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Dresdner Journal : 03.12.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-12-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190212037
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19021203
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19021203
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-12
- Tag 1902-12-03
-
Monat
1902-12
-
Jahr
1902
- Titel
- Dresdner Journal : 03.12.1902
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^-28U vez«»»-rtt«: Beim Bezüge durch die Keschtsieftelke iuuer-akv Z>re»den» 2,so M. (nnschl. Zittragung), durch die im Deuli>i>rn Reiche S M. (autschlicßlich Bestellgeld) vierteljährlich. Tiazeloe Nummern 10 Pf. Wird Zurücksendung der für die Schnstleitung bestimmten, aber von diefer nicht ein» geforderten Beiträge Kean» sprucht, fo ist da» Postgcld beizufügea. Herausgegeben von der Königl. Expeditton des Dresdner Journals, Dresden, Zwingerstraße 20. — Fernspr.-Anschluß Nr. 1295. Dresdner Journal. Mittwoch, den 3. Dezember nachmittags ^rfcheinenr Werktag» nachm. 6 Uhr. — Originalberichte und Mitteilungen dürfen nur mit voller Quellenangabe nachgedruckt werden. 1902 vnküu»i«>i„»«e»übren: Die Zeile kleiner Schrift der 7 mal gespaltenen Ankündi- gunaS-SeUe oder deren Raum 20 Pf «ei Tabellen- und Zisfernlatz S Pf Ausschlag sür die Zeile Untern, Ne- daktion-strich (Eingesandt) die Lextzeile initiier Schrift oder veren Raum so Ps. Siebühren»Ermäßigung bei üsterer Wiederholung Annahme der Anzeigen bi» wittag» 12 Uhr sür tue nach, mittags erjcheinendeNv.nmer Ämtlicher Teil. Dresden, 26. November. Se. Majestät der König haben dem bisherigen Schulvorstandsvorsitzenden in Großbauchlitz, Gutsbesitzer Georg Gustav Oehmichen das Verdienstkrcuz zu verleihen Allergnädigst geruht. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Bahnwärter a. D Michel in Kottmars- dorf das Allgemeine Ehrenzeichen zu verleihen. Dresden, 27. November. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Oberschenk Kammerherr Graf v. Einsiedel- Reibersdorf das von Sr. Durchlaucht dem Erb prinzen zu Hohenlohe-Langenburg, Regent des Herzog- thumS Sachsen-Coburg und Gotha, ihm verliehene Komturkreuz 1. Klasse des Sachsen - Ernestinischen Hausordens annehme und trage. Ernennungen, Versetzungen re. im öffent lichen Dienste. Im Geschäftsbereiche des Ministeriums der Finanzen. Bei dem Finanzministerium ist befördert worden: Reimann, zeither Büreauassistent, zum Sekretär. Im Geschäftsbereiche des Ministerium» deS Innern. Bei dem Landgendarmerife-Korpss: pen- sionirt: Gendarme Schmidt in Bergen und Schindler ll in Leutzsch; versetzt: Gendarm Lehmann III in Brand nach Bergen, Gendarmerie-Brigadier Kuchar in Rabenstein nach Brand, Gendarm Schulze III in Auerbach nach Raben stein, Gendarm Müller VIll in der Brigade Seidau als Distriklsgendarm nach Auerbach, Gendarm Sixtus in Stolpen nach Reichenau, Gendarm Triltzsch in Niederbobritzsch nach Stolpen, Gendarm Karisch! in Erlbach nach Niederbobritzsch und Gendarm Beyer ll in der Brigade Oberplanitz als Distriktsgendarm nach Erlbach; augestellt: Bizefeldwebel Matt hie als Gendarm in der Brigade Seidau und Vize- wachlmeister Hedrich als Gendarm in der Brigade Ober- planiy. — Bei der Polizeidirektion zu Dresden: ver storben: Stadtgendarm Hustig; pcnsionirt: Stadtgendarm Schmidt VI. Im Geschäftsbereiche »es Ministeriums »e- Kultus u. öffeutl. Unterrichts. Zu besetzen. Die Schulstelle zu Jugelsburg b. Adorf. Koll.: Die oberste Schulbehörde. Einkommen außer fr. Amtswohnung u. Garten nutzung insges. 