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72. Jahrgang, 2»7 Dtenalag, 2«. Juni 122» Gegkündek ISS« UaruW-achar-Saaimelrmmmn: 20 2^1 «m stk »achl«el»r»ch«: 20 011 »a« l«. bt« »o.Juni Ig»8 bei tLgltch »weimallaer Zustrllung srei Hau» ».w «lark. LöAUg5'W6vUyk P,sre,uo»pret« für Monat Juni ».10 M-rl Ane »»sstusteNunaSgebahr. >en werden nach Soldmarl berechnet: di« etnlpaMge ro mm breit« Zell« , _ — - „ GtkNenaesuch« ohne Rabat« Reklame»«>le roo Pf,., außerhalb Austria« gegen Borau»be»-Hlung. Die »«Helgen werden nach Soldmarl berechnet: dH Anzeigenpreise: L big Psg. vssertengebühr »o Psg. AuawSrtige A Schiiftleitnng und -mchtgeschistbslrller «arirnftraß« SS/»2 Druck und »erlag von ktrhsch « Reich»»»« in Drelden Poftscheck-»ont» 10SS »rebden Rachdrml nm mit deutlicher Quellrnangabe «.Dresdner R-chr.') »ulilstg. — Unverlangte Schrisistücke werden nicht au,bewahrt. uii„»ii»»l»imiiiuiutiii»k»ii»iil»i...i..i.uuiiiii»ilii»iii»»iin„„ii»ttu:imilliliii»m,i,»unimi ^I'8lKl388ig68 ^68lSU^SNt lügliek 4 Isnr-Iss „Vsrbsrina" p'rsgsi' Str-sSs / k^sitbaknsli-alSs — Kb6nö8 8 Va8 k^si'ksil cl65 -Xtti-aktionsn aüsi- >/Vslt Cine verschleierte Große Koalition. Auf Richtlinien und Programm wird verzichtet. Wer find die.Persönlichkeiten?" (Drahtmeldung unserer Berliner Schriftlettuna-t Berlin, 26. Juni. Di« Bildung der neuen Reichsregierung scheint auf dem Wege, der setzt eingeschlagen worden ist, voran zugehen. Man spricht bereits davon, daß Herr Müller. Kranken am Donnerstag oder Freitag, wenn seine unter dem Stern Dr. Stresemanns stehenden Bemühungen bis dahin das „Kabinett der Persönlichkeiten" fertiggebracht haben, vor den Reichstag treten würde, um die Erklärung des, wie man in manchen parlamentarischen Kreisen spöttisch sagt, „Fertenkabinettes" zur Verlesung zu bringen. Die Mehrzahl der Fraktionen tritt, nachdem heute bereits das Zentrum tagt«, am Dienstag wieder im Reichstag zusammen. Am Mittwochvormittaa berät auch die Deutsche Volkspartei wieder; Herrn Müller nahestehende Kreise nehmen an, daß die BolkSpartet dem Kahtnett, das zunächst ohne Bindung an die Fraktionen sein Leben versuchen will, keine Schwierig keiten bereiten und den hinüberwcchselnden Mitgliedern Dr. Stresemann und Dr. CurtiuS die Genehmigung erteilen wirb, wie sa auch heute bereits das Zentrum grundsätzlich be schlossen hat, den für die Kabinettsbildung vorgesehenen Mit. gliedern die Genehmigung zum Eintritt in die Regierung zu geben. Vle rNlnlsterllste dürfte ViS ans geringe Aendernngen bereit« fertiggestellt sein. Sie wir» nach den bisher vorliegenden Feststellnngen etwa solgende« «nssehen haben: Reichskanzler Hermann Müller-Franken Knneamintfter Severins. AeußereS Dr. Stresemann, Finanzen Dr. Hilscrding, Wirtschaft Dr. CnrtinS, Reichswehr Gröner, Justiz' Dr. Koch-Weser ober Landsberg, Post Dr. Schaetzel, Arbeit Dr. BrannS, Ernährung ». GnSrard. «crkehr «Mell oder Keil. Nach einer anderen Lesart soll ReichSverkehrSminister Dr. Wtrth und ReichSmintster für die besetzten Gebiete v. Gusrard (Zentrum) werden. Dt« Schwierigkeiten der Personenauswahl liegen, wie das B.-D.-Z.