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Sonntag. Nr. 142 — 21. Juni 1837 Die Zeitung erscheint mit Ausnahme de« Sonntags täglich Nachmit tag« für den folgenden Tag. Deutsche Allgemeine Zeitung. Preis für das Bierteljahr 1^, Thlr.; jede einzelne Nummer 2 Ngr. «Wahrheit llvd Recht, Freiheit und Gesetz!» Zu beziehen durch alle Postämter de« In- und Auslandes, sowie durch die Expedition in Leipzig (Querstraße Nr. 8). Jnfertionsgjebühr für den Raum einer Zeile 2 Ngr. ' Deutschland. Preußen, —r Berlin, 19. Juni. Die Erklärung der Oesterrei- chischen Corrcspondenz, daß in der holstein-lauenburgischen Ange legenheit Oesterreich und Preußen vollkommen einverstanden Hand in Hand vorwärtsschreiten, wird hier aus mehr als einem Grunde willkom- mengchcißen. Erstlich setzte sie das dänische Cabinet noch zur rechten Zeit — sie fallt in die Zeit zwischen den Staatsrathssitzungen vom 10. und vom 13. Juni — davon in Kenntniß, daß es sich in großem Jrrthum befinde, wenn es in Bezug auf die Holstein-lauenburgische Frage Differenzen zwi schen Preußen und Oesterreich voraussetze, auf welche hin es ungescheul in der Unterdrückung der Herzogthümer weitergehcn könnte; zweitens sagt sich Oesterreich dadurch von jeder Politik los, welche die Vertretung der dä nisch-deutschen Herzogthümer mit ihrem Interesse fremden Planen in Ver bindung bringt. Wenn Dänemark durch die österreichische Erklärung eine mächtige Mahnung bekommt, den Herzogthümern nicht blos formell, son dern auch materiell gerecht zu werden, soweit es irgend möglich ist, so er fahren die übrigen Mächte dadurch, daß eine etwa von ihnen intendirte In tervention in der zwischen Dänemark und Deutschland schwebenden Frage die entschiedenste Zurückweisung zu gewärtigen hat. Beides kann unter deq gegenwärtigen Umständen nur wohlthätig wirken, denn cs läßt sich nicht leugnen, daß die weitverbreitete unglückliche Ansicht, als ob Oesterreich nicht in allem Ernste und mit ganzem Herzen für die dcusschen Interessen in den Herzogthümern kämpfe, sondern sie blos als Mittel für andere Zwecke betrachte, ebenso sehr Dänemark zu seinen Uebcrgriffen ermuthigen als die nichtdeutschen Großmächte zu einer ungehörigen Intervention geneigt ma chen mußte. Das Eine wie das Andere wird aufhoren, wenn Oesterreich auch in seinen Handlungen zeigt, daß eS ihm mit seiner letzten Erklärung strenger Ernst gewesen ist. ^Berlin, 19. Juni. Es sind in diesem Augenblick einige Processe bei uns in her Schwebe, die für die Presse und den Buchhandel von der größten Bedeutung sind. Ein Roman von einem Schriftstel ler Namens Heßlein ist hier in dem „Verlags-Magazin" erschienen und alsbald nach seinem Erscheinen polizeilich confiscirt worden. Der .hie sige Buchhändler Julius Springer hatte von dem betreffenden Roman zwei Exemplare auf Lager, die er dem Polizeibcamten, welcher ihm, wie den übrigen hiesigen Buchhändlern, die Beschlagnahme anzeigte und sich dabei, wie bei dergleichen Gelegenheiten üblich, nach vorhandene« Exemplaren er kundigte, milgab. Wie aus einer Erklärung des Hrn. Springer hervorgeht, hat derselbe zu dem confiscirten Buche in keinem andern Verhältnisse ge standen als eben in dem gewöhnlichen, in welchem jeder Sortimenter zu einem ihm zugesandten neuen Buche und dessen Verleger zu stehen pflegt. Glcichwol soll nun aber wie gegen den Verleger so auch gegen Hrn. Sprin ger der Proceß eingelcitct worden sein. Hr. Springer hat die betreffenden zwei Exemplare also nur auf dem Lager und nur solange auf dem Lager gehabt, bis ihm die polizeiliche Beschlagnahme angezcigl wurde. Es fragt sich demnach, ob nicht blos der