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> Dte „»ei-eritz-Seit««»" «scheint wöchentlich drei« mal: Dienstag. Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljiihrlich 1 M. W Pfg., zweimonatlich 84 Psg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Pöstan. fialten, Postboten, sowie di« Agenten nehmen Be stellungen an. Inserat«, welch« b«t der bedeutenden Auslage des Blattes eine sehr wirk same Verbreitung^ finden, werden mit IV Pfg. di« Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirt« Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionelle» Theile, die Spaltenzeile A) Pfg. Amtsblatt für die Königliche KmLshaupLmannschaft, das Königliche Amtsgericht und dm Stadtrath zu Dippoldiswalde. Verantwortlicher Redacteur: Paul Ichnr in Dippoldiswalde. Mit achtseitigem »Zllustrirter» Unterhaltungsblatt". Mit land- und haaSwirthschaftlicher MomrllbeUaze. Nr. 7. Dienstag, dm 2t. Januar 1896. 62. Jahrgang. Lokales und Sälüksches. Dippoldiswalde. Die Jubelfeier zur Erinnerung an die am 18. Januar vor 25 Jahren erfolgte Kaiser proklamation nahm in hiesiger Stadt seinen Anfang durch einen angemessenen Hinweis aus die Bedeutung deS Tages in den Oberklassen der Stadtschule. Die Bewohnerschaft bekundete durch Beflaggen dec Häuser ihre Freude an dem Festtage, während der Militär verein eine Reveille veranstaltete. Die Hauptseier war am Abend im Saale der Reichskrone von der kon servativen Partei im Amtsgerichtsbezirk Dippoldiswalde anberaumt worden. Der von Herrn Bliemel mit Wappen und Fahnen geschmückte Saal, vor dessen Musikhalle die 4 Büsten Ihrer Majestäten der Kaiser Wilhelm I. und II., des König Albert und Bismarcks von 2 Standarten mit den beiden Sprüchen: „Welch eine Wendung durch Gottes Fügung" und „Fest steht und treu die Wacht am Rhein" begrenzt waren, füllte sich zusehends mit 460 Festlheilnehmern, so daß kurz nach 8 Uhr mit dem Krönungsmarsch aus „Folkunger" die Feier ihren Anfang nehmen konnte, worauf Herr vr. Auerbach im Prolog zu dem Gelübde aufforderte, festzuhalten an dem, was uns der 18. Januar 1871 gab. Nach der Aufführung der Jubelouvertüre be grüßte Herr BerqwerkSdirekto: Dannenberg-Hänichen die Anwesende», bat dieselben, dem verstorbenen Kaiser Wilhelm I. durch Ausstehen ein stilles Gedenken zu weihen und feierte Se. Majestät Kaiser Wilhelm II. als Ebenbild seines Großvaters, der die Kaiserworte, allzeit Mehrer des Reichs zu sein in Werken des Friedens, treu befolge, sowie Se. Majestät König Albert, den Mitbegründer des deutschen Reichs, als Muster der Gewissenhaftigkeit und der HerzenSgüte, als schönste Perle der deutschen Fürsten und gelobte im Namen aller königstreuen Männer, unentwegt zu Kaiser und Reich, zu König und Vaterland zu stehen, welches Gelöbniß die Versammlung mit dem Liede „Heil Dir im Ruhmesglanz" bekräftigte. Alsdann ergriff Herr Schuldirektor Rasche das Wort zur Fest rede, in der er gedachte des Tages, an dem dahinsank die Nacht der deutschen Uneinigkeit und Zerrissenheit. Zunächst hielt er Einschau in das Volksleben, manche Mängel und Mißstände entdeckend. Ein jeder möge flch aber bewußt sein, in der Erfüllung seiner Pflichten ein Mittel zu besitzen, Deutschland zu Macht und Ein fluß zu verhelfen. Bei der Rückschau auf das Jahr 1870, in dem die deutsche Frage durch Fürsten und Bolksstämme gelöst worden sei, betonte der Redner ganz besonders, baß Wilhelm I. die Kaiserkrone nicht >auS den Händen der Volksvertreter, sondern der Fürsten erhalten habe, darum solle man dem Kaiser geben, was deS Kaisers ist. Im 2. Theile beantwortete der Redner die Frage: „Was soll uns die Feier im Königsschlosse zu Versailles 1871 sagen", und gab zur Antwort: „Welch eine Wendung durch Gottes Fügung, und darum gebt Gott die Ehre!" Dabei fand besonders die Freude darüber Ausdruck, daß das jetzige Kaiser reich ein protestantisches ist. Drittens verwarf Redner, da das jetzige Reich gegen das frühere kein römisches, sondern ein deutsches sei, alles undeutsche Wesen der Weltoerbrüderung, deS Liberalismus, deS Hastens und Trachtens nach Geld und Genuß und fand in dem festen