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Nr. 86. Leidig, scheint -ui»e»»m-»» l-iglich. Preis «UrUlj»»r«ch 7M. -MM. gk», «tnzklue Nummer «>M. DeuWe MgtMtinc Ztitmig «Wahrheit >vd «echt, Freiheit »atz Gesetz!» Sounta-, 13. April 187S. Lnstrate p>» »» Ne Skyedittra t» M seudr«. 2»serlt»»»,rd>tzr str »I« e»«ltoi,kU« »» Ps, »>Uer »iutes«»»« »a Ps. Wegen der Osterfeiertage erscheint die nächste Nummer Dienstag, 1S. April, nachmittags 4 Uhr. Telegraphische Depeschen. »Wien, 10. April. Die Politische Correspondenz schreibt: „Nachdem die Beleidigung constatirt worden sei, deren Gegenstand der österreichisch-ungarische Consul in Widdin seitens dortiger officieller Or gane gewesen, seien Schritte in Petersburg geschehen, um eine entsprechende Genugthuung von der russischen Regierung zu erlangen." Ferner erfährt dieselbe Cor- respondenz auf Grund guter Information, daß die Verhandlungen zwischen den Cabineten über die Mo dalitäten, unter denen das Project einer gemischten Occupation OstrumrlienS realisirbar sei, noch sortdauerten. * Sern, 10. April. Die internationale Conferenz hat den FinanzauSwei» der Sanct-Gotthardbahn, welcher die Summe von 227 Mill. FrS. als für die Bauausführung geleistet aufweist, für genügend erklärt und genehmigt. * Vom, 11. April. Wie der Mefsagiere meldet, hat bei Garibaldi eine Versammlung der Führer der demokratischen Partei ftattgefunden behufs Herbei führung einer Agitation zur Erweiterung des Stimm rechts in der Richtung auf das allgemeine Stimmrecht. * vom, 10. April. Dem Popolo romano zufolge wurden die albanesischen Delegirten Abdul-Bei und Mehemed-Ali-Bei von dem Generalsecretär des auswärtigen Ministeriums, Tornielle, empfangen. Die Delegirten empfehlen den Mächten bei der Lösung der türkisch-griechischen Frage die Integrität Albaniens auf recht zu erhalten. * Paris, 11. April. Gegenüber den Anschauungen der-auswärtigen Presse, welche in der ägyptischen Frage Differenzen zwischen England und Frankreich annehmen, wird von unterrichteter.Seite hrrvorgehoben, daß Don solchen durchaus keine Rede ist, da der zwischen beiden Cabineten stattgrhabte MeinmgSau«» lausch ein völlig gemeinsame» Vorgehen beider Mächte in der Frage gesichert hat. * Part», 11. April. Die Nachricht auswärtiger Blätter, daß Rochefort hierher zurückgekehrt sei oder zurückkehren werde, ist nicht begründet, auch dürste sich Rochefort nicht unter denjenigen befinden, die noch Amnestirung zu erwarten haben. * London, 10. April. Wie der Standard erfährt, würde die französische und die englische Regierung zu vörderst eine freundliche, aber energische Aufforderung an den Khedive, seinen Fehlgriff wieder gut zu machen, richten; andernfalls aber würde die Pforte ernstlich angegangen werden, die Angelegenheit in dring liche Erwägung zu ziehen und die Absetzung des Khe dive zu veranlassen. * Petersburg, 10. April. Dem Golos zufolge betrugen die Zolleinnahmen im vergangenen Jahre 79,644579 Creditrubel und überschritten somit den Voranschlag um 23,169779 Creditrubel. Gegen da« Jahr 1877 sind die Zolleinnahmen um 35,604123 Rub. gestiegen. Der Import an Gold und Silber in Münzen und Barren betrug im vergangenen Jahre 15,917704 Rub. und drr Export 12,312785 Rub. * pcterrburg, 11. April. Die Agence russe schreibt, die Cabinete unterhandelten gegenwärtig über den Vor schlag der Pforte, statt eine gemischte Occupation OstrumelienS eintrete» zu lassen, Aleko-Pascha zum Gouverneur zu ernennen, welcher allen Theilen sym pathisch sei. Die Pforte habe sich ferner bereit erklärt, einer Verlängerung der Machtbefugnisse der internatio nalen Commission auf ein Jahr zuzustimmen; während dieser Zeit wolle die Pforte die Punkte nicht militärisch besetzt», in denen ihr daS Recht zustehe, Garnisonen zu halten. Die Agence russe fügt hinzu, diese Com bination könnte gutgeheißen werden, wenn zwischen den einzelnen Cabineten ein absolutes Einvernehmen be- stände, und wenn ihre Sprache gleich unparteiisch und energisch in Konstantinopel, Tirnowa und Sofia sich geltend machte. Das russische Cabinet habe seinerseits seinen Vertretern in der Türkei, in Rumelien und Bul garien kategorische Instructionen zugehen lassen. * Krakau, 10. April. Nach einem Bericht des Cza« aus Kiew wurde auf den Gouverneur Czart- kow