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WHeritz-Mmlg Anzeiger für Dippoldiswalde «nd Umgegend. 71. Jahrgang. Sonnabend, den 18. Februar 1905. Nr. 20. D°ut'ma V-rl-, OM Carl J-W- m Dtzv-M-w-ld^ Mtt land« «nd haruwirtschastlicher Nonats-Beilag«. VeranlworÜichrr Vedallteur: Paul Ivhne» — Mit achtseittgE „SUnstrierten Anterhattnngsblatt". W Pfg., zweimonatlich S4 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern W Pfg. — All« Postan- ßalten, Postboten, sowie unsere Austräger nehmen Bestellungen an. - — , , —... Amtsblatt für die Königlich- AmtslMptmmnschnst, das Königlich- Amtsgericht und dm Stadirnt zu DipMiswalde. vr« »Meiheritz-Zritung^ «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend und wird an den vorhergehen- oenAbenden ausgegeben. Preis vierteljährlich 1M. Jnlerat«, welche bei der bedeutenden Auslage de» Blattes -ine sehr wirk same Verdrehung sinder, werden mit 12 P'g., solch« aus unserer Amtshauvt- mannschast mit 10 Pfg. die Spaltzeile oder deren Raum berechnet. — Ta- bellarische und kompli zierte Inserate mit ent brechendem Aufschlag. — Eingesandt, im redakti» nellen Teile, die Spalten zeile 2V Pfg. Auktion. Sonnabend, den 18. Februar d. 2., mittags 12 Ahr, soll in vroüüisL ein ksdrrLü (Weltrad mit Zubehör) öffentlich gegen sofortige Barzahlung meistbietend versteigert werden. Sammelort der Bieter: Büttners Gasthof. Dippoldiswalde, am 16. Februar 1005. , ... o 67/05. Der Gerichtsvollzieher des König!. Amtsgerichts. Der Ausgang des westfälische» Berg- arveiterstreiks. Der große Streik der Bergleute des Ruhrkohlengebiets kann im allgemeinen als wieder beendigt betrachtet werden, nachdem er etwa drei Wochen gedauert hat. Die Streiken den haben durch ihre Arbeitsniederlegung nichts erreicht, sie müssen also zu den alten Bedingungen weiter arbeiten. Dies klägliche Ende des Ausstandes lieh sich allerdings schon voraussehen, denn er entbehrte von Anfang an der notwendigen finanziellen Grundlage; wenn die Streikenden einen Erfolg erzielen wollten, so hätte ihre Kasse weit, weit besser gefüllt sein müssen, als dies tatsächlich der Fall gewesen ist. Einige Hitzköpfe dringen allerdings trotz des Fehlens des nervus rerum auf die Fortsetzung des Streikes, aber die große Masse der Streikenden sah doch das Törichte eines solchen Unternehmens ein und kehrte nach und nach zur Arbeit zurück. Auf einer großen An zahl von Zechen sind die Belegschaften in alter Stärke wieder angesahren. Nach dem „Reichsanzeiger" waren auf verschiedenen Zechen bereits am Sonnabend die regel mäßigen Schichten wieder eingerichtet, auf anderen sollten sie bis Montag eingeführt werden. Da viele Strecken zu Bruch gingen, kann eine ganze Reihe Bergleute vorläufig keine Beschäftigung finden, und darauf sind wohl in der Hauptsache die durch die Tagesblätter gegangenen Nach richten von angeblich massenhaften Abkehrungen zurück zuführen. Den Leuten, die mit Rücksicht auf die Gruben- verhältnisse vorläufig notwendigerweise zurückgewiesen werden mußten, wurde Aussicht auf demnächstige Wieder aufnahme gemacht. Wenn nun allerdings auch der Berg arbeiterstreik m Westfalen den Streikenden keine Erfüllung ihrer Forderungen gebracht hat, so ist durch ihn doch immerhin wenigstens das eine erreicht worden, daß die preußische Regierung zu ihrer dem Landtage nächstens zu gehenden Gesetzvorlage, betreffend die