1375 M., wozu b a w. SSO M f. Ueberst. treten Bewerbungen m. allen erfordert. Unterlagen (ev. auch Nachweis über Militärdienst) bis 22. Dez. an Bezirksschul Inspektor vr. Gäbler, Oelsnitz i. B. (Behördl Bekanntmachungen erscheinen auch im Anzeigenteile.) Nichtamtlicher Teil. Keichstag uu- Sozialdemokratie. ES steht nunmehr fest, daß die Mehrheit des Reichstages, die sich auf den Antrag Kärdorff ver einigt hat, fest entschlossen ist, ihn zum Beschlusse zu erheben und sich weder durch Ausbrüche der Leiden schaft, noch durch obstruktioiiistische Quertreibereien in diesem Entschlusse beirren zu lassen. Es wird daher zwar noch manche Kämpfe, vielleicht auch widerwärtige, mit der Würde des Reichstages unvereinbare Lärm- sccnen geben, aber der positive Abschluß der Zoll tarifkampagne wird sich nicht mehr verhindern lassen und bald von dem Reichstage herbcigeführt werden, der unter dem Zeichen der Neuordnung unserer Zoll- und Handelsverhältnisse nach Ablauf der geltenden Handelsverträge gewädlt worden ist. Denn in dem unter Miquels Aegide ergangenen, auch von dem Fürsten Bismarck unterschriebenen Aufrufe zur Sammlung der Anhänger des Programms gleich ¬ mäßigen Schutzes aller Zweige der nationalen Arbeit vom 11. März 1898, wird ausdrücklich darauf hin gewiesen, daß der im Sommer desselben Jahres neu zu wählende Reichstag über den zeitgemäßen Ausbau unseres Zolltarifs zu beschließen haben werde, und daß demzufolge von dem Ausfälle der nächsten Reichstagswahlen die Durchführung einer nationalen Wirtschaftspolitik abhänge. Damals gelang die Sammlung nur zum Teil, weil das Zentrum aus parteipolitischen Gründen seine Mitwirkung versagte und manche Nationalliberalcn ab seits blieben. Jetzt aber hat sich im Reichstage der damals erstrebte Zusammenschluß der ganz über wiegenden Mehrheit beider konservativen Fraktionen, des Zentrums und der Nationalliberalen vollzogen, und es ist daher die Parteikonstellation herbeigeführt worden, die Fürst Bismarck in seiner letzten großen Reichstagsrede zum Jnvalidenversicherungsgesetz mit prophetischem Blicke als die Vereinigung der staats erhaltenden Kräfte voraussagte. Sie ist wesentlich dem ostentativen Versuche der Sozialdemokraten zu danken, dein Reichstage ihren Willen aufzuzwingen und ihn zum Spielballe ihrer Agitationsinteressen hcrabzuwürdigen. Das liegt in der Natur dieser revolutionären Partei; ihr Verhalten gegenüber der Zolltarifvorlage ist keine durch die besonderen Ver hältnisse des Falles hervorgerufene Ausnahme, sondern die einfache Konsequenz ihrer grundsätzlichen Be kämpfung unserer Staats- und Rechtsordnung, nament lich des unter dem Hohenzollernhausc geeinigten Deutschen Reichs. Es würde daher ein Zeichen politischer Kurzsichtigkeit sein, wenn die Mehrheits Parteien des Reichstages genug gcthan zu haben glaubten, daß sie durch Verabschiedung der Zolltarif vorlage das sozialdemokratische Attentat auf das Mehrheitsprinzip abgewchrt haben. Sie müssen sich vielmehr, wie die „Neue pol. Korresp." mit Recht betont, zur dauernden Bekämpfung der Sozialdemo kratie zusammenschlicßen und diesen Zusammenschluß zunächst bei den nächsten Reichstagswahlen gegen die Sozialdemokratie wirksam werden