Volltext Seite (XML)
Wochenblatt Wilsdruff, Thüraudt, Rossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. 38. Dienstag den 16. Mai ' 1871. Bei der größeren Ausbreitung und dem ernsteren Charakter, den wiederum jetzt die natürlichen Blattern gezeigt und angenommen haben, indem sie nicht allein in Dresden sondern auch in verschiedenen anderen Landestheilen als heftig auftretende Epidemie sich gestalten, erscheint es unerläßlich geboten, die Schutzpockenimpfung, das sicherste Vorbauungsmittel, gegen diese wahrhaft verheerende Seuche, recht zeitig in Anwendung zu bringen. An Eltern und Vormünder habe ich daher die dringenste Aufforderung zu richten, bei den eignen Kindern und bei den Pflegebefohlnen, wo die Schutzpockenimpfung noch nicht erfolgt ist, solche mit thunlichster Beschleunigung vornehmen zu lassen. Die unten näher verzeichneten Jmpfärzte sind zum Vollführen dieser schützenden Maaßregel nach jeder Richtung hin unausgesetzt bereit. - Sollten Erwachsene erhebliche Befürchtungen gegen die natürlichen Blattern in sich tragen, oder läßt der wirklich günstige Verlauf früher schon vollzogener Schutzpockenimpfung sich nicht mit Sicherheit bei ihnen nachweisen, so erscheint es erfahrungsgemäß rathsam, die Wiederimpfung nochmals vornehmen zu lassen. Selbstverständlich schließt Unwohlsein diese Vornahme aus und es darf diese Beurtheilung den Jmpfärzte» anheim zu geben, sein. Tharand, den 5. Mai 1871. , Der Königliche Bezirksarzt , vr. Alakuert. Als Jmpfärzte fungiren: für Kcsselsdorf, Unkersdorf, Roitzsch, Steinbach, Sora, Lampersdorf, Lotzen, Nöhrsdorf, Klipphausen und Kneipe: Herr meck. xraot. ^Viulclsr in Wilsdruff, für Wilsdruff, Limbach, Birkenhain, Weistropp, Sachsdorf, Niederwartha mit Gruna, Wildberg, Kleinschönberg, Huhndorf, Grumbach, Kaufbach, Hcrzogswalde und Helbigsdorf: Herr vr. m«ä. I'Lscklsr in Wilsdruff, für Neukirchen, Steinbach, Alt- und Neutanneberg, Blankenstein, Schmicdewaldc, Nvthschönberg, Burkhardtswalde, Munzig, Perne und Groitzsch: Herr vr. moä. LossdsrA in Burkhard ts Walde. Nachdem durch die erfolgte Rückkehr des größten Theils der einberufen gewesenen verheiratheten Landwehrmänner und Reservisten die Thätigkeit des unterzeichneten Localhilfsvereines in der Hauptsache als beendigt angesehen werden kann, so ist Seiten des Comitäs dieses Vereines die Auflösung desselben beschlossen worden. Es wird dies mit dem Bemerken hierdurch bekannt gemacht, daß dem zu Folge die Einsammlung und Ablieferung weiterer Beiträge nunmehr sich erledigt. Soweit noch laufende Geschäfte abzuwickeln sind, so wird das Nöthige durch den Vereinscassirer Herrn Kaufmann Engelmann und durch den Unterzeichneten besorgt werden. — Hiernächst wendet man sich noch an die Herren Gemeinde vorstände des hiesigen Amtsbezirkes mit dem Ersuchen, dahin zu wirken, daß die hilfsbedürftigen Familien der noch nicht zurückgekehrten Krieger die gleiche Unterstützung, welche der Staat gewährt, aus Gemeindemitteln nunmehr erhalten, wie dies in Wilsdruff gegenwärtig bereits geschieht. Wilsdruff und Tanneberg, am 10. Mai 1871. Der Localhilfsverein zur Unterstützung der im Amtsbezirk Wilsdruff aufhältlichen Familien deutscher Krieger. Im Auftrage: Kretzschmar, Bürgermeister. Aus dem Plauenschen Grunde. Wie viele und schwere Wunden der deutsch-französische Krieg auch aus unsrer Seite geschlagen hat, davon zeigt die tiefe Trauer, in welche die Familie des zu An fang vorigen Jahres verstorbenen Obersteigers Scheibe aus Zaukeroda dadurch versetzt worden ist, daß leider jeder der drei hoffnungsvollen Söhne, die mit in den Kampf gegen Frankreich freudig und muthig gezogen sind, sein Grab auf französischem Boden gefunden. Sind diese tapferen Brüder auch nicht mitten im Kampfe gegen den Feind gefallen, sondern bei allen Schlachten unversehrt geblieben, so war es doch ein Schuß von feindlicher heimtückischer Hand, der den ältesten der drei Brüder das Leben raubte und die erste Lücke im treuen Bruderbünde verursachte, während die beiden andern, ein Zwillins- paar, kurz nacheinander im 5. sächs. Feldlazarcth dem ThPhuS erlagen, den sie sich nach überstandenen Kriegsgefahren durch unvermeidliche Strapazen zugezogen hatten. Königstein, 9. Mai. Am Sonntag Nachmittag während hef tigen Regeits versuchte ein französischer Sergeant sich seiner Gefangen schaft dadurch zu entziehen, indem er mittelst eines langen Holzhakens, den er sich vorgericktet, sich über die Brustwehr an der südliche» Seite der Festung geschwungen und im Willen gehabt hatte, so von einem Felsenvorsprung zum andern das feste Land zu erreichen. Je doch bereits beim ersten Versuche ist der Holzhaken vom Steinwalle abgcrutscht, und so ist der das Weite Suchende ca. 60 Ellen herab gestürzt und bald infolge seines herzerschütternden Wimmerns, schreck lich zngcrichtet, aufgefnnden worden. Man erwartete schon gestern Nachmittag stündlich seinen Tod. Wilsdrüff, am 15. Mai 1871. Ein höchst seltenes und darum auch wahrhaft interessantes und erhebendes Familienfest wird in den, nächsten Tagen in der Gemeinde Taubenheim gefeiert werden, und wir erlauben uns daher, schon im Voraus darauf aufmerksam zu machen. Nächsten Freitag, den 19. Mai sind es 60 Jahre, wo der allgemein geachtete, nunmehrige GutSauszügler Herr Johann Gottlieb Strohbach und sein ihm noch treu zur Seite stehendes Weib in der Kirche zu Taubenheim den Priesterlichen Segen zu ihrem geschlossene« Ehebunde erhalten haben und 60 Jahre haben sie nun mit einander treulich gewirkt, manches Leid in Liebe mit einander getragen und so manche Freude im Kreise ihrer zahlreiche» Familie genossen! Fürwahr ein selten Glück, das wenig Sterblichen bcscbieden! Senden wir ihnen daher schon im Vor aus zu ihrer diamantnen Ehejubelfeier die herzlichsten Glückwünsche! Möge dem braven Jubelgreise, dessen Verdienste um die ihm liebge wordene Gemeinde durch treueste Verwaltung seiner ihm mehrfach über tragenen Äemtcr nicht ungerühmt gelassen werden können, wie auch seiner würdigen Jubelgattin, die im stillen häuslichen Kreise mit gleicher scgenspendender Treue gewaltet hat, ein recht glücklicher, sonniger Lebensabend beschiedcn sein, bis auch sie einst, abberufen von dem Herrn und geschmückt mit einer noch weit köstlicheren Krone, den Ruf vernehmen: Gehet ein, Ihr Gesegneten des Herrn! Ihr seid über Weniges getreu gewesen! Ich will Euch über Vieles