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Inserate werden bis Bormittag 11 Uhr angenom- j - «MUHLt mm und beträgt der Preis für die gespaltene Zeile I H FMFHMT oder deren Raum 15 Ps. j » , - > 41, Jahrgang -- > » Ne» SH/Z Erscheint jed« Wochentag Nachmttt.VMHr für dm - - 284 i Sonntag den 11 Rodemb« Di« Woche. Mit Spannung steht man der Eröffnung des deutsche« Reichstages entgegen, die om 22 d. M. vor sich geben soll, well sich eine starke Rückwirkung des überraschenden Er gebnisses der preußischen LandtagSwahlen erwarten läßt. Die mittelparteiliche MehrheitS-Gruppirung, welche Fürst BiSmarck in beiden Parlamenten zu wünschen schien, ist durch den WahlauSfaU sehr unwahrscheinlich geworden. Die nationalliberale Partei hat es zwar nun im preußischen Abgeordnetenhause auf 89 Stimmen gebracht, während die deutschfreisinnige Fraktion auf 30 Stimmen zurückging; aber dies genügt noch keineswegs, um gemeinsam mit den «8 Stimmen der Freikonservanven ernste Entscheidungen herbeizuführen, oder die 130 Konservativen daran zu hindern, gelegentlich mit den vorhandenen 99 Zentrumsmitgliedern Hand in Hand zu gehen. Die Möglichkeit einer konservativ- nltramontanen Kammermrhrhrit ist im preußischen Abgeord netenhause durch die unerwartete Wiederkehr des mißmuthig «usgeschiedenen Führers von Rauchhaupt und anderer Mit Glieder der äußersten Rechten so nahe gerückt, daß ein Zu- iannnengehen der National liberalen nnd Konservativen auch im deutschen Reichstage aus erhebliche Schwierigkeiten stoßen wird Wie weit die Letzteren im Stande sein werden, sich mit dem Zentrum zu verständigen, dürfte wesentlich von der Höhe der Forderungen abhängen, welche die Anhänger der Fraktion Windthorst auf dem Gebiete deS Schulwesens zu stellen beabsichtigen. Das Zentrum hat wohl nicht um sonst während des letzten Wahlkampfes seine Waffen im Sonnenschein agitatorischer Beredtsamkeit glänzen lassen. Don der eisernen Willenskraft des Fürsten Bismarck läßt sich aber ermatten, daß er mit fester Hand daS Wieder aufflackern des Kulturkampfes durch die Schulwesenfrage gleich «n Keime ersticken, Vie regierungsfreundlichen Parteien aber, sowohl im deutschen Reichstage wie im preußischen Landtage verhindern werde, sich von einzelnen extremen Führern zu bedenklichen Bündnissen verleiten zu lassen. Dies ist um so wahrscheinlicher, als innerhalb der deutschfrei sinnigen Partei seit der letzten Wahlniederlage Stimmen laut geworden sind, welche eine Annäherung an den national liberalen Standpunkt für geboten erachten. Der Staats sekretär v. Bötticher ist in diesen Tagen nach Friedrichsruh gereist, vielleicht um über diese Parteiverschiebungen mit dem leitenden Staatsmann zu berathen, vielleicht auch, um über die Eröffnung des deutschen Reichstages, den Entwurf der Thronrede und die eventuell vorzulegenden Gesetzentwürfe mündliche Mittheilungen zu empfangen. Da jetzt noch im deutschen BundeSrathe angeblich über wichtige Aenderungen im Gesetzentwurf betr. die Alters- und Jnvaliden-Versorgung der Arbeiter verhandelt wird, dürfte sich Herr v. Bötticher auch als Stellvertreter de« Reichskanzlers im Bundesrath noch so rechtzeitig mit dem Fürsten darüber haben ver ständigen wollen, damit die vorbereitende Arbeit an dem Gesetz entwurf bis zum Beginn des Reichstages abgeschlossen sein kann. Der laut gewordene Wunsch des BundesratheS, bei dem gegenwärtigen Stande der Etatarbeiten nichts an die Oeffentlichkeit gelangen zu lassm, hat um so mehr