-Büro hört, gegen- wärtig in der Hauptsache bei der Frage, wer bas Reichs- ernährungSmintsterium verwalten soll. Seine der beteiligten Parteien zeigt große Neigung, gegen die Opposition der Dentschnationale« «nd der Bauernpartei eine« Mann für diesen Posten bereit z« stellen. Jedoch hat der Abgeordnete Müller-Franken erkennen kaffen, daß im Falle, daß das Zentrum bas ErnährnngSmini» stcrium übernimmt, die Sozialdemokratie Anspruch daraus erheben würde, an Stelle des ReichsarbeitsministerS BrannS ein Mitglied der sozialdemokratische« Fraktion z« setze«. — Die heute von verschiedenen Zeitungen gemeldete Kandidatur des früheren Reichskanzlers Dr. Wirth für den Posten des Vizekanzlers ist nicht zutreffend, da das Zentrum den Vizekanzlerposten nicht besetzen will. Ob man Herrn Wirth für einen anderen Ministerposten, der dem Zentrum zusteht, vorschlagen wird, steht noch dahin. Allzu groß scheint im Zentrum die Neigung, Herrn Wtrth in das neue Kabinett zu entsenden, nicht zu sein, wenngleich nicht ausgeschloffen ist, daß Herr Wtrth es durchsetzt, daß er endlich wieder einmal einer Regierung angehört. Man nimmt allgemein an, daß das neue Kabinett der Persönlichkeiten nicht vor Dienstag gebildet sein wird, und daß Müller-Franken noch Dienstag abend eine Rücksprache mit dem Reichspräsidenten haben wird, in der er dem Reichspräsidenten unter Umständen bereits die fertige Mintsterliste vorlegen kann. An der Zustimmung der Fraktionen ist kaum z« zwetsel«, doch wird die ossizielle Be trauung des Kabinetts «ich» eher erfolgen können, bis sämt liche Fraktionen ihre Zustimmung '« dem Eintritt ihrer Fraktionsmitglieder in bas Kabinett der Persönlichkeiten ge» geben haben. Da die RcichStagSfraktion der Deutscheu BolkS- partei erst am Mittwoch znsammentritt, ist also mit dem offiziellen Abschluß der Verhandlungen nicht vor Mittwoch z« rechnen. ^ Das in solcher Form präsentierte Kabinett der Per sönltchketten ist, wenn man genauer zusteht, nichts anderes als eine verschleierte Große Koalition, der man bloß einen anderen Namen gibt, um nach außen hin die Tatsache zu verhüllen, baß man schließlich doch wieder an den Aus gangspunkt zurückgelangt ist und sich im Kreise gedreht hat. Es wäre sehr bedauerlich, wenn sich die Deutsche Volkspartei durch diese verschleiernde Benennung des Kindes dazu be wegen ließe, ihrer Forderung nach einer Umbildung der preußische»» Regierung nicht mehr den gleichen Nachdruck wie bisher zu geben. Auf diesen Punkt darf man besonders ge spannt sein. Die Zustimmung -es Zentrums. Berlin, 26. Juni. Die ZentrumSfraktio« deS Reichstages hat in ihrer Sitzung am Montagabend deschloffe«, grundsätzlich de« für die Kabinettsbildung »orgeschlagenen Mitglieder« der Fraktion die Genehmigung zum Eintritt in die ReichSregie- rnng z« geben. Die Entscheidung über die Personenfrage ist ans Dienstag vormittag znrückgestellt. Der Plan, einem der Vertreter des Zentrums außerdem den Vtzekanzlerposten zu übertragen, ist fallengelaffen worden. Das Zentrum wünscht einen solchen Posten nicht zu über nehmen. Wie die TU. weiter erfährt, hat der Abg. Müller. Franken sich entschlossen, auf die Wtederbestellnng eines Vize kanzlers endgültig zu verzichten. Der Abg. Müller-Franken hat sich den endgültigen Bescheid der Fraktionen bis Dienstag vormittag 11 Uhr erbeten. Der Reichspräsident soll von ihm am Dienstagabend um 7 Uhr unterrichtet werden. Warum Nobile zuerst gerettet wurde. Sein Berich! nach Asm. Rom» 28. Junt. Ein Funkspruch des Kommandanten der „Cttta di Milano", der um 1 Uhr früh in Nom etntraf, gibt solgende Einzelheiten über die Rettung NobtleS. Bet seiner ersten Landung konnte der Flieger Lunbborg den Techniker Ccriont nicht mitnehmen, da dieser zu schwer war. Des wegen hatte Lundborg bet seinem zweiten Flug seinen Me chaniker nicht mehr mitgenommen. Nach dem Abflug NobtleS übernahm Leutnant zur See Btgltevi den Befehl über die zurückgebliebene Gruppe, Von der „Cttta di Milano" wurde solgende Mitteilung über den Zustand NobtleS