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Schönburger Tageblatt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Annahme von Inseraten für die nächster- schemende Nummer bis vormittags 11 Uhr. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. SS Pf. Einzeln- Rrn.b Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., Emges. 20 Pst tabellarischer Satz wird doppelt berechnet. ««d Filialen: in Altstadtwaldenburg bei Herrn Kaufmann Otto Förster: in Kaufungen bei Herrn Fr. Janaschek; in Langenchursdorf bei Herrn H. Stiegler; in Penig bei Herrn Wi^elm Dahler, Tigarrengeschäft an der Brücke; in Rochsburg bei Herrn Paul Zehl; in Wolkenburg bei Herrn Ernst Rösch«; i« Ziegelheim bei Herrn Eduard Kirsten. —Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. — Zugleich weit verbreitet in den Städten Pe«ig, Lunzenau, Lichteusteiu-Callnberg, und in den Ortschaften der nachstehmden Standesamtsbezirke: Mtstadt-Waldenburg, Bräunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen« leuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Wölkenburg und Ziegelheim. 9. Donnerstag, den 12. Januar 1899. Witteruugsbericht, ausgenommen am 11. Januar, nachm. 4 Uhr. Barometerstand 7K7 mm. reducirt auf den Meeresspiegel. Thermometerstand 4- 5" 0. (Morgens 8 Uhr 4- 2" 0.) Feuchtigkeitsgehalt der Luft nach Lambrechts Polymeter 64"/o. Thaupnukt — 1,; Grad. Windrichtung: Süd. Daher Witterungsausstchten für den 12. Januar: Meist wolkig mit Neigung zu Niederschlägen. "Waldenburg, 11. Januar 1899. Frankreich geht einer ernsten Zeit, wenn nicht dem Bürgerkriege entgegen. Unterdessen benutzt die englische Regierung die inneren sranzösi chen Wirren, Frankreichs Ansprüchen überall entgcgenzutreten; so in der Faschoda- Angelegenheit, so in Shanghai, so in der Neufundland frage. Neuerdings kommt nun auch die Madagaskar- froge hinzu. Die letzten Pariser Blätter führen in ihren Besprechungen des englischen Blaubuches über Madagaskar aus, England scheine entschlossen zu sein, gegen Frank reich Krieg zu führen, dieses müsse daher für seine Ver- theidigung Vorbereitungen treffen. Ob England sich in der That mit solchen Plänen trägt, ist mit Sicherheit nicht zu beurthcilen. Jedenfalls aber geht es darauf aus, Frankreich unter den Druck möglicher kriegerischer Verwickelungen zu stellen, um seine Forderungen, sei es in der Neufundland-Frage, sei es bezüglich Madagaskars oder noch anderer zwischen den beiden Westmächten schwebender Streitfragen durchzusetzen. In der Angelegenheit der Ausdehnung der französischen Concession zu Shanghai hat England obgesiegt. Nach einer Meldung der „Times" aus Philadelphia theilte der amerikanische Gesandte in Peking dem Staatssekretär telegraphisch mit, daß infolge des von dem amerikanischen und dem britischen Gesandten erhobenen Einspruches die chinesische Regierung sich weigerte, der Forderung Frank reichs aus eine Ausdehnung seiner Jurisdiction in Shang hai nachzukommen. Die „Times" begrüßten den be friedigenden Ausgang der Shanghai-Angelegenheit mit Freude, doch fügen sie hinzu, daß, wenn auch der Plan Frankreichs gescheitert sei, deshalb die übrigen Nationali täten mit ihrem Plan «och keinen Erfolg hätten. Sie hoffen, daß Deutschland und Japan England in der Shanghai-Angelegenheit unterstützen werden. Im Zusammenhang mit der Zuspitzung der englisch- französischen Beziehungen gewinnen die Meldungen über russische Rüstungen eine erhöhte Bedeutung. In Sewa stopol soll bekanntlich in den Schiffswerften eine fieber hafte Eile herrschen, die Zahl der im October und No vember dem Heere und der Flotte eingercihtcn Mann schaften soll die der früheren Jahre weit übertreffen, ferner sollen Verflärkungstruppen so schnell wie möglich nach dem fernen Osten gesandt und die Besatzungen an der russisch-türkischen Kaukasusgrenze kürzlich vermehrt worden sein. Die besonderen Verhältnisse Rußlands lassen eine Prüfung dieser