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Wochenblatt für Reichenvmnd, Siegmar, Neustadt und Rabenstein. Dieses Blatt wird an jede Haushaltung der obigen Gemeinden unentgeltlich vertheilt. M 28. Sonnabend, den 18. Juli 1903. Erscheint jeden Sonnabend Nachmittags. Anzeigen werden in der Expedition Meichenbrand, Pelzmühlenstraße 47 v), sowie von den Herren Barbier Bast in Reichenbrand, Buchhändler Clemens Bahner in Siegmar und Kaufmann Emil Winter in Rabenstein entgegengenommcn und pro Ispaltige CorpuSzeile mit 10 Pfg. berechnet. Für Inserate größeren Umfangs und bei öfteren Wiederholungen wird entsprechender Rabatt, jedoch nur nach vorheriger Vereinbarung, bewilligt. Bekanntmachung. Es wird hierdurch zur öffentlichen Kenntnis gebracht, daß der Bezirks obstbauverein, veranlaßt durch wiederholte und häufige Klagen über Obstbaum frevel, beschlossen hat, für die Ermittelung von Obstbanmfrevlern in jedem Falle bis auf Weiteres eine Prämie von SO Mark auszusetzen und der Königlichen Amtshauptmannschaft zur Verfügung zu stellen. Rabenstein, am 17. Juli 1903. Der Gemeindevorstand. Wilsdorf. Sitzung des Gemeinderates zu Reichenbrand vom 10. Juli 1903. 1. Es wird Kenntnis genommen a. von den Revi sionsprotokollen über die am 7. Juli vorgenommenen Revisionen der Gemeindekasse und der Sparkasse durch die Finanzdeputation bez. den Sparkassenausschuß; d. von eilier Verfügung der Kgl. Amtshauptmann schaft, das Bauwesen betr. 2. Für das Waldwärterhaus, dem hiesigen Ge meinde-Bezirke als exemtes Grundstück zngeteilt, ist wegen der nach § 87 der revidierten Landgemeinde ordnung zu erledigenden Geschäfte ein Vertrag mit dem Kgl. Forstfiskus abzuschließen, es wird beschlossen, dem hierüber vorgetragenen Entwurf zuzustimmen. 3. Eine eingegangene Reklamation gegen die Ein schätzung zu den Gemeindeanlagen wird berücksichtigt. 4. In SpurlaffeusuchcU werden'5 DuriechCgefuchT bewilligt, ebenso ein Pfandentlassungsgesuch. 5. Der bisherige 1. Gemeiudeälteste hat sein Amt infolge Fortzuges niedergelegt. Bei der heute vor genommenen Wahl wird Herr Geschäftsführer Hermann Enge mit 11 von 17 Stimmen auf 6 Jahre als 1. Gemeindeältester gewählt. Als 2. Gemeindeältester wird Herr Lehrer Bauch einstimmig auf die nächsten 6 Jahre, vom 1. Januar 1904 ab, wiedergewählt. 6. In einer Bausache wird beschlossen, wegen wider ruflicher Benutzung von Gemeindeareal von Erhebung eines Pachtzinses, der Geringfügigkeit halber, abzusehen. 7. Gegen einen säumigen Steuerzahler wird das Schankstättenverbot auf Grund des Regulatives vom 15. Juli 1889 verhängt. Gemeinderats-Sitzungen in Siegmar. 6. Juli 1903 abends 8 Ahr. Vorsitzender: Herr Gemeindevorstand Klinger. Nachdem der Herr Vorsitzende bezl. der angestrebten Beseitigung der alljährlich zur land- und forstwirt schaftlichen Berufsgenoffenschaft zu zahlenden Beiträge eine Mitteilung gemacht hatte, stimmte das Kollegium einigen Grundstücksbeleihungsvorschlägen des Spar- kassen-Ausschusses zu. Einem hiesigen Grundstücksbesitzer wird auf sein Ansuchen sür sein neuerbautes Wohngebäude das Wasser vom sogen. Armenhausgrundstücke gegen Wider ruf überlassen. Bezügl. der Beseitigung des Schienenüberganges an der Friedrich-August-Straße werden weitere Mit teilungen der Generaldirektion der König!. Sächs. Staatseisenbahnen erwartet. Die demnächst eingehenden Skizzen für einen Be bauungsplan für hiesigen Ort werden dem Bauaus schuß zur Prüfung überwiesen. Schließlich macht der Herr Vorsitzende bezügl. des Wasserwerksbaues noch verschiedene Mitteilungen und beschließt man hierauf, das nunmehr gefaßte Wasser nochmals untersuchen zu lassen durch die Zentralstelle für öffentliche Gesundheitspflege zu Dresden. 