Verleger, sondern auch der Sortiments- buchhändlcr für den Inhalt einer als strafbar erkannten Schrift verant wortlich sein soll, und zwar, wohlverstanden, unter den vorbezeichneten Um ständen Wenn ein solches Princip aufgestellt werden sollte, so müßte der Sortimentsbuchhändler jedes neue Buch lesen, um zu prüfen, ob dasselbe möglicherweise rin Gegenstand zur Beschlagnahme sein könne. Das aber wäre von Seiten des Buchhändlers eine Unmöglichkeit, und cs handelt sich deshalb in dem vorliegenden Fall geradezu um eine Lebensfrage für den Sortimentsbuchhandel. Man sieht darum dem weitern Verlauf dieses Pro- ccsses, namentlich in buchhändlerischen Kreisen, mit Spannung entgegen. Ein anderer Proceß von Interesse ist gegen den Redacteur des Publicist, Hrn. Thiele, eingrleitet worden. Das Interesse betrifft hier indessen nicht sowol den Proceß als die Form, unter welcher der Proceß eingeleitet wor den. Ein Polizeibeamter in Barmen hat sich von einem Artikel im Pu blicist getroffen gefühlt und deshalb Klage erhoben. Hr. Thiele ist infolge dessen vor das Landgericht zu Elberfeld geladen worden. Nun ist es bis- jeht üblich gewesen, daß ein Proceß gegen einen Nedactcur immer in der Stadt angestrengt wird, in welcher derselbe seinen Wohnsitz hat. Wenn das jetzt dahin geändert werden sollte, daß ein Redacteur, wenn ein Preß- proceß gegen ihn schwebt, zu seiner Verantwortung sich nach dem Gerichts- fprengel begebt« müßte, in welchem Derjenige, welcher den Proceß gegen ihn angestrengt, seinen Wohnsitz hat, so wäre das ohnehin nicht benei- denSwerthe Amt eines Redactsurs in der That noch um ein Erkleckliches mehr erschwert. Hr. Thiele hat sich gestern nach Elberfeld begeben, um, well hwrzu seine persönliche Anwesenheit nöthig ist, den Principaleinwand zu erhebe«, daß man den betreffenden Proceß vor allen Dingen nicht in Elberfeld, sondern in Berlin, wo sein Wohnsitz sich befindet, gegen ihn verfolgen möge. Ueber einen dritten interessanten Prcßproceß, in welchem das Verlangen der Behörde, die Zeit, in welcher die polizeilichen Pflicht exemplare abzuliefern seien, beschränken und nach Belieben bestimmen zu wollen, von Seiten des Gerichtshofs zurückgewiescn wurde, haben die Blätter bereits berichtet. — In Massow ist jüngst Kirchenvisitation gewesen. Ein dortiges Gcmeindemitglied hat bei dieser Gelegenheit den Antrag ge stellt, daß Dienstboten und Lehrlinge, welche den Sonntagsgottesdienst nicht besucht hätten, Mittags nur Schwarzbrot erhalten sollten. Der General superintendent Jaspis soll diese Bitte durch die Bemerkung befürwortet haben, daß wer am Sonntagsgottesdienst nicht thcilnehme, auch an der Sonntagsmahlzeit nicht theilzunehmen brauche. Die Protestantische Kirchen zeitung, welche das hübsche Geschichtchcn mittheilt, bemerkt dazu: „Massow ist eine Stadt in Hinterpommern." — Die berliner Stadtverordnetenversammlung hat sich in ihrer Sitzung am 18. Juni nach einer langen lebhaften Debatte mit 33 gegen 31 Stim men für die unbedingte Aufhebung der Wuchergesehe ausgesprochen. — Am 17. Juni fand in Berlin die Generalversammlung der Mitglieder des dasigen Gustav-Adolf-Vereins statt. Dem Kassenbericht über das Jahr 1856/57 zufolge war das Stammcapital bis auf die Höhe von 10,000 Thlr. gebracht worden und der Verein befand sich dennoch in der Lage, 4400 Thlr. an verschiedene Gemeinden des Vaterlandes zu versen den. 368 Gemeinden hatten die Hülfe des Vereins nachgcsucht, darunter allein 331 aus Preußen. Elberfeld, 17. Juni. Die Arbeitseinstellung der hiesigen Fär ber dauert noch fort. Sowol hier wie in der Schwesterstadt Barmen feiern bereits die Fabriken