lassen. Aber noch eine weitere unabwendbare Aufgabe erwächst der Mehrheit des Reichstages. Tie Sozial demokratie bedroht nicht bloß die Freiheit des Be schlusses, sondern auch selbst die Redefreiheit und jegliche Ordnung Das sind nicht minder Attentate gegen die Existenzbedingungen des Reichstages, wie die Vergewaltigung der Mehrheit durch eine obstru ierende Minderheit. Will man im Reiche die bestehende konstitutionelle Staatsform erhalten, so muß man die Disziplinargewalt des Präsidenten so stärken, daß er die Redefreiheit wirksam schützen und seinen Anordnungen Gehorsam verschaffen kann. Die Sozialdemokraten haben bereits einmal eine Ver schärfung der Disziplinarbestimmungen der Geschäfts ordnung notwendig gemacht, aber bei deren Bc schließung hat man an Ausschreitungen, wie sie in den letzten Tagen vorgekommcn sind, nicht gedacht und nicht denken können und demzufolge auch keine Mittel zu ihrer Verhinderung vorgesehen. Jetzt kann man nicht umhin, den Präsidenten mit so umfassenden Befugnissen auszustatten, daß er die Ordnung auf- rechtcrhalten und die Ruhe und Freiheit der Verhand lungen gewährleisten kann. Man wird angesichts des revolutionären Geistes, der aus dem Gcsamtverhaltcn der Sozialdemokraten spricht, vor einschneidenden Maßnahmen nicht zurückschrecken dürfen. Es handelt sich um die Existenzmöglichkeit des Reichstages in der in der Reichsfassung vorgesehenen Gestalt, also um die Erhaltung wichtiger Teile der Verfassung des geeinten Deutschlands. Der Reichstag hat daher nicht bloß das Recht, sondern auch die unabweisbare Pflicht, durch Verstärkung der Disziplinargewalt des Präsidenten dafür zu sorgen, daß die Ordnung in seinen Verhandlungen wiederkehrt. Vie Sotschaft -es Präsidenten Noosevelt. Dem Kongresse der Vereinigten Staaten von Amerika, der am gestrigen Tage zu Washington zusammengctretcn ist, hat Präsident Roosevelt eine Botschaft zugehen lassen; sie ist die zweite seiner Amtsführung. Der Präsident behandelt in ihr be sonders eingehend die Kartellbildungen sowie andere wirtschaftliche Fragen und nimmt zu den Schwierig keiten, in denen sich die venezolanische Republik augenblicklich befindet, Stellung. Die bedeutsame Kundgebung klingt in der Versicherung aus, daß dem Weltfrieden von keiner Seite Gefahr drohe. Zu Beginn der Botschaft heißt es folgendermaßen: Wir befinden uns noch immer in einer Periode unbegrenzten Gedeihens. Als Volk haben wir eine große Rolle in der Welt gespielt und sind entschloßen, unsere zukünftige Rolle zu einer noch größeren zu machen. Die Ereignisse der letzten vier Jahre haben zum guten oder schlimmen entgiltig entschieden, daß unser Platz unter den großen Nationen sein muß. Selbst wenn wir wollten, könnten wir eine kleine Rolle nicht spielen, aber unser Volk sieht der Zukunft hochgemut und entschlossenen Willens entgegen. Unser Bekenntnis ist nicht das des Schwäch linga und des Feigen; es ist das Evangelium der Hoff nung und des siegreichen Bemühens. Wir schrecken nicht vor bevorstehenden Kämpfen zurück. Wir haben eS mit großen Problemen im Auslande und mit noch größeren daheim zu thun, aber wir können sie wohl lösen. Der gegenwärtige hohe Stand unserer materiellen Wohlfahrt ist die Folge der über ein Jahrhundert währenden Entfaltung wirtschaftlicher Kräfte, unserer Gesetze, unserer beständigen Politik und vor allem der hohen durchschnittlichen Eigenschaften der