Volltext Seite (XML)
Äs Nummer 92 — 2v. ^zayrgang Kma-l 'vöch. Bezu-spr«i» für April 3.00 DM-,Enschs. Bestellgeld. «nzetgenprelse: Die laesp. Petitzelle Stellengesuche 20 -Z. Die Petltrenlamezelle, öS Milli« neter breit. 1 ^t. Offertengebübren für Selüstabholev 80 Z. bei Uebersendung durch bi« Post außerdem Portozuschlag. Einzel-Nr. 1« Sonntags-Nr. IsH« Veschästlicher Teil: Artur Lenz in Dresden, SiicklMe Freitag, den 22. April 1927 Im Falle höherer Gewalt erlischt jede Verpslichlung auf Lieferung sowie Erfüllung o. Anzeigenausträgen u. Leistung o Schadenersatz. Für undeutl. u. d. Fern« ruf iibermitt. Anzeigen übernehmen wir keine Per« ontworlung. Unverlangt eingesanbte u. m. Rückporto nicht versehene Manuskripte ivero. nicht aufbewahrt. Sprechstunde der Redaktion 2—3 Uhr nachmittag» Hauptschristleit.: Dr. Joseph Albert. Dresden volrsmmna tSeschiiftsstelle, Drink »»d Saroiita- t> werlaa: Buchdrittkerel GmbH.. DreSde»-A. I. Polierslrntz« 17. Fernruf ewie. Postscheckkonto: Nonkiirsrerwaller krleeman», Dresden ION«. Für christliche Politik und Kultur Dresden Nedaktlou der Sächsische» wolkszettuiig Altstadt I, Pot!e>straf!e 17. Femrns Mit und r>012. Frankreichs Lage Von unserem besonderen Pariser Mitarbeiter Paris, den 20. April. Es scheint von Interesse, die finanzielle und wirtschaftliche Lage Frankreichs zu bespre chen. Die verbesserte Valuta, die seit Monaten ziemlich fest bleibt und einer Stabilisierung de facto entspricht, hat ziemlich schlimme Folgen gehabt, die schon bekannt sind: Zurückhaltung der Käufer, in der Hoffnung auf ein Zurückgehen der Preise, Einschränkung der Produktion. Dadurch entwickelte sich eine wirtschaftliche Krise und eine beschränkte, aber doch nicht zu unterschätzende Ar beitslosigkeit. Unter diesen Umständen war eine Beunruhigung un vermeidlich und die Regierung war aufgefordert, der Steigerung des Franks einen Riegel vorzuschieben. Der Schrei nach der gesetzlichen Stabilisierung wurde immer größer. Was den ersten Punkt betrifft, so hat Poineare scholl längst die Notwendigkeit erkannt, die Aufwertungs bewegung zurückzuhalten und hat den Frank auf einen Kurs von zirka 124 für das Pfund halten können. Lei der hat diese Stabilisierung de facto die wirtschaft liche Lage nicht viel verbessert. Die Preise sind kaum zurückgegangen: das Leben bleibt eben so schwer: das Publikum kauft immer noch sehr w e - nig: die Produktion stockt noch, und die Zahl der Arbeitslosen geht nicht herunter. Infolgedessen drängt die Mehrheit der Wirtschaftler, oer Handelskreise und der Vertreter der öffentlichen Mei nung auf die gesetzliche Stabilisierung: „Nun ja" hat Poineare gesagt, „wir werden stabilisieren und in einer nicht zu sehr entfernten Zukunft. Ich kann aber garnicht sagen, wann mir das tun können. In dieser Frage mutz man autzerordentlich vorsichtig sein. Biel sache Gründe gebieten es uns, und vor allem die Gier der Spekulanten, die auf der Lauer liegen." Diese Worte trotz ihrer Unbestimmtheit haben schon genügt, um ausländische — vor allem holländische, bel gische, schweizerische und deutsche — Börsenmänuer zu grossen Käufen von französischen Effekten zn bringen und die französische Rente, die den Knrs von 80 erreichte, war nicht mehr za haben. Die Franzosen folgten mich — mit Verspätung — dieser Bewegung, und die Börse wurde sieberhaft. Wenn gewisse französische Börsenkreise die Regung billigen, andere, und mit ihnen das Finanzmini sterium, sind unruhig. Sie erklären, datz die französische Reute den Kurs von 88 nicht ohne Gefahr