während einer Spazierfahrt in der Hauptstraße ein Mordversuch verübt. Der in einer Droschke flüchtende Attentäter schoß auf die ihn verfolgenden GenSdarmen, die jedoch dabei keinen großen Eifer be kundeten. Der Attentäter wäre auch entkommen, wenn er nicht von einem zufällig passirenden Bauer einen Kopfhieb erhalten hätte, wodurch er daS Bewußtsein verlor und arretirt wurde. General Czartkow erhielt wiederholte Warnungen vom RevolutionScomite, wes halb er aüch seine Dimission eingereicht haben soll. "Wien, 11. April. Die Politische Correspondenz mcldekEWsFDn stÄndiA o p^b:^, östrrrmelis^he- Commission hat diejenigen Punkte des Statuts erledigt, welche sich auf die Ernennung der Beamten in nichtmuselmanifchen Gemeinden, sowie auf die Erhöhung des Tributes aus den nach einer bestimmten Zeit sich ergebenden Einnahmen und auf die Zu lässigkeit der türkischen, bulgarischen und griechischen Sprache im amtlichen Verkehre beziehen. Die Artikel, welche die GrundeigenthumSverhältniffe und die Frage der Reformen in den übrigen Provinzen der Türkei betreffen, sollen zu AnfaNß nächster Woche berathen werden. — Äm Auftrage des Khedive trifft dem nächst Talaat-Pascha in besonderer auf den Conflict des Khedive mit den Westmächten bezüglicher Mission hier ein. — Wie eS heißt, hat der Sultan die neuen Vorschläge genehmigt, welche Griechenland in der GrenzregulirungSfrage gemacht werden sollen." * Konstantinopel, 11. April. Nachdem die Pforte vom Khedive Aufklärungen über die Angelegenheiten mit Frankreich und England erhalten hatte, ist der türkische Ministerrath zur Erörterung der ägyptischen Frage zusammengetreten. Ein Beschluß ist noch nicht gefaßt worden, weil die Pforte zuvor die An schauungen Englands und Frankreichs kennen lernen will. Pera, 10. April. Die letzten Depeschen au« Kairo melden, daß der Khedive fest entschlossen ist, auf der betretenen Bahn auSzuharren und keine Con- cessionrn zu machen. Er befahl vorgestern, die Gar nison von Alexandria zu verstärken und die nächtliche Einfahrt in den Hafen streng zu überwachen. Auch beabsichtigt er, für den Fall einer Landung von frem den Truppen an der ägyptischen Küste den „Dschihad" (Glaubenskrieg) zu proclamiren (?) und die ganze mohammedanische Bevölkerung unter die Waffen zu rufen. (Wiener «Presse».) * Kairo, 10. April. Die Mitglieder der Enquete- commission haben ihre Stellen als Commisfions- mitglieder niedergelegt. * Kairo, 11. April. Der Rücktritt der Mitglieder der Enquetecommission für die Finanzen Aegyp tens von ihrem Posten erfolgte wegen der Absetzung des Präsidenten der Commission, Riaz-Pascha durch den Khedive. Leipzig, 11. April. Wir stehen am Ende der „stillen" Woche, welche dem Osterfeste vorauSgeht. Auch in der Politik ist es still. Die Parlamente der größern Länder machen Ferien; die dadurch auf kurze Zeit etwas ent lasteten Minister suchen Erholung, zum Theil sogar auf dem Lande, wie wenig auch daS plötzlich wieder fast winterlich gewordene Wetter einladend ist zu sol chem Landaufenthalte. Nur die armen Mitglieder des -deutsche» BundeSratheSlnüffm-ihr^Arheitm eine ganz kleine Pause ununterbrochen fortsetzen, um dem Reichstage bei seiner Rückkehr nach Berlin ein möglichst reiches Material an Vorlagen entgegenbringen zu können. Daneben hat derselbe die Vorschläge wegen Besetzung des Reichsgerichts vorzubereiten, welche er bald nach dem Feste, wie es heißt, Sr. Mas. dem Kaiser zur Genehmigung und Vollziehung unterbrei ten wird. Auch die Diplomatie wird nicht lange feiern können. Sie bringt in die Ostertage ein paar Neste von der großen Orientfragc — die griechische und ostrumelische Frage — noch immer ungelöst mit herüber. Denn wie viel auch in jüngster Zeit von einer definitiven Regelung der letztern und von neuen Vermittelungen der Großmächte nnd neuen Vorschlägen der Pforte in der griechischen Sache die Rede gewesen, so scheint Karl Beck -k-. Aus Währing bei Wien geht der National-Zeitung von der Witwe telegraphisch die Traurrkunde zu, daß der Dichter Karl Beck in der Nacht vom 9. zum 10. April 12'/i Uhr nach langen, qualvollen Leideu zur ewigen Ruhe entschlafen ist. „Werden wir", schreibt das Blatt, „in diesem Falle zunächst den Tod als einen Erlöser begrüßen müssen, der das jahrelange Siechthum und die