Novelle zum Berg gesetz, veranlaßt worden ist, welche wenigstens einigen der seitens der Streikenden erhobenen Beschwerden ab helfen will. Am besten wäre freilich eine reichsgesetzliche Regelung der Berggesetzgebung, doch ist an eine solche wohl kaum zu denken. Sache der Zechenverwaltungen aber ist es, nachdem sie bei der Machtprobe gegenüber ihren Arbeitern Sieger geblieben sind, denselben nunmehr entgegen zu kommen und deren Los aus freien Stücken nun etwas, zu erleichtern, besonders, da das hochmütige Verhalten der vereinigten „Grubenbarone" gegenüber den Streikenden seitens der öffentlichen Meinung Deutschlands sehr mißfällig vermerkt worden ist; den Grubenherren des Ruhrreviers muß in der Tat daran gelegen sein, sich vor der Öffentlichkeit zu rehabilitieren. Außerdem liegt in einem Eingehen auf die Wünsche der Bergleute, wenn auch nur in einem beschränkten Rahmen, eine gewisse Bürgschaft dafür, daß die Bergleute nicht so bald zu einem neuen Streik schreiten werden, die Verhinderung eines solchen aber liegt gewiß im allgemeinen Interesse, haben wir doch gesehen, wie bedenkliche Folgen schon der kurze Streik der westfälischen Bergleute zeitigte. . Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Das königl. Landstallamt Moritz burg veranstaltet auch in diesem Jahre am 14. April hier eine Stutenmusterung und Fohlenschau mit Prämiierung. — Am Mittwoch fand im Rathaussaale das dritte Abonnements-Konzert statt, in welchem Herr Stadt musikdirektor Jahn wiederum aufs trefflichste zeigte, daß seine jungen Musiker durch regen Fleiß auch den Preis einer wohlgelungenen Musikaufsührung mit Bewältigung selbst schwieriger Aufgaben davonzutragen vermögen. Mit vielem Glück hatte er als Solistin Frl. Erika Engelhardt- Dresden geworben, die bei Orchesterbegleitung eine Sopran-Arie aus „Wilhelm Teil" und bei Herrn L. Müllers Klavierbegleitung vier Lieder mit schöner, Heller Stimme, künstlerischen Tonfiguren und tertgemäß wechselnder Ton stärke zur größten Befriedigung der Zuhörerschaft zum Vortrage brachte. — Auf die Jahre 1903/04 ist vom Dippoldis- walder Ephoralverein zur Fürsorge Strafent lassener Folgendes zu berichten: I. Den einzelnen Pfarr ämtern sind nach deren Anzeige 61 Entlassene in den beiden Berichtsjahren überwiesen worden. Von diesen haben 33 in ihren Überweisungsorten Arbeit gefunden, 3 sie aber gleich wieder verlassen, 8 haben sich nach aus wärts gewendet um Arbeit zu finden, 5 waren nur vor übergehend im Orte, ohne sich ernstlich um Arbeit zu be mühen, 8 haben sich weder beim Pfarrer noch beim Pfleger gemeldet, 7 sind in den Überweisungsorten gar nicht angekommen. 2. Dem Beruf nach waren unter den Entlassenen 6 Handarbeiter, 11 Dienstknechte, 6 landwirt schaftliche Arbeiter, 1 Fabrikarbeiter, 13 Handwerker, 1 Gutsbesitzer, I Wirtschaftsbesttzer, 2 Waldarbeiter, 4 Dienst mädchen, 2 Ehefrauen, 1 Schulvikar, bei 12 ist kein Be ruf genannt, I ist als Gewohnheitsverbrecher bezeichnet. 3. Das Urteil lautet bei 18 Entlassenen gut, l hat sich gut geführt, trinkt aber in letzter Zeit wieder, 5 haben sich nicht gut geführt, 3 zogen wieder vagabondierend in die Welt, 1 beging gleich nach der Entlassung ein neues Sittlichkeitsverbrechrn, 4 werden als arbeitsscheu bezeichnet, 3 als Trinker, 3 jugendliche gingen zu ihren Angehörigen, die eine Ehefrau zu ihrem Ehemann. Von den übrigen fehlt jedes Urteil und jede Nachricht. — An Jahresbei trägen wurden vom Ephoralverein je l 5 M. der Arbeiter kolonie, Frauenheim Borsdorf und Tobiasmühle bewilligt. Einige Entlassene erhielten Unterstützungen aus Vereins mitteln. 