überschreiten kann. Ist die Hoffnung der Spekulanten auf eine nahe ge setzliche Stabilisierung berechtigt? Das ist zweifelhaft, du die Politik doch dabei wahrscheinlich eine Rolle spielt. Die Kainmerwahlen finden in einem Jahre statt und man zögert in Rücksicht ans dieses Ereignis, die Stabilisierung vorher vorzunehmen. Jedoch kann die öffentliche Meinung die Regierung dazu bringen, die Sache zu beschleunige», wen» die Preise für den notwen digen Lebensunterhalt nicht endlich sinken. Da diese Tatsache trotz der offiziellen Anstrengungen nicht einzu treten scheint, nimmt man in verschiedenen Kreisen und in einem Teil der Presse an, daß diese Maßnahme der Stabilisierung nicht so entfernt sein wird. Was den Kurs des stabilisierten Franks anbelangt, besteht dieselbe Unbestimmtheit, wie für den Augenblick der Stabilisierung: einer glaubwürdigen In formation nach wurde der Kurs von 135> fiir das eng lische Pfund genannt. Unter den Daten, die non Einfluß auf den Entschluß des Kabinetts der Stabilisierung ge- enüber sind, nimmt übrigens auch sehr wahrscheinlich der iltch i Zolltarif, der in Vorbereitung steht, einen wichtigen Platz ge! Io »in. Und das ist ja verständlich. Die Handelsbilanz hat natürlich eine große Bedeutung für die Haltung der Va luta. und diese Bilanz hängt zum Teil von den Zoll tarifen ab. Nun weiß man. daß dieser Tarif bald zur Diskussion und Abstimmung im Parlament kommen soll. Es ist an- Kinehmen, daß erst, nachdem, die Ergebnisse des neuen Zollgesetzes festgestellt sein werden, die Regierung die offizielle Stabilisierung vornehmen wird. Das alles macht die Lage unklar und unsicher. Nur eines ist bestimmt: Die Stellung der offiziellen Finanzen verbessert sich fort während. Durch Ansammlung von Golddevisen ist die Regierung imstande, den Kurs des Franks aus der Höhe zu halten, die sie fiir gut hält. In dieser Beziehung ist die Taktik Poineares geschickt. Was inan ihm vor wirst, ist ein etivas zu s e h r e n g e r Ge i st, eine zu gro- unangenehme Folge« für die Industrie und für de» Lebens- ' hat. ^e Vorsicht, die einige unangenehme Bolkswirtschaft, für die Industrie und Das Spiel um Albanien Gin Kvrrflikk, an -essen Beilegung niemand inleressierk ist — Neues Eingreifen -er Westmüchie unterhalt des Publikums London, 21. April. Der diplomatische Korrespondent des „Daily Telegraph" schreibt: Es wird angenommen, datz der Meinungsaustausch zwischen Paris. Berlin und London über die Frage des italie-, nisch-jugoslawischen Zwistes auf dem diplomatischen Wege wieder ausgenommen werden wird. Anscheinend sind außer einigen Kreisen in Belgrad alle Teile dem Gedanken, die Frage im Völkerbund zur Sprache zu bringen, abgeneigt, während andererseits das Problem nicht von der Botschafter- Konferenz in Paris geregelt werden kann, da Deutschland nicht Mitglied der Botschasterkonferenz ist. In liberalen Kreisen»will inan wissen, London und Paris hätten in dieser Frage ein getrenntes Vor gehen vereinbart. Die Pariser Regierung werde bemüht blei ben. die südslawische Regierung von übereilten Schritten abzu halten, während Lhamberlain sich verpflichtet l-abe, durch stärk- slen Druck Mussolini zur Zurücknahme des Kommuniques zu veranlassen, in dem er eine Erörterung des Vertrages von Ti rana mit Südslawien abgelehnt hat. Paris, 21. April. In hiesige» politischen Kreisen zeigt man sich über die italienisch-jugoslawische Spannung erneut beun ruhigt. Man ist hier der Ansicht, daß sich der Konflikt trotz der von der sranzösischen und englisäjen Regierung unternommenen Schritte verschärft hat- Besondere Beachtung mißt man in die sem Zusammenhang der über London gekommene» Nachricht bei. Italien werde dem Beispiel Brasiliens folgen und de,, Völ kerbund verlassen, falls dieser die Entscheidung erlralten sollte, sich für eine für Italien ungünstige Lösung auszusprechen. In Kreisen, die der englischen Botschaft na!