Zusammenschluß aller Deutschen an Kaiser und Reich, an König und Vaterland die beste Garantie für das weitere Gedeihen deS geliebten, deutschen Vaterlands. Mag auch Redner Dem oder Jenem nicht ganz An genehmes gesagt haben, so beweist doch eben das schmerzhafte Aufzucken einzelner Kreise, daß er mit herzhafter Hand alte, wunde Stellen unseres nationalen Bewußtsein ausgeoeckt hat, und wurde ihm sür sein offenes, ehrliches Wort lautes Bravo zugerusen. Nach dem Absingen deS deutschen LiedeS nnd dem Abspielen einer Paraphrase über „Ich kenn einen Hellen Edel stein", brachte der gem. Chor, zum ersten Male durch Frauen verstärkt, „An Germania" von PacciuS unter der Leitung des Herrn Lehrer Schmidt zum Vortrage, dem später der Männerchor „An da- Vaterland" von Kreutzer und ein Doppel-Quartett: „Treue Liebe" folgten, und zwar erfreuten sich diese Darbietungen als ganz vorzüglich eines ungetheilten Beifalls. Da zwischen brachte Herr Amtshauptmann vr. Uhlemann einen Trinkspruch auf Fürst Bismarck, den Reichs baumeister, den Verwirklichen unserer Jugendträume, das Vorbild deutscher ManneSkrast, dem wir zu un auslöschlichem Danke verpflichtet seien, und dem Gott seinen Lebensabend noch lange zu einem recht sonnigen gestalten möge. Bald darauf wurden Ergebenheits telegramme an Ihre Majestäten Kaiser Wilhelm und König Albert und an Fürst Bismarck abgesandt. Der folgende Trinkspruch von Herrn Stadtrath Heinrich galt dem deutschen Heere, dessen Mannesmulh und Disziplin 1870 im Gegensatz zu 1806 den Feind nicht nur von den deutschen Grenzen zurückgehalten, sondern in seinem eignen Lande niedergeworfen habe und auch jetzt jederzeit bereit sein werde, sür die Ehre des deutschen Vaterlandes einzustehen, worauf selbstverständlich „Die Wacht am Rhein" erscholl und von der Stadtkapelle ein patriotisches Potpourri „KriegS-Erinnerungen" in geradezu großartiger Weise zum Vortrag kam. Im letzten Trinkspruch gelobte Herr Hasenjäger, Präses deS Vereins „Glück zu" im Namen der deutschen Jugend, fest und treu zu halten an dem, was die Väter geschaffen, edle», muthigen Sinn zu pflegen und Patriotismus in ihren Herzen lodern zu lassen. — Als Nachfeier des Kaiser lages hatte das Lehrerkollegium mit den 4 Ober klaffen im Schützenhaussaale ein Kinderconcert an gesetzt, das den zahlreichen Besuchern durch die wohl gelungone Ausführung deS LiedercvkluS „DeS deutschen Reiches große Heldenzett" von Herrn Schuldirektor Rasche viel Freude bereitete unh eine Einnahme von ca. 86 Mk. für den Schulfond und die Suppenkolonie ergab. — Auch beim Hauptgottesdienst nahm am Sonntag Herr Sup. Meier auf Grund des 8. Psalm Gelegenheit, Gott sür seinen dem Vaterlande erwiesenen Segen zu danken und die Gemeinde zur Treue aus- zufordern. — An Stelle deS nach Dresden verzogenen Turn- warts Herrn Palme wurde Herr Schleisermeister Schieritz gewählt. Ebenso wie es dem Turnverein bewußt ist, in Herrn Palme einen tüchtigen Turnwart leider verloren zu haben, giebt er sich der Hoffnung hin, in Herrn Schieritz eine ebenso tüchtige Kraft wiedergewonnen zu haben. — Allen, die sich seit Jahren bei den verschieden sten Concerten an dem lieblichen Oboespiel des Herrn Steuerausseher Petzold erfreut haben, wird die Mit theilung ganz angenehm sein, daß Herr Stadtmusik direktor Jahn sür nächsten Freitag im RathhauSsaale gleichsam ein Abschiedsconcert sür Herrn Petzold an gesetzt hat, in dem derselbe wahrscheinlich zum letzten Male hier ein Solo übernehmen wird. — Trotz deS wenig einladenden Wetters am ver gangenen Donnerstag war der Theaterextrazug doch von überhaupt 81 Personen benützt. — Der Zug, an welchen ersterer von Dresden Anschluß hatte, blieb übrigens bei Klingenberg im Schnee stecken und hatte mehrstündige Verspätung. — Am 18. Januar verkehrten auf der HainSderg-KipSdorfer Bahn die Züge nur zwischen Hainsberg und Schmiedeberg und nur eine Maschine gelangte mit den Postsachen nach Kipsdorf. Poffendorf. An der in unserm Gotteshause am Sonntag, den IS. d. M., stattgesundenen Mitfeier deS 25jährigen Jubiläums der Wiederauftichtung deS deut schen Reiches belheiligten sich der