bekannt- gegeben: Unvollständiger Bruch des rechten Schienbeines mit geringer Verrückung der Knochentetle, der jedoch bereits in Heilung begriffen sei: Verrenkung des rechten Fußes mit Lchnenretzung. Der HetlungSprozcß wird wahrscheinlich Ili Tage dauern. Um 2 Uhr früh kam ein Bericht NobtleS selbst, der folgendermaßen lautet: AlS Lentnant Lundborg bei unserem Zelt landete, sagte ich ihm. er solle erst Eectoni mitnehmen, dann Behunek, bann Droiani «nd dann mich selbst, und endlich Biglievi «nd viagi. Lnndborg lehnte dies ab «nd teilt« mir mit. er habe Befehl erhalten, zuerst mich mitznnehme«, damit ich die z« der Suche nach de» anderen nötige« Angaben machen könnte. Er »nd meine Kameraden bestanden daraus, daß ich zuerst adsliegen sollte. Diese sagten, die« würde ste »ernhigen. Ich gab widerwillig nach. Bor meinem Abflug übergab ich Lentnant Biglievi das Kommando. Di« Stim» «nng meiner Kameraden ist ausgezeichnet. Ich hoffe, daß ich ste bald werde umarmen könne«. Amunbsens Ausenlhalksorl feslgeslelll. Riga, 26. Juni. Wie a«S Moskau gemeldet wird, hat die Sowjetregiernng einen Fnnkspruch des anf der Suche nach Amundsen defindlichen russischen Eisbrechers „Malygin" er halten, wonach cs gelungen sei, den AnfenthaltSort AmnudsenS feftznstellen. Das an Bord besindliche Junkers» flugzena «erbe versuchen, bei Amnndse« z« lande«, «m ihn an Bord des Schiffes zu bringen. * OSlo, 26. Juni. Wie aus KingSbay gemeldet wirb, hat der dort eingetroffene norwegische Dampfer „Aurtea" unter wegs einen Funkspruch aufgenomnren, der mit dem 808. Signal begann, sich jedoch nicht weiter entziffern ließ. Man glaubt, daß der Funkspruch von Amundsen stammt. Ein längerer Erknndungsslug des Majors Penzo zur Auffindung Amundsens ist trotz guter Sicht erfolglos geblieben. — Wie weiter gemeldet wird, ist eS noch immer unklar, wieviel Mann sich jetzt noch in Nobiles Lager auf dem Eise befinden. Die ein« Meldung spricht von zwei Italienern und dem verun- glückten schivedischen Retter, eine andere Meldung besagt, daß drei Italiener, der tschecho-slowakische Forscher, der schwe- dische Flieger und sein Mechaniker auf Hilfe warten. (TU.) Aelchskrise und Preußensrage. Eine Schwierigkeit besonderer Art bei der RegierungS. krtse im Reiche ist die Preußenfrage. Hierzu ist noch eine eingehendere Betrachtung notwendig. Bor allem ist daran zu erinnern, daß die Deutschnationalen stets mit dem größten Nachdruck darauf hingewiesen haben, daß ohne eine gleich, artige Zusammensetzung der Regierung in Preußen die Stabilität der Reichspolitik nicht gewährleistet werde« könne. Diesen Kernpunkt der Lage betonten die Vertreter der Deutschnationalen Volkspartet auch in dem entscheidende» Augenblick, als die vaterländische Pflicht ste Ende 1924 zum Eintritt in die Regierung berief. Die maßgeblichen Führer der Partei ließen damals keinen Zweifel darüber, daß die Beseitigung -er Weimarer Koalition in Preußen und die Umbildung der dortigen Regierung auf einer dem bürger lichen Reichskabtnett entsprechenden Grundlage etne staats, politische Notwendigkeit sei. deren Erfüllung allein imstand» sei, ein ersprießliches Wirken der bürgerlichen Reichskoalition zu sichern. Diese deutschnationale grundsätzliche Auffassung fand auch bet der Deutschen Volkspartei volles Verständnis, so daß von ihrer Seite ein entschlossener Schritt in der Preußenfrage getan wurde. Im Jahre 1921 hatte bte Deutsche Volkspartet nach dem zu jener Zeit erfolgten Sturze der nur vom Zentrum und den Demokraten getragenen Negierung Stegerwalb in Preußen nach langen