Bürger." Der Präsi dent verweist sodann auf die mit der weiten Verbreitung des Wohlstands verbundene Ansammlung großer Ver mögen und sagt weiter, natürlich sei mit so vielem Gutem auch vieles Ueble groß geworden, an dessen Beseitigung mit Geduld und praktischen Verstände gegangen werden solle. Die Erfahrung eines Jahres, fährt der Präsident fort, habe bewiesen, daß die von ihm in seiner letzten Botschaft vorgeschlagenen Maßnahmen sich empfehlen. Ungeachtet der Unverletzlickkeit des Eigentums müßten '' -.rbündc und namentlich Vereinigungen von Verbänden der Regelung durch öffentliche Vorschriften und der nationalen Aufficht unterworfen werden. Sie seien nicht zu beseitigen, sie seien im Gegenteil eine unvermeidliche Entwickelungsform des modernen In dustrialismus und ihre Vernichtung nur unter äußerster Schädigung des ganzen politischen Gemeinwesens möglich. Die Vereinigungen sollen nicht angegriffen, sondern nur alles in ihnen enthaltene Ueble beseitigt und eine solche Regelung getroffen werden, daß sie dem öffentlichen Wohle diencm Bei der Regelung müsse dafür Sorge getragen werden, daß große Unter nehmungen, die eine Herabminderung der Produktions kosten erzielt haben, nicht getrennt, daß der Platz, den das Land in der Führung der internationalen industri ellen Welt gewonnen habe, nicht aufgegcben werde. Der Präsident betont sodann, daß eine der wichtigsten Auf gaben des Kongresses die Regelung des Handels zwischen den Staaten der Union sei. Bionopole seien ungerecht und den freien Wettbewerb schädigend oder verhindernd. Kraft der Befugnis des Kongresses, den Handel mit fremden Nationen und unter den Staaten der Union zu regeln, können die mit der Trustbildung in Verbindung stehenden Uebel und die den inneren Handel schädigen den Betriebsmaßnahmen verhindert werden. Wenn es sich als unmöglich erweisen sollte, durch ein Gesetz in diesem Sinne die erwähnte Aufgabe zu lösen, so sollte man vor einer Abänderung der Verfassung, um die dazu nötige Befugnis zu schaffen, nicht zurückschreckcn. Durch eine Herabsetzung des Zolltarifs Kunst und Wissenschaft. Von den Berliner Theatern. Berlin, 2. Dezember. Tie hiesigen Theater huldigen alle dem Grundsatz vsiisti» «lolootat, und weil ihr Spiclplan abwechselungs reich ist, so weisen ihre täglichen Kassenrapportc ver gnügliche Ergebnisse auf Der Fremdenstrom, der zur Zeit wieder über Berlin zieht, trägt wesentlich dazu bei, alle unsere Theater und Theaterchen allabendlich zu füllen. Das Kleine Theater „Schall und Rauch", Unter den Linden, in dem zwar nicht geraucht werden darf, wo aber in letzter Zeit sehr oft der Schall des Beifalls des Auditoriums zu hören war, hatte auch mit seiner letzten Neuheit Glück. Die Tragikomödie „Ackermann" von Viktor Holländer und Lothar Schmidt erwies sich wiederum als ein Schlager. Der fein empfindende Romanschriftsteller Holländer hat sich hier mit dem auf Bühnenwirkung wohl cingearbeiteten Lothar Schmidt zusammcngethan, und dem Produkt dieser Doppelarbeit muß man zugestehen, daß es GutbeobachtetcS und Menschlichwahres in seinen engen Rahmen zu spannen vermochte. Der alte von Geiz und übler Menschen erfahrung knochen- und seelentrockene Ackermann, der «inen anderen um sein LebenSglück bringen muß, um es sich selbst zu verschaffen, wird folgerichtig um dieses betrogen Emanuel Reicher in der Titelrolle entfesselte mü seiner lebenswahren, zündenden