Meldungen auf ihre Richtig keit nicht zu, allein es liegen durchaus keine Gründe vor, ihnen irgend welche Zweifel entgegenzubringen. Die Situation Frankreichs gegenüber den englischen Drohungen ist um so bedenklicher, als es, wie schon an- gedeutet, dieser Pression zu einer Zeit unabsehbarer Wirren ausgesetzt ist. Die Annahme, daß die Be- schreitung des geordneten Rechtsweges zu einer Beruhigung der Gcmüther führen werde, hat sich als völlig trügerisch «wiesen. Der Sonntag bedeutet nach all den Mel dungen, die bis zur Stunde vorliegen, für die Ent- Wickelung der inneren Verhältnisse Frankreichs einen «nsten Wendepunkt. Die einzige Autorität, welche bis dahin allem Ansturm Stand zu halten schien — der höchste Gerichtshof — hat durch ein Pronunciamento des Präsidenten einer Kammer desselben, Quesnay de Beaurepaire, in seinem Ansehen eine schwere Erschütterung «fahren. Der Justizminister erhielt ein Schreiben Quesnay de Beaurepaire's, in welchem dieser seine De mission wegen cingetretencr Meinungsverschiedenheiten, detreffend die vom Caffationshof eingeleitete Untersuchung giebt. Im „Echo de Paris" veröffentlicht Quesnay de Beaurepaire eine Erklärung, in welcher er sagt, er habe als Chauvinist und ehemaliger Soldat schwer darunter gelitten, daß die Strafkammer des Cassationshofes sich gegen die Armee zu Gunsten von Verräthern vergaß. Es seien arge Unregelmäßigkeiten vorgekommen. Er habe die Untersuchung verlangt, dieselbe sei jedoch nie mals ernst gewesen. Der Präsident der Straskammer des Cassationshofes, Loew, und der Berichterstatter Bard hätten ihn beschuldigt, daß er seinen Collegen denuncire. Er habe dem Justizminister eine neue Erklärung über sandt, jedoch keine Antwort erhalten. Dagegen sei die osfic öse Note veröffentlicht worden, welche eine Recht fertigung Bard's enthielt. Darauf habe er seine De mission eingereicht. Er habe in der Dreysussache dieselben Manöver wahrgenommen, wie in der Panama-Affäre. Am Schluffe der Erklärung sagt Beaurepaire, man werde jetzt endlich durch seine unerbittlichen Enthüllungen die Panama-Geschichte kennen lernen, deren Opfer er gewesen sei; er werde die Unrichtigkeit der osficiösen Note über den Zwischenfall Bard-Picquart darlcgen. Er werde, was auch immer geschehen möge, seine Sache gerecht vertheidigen und die Nichtigkeit deS bevorstehenden Ur- theileS der Kriminalkammer beweisen, er werde die Armee und deren Führer sür die Unbilden rächen, welche sie schweigend ertrügen und er werde ebenso wenig wie im Jahre 1870 vergessen, daß das Vaterland in Gefahr sei. Wie in Paris verlautet, hätte Quesnay de Beau repaire vom Justizminister Lebret verlangt, daß nunmehr die drei vereinigten Kammern des Cafsationshofes über die Revision entscheiden sollten. Das Verlangen sei ab gelehnt worden. Begreiflicher Weise erregt der Vorgang in Frankreich ungeheuere- Aussehen. Selbstverständlich ist auch schon ein chauvinistischer Abgeordneter mit einer Interpellation über die Gründe des Rücktrittes Beaurepaire's bei der Hand. Die Wirkung des Vorganges Angesichts des ausgespeicherten Zündstoffes kann äußerst vcrhängnißvoll werden. Findet sich jetzt nicht der entschloßene Mann, den die Situation verlangt, so kann der aufgiflogene Funke ganz Frankreich in Brand setzen. Potttische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser besuchte Montag Abend den türkischen Botschafter in Berlin und betheiligte sich sodann an einer Tafel bei dem Staatssekretär v. Bülow. Zugegen waren ferner der italienische und der russische Botschafter. Der Kaiser, der in bester Stimmung war, unterhielt sich sehr lebhaft. Am Dienstag machte Se. Majestät einen Spaziergang und hörte die Vorträge der drei Chefs des Civil-, deS Militär- und des MarinekabinetS. Am heuti gen Mittwoch wohnt der Monarch einem Festgottes dienst für das Kaiser Franz Garde-Grenadierregiment Nr. 2 bei und nimmt eine Parade über das Regiment im Berliner