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Nummer 202 27. Jahrgang «rtchetnl »mal wkchentl. mit den tllulte. «rattSbetlagen .Dl« »ell» und »Für imler« kitinen Leute», sowie de» rexideilagen ,«t, Benno-Blatt». .Unterhaltung und Wissen». .Die Weit der Frau», .Aerztlicher Ratgeber^. Da» gute Buch» .Pstlmrund- «au». Monatlicher v«,ng»dret» S Mt. etnscht. Bestellgeld. Gtnjelnmnmer 1« « Sonnabend- u. Sonnlagnummer »« 4. Hauplschrtstletter- De.«. D»«e,t,k. Dresden. LachMe Mittwoch, S. September 1S28 VerlagSor» r Dresden Sln,»tge»dr«Is«l Dte 1 gespaltene Petttz-tir !»<» «. ^amtllen« an,eigen ».Stellengesuche SV4. Dte Petitrellawezelle. Mmm breit. 1 FNr Anzeigen außerhalb des «erbreltungSgebtete« 40 4. die Petitr-Namezeile 1.»«^. Offertengeb.S« Im Fall, höherer lSewal« erlischt sede Berpsltchtung aus Lieserung lowt« Erfüllung v. Anzeigen.AustrSgen u. LeisNmg d. Schadenersatz» LeschSstltcher Teil: Art»« Lenz. Dresden. volksseiluna Geschäftsstelle, Drucku.Berlag- Germama. A^-G. für Verlag und Dnukeret.fsiltale Dresden, DreSden.?I.I. Polterstratze l?. sternru«2lvl2. Bostlchecklonto Dresden M Vnaus onto «tadtban, Dresden 1>r g,7,g Für christliche Politik und Kultur Redakttou DreSden-AUstadl der Sächsischen VolkSzettuna > t. Polterstrahe 17. sser»ru> 207l> und rintü. Nur erst FormaMAen Die Eröffnungssitzungen -er neunten ordenkticheu Dölkerbundsversammlung Keine RSumungsdebatte im Plenum? ^v.». Genf, 8. September. Die 9. ordentliche Versammlung des Völkerbund«; hat am heutigen Morgen gegen 11 Uhr ihren Anfang genommen. Genf steht im Zeichen des großen Tages. Die Hotels am Genfer See zeigen die Flaggen der in ibnen wobnenden Delegationen Unter großem Andrang des Publikums fand die Auffahrt der Delegationen vor dem schon historisch gewordenen Reformationssaal statt. Dieser Saal, der zwar räumlich zureichender ist als der Eartensaal des Rates vor seiner Ver größerung, ist für die Bundestagung sorgfältig in Bereitschaft gesetzt worden, aber der Aufwand kann nicht die Unzulänglichkeit ch>d Unschönheit dieses Raumes verwischen, welcher die er lauchteste politische Versammlung der westlichen Hemisphäre zu beherbergen hat. Den Platz des Vorsitzenden nimmt der finnische Außen minister Pr 0 c 0 pe ein. Ihm assistiert der Generalsekretär Sir Eric Drummond. Zirka 409 Delegierte aus 89 Staaten der Welt haben im Plenum Platz genommen. Die Pressetribünen find überfüllt, zirka 399 Vertreter der Weltpresse aus aller Herren Länder folgen von der Estrade herab den Vorgängen im Reformationssaal. Auch die Publikumstribünen sind über füllt; zum großen Teil von Angehörigen der Delegierten, wäh rend das Genfer Publikum geringeres Interesse an dem schon gewohnten Schauspiel zeigt. Die I n t e r n a t i 0 n a l i t ä t d e r Atmosphäre kommt darin sinnfällig zum Ausdruck, daß fast 190 Asiaten und Afrikaner im Saale anwesend sind, ungerechnet die Vertreter indo-iberischer Staaten. Mit einiger Verspätung eröffnet Procope dte Ver sammlung. Er gedenkt der verstorbenen Delegierten, Leon Bourgois, Jshii und Lord Balfour, bedauert das Fernbleiben Stresemanns und Chamberlains, die durch ihren Gesundheits zustand am Erscheinen verhindert sind. Er geht dann auf die Ziele des Bundes ein und hebt hervor, daß sich die Arbeit des selben heute bereits auf fünf Kontinente erstreckt. Unter dem Beifall der Versammlung begrüßt er das Verbleiben Spaniens im Völkerbunde und spricht die Hoffnung aus, daß Brasilien und andere