Darstellung stürmischen Benall. Die Nachwirkung der Wahnsinns scene des letzten Aktes, die das Stück beschließt, fesselte das Publikum noch minutenlang vor der Bühne, und Rciä»r wurde immer wieder hervorgeklatscht. Fm „Neuen Theater" wurde jüngst ein (an dieser Stelle bereits erwähntes) meraktlges Stück, cm Volks stück ncnnt's der Verfasser, „Der Gemeine" von Felix Salten mit starkem Erfolge gegeben. Es ist recht unterhaltsam, in frischen und oft recht anschaulichen Farben gemalt. Wenn man erzählt, daß Joseph, der Gemeint, seine Braut Marie, die Brettjsängerin, auf dem Zimmer seines Vorgesetzten und Leutnants trifft und die ungetreue Maid spontan erschießt, so hat man eigentlich die ganze Handlung skizziert. In tüchtiger Charakterisierung erhebt sich der Vicraktcr zu gutem Ge lingen, und die wirkungsvolle Beobachtung der Scencn auf dem Kaserncnhofe und die gelungene Schilderung der Volkssänger-Bohöme vertieft diesen Eindruck. Dar stellung und Regie sind sehr eindrucksvoll und gewandt. Das „Lessing-Theater" bleibt nicht zurück. In absehbarer Zeit wird es ein neues Werk Blumenthals und Kadelburgs bringen, und jüngst brachte cs unter vielem Beifall ein drciaktiges Schauspiel von Henri Bernstein „fte Velour-, das in der Uebersetzung Annie Neumann-Hofers „Jack" heißt Das Stück behandelt eine Art „Avette-Motiv": Das Schicksal eines Mädchens, das wie Pvcttc — bekanntlich eine Figur Maupassants — eine Größe der Halbwelt zur Mutter hat. DaS „Königl. Schauspielhaus", das mit Wildenbruchs „König Laurin" noch immer gute Erfolge aufzuweisen hat, wird in absehbarer Zeit drei Werke Friedrich Hebbels: „Michel Angelo", „Der Rubin" und „Demetrius", die der modernen Bühne fast ganz entfremdet sind, zur Aufführung bringen. Die Witwe Friedrich Hebbels richtete an den Königl. Lber- regiffeur Mar Grube ein Schreiben, in dem sie betont, daß durch die Anerkennung, die das Königl. Schauspiel haus sämtlichen dramatischen Dichtungen Hebbels zu teil werden läßt, jetzt bereits das in Erfüllung gehe, was ihr Gatte, wie er ihr gegenüber wiederholt ausgcdrückt, erst hundert Jahre nach feinem Tove erwartete. Im „Belle-Alliance-Theater", dem neuerftande- ncn, gastiert eine Münchener Truppe mit einem zweiten Wiener Polksstück „Die Schrocdcrischen". Hans Schrotenbach heißt der Verfasser. Jahrelang soll dieses Werk im Theaterarchiv gelegen haben, bis der Wiener Liebling, Girardi, darin für sich eine gute Rolle entdeckt haben soll. Die Berliner sind sanft geworden, auch dieses Stück findet sein Auditorium, trotzdem cs stark nach der guten alten Zeit schmeckt. Seine Figuren: ein biederer Landpfarrer von großem Edelmut, dessen Bruder, einer der jetzt so mit Recht beliebten Betrüger, die von dem Vertrauen anderer leben, ein leichtsinniger Neffe und Sohn und ein liebes braves Ziehtöchter lein. In mehreren Ansätzen, will sagen, Akten, verzehrt man auch dieses „Wiener Schnitzel" mit Gesundheit. Im „Theater des Westens" setzt Francesco d'Andrade sein Gastspiel fort, und im Königl. Opernhaus" wird am 18. Dezember, dem Geburtstage Webers, die Oper „Euryanthe" unter der Leitung von Richard Strauß gegeben werden. Das „Zentral-Theater" serviert allabendlich ein gutmundendes Getränk „Madame Sherrys" prickelnde Weisen klingen durch das gutbesetzte Haus und versetzen die dem hetzenden Werktage Entronnenen in die behag lichste Stimmung. Das „Ueberbrett'l", das sein Schöpfer Wolzogen jüngst wiederum in der Presse als dem Tode geweiht bezeichnet hat, lebt noch immer. Sein „buntes Pro gramm" ist aber wirklich sehr bunt geworden. Sind es die Farben des Herbstes, denen das Weiß des Winters folgt? ... 