Militärveretn von Poffendorf, sowie Mililärverein „Königin Carola", Gesangverein und Turnverein von Hänichen. Die Fest predigt hielt Herr Diak. Arland. Eine vom Kirchen chore vorgetragene Mendelsohn'sche Motette „Kommt, laßt uns anbeten", trug zur Erbauung der kirchlichen Feier in dankenSwerther Weise bei. Hänichen. Am Sonnabend, den 18. d. Mon., Nachm. >/»4 Uhr, trug sich am hiesigen Beckerschachte in der Nähe deS BerladeplatzeS ein bedauerlicher Un glücks fall zu. Ein Bremser sprang von der auf der Kohlenbahn fahrenden Maschine, wobei er zwischen die Perronmauer und die Maschine kam und infolge des engen Raumes von letzterer vollständig zerquetscht wurde, so daß der Tod auf der Stelle eintrat. Der BedauernSwerthe ist Familienvater und wohnt in Dresden. Dresden. Gegenstand der Tagesordnung der Sitzung der Zweiten Kammer am 17. Januar waren zwei Petitionen deS JnnungSverbandeS deutscher BaugewerkSmeister, betreffend die Sicherung der Forde rungen der Bauhandwerker. Die Abgg. Uhlmann- Stollberg, Wetzlich, Theuerkorn und Vizepräsident Streit verwendeten sich sür die Petitionen, Abg. vr. Schill rechtfertigte den Antrag der PetitionSdeputr- tion, die Petitionen der Regierung in einzelnen Punkten zur Kenntnißnahme zu überweisen. Ferner sprach noch der Abg. Fräßdorf. Ihre Excellenzen die Herren SlaatSminister vr. Schurig und v. Metzsch stellte^ einige Bemerkungen der Abgg. Fräßdorf und Theuer korn richtig. Infolge eines persönlichen Angriff» deS Abg. Fräßdorf auf den Abg. vr. Mehnert und dessen Vater nahm die Debatte, an der sich di« Abgg. vr. Mehnert, Behren», Geyer, Fritzsche, Heymann und Kaden belheiligten, einen persönlichen Charakter an. Die Art deS Fräßdorsschen Angriffs wurde allgemein verurlhetlt. Schließlich wurden die Petitionen in einigen Punkten der Regierung zur Kenntnißnahme überwiesen. — In einer Sonderausgabe des amtlichen „Dresdner Journal" vom Sonnabend früh werden folgende königl. Gnadenerlasse veröffentlicht: Wir, Albert, von Gottes Gnaden König von Sachsen rc. rc. rc. wollen, um die 25jährige Wiederkehr deS TageS, an dem das deutsche Reich neu begründet wurde, durch einen Akt umfassender Gnade zu begrüben, allen den Personen, gegen die bis zum heutigen Tage, diesen eingeschlossen, in Unserem Lande durch Strafbefehl, durch polizei liche Strafverfügung oder durch Strafbescheid oder durch Urtheil eine» Unserer Ctvilgerichte wegen Ueber- tretung Haft oder Geldstrafe oder wegen Vergehen Freiheitsstrafe von nicht mehr als 6 Wochen oder Geldstrafe von nicht mehr als 150 Mk. rechtskräftig ausgesprochen worden ist, diese Strafen, dafern und soweit sie noch nicht vollstreckt sind, in Gnaden er lassen. Haftstrasen bleiben von dieser Gnadenerwetsung ausgeschlossen, sofern zugleich auf Ueberweisung an die Landespolizeibehörde erkannt ist. Ist in einer Entscheidung eine Person wegen mehrerer strafbarer Handlungen verurlhetlt worden, so greift diese Gnaden erweisung nur Platz, sofern wegen Uebertretungen nur auf Hast oder Geldstrafe und «egen Vergehen nur auf Freiheitsstrafe von nicht mehr als 6 Wochen oder auf Geldstrafe von nicht mehr als 150 Mk. er kannt ist. Wegen der von den Militärgerichten er kannten Strafen haben Wir entsprechenden Gnaden erlaß durch besondere Verfügung ergehen lassen. Ge geben zu Dresden, am 18. Januar 1896. Albert. Heinrich Rudolph Schurig. Georg v. Metzsch. Paul v. d. Planitz. Paul v. Seydewitz. Werner o. Watzdorf. Wir, Albert, von Gottes Gnaden König von Sachsen rc. rc. rc. wollen, um die 25jährige Wieder kehr deS TageS, an welchem vaS deutsche Reich neu begründet wurde, auch hinsichtlich der Armee durch einen Akt der Gnade zu begrüßen, denjenigen Militär personen, gegen welche bis zum heutigen Tage im Bereiche der sächsischen Militärverwaltung 1) Strafen im Disziplinarwege verhängt sind oder 2) durch eia Militärgericht auf Freiheitsstrafen von nicht mehr al» sechs Wochen oder Geldstrafen von nicht mehr al» Einhundertfünfzig Mark oder beide Strafen vereinigt rechtskräftig erkannt worden ist, diese Strafen, soweit sie noch nicht vollstreckt sind, und die noch rückständigen