>e stehe», ver sichert man, daß die englische Regierung alles getan habe, tun Italien in der Frage der direkten Verhandlungen zwischen Belgrad und Nom naclWebig zu stimmen. Die englische Regie rung soll der Kousulta den Rat erteilt haben, zivar nicht einer Revision des Tiranavertrages zuznstimmen, sich aber zu einer offiziellen Erklärung zu verstehe», daß der Vertrag von Tirana keine Einmischung Italiens in die inneren A u g e l e g e n h e i t e „ A lbanie » s oorsehe. In dieser Er klärung soll gleichzeitig zum Ausdruck gebracht werden, daß Italien nicht a» die militärische Besetzung Albaniens denke und daß der Vertrag auch nicht die Verteidigung des gegenwärtigen albanisclien Regimes durch Italien vorsehe. Wie verlautet, soll sich die italienische Regierung jedoch iveiger», de» Tiranavertrag in der angegebenen Weise zu interpretieren oder interpretiere,» zu lassen. Belgrad, 21. April Außenminister Ma r! n k a >v i t sch erstattete gestern in Topoll« dem König Bericht über die auswärtige Lage. Der Minister betonte den Standpunkt: Der Balkan den Balkan- ovlkern; der jedoch ahne.jede aggressive Tendenz gegenüber den Nachbarstaaten sei, sondern vielmehr das Bestreben habe, mit ihnen in gutes Einvernehmen zu komme». Die Haltung der englischen Diplomatie sei zu einer wertvollen Hilfe sür Sen jugoslawischen Standpunkt geworden und stärke In Belgrad den Entschluß durch maßvolles Vorgehen das Bestreben der eng- lichcn und deutschen Diplomatie zur friedlichen Rege lung des Albanien-Konfliktes zu fördern. * Nach wochenlangem Verhandeln ist man also in den Aus einandersetzungen zwischen Rom und Belgrad um keine» Schritt weiter gekommen. Dabei l>at sich dieVerhandl n n g s- basis völlig verschoben. Man erinnert sich, daß eine italienische Beschwerdenote, in der gegen angebliche Rüstungen Jugoslawiens an der albaniscl>en Grenze protestiert wurde, den Ausgangspunkt des ganzen Konfliktes bildete. Diese Rüstungen (wenn sie überhaupt jemals bestanden Habens sind inzwischen natürlich längst zum Verschwinden gebracht worden. Nicht mehr die angebliche Bedrohung Albaniens durch Südslawien. sondern der Einfluß Italiens in Albanien ist es. um den sich die Ver- hanglungen drehen. Jugoslawien, dessen neuer Außenminister Marinkowitsch eher dazu neigt, die Haltung seines Landes noch unnachgiebiger zu gestalten, verficht die These: der Balkan den Balkanvöikern, keine Einmischung Italiens jenseits der Adria! Für Mussolini dagegen ist es eine Frage des Prinzips, daß Einfluß Italiens in Albanien erhalten bleibe. Italien hält Triest, Pola und Fiume, es fühlt sich als Herrin des Adriatische» Meeres. Albanien bildet den Brückenkopf, durch de» der zur Beherrschung der Adria notwendige Einsluß aus dem Balkan für Italien gesichert wird. Die Bürgschas! sür diesen Einsluß bildet der Vertrag non Tirana, durch den Albanien auch unter den militärischen Schutz Italiens gestellt wird. Keine der beiden Parteien ist gewillt, nachzugeben. Die Großmächte üben nun „stärksten Truck" aus die beide» inter essierten Staaten aus. Aber haben denn England und Frank reich ei» so großes Imeresse an der Beilegung des Konslikts? Frankreich