13. Juli 1903 abends 8 Ahr. Vorsitzender: Herr Gemeindevorstand Klinger. Nach einer geschäftlichen Mitteilung wird Kenntnis genommen von einer die Bauweise von Miethäusern betreffenden Verfügung der König!. Amtshauptmann- fchaft Chemnitz, sowie von einer Einladung des Be- Zirksobstbauvereins zu Chemnitz. Der Herr Vorsitzende erstattet weiter Bericht über die Betriebsergebnisse des Elektrizitätswerkes pro Monat Juni cr. Verschiedene vom Sparkassen-Ausschuß empfohlene Beleihungen von Grundstücken werden genehmigt und einem Kassenbeamten Gehaltsaufbesserung bewilligt. Zu einem vorliegenden Baugesuche sind Gemeinde bedingungen nicht zu stellen. Des Weiteren wird der Bauausschuß wegen Prü fung der vorliegenden Bebauungsplan-Skizzen um 3 Herren vermehrt. Ein vorliegendes Gesuch einiger Fuhrwerksbesitzer um Fahrlohnerhöhung für Sprengwagenfuhren findet Genehmigung. Wegen Erweiterung der Hauptstraßenbeleuchtung wird die Angelegenheit dem Bauausschuß überwiesen. Siegmar. Um den Frauen und erwachsenen Töchtern seiner Mitglieder Gelegenheit zu geben, sich im Einlegen von Früchten und Gemüsen nach den neuesten Methoden (wodurch ein Verderben der Früchte vollständig ausgeschlossen ist) und in Zubereitung von Gelees und Marmeladen sich Kenntnisse zu erwerben, hatte der Verein für Obst- und Gartenbau beschlossen, am 15. und 16. dies. Monats durch Herrn Obstbau wanderlehrer Michael aus Auerbach im hiesigen Gasthof einen Obstverwertungskursus sürDamen abhalten zu lassen. Wie großen Beifall der Beschluß fand, zeigten die zahlreichen Anmeldungen, hatten sich doch 28 Teilnehmerinnen gezeichnet, von denen aller dings später wieder 3 zurücktraten. Mit Aufmerksam keit und Interesse lauschten die beteiligten Damen den praktischen Vorträgen des erfahrenen Kursleiters, um dann das Gehörte in der schönen, geräumigen, von Herrn Gastwirt Lehrmann in freundlichster Weise bereitwilligst zur Verfügung gestellten Küche in die Praxis umzusetzen. Die von Herrn Michael ver sorgten 200 Conservengläser, die zu Fabrikpreisen abgegeben wurden, waren im Handumdrehen verkauft, ja die Nachfrage war so groß, daß noch eine Nach bestellung erfolgen muß. Der Verein scheint mit Ab haltung des genannten Kursus einem sehr gefühlten Bedürfnis entgegengekommen zu sein und es ist nicht ausgeschlossen, daß er im nächsten Jahre noch einmal darauf zurückkommt, um auch Nichtmitgliedern Ge legenheit zu geben, sich auf billige Weise die Kennt nisse über die Verwertung der Früchte zn verschaffen. Wabenstein. Am 26. Juli, nächsten Sonntag, soll hier das schon in diesem Blatte erwähnte Gustav- Adolffest feierlich begangen werden. Der Gustav-Adolf- Verein mit seiner Fürsorge für die evangelischen Ge meinden in mitten katholischer Bevölkerung hat ja immer in den Gemeinden sehr großes Interesse gefunden, und es scheint auch in Rabenstein sich diesmal zu regen. Alle Vereine haben sich schon zu einem solennen Fest zug zusammengetan; auch an die Ausschmückung der Kirche mit Girlanden und Kränzen ist gedacht worden, und Mancher blickt freudig auf den seltenen Festtag. Am