lateinische Staaten bald zurllckkchren möchten. Die Mitarbeit Argentiniens wird lobend erwähnt, ferner stellt er fest, daß Mexiko eine Annäherung an den Bund vollzogen habe, durch seine Anmeldung zur nächsten Mrtschaftskonferenz. Er warnt vor Ungeduld bezüglich der Erfolge des Bundes «nd erwähnt die Leistungen desselben in dem letzten Arbeits jahr. Er betont die deutsche Initiative in der Eicherheitsfrage und spricht die sachlich wohl kaum be gründete Hoffnung aus, daß die AbrSstungsbemühungen in Zu kunft bessere Früchte tragen würden. Er begrüßt den Kel- loggpakt als eine neue Garantie des Friedens und dankt «nter dem Beifall der Versammlung Kellogg und Briand für »hre Initiative. In einer halbstündigen Pause erfolgt die Prüfung der Voll machten. Bei der darauffolgenden Wahl des Präsiden ten der S. Bundesversammlung wird mit 44 von 59 Stimmen der dänische Gesandte in Berlin, Minister Zahle, gewählt. Dieser dankt für seine Wahl und schlägt vor, Sympathietele gramme an Stresemann und Lhamberlain, sowie an die fran zösische Regierung anläßlich des tragischen Unfalls Bokanowskqs und des Haager Schiedsgerichtspräsidenten Weiß zu senden. Die Sitzung wird um 12.4S Uhr geschlossen. Erste Unterredung Mver-vrland Eens, 3. September. Kurz vor Beginn der Vollversammlung fand im Vor raum des Nesormationssaales eine viel beachtete längere Unterredung zwischen Reichskanzler Müller, Außen minister Briand und Staatssekretär von Schubert statt. Die Staatsmänner unterhielten sich längere Zeit sehr eingehend. Dies ist die erste Begegnung zwischen dem Reichskanzler Müller und Briand in Genf. Es besteht allgemein der Eindruck, daß bereits in dieser Unterredung weitere Verhandlun gen in Aussicht genommen worden sind. Der Präsident der Vorbereitenden Abrüstungsbommission, der holländisch« Gesandte in Paris, L 0 nd 0 nhat an den Präsi denten der Vollversammlung, Zahle, ein Schreiben gerichtet, in de», er den Antrag stellt, die Abriistungs- und Sicher- heitssragen nicht in den Generaldebatten der Vollversammlung zu erörtern, sondern sogleich der dritten Kom mission zu überweisen und sodann lediglich den Kommissions bericht über die Abrlistungssragen in der Vollversammlung zur Debatte zu stellen. Die Vollversammlung hat dem Antrag Lon dons Zustimmung erteilt. In den Delegiertenkreisen ist jedoch starke Mißstim mung wegen diesem Vorgehen zu bemerken, da man hierin offensichtlich den Versuch sieht, die Behandlung der Abrüstungs- frage der allgemein erwarteten scharfen Kritik in der Vollver sammlung zu entziehen und die Abriistungs- und Sicherheits tragen auf dem Wege der Kommissionsberatungen einer all gemeinen Aussprache zu unterziehen. In jedem Fall wird das Abrllstungsproblem in der dritten Kommission, in der sämtliche Delegierte vertreten sind, in breiter Weise aufgerollt werden. Man sieht allgemein mit großer Spannung den kom menden Abrüstungsdebatten entgegen, da nach der gegen wärtigen Lage der Dinge es sich hierbei um die v e r w i ck e l st e Frageder gegenwärtigen Genfer Völkerbundsversammlungen handelt. Eine Sitzung -es Dölkerbun-srales Genf, 4. September. Ter Völkerbundsrat trat Montag nachmittag zu einer kurzen geheimen Sitzung zusammen, in der beschlossen wurde, den Professor an der Genfer Universität Rappard zum Präsidenten der internationalen Konferenz für Statistik zu ernennen, die für November nach Genf ein- beruten worden ist. Ferner wurde der Holländer Needer- brecht zum Mitglied