Lustgarten ab. Dem jüngsten Besuch Kaiser Wilhelms bei dem französischen Botschafter in Berlin wird große Be deutung belgemeffen. Er stehe mit der abermaligen Zu spitzung der Beziehungen zwischen Frankreich und Eng land im Zusammenhang. Nach einer Berliner Depesche des Pariser „Figaro" bedeute der Besuch das Vorzeichen einer beginnenden Verständigung über wirthschastliche und koloniale Fragen, namentlich über die Erhebung von Einfuhrzöllen in den von den europäischen Mächten be setzten Gebieten in China. lieber den Empfang des Reichstagspräsidiums beim Kaiser haben die „Elberf. N. N" einen nach träglichen Bericht veröffentlicht. Da derselbe in erster Linie Mitthcilungen über Acußerungen brachte, die der freisinnige zweite Vicepräsident Schmidt aus Elberfeld über die bei allen Parteien des Reichstags herrschende gleiche nationale Gesinnung und dynastische Anhänglich keit, sowie über die Stellung der Parteien zur Militär- vorlage gethan haben sollte, so wurde der Bericht auf Herrn Schmidt selbst zurückgeführt. Nun erklärt Herr Schmidt, daß er zu dem Artikel in keinerlei Beziehungen stehe, und daß die m demselben gegebenen Schilderungen ebenso unrichtig und entstellt sind, wie die den Betheilig ten, so auch ihm in den Mund gelegten Aeußerungen. Gelegentlich der Eröffnung des Dortmund-Ems kanals wird der Kaiser die erstgenannte Stadt be suchen. Der Tag ist noch nicht bestimmt. Der Kaiser wird den ganzen Tag in Dortmund sein und beim Grafen Bodelschwingh als Gast weilen. Von hier be- giebt der Monarch sich nach Esten zum Besuch bei Ge« heimrath KlUpp. Der frühere Reichscommistar sür Deutsch-Ostafrika s)r. K. Peters verläßt dieser Tage England und be- giebt sich nach Südafrika. Neben den auf die Auf findung werthvoller verkäuflicher Metalle gerichteten Be strebungen wird die Aufmerksamkeit besonders auf die Erwerbung geeigneter Plantagenländereien und auf die Besiedelung gerichtet sein. Gouverneur Lieber theilte in einer neuerlichen Ver sammlung der Kolonialgesellschaft in Berlin mit, daß in Ostasrika der Bau einer Eisenbahn über Kilesta nach dem Nyassasee und dann weiter bis an den Süd« punkt des Tanganykasees durch die Unterstützung deut scher Finanz'eutc gesichert sei. Der Gouverneur stellt sich auch als Verfechter der Auswanderung und der Ansiedelung von deutschen Bauern in Ostafrika hin. Das Land biete so reiche Erträge, daß viele Tausende durch Ackerbau ihren Lebensunterhalt finden und durch Viehzucht sogar zur Wohlhabenheit gelangen würden. Daß der deutsche Außenhandel ein so gar glänzen des Bild biete, wird von der „Deutschen Tagesztg." bestritten. Wenn auch die Vermehrung der deutschen Aussuhr im verflossenen Jahre um mehr als 25 Millionen Mark an sich erfreulich sei, so sei sie doch vcrhältniß» mäßig nicht allzu bedeutend. Vor allen Dingen komme es darauf an, wie ihre Vermehrung sich zu der Ver mehrung der Einfuhr stelle, und da lasse sich schon heute mit Bestimmtheit sagen, daß sich unsre Handels bilanz wieder wesentlich verschlechtert haben wird. Die Besetzung der Carolinen-Jnseln durch Deutsch land wird dem Londoner „Standard" zufolge unmittel bar auf die Unterzeichnung deS spanisch-amerikanischen Friedensvertrages erfolgen. Osficiell könne der Besitz- Wechsel nicht angezeigt werden, so lange Amerika noch nicht formell Friede geschloffen habe. Die Abmachung zwischen Deutschland und Spanien sei aber fertig. Der Preis, den Deutschland zahle, belaufe sich auf einige Millionen. Amerika hindere diese Abmachungen nicht, da ihm der Besitz von Guam genüge. Nach weiteren Londoner Nachrichten habe der deutsche Consul auf Samoa erklärt, Deutschland werde Vavao, die frucht barste der Tongo-Jnseln, in Besitz nehmen, wenn nicht die Tongo-Regierung die privaten Schulden der Eingeborenen an die deutsche Handelscompagnie bezahle. Die Tongo-Regierung bestreitet die Verantwortlichkeit, weil das Creditgeben an die Eingeborenen gesetzwidrig