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Lagevlatt für Bischofswerda, Stolpen und Umgegend. A»tSVlßtt der Kgl. Amtshauptmannschaft, der Kgl. Schulinspektion «nd des Kgl. Hanptzollamtes zu Bautzen» sowie des Kgl. Amtsgerichts und des StadtrateS zu Bischofswerda. Fernsprach« Nr. 22. Bierrmdfechtzi-fter Jahrg«tg. Telegr^-Adr.: Amtsblatt. Mtt tzeil wöchentliche» Veiln-en: Jeden Mittwoch: Belletristische Beiln-e; jeden Freitag: Der sSchsische Landwirt; Mn Sonntag: JllnftrierteS GmmtngSvlntt. Inserate, welche in diesem Blatte dir weitest« Verbreitung smden, «erden bi» vorm. lO Uhr angenommen, größeren«» komplizierte Anzeige» tag» vorher. Die viergespaltrnt Kor» PuSzeile 12 dir Reklamezelle so Beringster Ins«, ratenbrtrag 40 Mir Rückerstattung unverlangt emge- sandtrr Manuskripte übernehm« wir keine Bewähr. Öffentliche Sitzung derSladlverordneten «tttw-ch, de» S. 1vt0, «Och«. L Uhr, im Bürgersaale de» Rathauses. Tagesordnung: Beschlüsse des StadtratS betreffend: 1. Erweiterung des Stadtkrankenhauses, 2. Besetzung der Revierfürsterstelle, 3. Entwurf zu einem neuen Tanzregulativ. Bischofswerda, am 2. August 1S10. / D«S ««teste iw« Lage. Staatssekretär vvi, Bethman« Hollweg und Staatssekretär v. Kiderlrn-WLchter find gestern in Swinemünde vom Kaiser empfangen worden. Über die Hohemvstse in Schkefie« Ang gestern ein Wolkeubrnch nieder, her große überschwem- mvngen und ungrhenere« Schade« anrichtete. (Siehe. Letzte Depeschen.) ' ' ' - ' ' - ch ''' -- - ^-^.7 HMHe« Tranafte'»« SakAamwergNt find währrnd eineS SturmeS 18 Personen ertrunken. (Siehe Sonderartikel.) I« Pari» find die Dachdecker und die Blei, rmd Ainkarbeiter in Heu allgemeinen Ausstand getreten. Es komme« mehr als 12000 Arbeiter «nh 12VV Unternehmer i« vetracht. (Siehe Frankreich.) Der Patikan hat den päpstliche« Nuntius i« Madrid «och nicht abberuf«. (Siche Spanien.) Gi»e Ue»e PDrRle für «e-ier»»- miö GMeie» gibt ein rechtsstchender Politiker in der „Post" , nachdem er seiner Meinung dahin Ausdruck gege ben hat, -ah die Verärgerung des Volkes nur eine künstliche Folge schwarzseherischer Uaumacherei sei. Dann schreibt er u. S.: „Wenn nun aber bestimmte Verärgerung^ gründe vorlichen und noch anderthalb Jahre uns vvn -en Wahlen trennen, so ist ja Zeit genüg vor- Hande«, «m dir Sache einzurenken und di^ Stim mung umzuwandeln. WaS ist dazu erforderlich? Zuerst eine männliche, selbst» und zweckbewußte nuswärttge Politik, die dem unserem tüchtigen, üufstrebenden Volk innewohnenden Machtgefühl Ausdruck verleiht. Die -weite ebenso wichtige Forderung ist ein gutes Budget für 1911, .Wir haben da» Vertrauen zur Energie und zu dem hohen Verantwortlichkeitsgefühl des Reichsschatzsekretärs, daß er ebenso wie 1910 die Ressort» seiner Kollegen streng und knapp behan- .. -ein, und daß eS ihm wieder gelingen wird, Ein nahmen und Ausgaben in» Gleichgewicht zu bringen. Di« Aufgabe ist diesmal doppelt schwer; denn 1911 ist und bleibt da» kritische Jahr der ReichSfinan-en. Zum dritten: Die Reichsregie- rung stütze sich nicht auf da» Zentrum und Pak- tiere nichtmit ihm, da nichts dabei zu gewinnen, wohl aber schwere moralische Einbuße zu erleiden ist. Seit der gegen die öffentliche Meinung zu- stände gekommenen Finanzreform, und gar seit der durch die Enzyklika hervorgerufenen allgemei- ' nen Erbitterung gegenRom wäre jedeHinneigung der Regierung nach jener Seite hin ein Verlust an Prestige und an Volkstümlichkeit. Die Erfah rung hat gelehrt, daß man die große Partei mit ihrem Anhang von Polen und Welschen nicht aus- schalten kann; aber eS muß alles geschehen, um sie nicht Herr über die Geschicke des Reiches werden zu lassen. Bleibt endlich die Wahlreform in Preu ßen. Mit einer glücklichen Wendung auf diesem Gebiet wäre der letzte Kummer zu bannen und viel VerärgerungSstoff zu beseitigen. Gewiß kann sich Preußen nicht wie ein kleiner Staat den LuxuS des Reichstagswahlrechts gestatten, dazu ist die Rolle, die es zur Erhaltung der Macht und Autorität durchzuführen berufen ist, eine viel zu hohe und große. Der Unterschied im politischen Denke« zwischen Nord- und Süddeutschland ist ein weiter. Deshalb suchen wir ein Vorbild lie- ber nicht im Süden, wohl aber in unserem nord deutschen Nachbarstaat Sachsen, der mit uns gleiche Lebensinteressen in der stetig wachsenden Industrie hat und denselben tapferen Kampf gegen die internationale Sozialdemokratie kämpft. Man sollte meinen, daß die neuen Grundlagen des Wahlrechts, die dort gefunden sind, auch