sieht mit Vergnügen Mussolini in Albonien sest- gelegl: auf die Art ist er vcrhinderi. sich allzusehr fiir Nizza und Savoyen zu interessieren. England bemerkt nicht ungern, daß der koloniale Expansionsdrang des saschislischen Staales sich von afrikanischen Gefilden nach Albanien gewandt hol. F» den, bedrohten Jugoslawien aber schwelgt angesichts der Gefahr der Hader der Parteien, und ein Kabinett der natio nale» Einigung ist gebidel worden. Mussolini schließlich braucht die außenpolitische Spannung, um seine innerpolitischen Plane durchführen zu können. So ist an der Beilegung des albanischen Konslikts niemano ernsthaft interessiert. Grund genug, um anzunehmen, daß die ses diplomatiscl-e Spiel mit verteilten Rollen nicht so bald seinen Abschluß finden wird. zö fischen Handelsprovisor i u ms eine gute Aufnahme gefunden. Die Handelskreise hoffen, daß der Warenverkehr zwischen Deutschland und Frankreich et was lebhafter sein wird und daß dieses Provisorium nicht nur einen Fortschritt darstellt, sondern die direkte Borde» reitung des Abschlusses eines festen und definitiven H a n- d e l s a b k c> m m e n s ist. Die Atmosphäre ist da durch günstiger und der Weg der Unterhandlungen leichter geworden. Gewiß ist das gewünschte Ziel noch nicht erreicht. Für die französischen Wirtscl-aftskreise liegt der Schlverpunkt in der Erlangung von Garantien für die Zeit der Stabilisierung, in welcher die Industrieunterneh mungen Frankreichs schwer zu Kämpfen haben werden. Aber es ist zu hoffe», daß die ganze europäische Indu strie zu einem Vertragssystem kommen wird, welches die Unsicherheit und den zerstörenden tödlichen Konkurrenz kampf zerbricht und daß ein wirtschaftliches Lo - earno kommt. Aus alledem, was hier gesagt ist. kann man schließen, datz Frankreich in einer abwarlenden Wirtscl-aftslage ist, die nicht ohne Hoffnung auf sine sichere Verbesserung ist. f Der französische sozialistisch? Parteitongress lehnte «eine CuiI>>>itSsrvnt mit den Kommunisten, wie ein« solche mit den bürgerlichen Parteien ab. s- Der «ätekongreh der Sowjet»»,, lon »ahm einstimmig einen Beschluß a». tn dem die Tätigkeit der Negierung »ich- ihr wliteres politisches und wirtschaftliches Programm voll Und gaisz g-billigt wird. Die Äochwafferkakaslrophe im Mtssissippi- Gebiek Neiipork, 2l. April. Nach den letzten Meldungen ans orm ochwaHssergebirt des Mississippi steigt die Flut noch' linm.r Dir Hakt der Obdachlose» beträgt 70 0«». Die Be oöld.'rung flieh, in die höher gelegen Ortschaften. In oer Siadt Dtzdrs am we:ße„ Mississippi stehr das Wasser schon über 4 Meter Horst. Das Hochwassergebict hat jetzt eine Ans» dehnnug von nahezu 100 QuabVatmetlen. Auch der A r k a „ s n S - Fluß hat die ganzen User gebiete unter Wasser gesetzt. Die Fluten Sind bereits :>» die Iccidt Little Roch eingedrnngen. Im ganzen sind jl-tzt bei einen, weiteren Steigen des Wassers 75» Städt» b'-droht. - Die Zahl der Todesopfer der Mirbelstürme be trägt nach inneren Meldungen 117. Kochrvaffergefahr in Rie-ersachsen Hannover, 21. April. Infolge der a»killenden Nieder- schlage der letzten -Wochen stich Weser, Aller, Oker »ich Lest» erneut erheblich gestiegen. Weite Acker- und Wiesenfkichcn w, Leinegebiet sind bereits überschwemmt. Großer Schabe» ent stand vor allem im Leiuetal. Die Regulierung der Flüsse, vor allem -aber der Leine, wird nunmehr dringend zu einer unab wendbaren Notwendigkeit. Nach Nachrichten aus Stettin. Migdeburg »ich Witte»bärge führen nunmehr mich Oder und M*e in ihrem Unterlauf Koch. 'Wasser.