-"» clcaciid.'iien winde von Br and am F-e tag naclmrttig nach Canees berufen Er wird a»l Sonnabend stütz nach Cannes abieistn. Es brstälwt sich a'io daß ma > das fra >iöä!h.!iirkiiche Aiworn-Ab'oiiiiilt'» in Cannes bePr chen Iv rd. »nd daß die Orient» Konferenz dost und n'ch! in Par s atzgetzalt n we.d n wird. G niari» und dst griechischen Delegierten sind am Freitag abend in Cannes eckig, troffen. Das bisherige Ergebnis von Cannes Boris, 7. Januar. Der Berichterstatter des Nerli aer Lostal-Ancetge s meldet: Was neben dem Bericht ükr d-n Verlaus de- Konferenz an Meldungen au» C rnn"* gelangte, sind säst sämtlich unbonlrollierbare Gerüchte. Tat ache «st, dass seit Donnerstag von neuem über vtedeut- ichen Iahlvnfl«verpslichtu„gen verhandelt wurde, und dass ein neues Arrangement des Versailler Vertrages und de» Londoner Ab kommen» i« Aussicht zu stehen scheint. Prag als Ort für die europäische Wlrlschafls« und Finanzkonferenz Prag, 8. Januar Zu dcr von Hava» h-uie verbreiteten Meldung dr» Pariser Journal aus Cannc», daß L'oytz George anarrcgt bade, Prag als Sitz der ruropäischen Wirt schaft«- und Finanrkonseren, in Aussicht zu nehmen, wird vier von untcri'chteter S >ie rr'läit, daß keine osfizlelle Mttteiluna darüber eintet'offen 'st. Min!sierpräsid>,,t De. Benelch hat kürzlich in der .PrägerBusse" daraeleat. w e g,ok d e Stwi ^o feiten ener »olchen Konleren, sind und daß sie g>ündlichcr Vo> beieliunz b dürfe. Man rechnet dah'r damit, daß die Konferenz erst zu einem ipäierrn Zeilpunkte abzchaitcn wcrörn kann. Neligions»«'«erricht «nd Kirche in der Neichsverfassung Von Pros. Dr. MauSbach - Münster !. Bei Gelegcicheit der Anfrage des Abg. Hehlern im Sächsischen Landtage betr. den Besuch katholischer Schulen durch den Herr» Bischof von Meiste» hat der frühere sächsische Kultus minister und jetzige Abgeordnete Dr. Seyfert dem Zentrum den Vorwurf gemacht, es versuche in wenig charaktervoller Weise, die RcichSvcrfassnng ..»ach Willkür" auSzulegen und die in Wei mar getroffenen ..Vereinbarungen zn brech-u"; darin liege »eine Versündigung am Geiste der Verfassung"; er selbst, der in We>- 0 mar mitgearbeitet, könne dies bezeugen. Ta Herr Abg. Hestlci» in seiner Rede mit besondcrcm Nachdruck einen Passus a»S meiner Schrift ..Kultnrfragen in der deutschen Verfassung" über den Smn des Art. IIS der N.-B. vorgelesen lmtte. must ich jenen Vorwurf nicht zu... wenigsten auf mich beziehen; eS veranlasst mich die» zu einer ausdrücklichen Verwahrnng und Klarstellung an dieser Stelle; um so mehr, als Herr Dr. Seyfert in einem speziellen Punkte eine Aeusterung. die ich im Verfass«,igöau«- schuß getan, falsch gedeutet hat. Zu einer ähnlichen, an die Adresse de» Herrn Abg. Rheinländer gerichteten Bemerkung möch:e ich letzterem die Entgegnung überlassen. Bevor ich auf den wesentlichen Punkt eingehe, auf den Sinn des Ausdrucks: «Der Religionsunterricht wird in Ueberein- stimmung mit den Grundsätzen der betreffenden Religionsgesell schaft unbeschadet de, Aufsichtsrechts de» Staates erteilt", möchte ich den in allgemeiner Form gegen das Zentrum erhobenen Vor Wurf einer wechselnden, illoyalen Haltung in der Schnlsrage ent schieden zurückweiscn. Die Vertceter der Demokratischen Partei sind am allerwenigsten zu einer solchen Kritik berufen. Dennoch erheben sie schon seit Weimar derartige Klagen, so besonder» be züglich des Art. 146, in dem die Simultanschule und die Bekennt nisschule behändest werden; das Zentrum habe zwischen der ersten und zweiten AuSschutzberatung seine Stellung willkürlich ge ändert, es habe gegen seine früheren Absichten und Aeusterungen diesen Zankapfel in die NcichsversassnngSfrage hinciugcworseu und dadurch das ganze Verhältnis zur Temokraiischcn Volköpane. getrübt. Tatsächlich l-aben die Vertreter des Zentrum» gleich bei Beginn der zweiten Lesung erklärt und es später wiederholt nachgewiesen, daß sie den Antrag zugunsten der Bekenntnisschule nur darum für die Reichsversassung eingebracht haben, weil die Linke bei dcr ersten Lesung im Antrag Seytcrt-Weiß-Psülf die S i m u l t a n s ch u l e, und zwar als ZwangSschuIe für daS Reich, durchgcsctzt haste. Alle Bemühungen, diesen Antrag scrn- zuhalten oder zu mildern und so die ganze Frage sür die Landes gesetzgebung offen zu lassen, waren au der unversöhnlichen Hal tung der Gegner gescheitert. In ähnlicher Weise ungerecht war die Entrüstung der demoktalischcii Redner, als nach Abschluß bei der Ausschußberatll'.igen und nach ihrem eigenen Austritt and dcr Regierung das Zentrum die Rechte der konscssionellcii Schule mit Hilfe der Mehrheitssozialisten durchzusetzen versuchte. Denn auch der i» 2. Lesung formulierte Satz: «Ob nnd wieweit bei der Gliederung der Volksschule Kinder des gleichen Bekenntnisses auf Antrag der Erziehungsberechtigten vereinigt werden können, bestimmt die Eiesetzgebnng" konnte gegenüber dem Hauptsatz deS Artikels 146 und angesichts der Energie, mit der er von der Lin ken verteidigt wurde, nicht als genügendcr Schutz für die im größten Teil DcntschlandS zurecht bestehende Bekenntnisschule angesehen werden. Trele» wir nun der in der Sächsischen Kammer besprochenen Frage des Religionsunterrichts nähert Bei ihr war eö in der Tat am 3. April 19l gelungen, eine VerständigungSsormel zwi schen Zentrum und Demokratie zu finden, die dann auch von den Rechtsparteien angenommen wurde. Sie lautete: Der Religions unterricht wird in U e b e r e i n st l m in u n g mit den Leh. ren und den Satzungen dcr betreffenden Religions gemeinschaften erteilt." Wer ist eS aber gewesen, der diese Ver ständigung widerrufen hat? Der klar zutage liegende und alten- mäßige Tatbestand zeigt, daß es nicht das Zentrum, sondern die Demokratische Partei gewesen ist. In erster Linie ist dabet Her?