für Preußen passen könnten, wenn man sie nach den Verhältnissen und den gemachten Erfahrun gen modelt. Geheimes und direktes Wahlrecht find nun einmal Schlagworte geworden, die nicht wieder aus der Welt zu schaffen find und die mancher so töricht ist, als Menschenrechte zu er achten. Man bewillige sie. Das Plural-Wahlrecht ist so sehr beweglich und anpassungsfähig, daß es vielleicht auch für preußische Verhältnisse zurecht gelegt werden kann. In Sachsen war man ge nötigt, die zweite Stimme schon bei 1500 Ein- > kommen zu bewilligen, weil dort schon das Ein- kommen von 400 -ck an besteuert wird. Da die preußische Einkommensteuer erst bei 900 ein- fetzt, so kann auch die Grenze für die zweite Plu ralstimme erheblich höher gelegt werden. Damit aber wäre der Sozialdemokratie ein mächtiger Damm gezogen. Pluralwahlrecht und Beibehalt der bisherigen historisch eingelebten Wahlkreis- einteilung würden Preußen ein Landtagswahl- recht schaffen, das weitgehende liberale Forderun gen befriedigte und doch die politischen Aufgaben der Krone und deS Staates Preußen zu lösen wirksam beitragen würde. Sollten diese Betrach tungen schon zu ketzerisch sein?! Man erwäge das einzelne und beobachte die Stimmung im Volk. Viel, viel Arger wäre damit aus der Welt ge- schafft und den Wahlen von 1911 aufs beste vorge arbeitet." ! ' Politische Uebersicht. Deutsche« Reich. Ein Bittsteller an Bord -er „Hohrnzollern". Die Kaiserjacht „Hohrnzollern", die am Sonn abend mit dem Kaiser an Bord am Bollwerk in Swinemünde vertäut war, hatte am Sonnabend abend unliebsamen Besuch. Einem Trunkenen, der dem Kaiser ein Anliegen vorbringen wollte, war eS gelungen, bi» an die Schiffstreppe vorzu dringen, wo er dann verhaftet wurde, über den Vorfall wird aus Swinemünde gemeldet: Der Kaufmann R. Hornemann, der in Neustettin ein Geschäft hatte und in Konkurs geraten war, hatte sich in seiner Verzweiflung einen Rausch ange trunken. In animierter Stimmung kam Horne mann der Gedanke, sich an den Kaiser zu wenden und diesen uni materielle Hilfe anzugehen. Die „Hohenzollern" lag hier direkt am Bollwerk. Es war dem H. gelungen, unbemerkt durch die Gen- darmenposten zu kommen. Er gelangte aber nur bis auf die zur „Hohenzollern" führende Treppe, wo er angehalten und verhaftet wurde. Nach eingehendem Verhör wurde Hornemann am Sonntag vormittag wieder auf freien Fuß ge setzt. Soldatenerkrankungen in Metz. Wahrschein lich infolge übermäßigen Genusses des stark kalk haltigen Metzer Wassers sind über 50 Soldaten der Garnison an der Ruhr erkrankt; das Gouver nement hat die strengsten Absperrungs- und Des infektionsmaßregeln ergriffen, und zwar bei allen Regimentern ohne Ausnahme. Es dürfen keiner lei Zivilpersonen mehr die Kasernen betreten, und niemand darf sie außerdienstlich verlassen, und auch die dienstlich draußen beschäftigten Mann schaften usw. betreten. Die Korpsmanöver, die am 18. d. M. ihren Anfang nehmen sollten, hat man fallen lassen: ob das 16. Korps an den Bri gade- und Divisionsmanövern teilnimmt, bleibt noch abzuwarten. — Auch aus Straßburg sind Meldungen nach Metz gelangt, daß dort einige Soldaten von typhusartiger Erkrankung befal len wurden. Die Bildung des „Freiwilligen Motorfahrer- korpS" gescheitert. Vor kurzem fanden Beratungen zwischen Vertretern des preußischen Kriegsmini steriums, des Großen Generalstabs, der Inspek tion der Verkehrstruppen und der Versuchsabtei lung der Verkehrstruppen statt, die sich niit der Organisation und Bildung eines deutschen Frei- willigen Motorfahrerkorps befaßten. Als Ergeb nis der Konferenzen wurde beschlossen, daß von der Bildung des Korps zunächst Abstand genom men werden muß, da die gegenwärtig benutzten Krafträder als noch nicht kriegsbrauchbar ange sehen werden müssen. Man sieht in den Krasträ- dern erst dann ein kriegsbrauchbares Hilfsmittel, wenn das bereits lange in Aussicht gestellte Ein heitsrad allen militärischen Anforderungen ent sprochen wird. Bei den Beratungen wurde festge stellt, daß die bis jetzt bei den Kaisermanövern und anderen großen Truppenübungen zur frei willigen Mitwirkung herangezogenen Motorfah rer es nicht an Eifer für die Sache haben fehlen lassen, was aber natürlich nicht das Fehlen der Vorbedingung für die Gründung des Korps — ein kriegsbrauchbares EinheitSrad — ersetzen kann. Im übrigen will die Heeresverwaltung im Vertrauen auf die Fortschritte der Motorrad- industrie auch fernerhin freiweillige Motorrad fahrer -ei den größeren Übungen usw. hinzu ziehen.