6. L. Wissenschaft. v Aus Leipzig schreibt man uns: Im letzten Jahr zehnt des vorigen Jahrhunderts begann in Deutschland wie in Frankreich, England und Amerika eine Be wegung zur Einführung eines geregelten Brief wechsels zwischen den Schülern der genannten Staaten würde an den mit den Trusts verbundenen Mißständen nichts geändert, vielmehr nur die Fabrikation weniger gewinnbringend gestaltet und namentlich der schwächere einheimische Mitbewerber unvermeidlich dem Untergange geweiht werden. Die Aufgabe der Tarifpolitik sei, nicht den ausländischen Produkten durch unzweckmäßige Tarifänderungen einen Vorteil auf dem heimischen Markte einzuräumen, sondern dem heimischen Wett bewerbe durch geeignete Gesetzgebung ein günstige» Fcid zu schaffen. Die Frage der Regelung des Trusts habe mit der Frage der Tarifrevision nichts zu thun. Was die letztere angehe, so habe das Volk dem Grundsatz des Schutzzolltarifs zugcstimmt, und cs sei äußerst unrätlich, das bestehende System zu beseitigen oder gewaltsame oder radikale Acnderungen an ihm vorzunehmen. Die Erfahrung habe gezeigt, daß das große Gedeihen des Landes sich stets unter einem Schutzzolltarif entfaltet habe Besser sei es, zeitweilig kleine Uebclständc im Tarif wesen zu ertragen, als rasche und ruckweise Acnderungen vorzunehmen. Wenn es auch wünschenswert sei, bei Festhaltung des Prinzips dessen Durchführung den Veränderungen der nationalen Bedürfnisse anzupaffen, so sei doch als Richtschnur festzuhalten, daß der Grund gedanke des ganzen Tarifsystemü der fei, für die ameri kanischen Geschäftsinteressen mindestens volle- Gleich heilen mit denjenigen des Auslandes herzustcllen, so daß der Zoll die höheren amerikanischen Arbeitslöhne mehr als ausgleiche. Einer der Wege der weiteren Regelung des Zollwesens seien Gegenscitigkeitsverträge, die in hohem Grade zu wünschen seien. Wo Gegenseitigkeits vertrüge möglich seien, seien sie ein brauchbares Mittel zur Erweiterung der Märkte und Förderung der Pro duktion des Landes, während sie zugleich die Herab sctzung von Zöllen gestatten, wo solche zum Schuse nicht mehr nötig seien oder der geringe aus der Herab setzung entstehende Schaden durch bedeutende Vorteile ausgewogen werde. Wo sich die Ratifikation noch schwebender Verträge unmöglich erweist, sollte durch einen direkten Akt der Gesetzgebung dafür ge sorgt werden, daß die Gegenseitigkeit zu stände komme. Wo sich die Reziprozität nicht empfiehlt, seien auch selbständige Herabsetzungen einzelner Zoll Positionen ins Auge zu fassen Es empfehle sich, daß zur Vorberatung solcher Maßnahmen eine besondere Kommission sachverständiger Geschäftsmänner eingesetzt werde, welche die Wirkung der Veränderung einzelner Positionen auf die Volkswirtschaft zu beurteilen vermögen. In den wenigen Fällen, in denen durch den Schutzzoll ein schädliches Monopol geschaffen sei, solle durch entsprechende Tarifherabsetzung die Gleichheit des Wettbewerbs iviedcrhergcstellt werden. Die für Anthrazit- kohlc bestehenden Tarifbestimmungcn sollen beseitigt werden. Bezüglich des Währungswescns führt die Bot schäft aus, daß ein Element der Elastizität im Geldwesen nötig