des beratenden Wirtschaftskomitees des Völkerbundes ernannt. Des weiteren beschloß der Rat, dem be sonderen Ratskomitee für die Prüfung der Baupläne des n e uen Völkerbundspalastes den Auftrag zu erteilen, die bisherigen Arbeiten in der gleichen Richtung sortzusetzen und dem Bölkerbundsrat Bericht erstatten. Calles baut ab? Mexiko reif zur bürgerlichen AUUelskan-sregierung 7 (Drahtbericht unseres Vertreters. I.. London, 3. September. Nach ausführlichen Berichten über di« Prästdentenrede zur Eröffnung des mexikanischen Kongresses erklärte Calles, daß er nicht nur unter keinen Umständen über den 1. Dezember hinaus im Amte bleiben werde, sondern entschlossen sei, über haupt niemals wieder für den Prästdentschaftsposten zu kandidieren; aber er werde sich nicht aus der Politik zurück ziehen. Mexiko ist nach seiner Auffassung heute reif, von der Militärdiktatur zur bürgerlichen Mittelstand», regierung überzugehen. Der Tod Obregons habe zwar «in« schwer« politisch« Krise herbeigeführt, aber der Mangel an geeigneten Persönlichkeiten «rleichtere heute den Verzicht auf diktatorische Regierungssormen. Lalle» forderte die Armee zur Neutralität auf und befürwortete die Zu lassung von Minderheiten zum Kongreß, selbst wenn sie gegen- revolutionären Zielen nachstreben sollten. Die auswärtigen Beziehungen Mexikos, insbesondere zu den Vereinigten Staaten seien zum ersten Male seit sieben Jahren normal und freundschaftlich. Die deutsche, die eng lische und die französisch« Entschädigungskommissionen hätten mit ihren Verhandlungen begonnen und die amerikanische «erde ihre Arbeit in den nächsten Tagen aufnehmen. Eine Ausnahme bilde Italien, dessen Beziehungen zu Mexiko unter den Rückwirkungen des Religionsstreites litten. Dies und ähnlich« Beschwerden über Kirchenpropa ganda in zahlreichen Ländern einschließlich England sind nach den vorliegenden Berichten das einzige, was Calles zu dem Religlonskrieg sagt. Der offizielle Teil seiner Red« enthält u. a. noch eine von Calles nicht »erlesene Uebersicht über die Tätigkeit de» Innenministeriums, i» der die amtlich« Unterstützung der Versuche protestantisch«» Kirchen, t« Mexiko Fuß zu fassen, unterstrich«« wirb. Reichsbahnzuschüsse sür die Gemeinden Das Gesetz über die gegenseitigen Bestelle- rungsrechte des Reiches, der Länder und der Ge- meinden vom 11. August 1925 bestimmt im Paragraph 8, daß neben den der Ausführung öffentlicher Gewalt dienenden Reichsbetriebe (Werften, Munitionsfabriken), der Reichest- und der Branntwein-Monopolverwaltung des Reiches auch die Bahnhöfe, Werkstätten sowie ähnliche Einrichtungen der Reichsbahngesellschaft auf Anforderung den Wohngemeinden ihrer Arbeitnehmer Zuschüsse zu deren Verwaltungsaufwand zu leisten haben. Als Verwaltungsaufwand kommt in Betracht nach Para- graph 9 desselben Gesetzes die fortdauernde Ausgabe der Wohngemeinden für alle Verwaltungszweige, für Bolks- schulwesen, Wohlfahrtspflege, Wohnungsbau und bauliche Unterhaltung der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze, Voraussetzung für die Gewährung der Zuschüsse ist, daß i» den Gemeinden die Zahl der Arbeitnehmer der Bahn betriebe einschließlich der Haushaltsangehörigen nach der letzten Personenstandsaufnahme mehr als 5 v. H. der Zivilbevölkerung beträgt. Durch diese Bestimmung, die bereits in ähnlicher Form durch das Reichsbesteuerungs gesetz von 1911 erlassen war, will das Reich denjenigen G«. meinden, die infolge der hohen Zahl der