5. Das Vereinsvermögen betrug am Jahresschluß 1904 589 M. 44 Pf., zinsbar angelegt in der Sparkasse zu Dippoldiswalde. s» — Von einem Arzt wird folgendes geschrieben: „An den Begräbnissen, welche bei ungünstigem Wetter statt finden müssen, sollten alte und schwache Personen, ebenso zarte Frauen und Kinder überhaupt nicht teilnehmen, da gegen ist es Pflicht aller, welche Leichen nach dem Fried höfen begleiten, sich gegen die üblen Einflüsse zu schützen. Es dürfte zu solchen Zeiten, ohne der Würde des Aktes Eintrag tun zu wollen, auch von dem Abnehmen der Kopfbedeckung bei Erteilung des Segens, wie es vielfach noch zu finden ist, abzuraten sein. Daß bei Sturm und Wetter die Gesundheit der Beteiligten sehr gefährdet ist und nach Kräften geschützt werden muß, versteht sich von selbst. — Von den 244000 M. Hypotheken, mit denen der Gasthof Briesnitz belastet war, fielen bei der Zwangs versteigerung 72500 M. aus. — Folgendes Vorkommnis bildet gegenwärtig das Gesprächsthema in Limbach bei Chemnitz. Dort wurde im Sommer 1902 ein etwa 30 Jahre alter Geschäfts mann F. plötzlich irrsinnig und verübte einen Selbstmord versuch, indem er sich mit einem Messer Schnitte in den Hals und die Handgelenke bsibrachte und außerdem zwei Kugeln in den Kopf schoß. Schwerverletzt wurde er in das Stadtkrankenhaus eingeliefert, wo er nach einem aber maligen Selbstmordversuch zwar körperlich hergestellt wurde, aber geistig krank blieb. In diesem Zustande sollte der Mann plötzlich — heiraten. Die Geliebte Fs, dessen Ver mögen man auf 160 000 Mark schätzte, glaubte sich ver pflichtet, den Kranken pflegen zu müssen und wollte das Verhältnis durch den Bund der Ehe geheiligt wissen. Nachdem auch der damalige Krankenhausaczt beglaubigt hatte, daß der mit zwei Kugeln im Kopfe krank danieder liegende Mann geistig normal sei, fand eines Abends unter Hinzuziehung der erforderlichen Zeugen im Kranken haus die Trauung statt. Die Geliebte, eine Fräulein Th., war also Frau F. geworden. Als der Krankenwärter den jungen Ehemann einige Minuten später fragte, ob er wisse, was mit ihm passiert sei, antwortete der Kranke: „Ich war nicht im Laden unten." Die junge Flau F. nahm sich natürlich nunmehr des Geschäfts an, bis die Verwandten ihres immer noch im Krankenhaus befind lichen Ehemannes die Gültigkeit der Ehe anfechten ließen. In der Verhandlung vor dem Landgericht Chemnitz, das die Ehe für ungültig erklärte, wurde festgestellt, daß der inzwischen verstorbene Arzt den Kranken am Tage der Trauung gar nicht gesehen hatte. Die junge Frau, die zur Bestreitung ihrer persönlichen Bedürfnisse bis zur Be endigung des Prozesses aus dem Vermögen ihres Mannes monatlich 100 Mark erhielt, beruhigte sich nicht bei dem Urteil und so kam die Sache vor das Oberlandesgericht. Dasselbe hat jedoch das Urteil der Vorinstanz bestätigt. Nun ist der als unheilbar geisteskrank in der Anstalt Zschadraß untergebrachte F. wieder Junggeselle und die junge Frau F. wieder ein Fräulein Th. — Zwei Monate Gefängnis unschuldig verbüßt hat der Schmiedemeister Jungnickel in Griesbach. Dieser sollte bei einer Schlägerei beteiligt gewesen sein; im Wieder