sei. Die Banken müßten, soweit durchführbar, verpflichtet werden, die für Handel und Industrie nötigen Umlaufsmittel so zu liefern, daß sie stets in ausreichender Menge verfügbar sind. Es empfehle sich nicht, gegenwärtig eine Rekonstruktion des Geldwesens vorzunehmen, doch sei der Erlaß neuer Gesetze wünschens wert, durch die automatisch wirkende Mittel geschaffen werden, um jede berechtigte Anforderung an Menge und Art der Umlaufsmittel zu befriedigen, und durch die alle Geldarten untereinander austauschbar und nach dem Willen des Inhabers in Goldwährung umwandelbar gemacht werden. Der Präsident weist auf die Not wendigkeit eines besonderen Gesetzes betreffend die Ein wanderung hin und hebt hervor, es sei ein Problem von großer Schwierigkeit, auf welche Weise eine richtige Behandlung von Arbeit sowohl wie von Kapital zu er zielen sei und wie skrupellose Menschen unter Arbeitern sowohl wie unter Unternehmern im Schach zu halten seien, ohne die individuelle Initiative und ohne die in dustrielle Entwickelung des Landes zu hemmen. Unsere Zeit sei eine Zeit der Föderationen. Kapitalistische so wohl wie Arbeiterföderationen aber könnten Gutes so wohl wie Uebles stiften Bekämpft solle in den Orga nisationen nur das werden, was sich als Uebel in ihnen erweise, nicht die Organisationen als solche, denn durch die Korporationen und Pcreiniaunaen sei ein weitrcicken mit dem Zwecke ver Förderung der Sprachkennl nisse, und im März 1897 wurde unter dem Patronate des sächsischen Ncuphilologenverbandes in Leipzig eine deutsche Zentralstelle für internationalen Brief wechsel ins Leben gerufen, die ein überaus günstiges Ergebnis geliefert hat. In den Mitteilungen der deutschen Zentralstelle berichtet deren Leiter Hr. Prof. Dr. K A Martin Hartmann in Leipzig über deren Thätigkeit in der Zeit vom 1. Juli 1901 bis zum 30. Juni 1902 Die Zentralstelle sah, wie bisher, ihre besondere Aufgabe darin, Zöglinge deutscher Schulen mit Zöglingen franzö sischer, englischer oder amerikanischer Schulen, außerdem aber auch Erwachsene aus diesen Ländern zum Zwecke einer wechselseitigen sprachlichen Förderung in brieflichen Verkehr zu setzen und hatte hierbei folgenden Zuspruch: Die Zahl der deutscherseits cingegangcncn Anmeldungen betrug 1796, wovon 1078 für französisch und 718 für englisch warm. Von den 231 Erwachsenen beanspruchten 125 französische und 106 englische Korrespondenz. Die Gesamtzahl der seit Gründung der Zentralstelle ein- gelaufmcn deutschen Anmeldungen bis zum 30. Juni 1902 betrug 10624. Verteilt wurden im abgelaufeuen Geschäftsjahre 1783 Adressen und zwar 1010 französische und 773 englische Im ganzen liefen in der Berichts zeit von 127 deutschen Schulen Anmeldungen ein, worunter sich befanden 34 höhere Mädchenschulen, 26 Realgymnasien, 24 Gymnasien, 21 Realschulen, 14 Oberrealschulen, 3 Lehrerseminare, 3 Lehrerinnen seminare und 2 Handelsschulen Von diesen 127 Schulen hatten sich 85, also 67 Proz., bereits in früheren Jahren angemeldet, was beweist, daß ihre mit dem Schülerbriefwechsel gemachten Erfahrungen überwiegend nach der guten Seite liegen Ueber beim Schülerbriefwechsel vorgekommene Unzuträglichkeiten sind nur in vier Fällen Klagen bei der Zentralstelle eingelaufen, was gegenüber der ungeheuren Menge der hm- und her laufenden Briefe eine ganz verschwindende Ziffer ist In
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