in ihnen wohnen- den Eisenbahner besonders hohe Ausgaben haben, ein« finanzielle Erleichterung bringen. Daß die Zahl der Eisen bahner und damit die Höhe des Verwaltungsaufwandes auch in den Landgemeinden besonders hoch ist, ergibt sich aus einer statistischen Erhebung des Preußischen Land gemeindetages West, in die rund 400 Landgemeinden, und zwar je 200 in der Rheinprovinz und in Westfalen, ein bezogen sind. Die Zahl der in Betracht kommenden Arbeit nehmer und deren Haushaltsangehörigen beläuft sich in der Rheinprovinz auf rund 70 000, in der Provinz Westfalen auf rund 50 000. Die Gesamtsumme der Ver waltungsausgaben im Sinne des Paragraph 9 Absatz 1 des Reichsbesteuerungsgesetzes beträgt für das Rechnungs jahr 1925 über 20 Millionen Reichsmark in der Rhein provinz und über 13 Millionen Reichsmark in der Provinz Westfalen. Der Prozentsatz der Eisenbahner gegenüber der Zivilbevölkerung bewegt sich zwischen 10 bis 30 Prozent. Besonders stark belastet sind die Land- - gemeinden in verkehrsreichen Gegenden, insbesondere die jenigen mit größeren Rangierbahnhöfen. Hier sind Fälle vorhanden, in denen die Einwohnerschaft zu 40 Prozent und mehr aus Eisenbahnern besteht und die bis zum Jahre 1916 einen jährlichen Verwaltungszuschuß der Eisenbahn erhalten haben von 40—50 000 Mark im Jahre, dessen Fort fall sich umso bemerkbarer macht, als in vielen Gemeinden demgegenüber der Verwaltungsaufwand infolge der großen Arbeitslosigkeit- sowie auch der hohen Steigerung der Schullasten u. a. m. eine unerträgliche Höhe erreicht hat. Bemerkenswert ist, daß das Neichsbesteuerungsgesetz schon seit August 1925 in Kraft ist und daß die in Betracht kommenden Eisenbahnergemeinden aber bis jetzt noch keinerlei Zuschuß erhalten haben. Das kommt daher, daß die Reichsbahngesellschaft sich von allem An. fang an die in Paragraphen 8—10 des genannten Gesetze» begründete Zuschußverpflichtung a b g e l e h n t-hat unter Berufung auf den Paragraph 14 des Reichsbahngesetzes vom 30. August 1924. Hier ist bestimmt, daß jede Steuer, die für die Reichsbahn am 12. Februar 1924 nicht vor handen war, als sogen, neue Steuer abzulehnen sei. Da die Reichsbahn die im Neichsbesteuerungsgesetz von 192Z vorgesehenen Zuschüsse an dem genannten Termin nicht zu bezahlen brauchte, seien diese Zuschüsse als neue Steuer zu bezeichnen und damit abzulehnen. Merkwürdigerweise hat sich das auf Grund dieser Wei gerung der Reichsbahn angerufene Schiedsgericht» das für alle Streitfälle zwischen Reichsbahn und Reichs regierung in Frage kommt, auf den Standpunkt der Reichsbahn gestellt. Demgegenüber hat aber das Preußische Oberverwaltungsgericht eine für die Gemeinden günstige Stellung einge nommen und entschieden, daß die genannten Zuschüsse keine neue Steuer darstellten und daher von der Reichsbahn an die Gemeinden zu zahlen feien. Infolge der ablehnenden Stellungnahme der Reichs bahn und der dadurch erforderlich gewordenen unaufhör- lichen Verhandlungen zwischen Reichsregierung und Reichs bahn hat sich naturgemäß die Hergabe der zu den 88 8—10 des Reichsbesteuerungsgesetzes erforderlichen Ausfüh rungsbestimmungen hinausgezogen. Als die Reichsregierung glaubte, daß die Ver handlungen vor dem Abschluß ständen, hat der Reichs minister der Finanzen, um die Regelung zu beschleunigen, einen Referentenentwurf der Ausführungsverordnung zu den 88 8—10 ausgearbeitet. Das war um so erforderlicher, al, durch di« lanae Dauer d«r Verhandlungen in de«