volle zwei Lage und sendet keiner der gewaltigen Ka mine mehr Rauch aufwärts. Ist die Uebercinstimmung unter den Arbei tern auffallend, so ist die Ordnung unter denselben doch musterhaft zu nen nen, welche sie unter sich aufrechlhaltcn, mit welcher sie Trunkenheit und Ungesetzlichkeiten jeder Art verhüten. Man sieht sie in Gärten oder Feld beschäftigt, oder in Fcierkleidern umhcrwandeln, oder sich über ihre Angelc- genheilen besprechen. Die Polizei, welche Unruhen besorgte, war aus allen Punkten der Stadt verstärkt, um sogleich jedem Eingriff in das Eigen thum, jeder Gcwaltthat entgcgcnzulretcn; indessen ist uns kein Fall bekannt geworden, daß sie hätte einschreiten müssen. Schon gestern Abend wax vpn Seiten der vereinigten Fabrikhcrren den Arbeitern das Anerbieten gemacht worden, den Arbeitslohn halbjährig auf 10 Thlr. (den durchschnittlichen Micthpreis für eine Färberwohnung) zu erhöhen; allein dieses Entgegen kommen hat bis dahin keine Folge gehabt, da die Färber einstimmig wö chentlich 1 Thlr. mehr verlangen. Noch sind wenig Anzeichen vorhanden, daß der Zwist sich beilege. (Frkf. I.) Aus dem Bergischen, 17. Juni. Die Arbeiterbewegung in Elberfeld scheint auch auf die Arbeiter unserer Eiscngewcrke nicht ohne Ein fluß zu bleiben, und wir schcn demgemeß auch hier einer Arbeitseinstellung entgegen. (Frkf. I.) Baiern. München, 16. Juni. Die Vorstellung des Kirchenvorstandes der protestantischen Gemeinde hier an das Oberconsistorium (die avgs- burgcr Petition war dircct an den König gerichtet) enthält nach einer sehr ein gehenden Darstellung und Motivirung das folgende Petitum: „Es wolle einem königlichen Oberconsistorium gefallen, die allerhöchste Bewilligung dazu zu erwirken: 1) daß die Anzahl der weltlichen Abgeordneten zur Ge° neralsynodc der Anzahl der Geistlichen wieder gleichgestellt und 2) daß den Diöcesansynodcn die Wahl der weltlichen Abgeordneten aus allen weltlichen Kirchenmitgliedern des Dckanatsbezirks, welche die zu einem Kirchenvor stande erfoderlichcn Eigenschaften besitzen, freigegeben werde." Die Vor stellung schließt mit den Worten: „Da wir, eingedenk des biblischen Spruchs «Lasset Alles ehrlich und ordentlich zugehen» (1. Kor. 14, 40), nur Das wünschen und begehren, was zunächst noththut und nach unserer pflicht- mäßigen Ucbcrzcugung recht und billig ist, so geben wir uns der Hoffnung hin, keine Fehlbitte gelhan zu haben." (Nürnb. C.) Württemberg. Der Art. 4 der Vereinbarung mit der römischen Curie (vgl. Nr. 141) lautet: Zur Leitung seiner Diöcese wird der Bischof die Freiheit haben, alle jene Rechte auSzuüben, welche demselben in Kraft seines kirchlichen Hirtcnamts laut Erklärung oder Verfügung der heiligen Kirchengesctze nach der gegenwärtigen vom Heiligen Stuhl gutgeheißenen Disciplin der Kirche gebühren, und insbesondere a) alle Pfründen zu verleihen, mit Ausnahme von jenen, welche einem rechtmäßig erworbenen Patronatsrecht unterliegen; K) seinen Generalvicar, die außerordent lichen Mitglieder des Vrdinariats sowie die Landdckane zu erwählen, zu ernennen, beziehungsweise zu bestätigen; o) die Prüfungen für die Aufnahme in das Scmi- narium und für die Zulassung zu Scelsorgerstcllen anzuordnen, auszuschreiben und zu leiten; <I) den Klerikern die heiligen Weihen zu erthcilen, nicht nur auf die be stehenden kanonischen, sondern auch auf den von ihm selbst anzuweiscnden Lisch- titel hin; o) nach den kanonischen Vorschriften alles Das anzuordnen, was den Gottesdienst, die kirchlichen Feierlichkeiten und diejenigen Rcligionsübungen betrifft, welche die Aufweckung und Befestigung des frommen Sinns der Gläubigen zum