befremdet, als gar keine erhebliche Erhöhung der Mattikular-Umlagen in Aussicht steht und von neuen Forderungen nur die für die Seewehr in Bettacht kommen. Auf den Militäretat ist die Steigerung der Getreide- und Haferpreise wohl nicht ohne Einfluß geblieben. Nach der Eröffnung des deutschen Reichstages soll das deutsch-englische Abkommen wegen Bekämpfung des Sklavenhandels an der ostafttkanischen Küste sofort veröffentlicht werden. Bestimmend für das entschiedene Vorgehen der Reichsregierung war die That- sache, daß bei den jetzt so ernstlich gefährdeten deutschen Unternehmungen in Ostafrika durchaus nicht nur die deutsch- ostafrikanische Gesellschaft in Frage kommt, sondern daß neben derselben noch die deutsche Plantagen-Gesellschaft und die in Zanzibar ansässigen deutschen Kaufleute wesentlich betheiligt sind. Eine bedeutungsvolle Wandlung hat sich im öster reichische« Abgeordnetenhause vollzogen. Angesichts des AusschwunaeS der slawisch-föderalistischen Bewegung Haden sich der deutsch-österreichische und der deutsche Klub zur Wahrung der Staatseinhrit, der berechtigten Stellung der Deutschen in Oesterreich, sowie der Erhaltung und Ent wickelung freiheitlicher Grundsätze in der Verfassung eng an einander geschlossen. Die beiden unter dem Namen «Vereinigte deutsche Linke" verschmolzenen Klubs zählen 111 Mitglieder, dürf« aber außerdem auch noch in den »eisten Fällen auf die Stimmen der noch für sich ge ¬ bliebenen deutsch-nationalen Vereinigrmg rechnen, welche das gemeinsame Exekutiv-KomitS beschickt. Die österreichischen Klettkalen geben ihrem Aerger über diese Verschmelzung unverhohlmen Ausdruck. DaS Wiener «Viterland" nimmt daran Anstoß, daß der frühere deutsch-österreichische Klub auf die Bezeichnung „österreichisch" verzichtete und das „Grazer Volksblatt' spricht die Erwartung aus, daß der neue Klub schon beim Wehrgesetze aaseinandergehen und die Abstimmung über dasselbe seinen Mitgliedern freigeben werde. Die Berathungen des Wehrausschusses dürften die Illusionen des ultramontanen Blattes bald zerstören, da die liberalen Wiener Blätter schon im Voraus ernstlich vor jeder unfruchtbaren Opposition gegen die einschneidenden Verschärfungen des WehrgesetzeS warnten. Die Opposition des österreichischen RelchSrathes, in deren Hand durch das Erforderniß der Zwttdrittel-Mehrheit das Schicksal der Vorlage gelegt ist, wird hierbei ihre Stellung um so weniger mißbrauchen, als die Verstärkung der Wehrkraft eng mit der ihr besonders werthvollen Bekräftigung des deutsch österreichischen Bündnisses zusammenhängt. Am Donnerstag hat auch daS italienische Parlament seine Arbeiten wieder ausgenommen, wobei der Minister präsident Crispi sofort Grünbücher über die Massauah-An- gelegenheit, über den französischen Handelsvertrag und über die Suez-Konvention vorlegte. Al« Vorspiel für diese Sitzungsperiode brachten die italienischen Regierungsblätter ,Es«ctw', »Popolo Romano" und »Mforma" die Ankün digung neuer Steuervorlagen, welche sie mit der UnabweiS. barkeit neuer Rüstungen begründeten. Die „Riforma" meinte, daß die Westgrenze Italiens dringend des Schutzes bedürfe. Pflicht der Regierung sei es, der Kammer über die gefahrvolle Lage Europa« reinen Wein einzuschänken und Forderungen zu stellen, welche die Sicherheit deS Lande« gebieterisch erheische. Immer schneller geht die Entwickelung der Verfaffungs- krisis in Frankreich vor sich, wobei nicht die Aussichten der Fioquet'schen Revisionsvorlage, sondern