schmerzlichen Leiden dcS unglück lichen Dichters endete, so wird doch eine tiefe Weh- muth über das herbe Geschick eines so hochbegnadeten Menschen alle Herzen erfüllen. Karl Beck ist unserer Stadt, ist unserm Baterlande kein Fremder; mit Stolz nennen wir den in Ungarn, in dem Marktflecken Baja am 1. Mai 1817 von einer jüdischen Mutter Gebo renen einen deutschen Dichter; in Berlin, in Wei mar und Leipzig leben ihm viele persönliche Freunde, die sein Hinscheiden über das allgemeine Mitgefühl hinaus niit besonderm Schmerze berühren wird. Karl Beck studirte nach seiner Gymnasialzeit in Wien Medicin, widmete sich aber später dem Kauf- mannSstandr. Schon nach einem halben Jahre indeß verließ er das Contor und begab sich nach Leipzig, wo ihn Gustav Kühne freundlich aufnahm und in die Literatur einsührte. Von dem Jahre 1837 bis zum Ausbruch der ungarischen Revolution im Jahre 1848 hat er meist in Deutschland gelebt. Seinen Aufent- halt in Weimar nannte er die glücklichste Zeit seines Lebens. Gleich, seine erste» Gedichte, «Nächte», «Ge panzerte Lieder» (1838), stellten ihn in die erste Reihe der damaligen Lyriker. Mit Lenau und Anastasius Grün bildete er daS Dreiblatt freisinniger österreichischer Dichter. Die Leidenschaft des Ausdrucks, die Begei sterung, die in diesen Liedern lodert, hat Beck nicht mehr übertroffen; an Kraft der Schilderung, an Ge dankentiefe, an Erfindung und Charakteristik geht ihnen der Roman in Versen «Janko, der Roßhirt» voran; wer aber das geistige Bild des jugendlichen, freiheits trunkenen Poeten vor sich erscheinen lassen will, wird zu den «Gepanzerten Liedern» greifen. In Wien verheirathete sich Beck im Jahre 1850, erfuhr aber schon nach wenigen Monaten den schmerz lichsten Schicksalsschlag, von dem er sich nie wieder völlig erholt hat, seine Gattin durch den Tod zu ver lieren. Seit 1855 redigirte er in Pest eine belle tristische Zeitschrift; später begab er sich wieder nach Wien, wo er seinen dauernden, freilich von öftern Reisen, die ihn auch wiederholt nach Berlin führten, unterbrochenen Aufenthalt nahm. Vor zwei Jahren heirathete er zum zweiten male, In Karl Beck hat Deutschland seinen letzten her vorragenden politischen Dichter aus der Periode vor 1848 verloren. Diejenigen, die Karl Beck kannten, liebten den guten, edeln, immer hülfsbereiten Menschen in ihm ebenso sehr, wie sie den Dichter schätzten und bewunderten. In ihren Herzen ist ihm ein inniges Andenken, in den Annalen unserer Dichtung ein un vergeßlicher Name bereitet." Musikalisches auS Leipzig. ** Leipzig, 12. Apris. Wie berechtigt der Wunsch auch sein mag, in dem regelmäßig am Charfrcitag in der Thomaskirche stattfindenden Concert zum Besten des Orchester-WitwenpensionSfondS an Stelle der Bach'- schen „Matthäus-Passion" einmal ein anderes kirchliche« Tonwerk zu hören, so läßt sich — nach dem Spruche „alte Sitte hat alle« Recht" — die stehende Auffüh rung der bezeichneten Bach'schen Tonschöpfung doch auch wieder dadurch rechtfertigen, daß in Bezug auf Charakter und geistige Bedeutung kein anderes Ton- wcrk so für die Charwoche paßt wie gerade die er wähnte Bach'sche große Passionsmusik. Die herrlichen Chöre sowie die durch ihre Charakteristik und Tiefe des Ausdrucks einzig in ihrer Art dastehenden Reci- tative, desgleichen die wundervollen Arien: „Buß und Reu", „Ach, nun ist mein Jesu hin", „Erbarme dich" rc. hören nicht auf, ihre erhebende Wirkung zu üben und daS Gemllth des HörerS in eine sehr reli giöse, weihevolle Stimmung zu versetzen, und man kann daher wohl sagen, daß die „MatthäuS-Passion" durch ihre regelmäßige Aufführung in Leipzig gewissermaßen zu einem integrirenden Theile der Charfreitagfeier und zu einem GcmüthSbcdürfnisse der Mehrzahl unserer Concertbesucher geworden ist. Die Chöre waren in der letzten Aufführung nume risch stark besetzt und gingen auch, bis auf einige Eintritte, die der nöthigen Energie ermangelten, sehr gut. Nur der Männcrchor Nr. 50: „ES taugt nicht«", taugte, euphemistisch auögedrückt, nicht viel. Die Männerstimmen de« ersten geriethen am Schluffe mit denen des zweiten Chores in eine unfreiwillige Nach ahmung. Diese kleine Misere warf übrigen« ihre Schatten auch noch auf einige der nachfolgenden Solo- stellen in den Partien de« Pilatu« und de- Evangr-