aufnahmeverfahren wurde Jungnickel freigesprochen. — Gegen anonyme Eingaben, deren Zahl leider nicht nachläßt, wendet sich die Amtshauptmannschaft in Döbeln mit folgender Bekanntmachung: In letzter Zeit sind der Königlichen Amtshauptmannschaft und dem Amts- hauptmcmn wiederholt anonyme Zuschriften und Anzeigen zugegangen. Wenn der Anzeigende nicht den Mut hat, seine Mitteilung mit seinem Namen zu vertreten, fehlt in der Regel jede Möglichkeit zu sachdienlichen Erörterungen. Andererseits werden von der Königlichen Amtshauptmann schaft die Namen derjenigen, die ihre Aufmerksamkeit auf irgend welche Üoelstände gelenkt haben, nicht ohne Not bekannt gegeben und auf Wunsch völlig geheim gehalten. Es wird deshalb hierdurch zur öffentlichen Kenntnis ge bracht, daß auf anonyme Anzeigen nichts verfügt wird. — Bravo! — Infolge der Glätte stürzte eine 62jährige Witwe in Zittau auf der Straße und zog sich einen Schädel bruch zu, so daß sie binnen wenigen Minuten eine Leichs war. Reichstädt. Nächsten Dienstag, den 2l. Februar, wird Herr Missionar Müller aus Deutsch-Ostafrika im Oberen Gasthofe hier einen Vortrag halten über seine Er lebnisse und Erfahrungen im Lande und unter den Leuten in dieser deutschen Kolonie. Der Vortrag, der abends 8 Uhr beginnen soll, wird besonders auch für die Land wirte interessant sein, da er vieles über die dortigen Boden verhältnisse und den Anbau des Landes bieten wird. Alle Freunde der Missionssache, Männer und Frauen, jung und alt werden zu recht zahlreichem Besuche dieses Vor trages eingeladen. Schmiedeberg. Ein Schüler der hiesigen einfachen Volksschule wurde nach der am 13. und 14. Februar ab gehaltenen Prüfung, die er teils gut, teils sehr gut be stand, am Königlichen Seminar zu Dresden-Friedrichstadt ausgenommen. Außer ihm waren nur noch 3 in Volks schulen vorgebildet und zwar in Stetzsch und in Blasewitz. Von den übrigen Aufgenommsnen hatten ihre Vorbildung genossen: 2l in Dresdner Bürgerschulen, 17 in Bezirks schulen, 4 in der Seminarschule, je 1 im Gymnasium, im Ehrlich'schen Grstift und in der Handelslehranstalt zu Dresden und 1 in der Realschule zu Radeberg. 15 mußten wegen Raummangels und 9 wegen unzureichender Leistungen zurückgewiesen werden. Lin Teil der Ange meldeten war im Hinblick auf die Ergebnisse einer mit ihnen veranstalteten Vorprüfung und die weniger günstigen Zeugnisse zurückgewiesen worden. Glashütte. Laut Abrechnung der Schönfelder-Eschke- Stiftung auf das Jahr 1904 konnten in diesem Jahre 2115 Mk. 40 Pfg. für wohltätiae Zwecke zur Verwen dung kommen. Stiftungsgemäß wurden 675 Mk. zu Schulgeldbsihilfeu und der Restbetrag zur Unterstützung hiesiger Armer verwendet. Glashütte. Obgleich in diesem Winter keine Thrater- gesellschaft hier Vorstellungen gibt, so ist doch mehrfach Gelegenheit geboten, ein Theaterstück zu sehen, da ver schiedene unserer zahlreichen Vereine Aufführungen veran stalten. So erfreute auch der im vorigen Sommer ge gründete „Schwimmverein" seine Mitglieder und zahlreiche Gäste zu seinem am Sonntag in „Stadt Dresden" abge haltenen Wintervergnügen durch ein gut aufgeführtes Theaterstück. — Am vorigen Sonnabend wurde hier wieder ein neuer Verein gegründet, ein „Arbeitergesangvecein", welchem sofort über 30 Mitglieder beigetreten sind. — Bei der am 15. d. M. hier stattgefundenen Rekcutenaushebung von hier und Umgegend sind 25 Pcoz.