der viel weiter gehenden Pläne Boulangers von Tag zu Tag steigen. Die Verfassungsrevisions-Kommission beschloß mit sechs gegen vier Stimmen, daß die Umänderung der Verfassung durch eine besonders zu diesem Zwecke einzuberufende Constituante zu erfolgen habe. Wenn auch dieser Beschluß völlig un ausführbar erscheint, zeigt er doch, welche Geister die Floquet'sche Vorlage wachgerufen hat. Die Warnrufe des Herzogs von Aumale, Caffagnacs und Jules Simons vor den selbstsüchtigen, ehrgeizigen Plänen Boulangers kommen zu spät, zumal sich neuerdings auch der in Frankreich so einflußreiche Klerus dem Zukunstsdiktator zu nähern be gann. Die im Quartier des Halles in Patts neuerdings vorgekommenen Dynamit-Sprengungen veranlaßten zahl reiche Verhaftungen und deuteten auf das Vorhandensein einer anarchistischen Dynamilpartei, welche die vorhandene Verwirrung noch steigert. Noch stützt sich der so vielfach angefeindete Konseilprästdent Floquet auf eine Mehrheit in der Deputirtenkammer, von der er auch die Wiederherstellung der von dem Senat abgrlehnten Regierungsvorlage über die Pariser Polizeipräfektur erwartet. Unmittelbar nach dem am Dienstag erfolgten Wieder- zusammentritt des e«glifche» Parlaments gab der Pre mierminister Salisbury im Ober Hause Erklärungen über die ostafrikanische Fraae ab, aus welchen die Geneigtheit zu einem maritimen Zusammenwirken mit Deutschland be hufs Unterdrückung des Sklavenhandels und Wiederher stellung geordneter Zustände an der ostafttkanischen Küste deutlich hervorging. Die konservativen Blätter Englands begrüßten diese Zusicherung mit großer Befriedigung und auch die gegnerische Presse erklärte, gegen eine Flotten - operation innerhalb der eigenen Machtsphäre nichts einzu wenden, wenn sich dadurch England nicht zu weiteren politisch fragwürdigen Schritten treiben lasse. In Folge der Katastrophe bei Borki verzichtete das rttffifch« Kaiserpaar auf die geplante Reise nach Kopen hagen, woselbst nur der russische Großfürst-Thronfolger den dort bevorstehenden Jubiläumsfeierlichkeiten beiwohnen wird. Mit dm erneuten Regungen der Nihilisten werden die in Moskau und Charkow vorgmommenen zahlreichen Verhaftungen in Verbindung gebracht. Auch in Warschau sollen sich in den letzten Tagen Spuren eines gefährlichen Komplotts gezeigt haben. und Tageblatt Amtsblatt für die königlichen nnd städtischen Behörden zn Freiberg nnd Braud. Vercmtwottlicher Rchaktmr: Julius Braun in Freiberg. Bei der am Dimstag in der «ordamevikanischL« U«öo« vorgmommenen PräsidentschaftSwabl ist die bis herige demokratische RegierungSpartii in der Minderheit geblieben. Der Kandidat der Republikaner, General Har rison, brachte e« auf 233 Stimmen, währmd der dano- krattsche bishettae Präsident, Grover Cleveland, nur 168 Stim men erhielt. Mit dem Personenwechsel im Weißen Haufe zu Washington ist gleichzeitig ein Systemwechsel Verbund«, der im Sinne der Schutzzöllner und nationalen und irische« Politiker, aber kaum für die Beziehungen der Bereinigt« Staaten zu Deutschland und England günstig aus- fallen dürste. Tagesschau. Freiberg, de» 10. November. Der deutsche Kaiser nahm vorgestern Nachmittag 1 Uhr in Berlin da« Frühstück bet der Kaiserin Friedrich m»d be suchte dann mit seiner erlaucht« Mutter daS Atelier de» Bildhauer« Bega«. Bon 5V, Uhr nahm Se. Majestät Mel dungen und Vorträge im Berliner Schloß entgegen und em pfing um 8 Uhr, im Beiseln de« Staatssekretär» Graf« VM Bi«warck, dm bisherig« rumänisch« Gesandten