nächsten Sonntag 2 Uhr soll dieser Festzug von Aurichs Restaurant unter Glockengeläute nach dem Gotteshause gehen, in dem der rühmlich bekannte Herr Pfarrer Rohde aus Chemnitz mit zündenden Worten die Gemeinde erbauen will. Nach diesem Gottesdienst nm 4 Uhr soll eine Versammlung in dem Saale des Aurichschen Restaurant stattfinden, in der der Vor sitzende des Limbacher Kreisvereins für christliche Liebes- Werke, der das Fest angeregt hat, den Versammelten Rechnung ablegt über das letzte Jahr, während dann zwei Geistliche aus der Umgegend die dringlich nötige Arbeit des Gustav-Adolf-Vereins in Böhmen und anderwärts schildern werden. Wenn doch recht Viele, Alt und Jung, Männer und Frauen, diesen Ausführungen aufmerksam zuhören wollten. Alle Rabensteiner nebst der ganzen Umgegend sind freundlichst eingeladen! Der Spekulant. «Ä Original-Roman von Hans Dahlen. <3. Fortsetzung.) Neumann war ein wenig verlegen und blickte auf die beiden Kleinsten, die am Boden mit bunten Kieseln spielten. Die Aelteste hantierte am Herd. - - „Siechabeusich gHstüffweM^d^Jmrgeu herbtzmüht/t meinte die kleine Frau. „Er "ist noch in der Schule." Schefer putzte die Feder an den schwarzglänzenden Schreibärmeln aus. „Das wäre wohl noch zu früh wegen dem Heini. Der wird erst zu Ostern schulfrei." „Es ist nicht deswegen," gab Johann Wilhelm zurück und legte den Stock auf die Knie. „Ich wollte mal sehen, wie es Ihnen geht." Der Diurnist war zur Entgegnung bereit, allein seine Frau schnitt ihm energisch das Wort ab. „Wir dürfen nicht klagen," sagte sie einfach. „So so. Was macht die Arbeit, Herr Schefer?" „O — man muff sich halt quälen — Neumann sah den Tisch mit Papierstreifen bedeckt. „Was? Streifbänder?" fragte er. „Ja, ich schreibe augenblicklich Adressen," gestand der Diurnist in tötlicher Verlegenheit. „Aber stehen Sie denn in keinem festen Arbeits verhältnis?" fragte Neumann. Die Leutchen fühlten, daß der unerwartete Besucher freundliches Interesse an ihrem Geschick nahm und wurden zutraulicher. Die kleine Frau begann in schlichten, rührenden Worten, wie es ihnen letzthin ergangen war. Am Tage nach jenem Sonntagsaus fluge sei sie plötzlich krank geworden. Es sei ganz schlimm gewesen; sie hätte sich nicht mehr auf den Beineu halten können und vor den Augen wäre es ihr ganz schwarz geworden. Ihr Mann habe ganz den Kopf verloren und nicht den Mut gehabt, von ihr ins Geschäft zu gehen, obgleich sie ihm anfangs nach Kräften zugeredet habe. Schließlich sei es ihr ganz recht gewesen, daß er daheim blieb, denn man hätte ja immerhin nicht wissen können —. Zwar der Heini habe dem Prinzipal seines Vaters sofort Bescheid gebracht, aber —." „Aber er hat mir sofort gekündigt," fuhr der Schreiber wehmütig und tränenden Auges fort. „O es ist bitter, zwölf Jahre in einem Geschäft zu sein und ohne Ursache wie ein Hund hinaus gejagt zu werden. Freilich, ich mußte ja fort, damit für den Vetter des Buchhalters ein Plätzchen frei wurde. — Nun, es soll schon wieder eine bessere Zeit kommen, und der liebe Gott wird die Meinen nicht verhungern lassen." Johann Wilhelm räusperte sich stark, um die in ihm aufquellende Rührung zn verbergen. „Verstehen Sie alle Bureauarbeiten, Herr Schefer?" erkundigte er sich. Der Diurnist schaute mit seinen zwinkernden, kurz sichtigen Augen gespannt auf den Frager. „Gewiß, gewiß, alles kann ich. Einfache und doppelte Buch-