Erwägungen für und wider ihre Zustimmung zum Eintritt in eine Große Koalition in Preußen gegeben, um, wie es in der Be- gründung hieß, „endlich einmal die Verwirklichung des KoalittonsgebankenS auf breiter Basis durchzubringen, um durch die Gemeinsamkeitsarbeit so verschieden schattierter Parteien, wie der Sozialdemokratischen und der Deutsche« Volkspartet, zu einer inneren Ruhe und damit hoffentlich zur inneren Gesundung zu kommen". Die volkSparteiliche Erwartung, daß es möglich sein werbe, mit -er Sozialdemo, kratie zusammen andauernd positive Arbeit zum öffentlichen Wohle ohne agitatorische Seitensprünge zu treiben, wurde sehr bald enttäuscht, und die Deutsche Volkspartet sah sich daher in steigendem Maß« in eine Lag« versetzt, die sie z« der beutschnationalen Opposition im Preußischen Landtage hinüberdrängte. So standen die Dinge in Preußen, als sich im Reiche die Wendung nach rechts vollzog. Die Deutsche Volkspartei machte sich nunmehr den beutschnationalen Stand. Punkt bezüglich der staatspoltttschen Notwendigkeit einer Gleichmäßigkeit der Regierungen im Reiche und in Preußen so völlig zu eigen, daß ste Anfang 1926 ihren Austritt aus der Großen Koalition in Preußen erklärte. Sie wurde bet diesem Vorgehen von der Hoffnung geleitet, baß damtt daS Schicksal dieser Gruppierung in Preußen besiegelt fein und es nunmehr dort, ebenso wie im Reiche, zur Bildung einer bürgerlichen Rechtskoalitton kommen würde. Die erwartet« Auswirkung des volksparteilichen RechtSabmarscheS scheiterte indessen an dem Verhalten des Zentrums, das seinen preu« ßischen LinkStrumpf nicht aus der Hand geben wollte. So blieb es bet einem politischen System in Preußen, daS der Sozialdemokratie unter ständiger Beihilfe des Zentrums und der Demokraten ermöglichte, die Stellung der bürgerlichen Retchsregierung durch fortgesetzte Quertreibereien aller Art. insbesondere aber durch übelwollende Vorstöße und Ab» stimmungen im Retchsrat auSzuhöhlen und zu erschüttern. Es kann von keiner Seite ernstlich bestritten werden, daß gerade die unaufhörliche Feindseligkeit der sozialdemokratisch beherrschten Preußenregierung wesentlich dazu beigetrage» hat, bte Krise im Reichs und das vorzeitige Reichstagsende herbeizuführen. Auf Grund dieser Erfahrung sah sich die Deutsche Volkspartet bewogen, ihre Teilnahme an der Großen Koalition im Reiche an die Bedingung zu knüpfen, daß bie^ selbe Kombination auch in Preußen verwirklicht würde. Wenn schon ein verhältnismäßig so festes Gebilde» wie eS die verflossene bürgerliche ReichSregterung war, durch die Intrigen der preußischen Wetmarleute in ihren Grundsesten wankend gemacht werden konnte, so leuchtet ohne weitere» ein. wieviel weniger Widerstandsfähigkeit gegen preußische Htntertreppenpoltttk eine in ihrer ganzen Struktur so sehr brüchige Große Koalition zu entwickeln vermöchte. Die Deutsche BolkSpartet hat aus dieser Erkenntnis bte richtige Folgerung gezogen, indem ste ihre Forderung nach einer doppelten Großen Koalition aufstellte. Die Antwort, bte der preußische Ministerpräsident Braun darauf erteilt hat, ist be- zeichnend für den Stärkegrad der reinen Parteimachtpoltttk, welche die Sozialdemokratie betreibt. Zuerst hatte Herr Braun wenigstens bas allgemein gehaltene Zugeständnis ge macht, baß die vreußtsche Staatsregierung „zu gegebener Zeit" der Frage nähertreten werde, ob sich die Preutzenkoalition durch den Htnzutritt der Deutschen BolkSpartet erweitern lasse. Dann aber wurde ihm offenbar von Partei wegen er. öffnet, daß er -uweit entgegengekommen sei, und so erfolgt«