G. Barna» LUeanu brhus« Ueberreichung seine« AbbrrusungSschrekbens. Um 7 Uhr folgte S». Majestät einer Einladung de» Staatssekretärs Grafen Herbert von Bismarck zur Tafel. Nach Aushebung derselben verließ der Kats« vorgestern Berlin wieder und kehrte nach Potsdam zurück. Im Laufe deS gestrig« BormtttageS nahm der Kaiser di« regelmäßig« Vorträge und mehrer« militärische Meldung« «tgegen und arbeitete darauf noch längere Zett mit dem Wirklichen Geheim« Rath vr. von LucanuS. Nachmittags empfing« die Majestät« dm Besuch de« in Potsdam etnge» troffen« Herzogs Ernst von Sachsen-Koburg Gotha «ad nah men mit demselben um 1'/« Uhr gemeinsam daS Mittagsmahl ein — Gestern Mittag iV« Ahr traf der König vo« Sachsen mit dem Prtnz,« Georg von Sachs« mst der Anhalter Bahn, von Dresden kommend, in Berlin ein. Gs hatten sich zum Empfangt dtt sämmtlichm Mitglieder der Kgl. sächsisch« Gesandtschast, sowie zahlreiche sächsische Offiziere auf rem Bahnhof« zur Begrüßung eingefund«, ebenso war« nebm den mtlitärychm und polizeilich« Behörden auch d« Oberstallmrister v. Rauch, Genrraladjutant v. Wittich und Major v. Pfurl anwesend. In Vertretung deS Kaisers war der Prinz Frtrdrtch Leopolo erschienen. Der König vo» Sachsen trug die Uniform seiner ostpreußischen Dragon«. regimentS Nr. 10, der Feldmarschall Prinz Georg di« Uniform seine« altmärkischen Ulanenregtment«. Nach dir Begrüßung begab« sich die sächsisch« Herrschaft« in offenen, zwei- spännigm Hos-Equipagm mit Borrrttrr durch die Königgrätz«. straße und die Linden entlang, überall ehrerbietig vom PMi- kum begrüßt, nach dem Sönigl. Schlöffe, wo inzwischen SS. Majestät der Kaiser von Potsdam eingetroffm war. Gestern Nachmittag b Uhr begab sich Kaiser Wilhelm mit sein« Hoh« Gästen, dem König Albert von Sachsen und dem Herzog vöst Sachs«-Koburg-Gotha, sowie dem Prinz« Friedrich Leopold vom Bahnhos Friedrichstraße in Berlin aus mittelst Soud«rz«g» nach KönigS-Wusterhausen, um heut« dort eine Hosjagd auf Dam wild und Sau« abznhalten. Di« Kaiserin Viktoria Augusta kehrte gestern Abmd nach dem Mamorpalat« tn Potsdam zurück. Dir Ankunst de« Kaisers und seiner Hohm Gäftt tu Königs- Wusterhaus« erfolgte bereit» gtstrru Abend 8 Uhr. Am Bahü- Hof war jeder Empfang verbrtm. Di« Fahrt «folgt« tn geschloffenen Wagen durch dm glänzens erl«uchteten Ott. Di« Krieg«- und Schützrnverrtn« bildeten Spalt«. Da» Schloß nahm sich Sußrrst malnisch au». Abend» 7 Uhr sand dös Soup« statt Der Kats« saß zwischen dem Köntg Albert uad d«m Prinz« Georg von Sachsen. Nach dem Nachtisch fand ein gcmüthliche- Zusammensein im historischen Zimmer de» TabaktkollegiumS statt, wo sich aus dem mächtig« TW Thonpfrtfm mit lang« Stiel« und alte Hump« befand«», d«v« wacker zugespröch« wurde. — In der am 8. d. M abgehaltrn« Plenarsttzung ertheilte der deutsche Buude«- rath den Etat»«1würsen der Verwaltung d« Eisenbahnen, sür den R«ich»kanzler und die Reichskanzlei, der Reichs-Justiz verwaltung, d«S Reich» EisenbahnaostS, de» Rechnung-hosS mW über d« Reich,-Jnoal.denfoud zuat Reicht YauShalttetat für 188S/S0, dem Entwurf eine» Gesetze» über di« Kontrolr de» Rcich»yau»hal« und de« LondeShau»halt« von Elsaß Lothringen für 1888/8V uad den Verordnuag»-Entwürfm, betreffend ost Kaution de» Readanten der Bureaukaffe d« physikalisch tech. nisch« Retchriwstalt, und betreffend di« Kaution vön Btamt« d« Reich»eisenbahnverwaltung, dir Zustimmung. Bezüglich der Rechnung der Kaffe der preußischen Ob.r- RechnungSkamm«